Collegium Logicum – Logische Grundlagen der Philosophie und
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Historisches 21<br />
sie ebenfalls unentscheidbar ist.<br />
Für die technische Durchführung <strong>der</strong> Arithmetisierung <strong>der</strong> Syntax war es<br />
wichtig, die einzelnen Kodierungsschritte in kontrollierbarer, o<strong>der</strong> wie man<br />
sagt: in effektiver bzw. berechenbarer Weise vorzunehmen. Da die syntaktischen<br />
Operationen, die es zu verschlüsseln galt, effektiv sind, kam es darauf<br />
an, die entsprechenden Operationen auf den Gödelschen Zahlencodes ebenfalls<br />
berechenbar zu halten. Gödel benutzte dazu die sogenannten primitiv rekursiven<br />
Funktionen, <strong>der</strong>en Theorie damals gerade entwickelt wurde. Dies sind<br />
Funktionen auf den natürlichen Zahlen, die zu jedem gegebenen Argument<br />
aufgr<strong>und</strong> einer expliziten Rechenvorschrift nach endlich vielen Rechenschritten<br />
ein eindeutiges Resultat liefern. Es sei bemerkt, daß nicht jede Funktion<br />
im Sinne <strong>der</strong> Cantorschen Mengenlehre von dieser Art ist: <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>ne Funktionsbegriff<br />
ist wesentlich allgemeiner. Doch sind die üblichen arithmetischen<br />
Funktionen wie die Addition, die Multiplikation <strong>und</strong> die Exponentiation alle<br />
primitiv rekursiv. Es stellte sich nun die Frage, ob <strong>der</strong> allgemeine intuitive Begriff<br />
<strong>der</strong> Berechenbarkeit durch diese primitiv rekursiven Funktionen adäquat<br />
erfaßt wird. Alan Turing ersann das Konzept einer abstrakten Rechenmaschine,<br />
die die allgemeinsten berechenbaren Prozesse simuliert; dies ist die nach ihm<br />
benannte Turingmaschine. In <strong>der</strong> Rekursionstheorie zeigt man, daß es zu je<strong>der</strong><br />
primitiv rekursiven Funktion eine diese Funktion simulierende Turingmaschine<br />
gibt, d.h. daß alle primitiv rekursiven Funktionen “Turing-berechenbar” sind.<br />
Der Begriff <strong>der</strong> Turing-Berechenbarkeit erwies sich jedoch als allgemeiner, <strong>und</strong><br />
die Churchsche These besagt, daß <strong>der</strong> allgemeine Begriff <strong>der</strong> Berechenbarkeit<br />
mit <strong>der</strong> Turing-Berechenbarkeit gleichzusetzen ist, da eine ganze Reihe weiterer<br />
<strong>und</strong> zunächst ganz verschiedenartiger Charakterisierungen <strong>der</strong> Berechenbarkeit<br />
sich mit dem Turingschen Begriff deckten. All diese Untersuchungen stammen<br />
ebenfalls aus den Dreißiger Jahren. Während dieser Zeit wurden in <strong>der</strong> Logik<br />
die theoretischen <strong>Gr<strong>und</strong>lagen</strong> <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Computer- <strong>und</strong> Informationswissenschaften<br />
gelegt.<br />
Das Turingsche Konzept einer abstrakten Rechenmaschine erlangte in <strong>der</strong><br />
Folgezeit auch eine beträchtliche philosophische Bedeutung. In dem Maße, wie<br />
versucht wurde, die kognitiven Prozesse des menschlichen Geistes zu verstehen,<br />
beschäftigten sich Kognitionswissenschaftler <strong>und</strong> Philosophen mit <strong>der</strong> Natur<br />
<strong>der</strong> Hirnprozesse, die bei <strong>der</strong> Verarbeitung externer <strong>und</strong> interner Reize <strong>und</strong><br />
Informationen ablaufen. Ein vieldiskutiertes Hirnmodell ist das <strong>der</strong> Erstellung<br />
symbolischer Repräsentationen <strong>und</strong> ihrer Manipulationen: Denken als Symbol-<br />
Manipulation ganz analog zu einer Rechenmaschine o<strong>der</strong> einem Computer, also<br />
das Gehirn als Turingmaschine. Umgekehrt hatte schon Turing die Idee, die<br />
“Intelligenz” eines Computerprogramms daran zu messen, wie erfolgreich es<br />
kognitive Prozesse simulieren kann. Der bekannte Turingtest besagt, daß eine<br />
Maschine dann geistige Prozesse adäquat nachahmen kann, wenn eine menschliche<br />
Person, die mit <strong>der</strong> Maschine kommuniziert <strong>und</strong> ihr Fragen stellt, nach<br />
einer gewissen Zeit aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> gegebenen Antworten nicht zu entscheiden<br />
vermag, ob sich auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite die Machine o<strong>der</strong> ein Mensch befindet.<br />
Die dadurch aufgeworfenen Probleme werden bis heute in den Kognitionswissenschaften<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Philosophie</strong> des Geistes diskutiert.<br />
Wir kehren zu den eigentlichen Fragen <strong>der</strong> Logik zurück. Eine weitere gr<strong>und</strong>-