UNICEF-Studie
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Empfehlungen<br />
Dem Kindeswohl Gewicht verschaffen:<br />
• Das Kindeswohl sollte bei Entscheidungen über Aufenthaltserlaubnisse für<br />
langjährig Geduldete größeres Gewicht erhalten, so dass Ausländerbehörden<br />
vor Ort es im jeweiligen Fall stärker in ihr Ermessen einbeziehen können. Es<br />
reicht nicht aus, auf die Härtefallkommissionen der Länder zu setzen, um die<br />
weitgehende Blindheit der Regelungen gegenüber dem Kindeswohl auszugleichen.<br />
Bereits der oft über lange Zeit herrschende Abschiebungsdruck schädigt<br />
viele in Deutschland sozialisierte Kinder und Jugendliche, weil er sie demotiviert,<br />
in weiterführende Schul- und Berufsausbildung zu investieren. Auch der<br />
§ 104b des Aufenthaltsgesetzes, der Kindern eine Aufenthaltserlaubnis in Aussicht<br />
stellt, wenn ihre Eltern ausreisen, entspricht nicht dem Gedanken des Kindeswohls,<br />
weil er das Auseinanderreißen von Familien fördern kann.<br />
• Eine Stärkung des Kindeswohls würde eine flexiblere Gestaltung der anderen<br />
Bedingungen voraussetzen, die langjährig geduldete Flüchtlinge für eine Aufenthaltserlaubnis<br />
erfüllen müssen. Das gilt etwa für Aufenthaltsunterbrechungen<br />
oder für Verurteilungen nach dem Strafgesetzbuch in minder schweren Fällen.<br />
Hier sollten Ausländerbehörden mehr Spielraum erhalten, jenseits starrer<br />
Regelungen den Einzelfall zu beurteilen. In diesem Zusammenhang sollte auch<br />
die von vielen Experten als „Sippenhaft“ bezeichnete Regelung im § 104a des<br />
Aufenthaltsgesetzes überdacht werden, der zufolge bei Straftaten eines Familienmitgliedes<br />
allen in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienmitgliedern<br />
die Aufenthaltserlaubnis versagt wird.<br />
Kindern und Jugendlichen Perspektiven öffnen:<br />
• Kinder und Jugendliche, die in Deutschland sozialisiert wurden, brauchen die<br />
Gewissheit, dass sie in Deutschland bleiben können, um ihre Energie auf Schule<br />
und Berufsausbildung konzentrieren zu können, und um das Land, in dem sie<br />
ihr bisheriges Leben verbracht haben, als das ihre begreifen zu können. Wie soziale<br />
Fachkräfte beobachten, bestärkt eine Aufenthaltsperspektive Jugendliche<br />
darin, eine Berufsausbildung zu absolvieren, statt auf den kurzfristigen Gelderwerb<br />
durch Gelegenheitstätigkeiten zu setzen. Junge Frauen ermutigt eine Bleibeperspektive<br />
dazu, traditionell-ländliche Rollenmuster neuen Gegebenheiten<br />
anzupassen, einen Schulabschluss zu erreichen und eine Berufsausbildung zu<br />
absolvieren.<br />
106 <strong>UNICEF</strong>-<strong>Studie</strong> Roma 2010