1 Beate Reese Zur Stellung und Bedeutung von ... - Stadt Würzburg
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Möglichkeiten - verändert <strong>und</strong> erweitert, so dass mittlerweile in der aktuellen<br />
Diskussion über neue Begrifflichkeiten nachgedacht wird. 49 Dieser Pluralität kann<br />
natürlich Rechnung getragen werden, indem <strong>von</strong> konkret eher im Sinne eines<br />
„Übereinstimmungsbegriff“ gesprochen wird. Dennoch folgt die konkrete Kunst einer<br />
gewissen Programmatik bzw. sie hat einen Kanon des bildnerischen Vokabulars <strong>und</strong><br />
Ansätze ausgebildet, auf die sich Künstler noch heute in Form bewusster Reflexion<br />
<strong>und</strong> Rezeption beziehen <strong>und</strong> die sie hinsichtlich der Untersuchung <strong>von</strong> Räumlichkeit,<br />
Flächigkeit, Plastizität, Farbkonzepte im Rahmen primärer bildnerischer<br />
Gegebenheiten weiter modifizieren <strong>und</strong> variieren. Übertragungen auf andere<br />
Bereiche finden sich im Bereich der konkreten Musik <strong>und</strong> der konkreten Poesie. Sie<br />
sind jedoch Randbereiche innerhalb der konkreten Kunst geblieben.<br />
Diese spezifische Tradition der konkreten Kunst, die länderübergreifend eine Art<br />
Anker- <strong>und</strong> Referenzpunkt bildet, fehlt in dieser Weise in der Fotografie. Mit dem<br />
Fotogramm hat sie – besonders auch im Bereich ungegenständlicher Darstellungen -<br />
eine vergleichbar eigene <strong>und</strong> adäquate Tradition ausgebildet hat, die sich weiter zu<br />
verfolgen lohnt. So mag <strong>von</strong> Fotografie als eine neue Möglichkeit der Bildfindung<br />
innerhalb der konkreten Kunst zu sprechen sein, aber weniger <strong>von</strong> einer konkreten<br />
Fotografie. Weder wird man hier dem spezifischen Medium der Fotografie gerecht,<br />
noch der Begrifflichkeit des Konkreten, die gerade in Bezug auf van Doesburg <strong>und</strong><br />
Bill eng gefasst <strong>und</strong> auf die klassischen Medien begrenzt ist.<br />
Von konkreter Fotografie zu sprechen hieße auch, die letztlich an gänzlich<br />
unterschiedliche technische Trägersysteme <strong>und</strong> Traditionen geb<strong>und</strong>ene<br />
Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen des jeweiligen Mediums zu nivellieren. Auch wenn<br />
Fotografie ausschließlich mit Licht <strong>und</strong> lichtempfindlichem Papier arbeitet, ist sie an<br />
ein technisches Trägersystem <strong>und</strong> physikalische Prozesse geb<strong>und</strong>en. Auch ohne<br />
Einsatz der Kamera beruht die ästhetische Schöpfung auf physikalisch-chemische<br />
Prozesse, diese bringen also ein Bild hervor, das eben trotz aller Eigenständigkeit<br />
der Formschöpfung <strong>von</strong> diesen Prozessen geprägt <strong>und</strong> bestimmt ist <strong>und</strong> letztlich als<br />
ein fotografisch erzeugtes bzw. mittels fotografischer Technik erzeugtes Bild<br />
erkennbar bleibt. Will man die hier vorgestellten Fotografen in Beziehung zur<br />
konkreten Kunst setzen, ist der Ansatz, begriffliche Übertragungen <strong>und</strong> formale<br />
Vergleiche zu bemühen, gerade auch in Hinblick medialer Unterschiede zu unscharf.<br />
In der Konzentration auf „einfache“ Sachverhalte, der Analyse bildgebender <strong>und</strong> –<br />
erzeugender Verfahren, in der Differenzierung <strong>von</strong> ästhetischer Gestalt <strong>und</strong><br />
technischem Prozess sowie der überlegten Anordnung <strong>von</strong> Schwarz-Weiß Formen<br />
mögen einige der hier vorgestellten Fotografen Parallelen auf weisen zu reduktiven<br />
<strong>und</strong> elementaren Verfahren in einer konkret-konstruktiv arbeitenden Kunst. 50 Hier<br />
wäre es spannend genauer zu fragen, welche Berührungspunkte es beispielsweise<br />
zwischen den Intentionen der generativen Fotografie <strong>und</strong> Gruppierungen wie „GRAV“<br />
oder „Art et informatique“ gibt. In den 1960er Jahren weiteten diese das Spektrum<br />
konkreter Kunst im wesentlichen aus, indem sie sich auf wissenschaftsorientierte<br />
visuelle Recherchen konzentrierten <strong>und</strong> darüber auch zu neuen Bildformen (bewegte<br />
<strong>und</strong> programmierte Bilder) <strong>und</strong> Medien (Computer- <strong>und</strong> Plotterzeichnungen) fanden.<br />
In den 1960er Jahren zeichnet sich in der Kunst ein Kontext ab, in dem diese Form<br />
der Fotografie ein Form findet.<br />
49 Hartmut Böhm in seinem statement, Kolloquium konkrete Kunst, Erfurt 2004.<br />
50 Dietfried Gerhardus: anmerkungen zu “elementarität” <strong>und</strong> “reduktion” in der modernen kunst, in: neue gruppe<br />
saar 2003, s. Anmerk. , S. 117f, hier S. 117.<br />
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