UNICEF-Studie
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3. Die Sicht der Kinder<br />
Auf der Suche nach einer Antwort, wie Kinder ihre Wiedereingliederung aus<br />
Deutschland erfahren, führte das Forschungsteam Gespräche mit 116 Kindern<br />
unter 18 Jahren. Da mehr als die Hälfte der Familien bereits seit 1991/1992 in<br />
Deutschland gelebt hatte, sind zwei Drittel der zurückgekehrten Kinder in Deutschland<br />
geboren und in Städten wie Münster, Ulm oder Stuttgart aufgewachsen. Sie<br />
fühlen sich in Deutschland zu Hause.<br />
Von den 116 Kindern waren 66 im schulpflichtigen Alter oder unter 18 Jahren. Obwohl<br />
die meisten Kinder regelmäßig in Deutschland zur Schule gegangen waren,<br />
brachen drei Viertel nach ihrer Rückkehr in den Kosovo die Schule ab oder wurden<br />
dort nie eingeschult. Armut, Sprachbarrieren und fehlende Schulzeugnisse<br />
aus Deutschland waren der Hauptgrund hierfür. Nur 17 Kinder besuchten auch im<br />
Kosovo weiter die Schule. Es wurde auch festgestellt, dass 48 Kinder überhaupt<br />
nicht gemeldet und daher auch nicht in den offiziellen Statistiken berücksichtigt<br />
worden waren. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass eine deutliche Kluft besteht<br />
zwischen dem, was auf dem Papier steht und was im Sinne der unterschiedlichen<br />
Strategien, Gesetze und Integrationsprogrammen geschehen soll, und dem, wie<br />
die Kinder tatsächlich ihre Rückführung und Reintegration in den Kosovo erleben.<br />
Tabelle 5: Schlüsselergebnisse in Bezug auf zurückgekehrte Kinder<br />
173 Familienmitglieder 116 Kinder (0 – 18) 67 %<br />
116 Kinder (0 – 18) 69 in Deutschland geboren 59 %<br />
116 Kinder (0 – 18) 48 nicht gemeldet 41 %<br />
116 Kinder 66 schulpflichtiges Alter (6 – 18) 57 %<br />
66 Kinder im schulpflichtigen Alter 17 gehen zur Schule 26 %<br />
Quelle: Persönliche Befragung zwischen Februar und Mai 2010<br />
3.1. Die Familien in Deutschland<br />
Für die meisten befragten Familien begann die Reise vor fast zwei Jahrzehnten.<br />
Bereits Anfang der schwierigen 1990er Jahre gab es eine große Migrationswelle<br />
nach Deutschland. Damals führte Milosevic nach der gewaltsamen Aufhebung<br />
der Autonomie des Kosovo, der Schließung albanischsprachiger Schulen und den<br />
Massenentlassungen von mehr als 80.000 Menschen im öffentlichen Dienst seine<br />
Politik der Unterdrückung ein. Mehr als die Hälfte der 40 befragten Familien verließen<br />
den Kosovo zwischen 1991 und 1992. Das spiegelt sich auch in den Aufzeichnungen<br />
der Migrationsströme aus dem Kosovo wider. Laut offiziellen Angaben<br />
der Deutschen Bundesregierung kamen zwischen 1991 und 1993 10.412 kosovari-<br />
<strong>UNICEF</strong>-<strong>Studie</strong> Roma 2010 79