UNICEF-Studie
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ministerium in diesen vier Jahren entsprach, lag deren Anteil mit 16 Fällen sogar<br />
bei 47 Prozent. Dem aktuellen Tätigkeitsbericht der Kommission zufolge war der<br />
Hauptgrund, die Kommission anzurufen, „der durch den langjährigen Aufenthalt<br />
erreichte hohe Grad der Integration“. Dabei habe vor allem die Lage der in Deutschland<br />
geborenen oder in jungen Jahren eingereisten Kinder eine Rolle gespielt. 47<br />
In Baden-Württemberg bezogen sich 39 Prozent der im Jahr 2009 eingegangenen<br />
Eingaben auf Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien, unter denen Roma einen<br />
erheblichen Teil ausmachten - 14 Prozent aller Eingaben wurden für Menschen<br />
aus dem Kosovo gestellt. Eine nach Herkunftsländern gegliederte Erfolgsquote<br />
der Ersuchen liegt nicht vor. Die Gesamtquote der ganz oder teilweise erfolgreichen<br />
Eingaben lag im Jahr 2009 in Baden-Württemberg bei 58 Prozent. Insgesamt<br />
waren bei der Kommission in diesem Jahr 97 Eingaben für 215 Personen eingegangen.<br />
48 Für das Land Nordrhein-Westfalen werden entsprechende, nach Herkunftsländern<br />
gegliederte Statistiken nicht geführt. 49<br />
2.2.7. Rechtsempfinden<br />
Den Interviews im Rahmen der Lokalstudien sowie Berichten und Mitteilungen<br />
aus anderen Städten lässt sich ein weiterer Befund entnehmen: Drohende Abschiebungen<br />
versetzen nicht nur betroffene Eltern und Kinder in Panik. Häufig reagieren<br />
auch Menschen im Umfeld der Familien verständnislos und entsetzt. An<br />
vielen Orten setzen sich Schulleiter und Lehrer, Eltern von Mitschülern, Vereinskameraden<br />
und deutsche Bekannte öffentlich für ein Bleiberecht solcher Familien<br />
ein. Auffällig ist dabei der hohe Anteil der Bürgerinnen und Bürger, die nicht<br />
zum migrationspolitisch engagierten Milieu gehören und sich bislang nicht mit<br />
flüchtlingspolitischen Fragen beschäftigt haben. Sie wurden erst aktiv, als eine<br />
Abschiebung Nachbarn, Vereinskameraden oder Schulfreunde der eigenen Kinder<br />
betraf. Besonders wo dem Eindruck der Umgebung nach gut integrierte und bei<br />
Freunden und Mitschülern beliebte Kinder Deutschland verlassen sollen, verletzt<br />
das behördliche Vorgehen augenscheinlich das Rechtsempfinden vieler Bürgerinnen<br />
und Bürger.<br />
Im baden-württembergischen Schwäbisch Gmünd etwa setzte sich im Dezember<br />
2009 der Turn- und Sportbund für die aus dem Kosovo stammende Roma-Familie<br />
des 16-jährigen Selmir Bislimi ein. Er hatte gemeinsam mit seinen Eltern und seinen<br />
beiden in Baden-Württemberg geborenen Schwestern vom Regierungspräsidium<br />
Stuttgart eine Aufforderung zur Ausreise erhalten und musste mit einer<br />
Abschiebung rechnen. Die Eltern leben seit 1994 in Deutschland. Der Vater des<br />
Jungen hatte eine Bypass-Operation, leidet unter Diabetes, chronischer Hepatitis<br />
B und Depressionen. 50<br />
<strong>UNICEF</strong>-<strong>Studie</strong> Roma 2010 37