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1 Beate Reese Zur Stellung und Bedeutung von ... - Stadt Würzburg

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geprägten Richtung der sogenannten subjektiven Fotografie der Nachkriegszeit. Den<br />

konzeptuellen Ansatz einer Medienreflexion in gewisser Weise vorausnehmend 16 ,<br />

haben die generativen Fotografen ästhetische oder zeichenhafte Strukturen<br />

entwickelt, um eben die Frage nach dem fotografischem Bild als solchem visuell<br />

anschaulich zu machen.<br />

Dennoch war die subjektive Fotografie, die im Unterschied zu einer vermeintlich<br />

objektiven Fotografie den durch das Subjekt gefilterten Blick auf die Welt hervorhob<br />

nicht nur wesentlich für die Wiederentdeckung der fotografischen Avantgarde der<br />

1920er Jahre, sondern auch für die neuerliche Hinwendung zum fotografischen<br />

Experiment <strong>und</strong> zu frühen Abstraktionstendenzen im Sinne einer autonomen,<br />

bildgestaltenden Fotografie. Zu den Vertretern der sujektiven Fotografie gehören<br />

nicht nur unmittelbar Peter Keetman <strong>und</strong> Halke, sondern auch als Steinerts Schüler<br />

Gunther Keusen <strong>und</strong> Kilian Breier. Auch Pierre Cordier, der einen Studienaufenthalt<br />

bei Steinert verbrachte <strong>und</strong> erste Chemigramme in Rahmen der subjektiven<br />

Fotografie ausstellte, ist <strong>von</strong> diesen Tendenzen geprägt. Steinert, der eine<br />

Durchdringung <strong>von</strong> äußerer <strong>und</strong> innerer Welt anstrebte, schärfte den Blick für die<br />

mechanischen <strong>und</strong> formalen Aspekte der Bildgestaltung, wobei sich für ihn in der<br />

formal-abstrakten Umsetzung eines Motivs in eine geometrische Konstruktion ein<br />

Höchstmaß an Subjektivität offenbarte. (Steinert, subjektive Fotografie, S. 154f.)<br />

Ohne hier genauer auf Steinert <strong>und</strong> seine Wirkung auf eine nachfolgende<br />

Fotografengeneration eingehen zu wollen, sei dennoch festzuhalten: Der<br />

experimentelle Umgang mit der Fotografie <strong>und</strong> ihren medialen Bedingungen<br />

ermöglichte nicht nur die Loslösung <strong>von</strong> der Kamera, sondern lenkte in Folge den<br />

Blick auch auf einzelne Werkprozesse, so die Belichtung oder die Entwicklung.<br />

Jäger zählt die oben aufgeführten Fotografen zu einer bildgebenden Richtung der<br />

Fotografie, die sich durch einen freien kompositorischen, d.h. in gewisser Weise auch<br />

künstlerisch-schaffendem Umgang mit dem fotografischen Material auszeichne.<br />

Zwangsläufig verunklärt sich hier die Grenze zwischen der Fotografie <strong>und</strong> einem mit<br />

fotografischen Mitteln hergestellten Bild. Dass diese Grenzüberschreitung durchaus<br />

intendiert sein kann, belegen Äußerungen einzelner Fotografen. Für Cordier<br />

überschreitet das Chemigramm die Grenzen zur Malerei <strong>und</strong> auch ein Fotograf wie<br />

Roger Humbert strebte an, aus Fotografien Bilder zu machen, „die er als echtes<br />

Gegenstück zur heutigen Malerei gesehen haben will“. 17 Diese Tendenz, Bilder<br />

mittels fotografischer Techniken <strong>und</strong> Materialien zu erzeugen, sieht Helmut Friedell<br />

auch bei Nikolaus Koliusis als gegeben. 18 Das heißt letztendlich auch, dass die<br />

Fotografie bzw. die fotografische Technik bei einigen der hier vorgestellten<br />

Fotografen zunehmend eine sozusagen „dienende“ Funktion einnimmt, wie es<br />

Nikolaus Koliusis formuliert hat: „Ich bediene mich der fotografischen Prozesse,<br />

Apparaturen <strong>und</strong> Materialien, um Aufschlüsse über ihre Funktions- <strong>und</strong><br />

Wirkungsweise zu erhalten“. 19 Dabei geht er zum einen konzeptuell vor, indem er<br />

beispielsweise zeigt, dass verschiedene Fotolabors bei einem Negativ<br />

unterschiedliche Weißtöne erzielen, zum anderen konzentriert er sich zunehmend<br />

16 Für Lemagny markiert der Fotograf Cordier den Endpunkt einer konzeptuell verfahrenden Fotografie, bei der<br />

nach dem fotografischem Bild als solchem gefragt wird. Jean-Claude Lemagny: Kreative Fotografie in Europa.<br />

Ein Vorschlag zur Klassifikation ihrer zeitgenössischen Tendenzen (1980), in Kemp III, 1999 (s. Anmerk. ), S.<br />

289-293, S. 290f.<br />

17 Roger Humberts Lichtstrukturen. Text <strong>von</strong> Gert A. Haisch. Eigene Publikation. Kein Erscheinungsort <strong>und</strong> –<br />

jahr (1965), o. S.<br />

18 Helmut Friedel: Nikolaus Koliusis Fotografie - Das ausschnitthafte, erweiterte Bild, in: Nikolaus Koliusis.<br />

Zwischen-Raum. Ausst.kat. Galerie der <strong>Stadt</strong> Stuttgart 1996, Ostfildern-Ruit 1996, S. 21f, S. 21.<br />

19 Koliusis, zit. nach ebd., S. 21.<br />

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