Collegium Logicum – Logische Grundlagen der Philosophie und
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18 Einleitung<br />
das System <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Prädikatenlogik <strong>der</strong> ersten Stufe, auch elementare<br />
Logik genannt, als Teilsystem enthält; zweitens wird hier das logizistische<br />
Programm <strong>der</strong> Zurückführung <strong>der</strong> Mathematik auf die Logik im Detail vorangetrieben,<br />
soweit dies möglich war; <strong>und</strong> schließlich findet sich drittens in dem<br />
Werk eine nach Inhalt, Methode <strong>und</strong> Präzision völlig neue <strong>Philosophie</strong>, welche<br />
richtungsweisende Beiträge zur Ontologie, Erkenntnistheorie, Sprachphilosophie<br />
sowie den <strong>Gr<strong>und</strong>lagen</strong> von Logik <strong>und</strong> Mathematik lieferte. Wegen ihres<br />
kompromißlosen Formalismus sind die Principia Mathematica bis heute keine<br />
leichte Lektüre. Daß ihre logische Genauigkeit dennoch nicht mehr heutigen<br />
formalen Standards genügen kann, spricht nicht gegen ihre epochemachende<br />
Innovation an formaler Strenge, son<strong>der</strong>n lediglich für die beachtliche Schnelligkeit,<br />
mit <strong>der</strong> die Entwicklung <strong>der</strong> mathematischen Logik in den letzten hun<strong>der</strong>t<br />
Jahren vonstatten ging.<br />
0.1.3 Die Logik des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
Daß die Logik sich als mathematische Disziplin etablieren konnte, verdankt<br />
sie vor allem dem von seinen Fachkollegen anerkannten Mathematiker Hilbert,<br />
<strong>der</strong> oben bereits erwähnt wurde. Neben seinen im engeren Sinne mathematischen<br />
Arbeiten befaßte sich Hilbert um die Jahrhun<strong>der</strong>twende mit den<br />
<strong>Gr<strong>und</strong>lagen</strong> <strong>der</strong> Geometrie, <strong>der</strong>en Axiomatisierung ja bereits <strong>der</strong> Gegenstand<br />
vieler Untersuchungen im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t gewesen war. Im Zusammenhang <strong>der</strong><br />
Diskussionen um den Status <strong>der</strong> nicht-euklidischen Geometrien waren Fragen<br />
<strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>spruchsfreiheit von Axiomensystemen in den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> getreten.<br />
Hilbert <strong>und</strong> seine Schüler nahmen nun die Entdeckung <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>sprüche<br />
in <strong>der</strong> naiven Mengenlehre zum Anlaß, systematisch die Teilgebiete <strong>der</strong> Mathematik<br />
zu untersuchen, sie zu axiomatisieren <strong>und</strong> ihre Wi<strong>der</strong>spruchsfreiheit<br />
nachzuweisen (Hilbertsches Programm). Sieht man von <strong>der</strong> Geometrie ab, so<br />
handelte es sich vor allem um drei zentrale, aufeinan<strong>der</strong> aufbauende mathematische<br />
Disziplinen: (i) die Theorie <strong>der</strong> natürlichen Zahlen <strong>und</strong> ihrer Funktionen<br />
(Arithmetik), (ii) die Theorie <strong>der</strong> reellen Zahlen <strong>und</strong> ihrer Funktionen (Analysis)<br />
sowie (iii) die Theorie <strong>der</strong> Mengen (Mengenlehre). Da hier mathematische<br />
Theorien selbst Gegenstand <strong>der</strong> Untersuchungen sind, spricht man von diesem<br />
Forschungsprogramm auch als <strong>der</strong> Metamathematik. Natürlich können die<br />
Methoden <strong>der</strong> Metamathematik keine an<strong>der</strong>en als mathematische sein; um nun<br />
einem “Methodenzirkel” zu entkommen, verlangte Hilbert, in <strong>der</strong> Metatheorie<br />
nur solche Mittel zu verwenden, die in einem gewissen Sinn als “unproblematisch”<br />
gelten können. Angesichts <strong>der</strong> unerwarteten Probleme mit den intuitiven<br />
<strong>Gr<strong>und</strong>lagen</strong> <strong>der</strong> Mathematik einerseits <strong>und</strong> mit den zum Teil paradox anmutenden<br />
Phänomenen im Unendlichen an<strong>der</strong>erseits versuchte er, auf inhaltliche,<br />
“semantische” Argumente zu verzichten wie auch auf “infinitäre”, auf unendliche<br />
Bereiche Bezug nehmende Methoden. Beweise wurden nur anerkannt, wenn sie<br />
rein formal nach fest vorgegebenen Regeln durchgeführt werden konnten. Diese<br />
Maxime trägt den Namen Formalismus. Der Verzicht auf infinitäre Argumente<br />
wird als Finitismus bezeichnet. Die Wi<strong>der</strong>spruchsfreiheitsbeweise sollten also<br />
ausschließlich mit finiten Methoden erbracht werden, die rein kombinatorischer<br />
Natur sind <strong>und</strong> ohne Unendlichkeit auskommen.<br />
Bei <strong>der</strong> Axiomatisierung <strong>der</strong> genannten drei Theorien erwies es sich als