UNICEF-Studie
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2. Bleiberecht und Kindeswohl<br />
2.1. Der Weg zur Altfallregelung<br />
Die Ständige Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder als ein in<br />
Deutschland für flüchtlingspolitische Fragen zentrales exekutives Gremium beschäftigte<br />
sich in den vergangenen Jahren immer wieder mit der Lage langjährig<br />
Geduldeter. Dass die als kurzfristige rechtliche Form des Aufenthalts vorgesehene<br />
Duldung in der Form von Kettenduldungen für viele Menschen zum jahrelangen<br />
Dauerzustand geworden ist, brachte bleiberechtliche Fragen immer wieder auf die<br />
Tagesordnung der in der Regel zweimal im Jahr tagenden Innenminister.<br />
Für erwerbstätige Geduldete, die in der ersten Hälfte der neunziger Jahre aus dem<br />
ehemaligen Jugoslawien nach Deutschland gekommen waren, beschlossen die<br />
Innenminister im Mai 2001 eine Regelung mit strengen Maßgaben: Eine Aufenthaltsbefugnis<br />
nach damaligem Recht konnten Personen erwerben, die am 15. Februar<br />
2001 seit sechs Jahren in Deutschland lebten, seit mehr als zwei Jahren über<br />
ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis verfügten und den Lebensunterhalt ihrer<br />
Familie ohne Sozialhilfe sichern konnten, die darüber hinaus nachweisen konnten,<br />
dass der Arbeitgeber dringend auf sie angewiesen sei und weitere Bedingungen<br />
erfüllten. 20 Den Menschen, die erst Ende der neunziger Jahre vor der eskalierenden<br />
Gewalt aus dem Kosovo geflohen waren, verschaffte der Beschluss wegen<br />
seiner Stichtagsregelung auch in den folgenden Jahren keine Bleibeperspektive.<br />
Vielmehr schlossen die Innenminister in den Jahren 2002 und 2003 dreimal hintereinander<br />
ausdrücklich ein Bleiberecht für Minderheiten aus dem Kosovo aus. 21<br />
Nachdem im März 2004 wieder gewalttätige Konflikte zwischen Volksgruppen im<br />
Kosovo ausgebrochen waren, änderten die Innenressort-Chefs der Länder Berlin,<br />
Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-<br />
Holstein ihre Einschätzung. Im Juli desselben Jahres drangen sie auf ein Bleiberecht<br />
für in Deutschland wirtschaftlich und gesellschaftlich integrierte Roma, Ashkali,<br />
Ägypter und Serben aus dem Kosovo, konnten aber die anderen Mitglieder<br />
der Konferenz nicht für einen neuen Kurs gewinnen. Im November 2004 bekräftigten<br />
die Befürworter des Bleiberechts unter den Ressortchefs ihre Position mit<br />
dem Hinweis auf inzwischen gewonnene Einsichten: Große Flüchtlingsgruppen<br />
wieder in ihre Herkunftsländer zu bringen, dauere erfahrungsgemäß Jahre. Aus<br />
Rücksicht auf die öffentlichen Kassen würde man zunächst Empfänger von Sozialleistungen<br />
zurückführen. In dieser Zeit würden sich diejenigen, die ihren Lebensunterhalt<br />
selbst bestritten, in Deutschland weiter verwurzeln. Sie bräuchten eine<br />
Bleiberechtsregelung. Der Innenminister von Sachsen-Anhalt schloss sich im Mai<br />
2006 der Forderung an. 22<br />
<strong>UNICEF</strong>-<strong>Studie</strong> Roma 2010 29