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1 Beate Reese Zur Stellung und Bedeutung von ... - Stadt Würzburg

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handhaben ist. Ich nenne diese Art Lichtgestaltung Photogramm. Hier liegen<br />

Gestaltungsmöglichkeiten einer neu eroberten Materie.“ 42 Für ihn führte diese<br />

experimentelle Lichtgestaltung die Fotografie in eine produktive Richtung, wobei es<br />

darauf ankomme, die Lichtempfindlichkeit der photographischen Platte zu benützen<br />

<strong>und</strong> die <strong>von</strong> uns selbst (...) gestalteten Lichterscheinungen (...) darauf zu fixieren.“<br />

Doch wesentlich bleibt für Moholy die subjektive, d.h. künstlerische Gestaltung der<br />

Lichterscheinung, d.h. das Licht ist in der Fotografie eine ebenso zu formende <strong>und</strong> zu<br />

gestaltende Erscheinung wie die Farbe in der Malerei. Von daher spricht Moholy-<br />

Nagy im Unterschied zu van Doesburg, der die Komposition zugunsten der<br />

Konstruktion ablehnt, auch <strong>von</strong> subjektiver Komposition, die den Fotografen erst<br />

zum Gestalter, zum Künstler mache. Die neuen ungeahnten Möglichkeiten, die sich<br />

ihm in der Gestaltung des Lichts eröffneten, mochte er sicherlich nicht in der Form<br />

reglementiert <strong>und</strong> reduziert sehen wie es van Doesburg für das jahrh<strong>und</strong>ertealte<br />

Medium der Malerei formulierte. Beide betonen zwar die Eigenständigkeit des<br />

jeweiligen Gestaltungsmittel, aber hinsichtlich der Gestaltungsweise <strong>und</strong> der daraus<br />

entstehenden bildnerischen Gestalt entwickeln beide gänzlich andere Vorstellungen.<br />

Nicht nur in seinen Fotogrammen, sondern auch in seiner Malerei suchte Moholy-<br />

Nagy eine neue, über die Anordnung der Dinge definierte Vorstellung <strong>von</strong> Raum zu<br />

visualisieren. Nicht zufällig setzte in den späten 1920er Jahren zwischen Malern,<br />

Fotografen <strong>und</strong> Wissenschaftlern eine Diskussion ein über die Wesens-Unterschiede<br />

<strong>von</strong> Fotografie <strong>und</strong> Malerei <strong>und</strong> ihren Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen in Hinblick auf eine<br />

bildwirksame Gestaltung, die sich im wesentlichen an der Faktur <strong>und</strong> der daraus<br />

hervorgehenden Bildwirkungen entzündete. 43<br />

Als Ausdruck des menschlichen Geistes fasst auch Max Bill die konkrete Kunst. In<br />

Bezug auf van Doesburg erweiterte <strong>und</strong> definierte er im Zeitraum <strong>von</strong> 1936 bis 49 die<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der konkreten Kunst neu. Auch Bill bleibt in gewisser Weise<br />

gattungsgeb<strong>und</strong>en, insofern er sich auf Malerei <strong>und</strong> Plastik bezieht. Als wesentlich<br />

für seine Definition der konkreten Kunst <strong>und</strong> auch für die Übertragungen auf den<br />

Bereich der Fotografie wird gerne jener vieldeutige <strong>und</strong> missverständlicher Satz<br />

zitiert, dass in der Vorstellung bestehende abstrakte Ideen in konkreter Form<br />

sichtbar <strong>und</strong> anschaulich gemacht werden. <strong>Zur</strong> Klärung sei an dieser Stelle eben<br />

jene Passage zitiert, aus der dieser Satz stammt:“ konkrete malerei <strong>und</strong> plastik ist die<br />

gestaltung <strong>von</strong> optisch wahrnehmbaren. Ihre gestaltungsmittel sind die farben, der<br />

raum, das licht <strong>und</strong> die bewegung. Durch die formung dieser Elemente entstehen<br />

neue realitäten. Vorher nur in der vorstellung bestehende abstrakte ideen, werden in<br />

konkreter form sichtbar gemacht. Konkrete kunst ist in ihrer letzten konsequenz der<br />

reine ausdruck <strong>von</strong> harmonischem mass <strong>und</strong> gesetz. Sie ordnet systeme <strong>und</strong> gibt mit<br />

künstlerischen mitteln diesen ordnungen leben. Sie ist real <strong>und</strong> geistig,<br />

unnaturalistisch <strong>und</strong> dennoch naturnah. Sie erstrebt das universelle <strong>und</strong> pflegt<br />

dennoch das einmalige. Sie drängt das individualistische zurück, zugunsten des<br />

individuums.“ 44 Bill erweitert zwar die Möglichkeiten einer konkreten Gestaltung,<br />

doch hat diese auch weiterhin Maß <strong>und</strong> Gesetz zu genügen. Dennoch bleibt<br />

hinsichtlich einer kategorialen Einschätzung zu fragen, was unter konkretion<br />

42 Malerei, Photografie, Film, Bauhausbuch 8, München 1925.<br />

43 Die Aktualität dieser Problematik in den späten 1920er Jahren veranlasste Moholy-Nagy Ernst Kallais<br />

Aufsatz „Malerei <strong>und</strong> Photographie“ in der Internationalen Revue <strong>von</strong> 1927 zu veröffentlichen <strong>und</strong> zur<br />

Diskussion zu stellen. Ernst Kallai: Malerei <strong>und</strong> Photographie, in: Internationale Revue 1927, Reprint Nendeln<br />

Liechtenstein 1979, S. 148-240.<br />

44 Max Bill, zit. nach: Max Bill. Ausst.kat. Wilhelm-Hack-Museum, Ludwigshafen am Rhein 1990, S. 41.<br />

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