Collegium Logicum – Logische Grundlagen der Philosophie und
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Historisches 11<br />
(3) Ein Student löste alle Aufgaben.<br />
Dies ist ein einfacher Satz mit Subjekt <strong>und</strong> Objekt, die durch das transitive<br />
Verb ‘löste’ verb<strong>und</strong>en sind. Die Subjekt- <strong>und</strong> die Objekt-Konstituente, d.h.<br />
‘ein Student’ bzw. ‘alle Aufgaben’, sind aber nur grammatische Einheiten, keine<br />
logischen Einheiten. Um die logische Struktur des Satzes zum Vorschein zu<br />
bringen, müssen diese Konstituenten zerlegt werden. Die folgenden Paraphrasen<br />
sind Annäherungen an die logische Struktur:<br />
(4) a. Es gibt einen Studenten, <strong>der</strong> alle Aufgaben löste.<br />
b. Es gibt ein x so daß x ein Student ist <strong>und</strong> für alle y gilt: wenn y<br />
eine Aufgabe ist, dann löste x y.<br />
Werden in (4b) die deutschen Ausdrücke durch geeignete logische Symbole ersetzt,<br />
so erhält man die logische Form des Satzes (3). Derartige logische Formen<br />
entwickelt Frege nach dem Vorbild mathematischer Aussagen; so liefert dasselbe<br />
Schema die logische Form (5b) für den folgenden mathematischen Satz<br />
(5a):<br />
(5) a. Jede positive reelle Zahl besitzt eine reelle Wurzel.<br />
b. Für alle x gilt: wenn x eine positive reelle Zahl ist, dann gibt es<br />
ein y so daß y reell ist <strong>und</strong> y die Wurzel von x ist.<br />
Gegenüber dem vorigen Beispiel treten hier die Quantorenausdrücke ‘alle’ <strong>und</strong><br />
‘ein’ in umgekehrter Reihenfolge auf, mit entsprechend vertauschter logischer<br />
Abhängigkeit, doch ist die Struktur <strong>der</strong> Bildung solcher logischen Formen die<br />
gleiche. Derartige logische Formen wirken umständlich, aber sie lassen sich<br />
aus wenigen immer gleichen Gr<strong>und</strong>elementen aufbauen <strong>und</strong> machen die relative<br />
Anordnung <strong>der</strong> logischen Ausdrücke deutlich. Diese Gr<strong>und</strong>elemente sind<br />
Darstellungen <strong>der</strong> beiden genannten Quantorenausdrücke ‘alle’ <strong>und</strong> ‘ein’, ergänzt<br />
durch ihre Negationen ‘nicht alle’ <strong>und</strong> ‘kein’. Mit ihnen ergeben sich<br />
vier Gr<strong>und</strong>typen von Quantorenphrasen, wie sie auch bereits im sogenannten<br />
aristotelischen Quadrat <strong>der</strong> Oppositionen auftreten; siehe Abbildung 2.<br />
Die prädikatenlogische Darstellung <strong>der</strong> Quantorenausdrücke erlaubt jedoch<br />
ihre beliebige Schachtelung, so daß auch so komplexe Aussagen wie etwa die obige<br />
Definition <strong>der</strong> Konvergenz von Funktionenfolgen ausgedrückbar sind. Wenn<br />
wir das klassische Beispiel ‘alle Menschen sind sterblich’ variieren, dann lauten<br />
die vier Darstellungen wie in (6a<strong>–</strong>d). Dabei ist jeweils unter dem umgangssprachlichen<br />
Satz eine “Explizitfassung” EF angeben, die die logische Struktur<br />
klarer hervorhebt, <strong>und</strong> darunter im Vorgriff auf später die logische Form LF,<br />
mit ‘∀’ für ‘für alle’, ‘∃’ für ‘es gibt’, ‘¬’ für ‘es ist nicht <strong>der</strong> Fall, daß’, ‘∧’ für<br />
‘<strong>und</strong>’, ‘→’ für ‘wenn<strong>–</strong>dann’, ‘P (x)’ für ‘x ist ein Mensch’, <strong>und</strong> ‘Q(x)’ für ‘x ist<br />
sterblich’.<br />
(6) a. alle: alle Menschen sind sterblich<br />
EF: für alle x gilt: wenn x ein Mensch ist, dann ist x sterblich.<br />
LF: ∀x(P (x) → Q(x))<br />
b. nicht alle: nicht alle Menschen sind sterblich<br />
EF: es ist nicht <strong>der</strong> Fall, daß für alle x gilt: wenn x ein Mensch<br />
ist, dann ist x sterblich.<br />
LF: ¬∀x(P (x) → Q(x))