Landtag von Baden-Württemberg
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(Maurer)<br />
7972<br />
<strong>Landtag</strong> <strong>von</strong> <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> – 12. Wahlperiode – 102. Sitzung – Mittwoch, 31. Januar 2001<br />
dungen für Nachhilfe auszugeben, jedenfalls die Eltern, die<br />
es noch können; die Kinder der anderen bleiben auf der<br />
Strecke. Was Sie hier betreiben, ist, dass Sie sich schrittweise<br />
und konsequent Ihrer Verpflichtung für die Schulen<br />
entziehen und die Kosten für das Schulsystem in <strong>Baden</strong>-<br />
<strong>Württemberg</strong> auf die Kommunen und die Eltern abwälzen.<br />
Das ist die durchgehende Linie Ihrer Politik.<br />
(Beifall bei der SPD)<br />
Natürlich verrät der Trick, mit dem Sie da immer operieren<br />
– das will ich deutlich sagen –, die Handschrift Ihres Herrn<br />
und Meisters aus der Villa Reitzenstein. Man kann sich das<br />
bei diesem glorreichen Haushaltsstrukturgesetz richtig vorstellen.<br />
Den Herren Bürgermeistern sagt man: „Jetzt haben<br />
wir euch aber eine Gelegenheit gegeben; da könnt ihr Geld<br />
einsparen, und die kommunale Handlungsfreiheit wird erhöht.“<br />
Und den Eltern sagt man: „Ich kann aber nichts dafür,<br />
wenn die Kommunen <strong>von</strong> Ihnen so viel Geld verlangen;<br />
das ist deren Entscheidung.“ Diese Art <strong>von</strong> Scheinheiligkeit<br />
geht dem Ende entgegen. Und dafür ist es höchste<br />
Zeit.<br />
(Beifall bei der SPD – Abg. Haasis CDU: Das<br />
weiß er noch <strong>von</strong> der großen Koalition, wie man<br />
das macht!)<br />
– Stimmt, ja. Ich habe die Erfahrung schon früher gemacht,<br />
Herr Kollege Haasis. Deswegen bin ich ein intimer Kenner<br />
dieser Methode.<br />
(Heiterkeit)<br />
Ich habe sie zwar immer wieder abgewehrt, aber ich kenne<br />
sie <strong>von</strong> daher.<br />
Sie können, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch nicht<br />
behaupten, dass Sie dies alles nicht gewusst hätten. Unmittelbar<br />
danach hat damals Frau Schavan gesagt, sie habe ein<br />
gewisses Interesse daran, zu einer einheitlichen Praxis zu<br />
kommen. Man beachte die Wortwahl. Aber sie hat das Interesse<br />
nicht umgesetzt, sondern noch im Dezember letzten<br />
Jahres hat man gesagt: „Nein, wir machen nichts; es ist<br />
nicht notwendig, da irgendeine Regelung herbeizuführen.“<br />
Frau Ministerin, Sie haben versucht, das Thema auszusitzen.<br />
Und Sie haben jetzt das wirklich Schlimmste erlebt,<br />
was man eigentlich erleben kann, nämlich dass das oberste<br />
Gericht in <strong>Baden</strong>-<strong>Württemberg</strong> Ihnen als Ministerin bescheinigt<br />
hat, dass Sie über Jahre hinweg gegen die Landesverfassung<br />
gehandelt haben.<br />
(Beifall bei der SPD – Abg. Haasis CDU: Haben<br />
Sie eigentlich einmal den Urteilsspruch gelesen?)<br />
– Natürlich, Herr Kollege Haasis.<br />
Deswegen fordere ich Sie auf: Beenden Sie diesen permanenten<br />
Verfassungsbruch. Flüchten Sie sich nicht, wie ich<br />
das wieder in Ihrem Antrag gelesen habe, in diese typische<br />
Methode „Jetzt prüfen wir einmal wieder“. Nein, beenden<br />
Sie das wenigstens zum Ende der Legislaturperiode. Machen<br />
Sie wenigstens einen kleinen Schritt zur Wiederherstellung<br />
<strong>von</strong> Chancengleichheit in unserem Bildungssystem.<br />
Andere Schritte werden folgen müssen. Das machen<br />
wir dann nach der Wahl. Aber gestehen Sie endlich we-<br />
nigstens ein, dass Sie gegen die Landesverfassung verstoßen<br />
haben, dass Sie die Eltern zu Unrecht belastet haben<br />
und dass Sie wenigstens am Ende Ihrer Amtszeit gewillt<br />
sind, die Verfassung dieses Landes einzuhalten.<br />
(Lebhafter Beifall bei der SPD)<br />
Präsident Straub: Zur Aussprache rufe ich zwei Entschließungsanträge<br />
auf: den Entschließungsantrag der<br />
Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen,<br />
Drucksache 12/5958, und den Entschließungsantrag<br />
der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP,<br />
Drucksache 12/5961.<br />
In der Aussprache erteile ich Herrn Abg. Rau das Wort.<br />
(Abg. Haas CDU: Rau ist schlau! Der macht das<br />
schon!)<br />
Abg. Rau CDU: Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen<br />
und Herren! Was uns hier gerade vorgeführt wurde,<br />
ist schon allerhand. Vielleicht sollte Herr Maurer nicht nur<br />
das nachlesen, was man ihm aufschreibt,<br />
(Abg. Drexler SPD: Sie lesen doch ab!)<br />
sondern einmal einen Blick ins Urteil werfen.<br />
(Beifall bei der CDU)<br />
Dann würde er feststellen, dass ein Einzelfall Gegenstand<br />
dieses Urteils war<br />
(Lachen bei der SPD und der Abg. Renate Rastätter<br />
Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Brechtken SPD:<br />
Ihr habt gewonnen!)<br />
und dass das Haushaltsstrukturgesetz in diesem Urteil<br />
überhaupt nicht infrage gestellt worden ist,<br />
(Abg. Brechtken SPD: Also eigentlich habt ihr gewonnen!)<br />
sondern dass es darum ging, wie dieses Gesetz Anwendung<br />
findet. Dafür sind in der Tat Grenzen gezogen worden, die<br />
Anlass dazu geben, dass wir mit den Betroffenen noch einmal<br />
ins Gespräch treten. Dies ist auch Gegenstand unseres<br />
eigenen Antrags.<br />
(Abg. Christine Rudolf SPD: Und das hat mit dem<br />
Gesetz nichts zu tun, oder was?)<br />
Derzeit tagt eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Landesregierung<br />
und der kommunalen Landesverbände. Dabei geht<br />
es um die Sachkosten der Schulen, und dort gehört dieser<br />
Sachverhalt hin. Alles andere ist eine maßlose Überinterpretation<br />
des Herrn Maurer.<br />
(Beifall bei der CDU – Abg. Hans-Michael Bender<br />
CDU: Richtig! – Abg. Haasis CDU: Sehr gut! –<br />
Lachen bei der SPD)<br />
Es war auch klar, dass am Ende seiner Einlassungen das<br />
Thema „Wiederherstellung <strong>von</strong> Chancengleichheit“ eine<br />
Rolle spielen musste.