Demokratisch Handeln - Sächsisches Bildungsinstitut (SBI)
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Grußwort<br />
vom „jedem in die Wiege gelegt“ war ein demokratischer Habitus noch nie und<br />
kann er nicht sein. Aber in Zeiten zunehmender – sagen wir – „Werteäquidistanzen“<br />
in der Schule wie außerhalb stellt sich die Aufgabe der Demokratieerziehung<br />
deutlicher.<br />
Zu den spektakulärsten einschlägigen Markierungen gehört in Sachsen die hohe<br />
Prozentzahl, die die NPD unter jugendlichen Wählern bei der jüngsten<br />
Landtagswahl errang. Wobei man das Wahlverhalten als solches ja nicht „undemokratisch“<br />
nennen kann. Immerhin geht es um eine nicht verbotene, sondern zu<br />
demokratischen Wahlen zugelassene Partei. Auch ist es nicht so, dass bei<br />
Jugendlichen generell die viel zitierte Politikverdrossenheit zu konstatieren wäre.<br />
Fatalerweise verstehen es ja namentlich extremistische Politakteure, Jugendliche<br />
anzusprechen und sie somit durchaus zu politisieren.<br />
Mit der Kategorisierung einer Partei als „undemokratisch“ hat man im Übrigen<br />
weder bereits eine demokratische Gesinnung bewiesen noch gar bei anderen<br />
eine solche entstehen lassen. Aufgabe demokratischer Erziehung ist es, Parolen<br />
und Gedankengut gegebenenfalls als undemokratisch, als rassistisch oder intolerant<br />
kenntlich zu machen und ihnen positive, verkürzt: demokratische Werte entgegenzusetzen.<br />
Dies sollte in der Schule möglichst lebensweltnah, möglichst praxisorientiert<br />
stattfinden.<br />
<strong>Demokratisch</strong>es Miteinander, der Umgang entlang demokratischer Leitlinien<br />
sind kein Schulstoff im engeren Sinne – wie etwa der Satz des Pythagoras oder<br />
Englisch-Vokabeln. Fraglos ist auch der gelebten Demokratie ein gewisses Maß<br />
an Faktenwissen zuträglich – von den antiken Wurzeln bis zu den Bedingungen<br />
unserer Demokratie als Staats- und Lebensform. Aber es geht um mehr. Es geht<br />
darum, Schülerinnen und Schüler demokratische Prinzipien als Denk-,<br />
Handlungs- und Verhaltensweisen erfahren, erleben und erlernen zu lassen.<br />
Demokratie-Erziehung, so scheint mir, hat Ähnlichkeiten mit der Leseförderung,<br />
ebenfalls eine umfassende Thematik, die seit PISA auch in der öffentlichen<br />
Wahrnehmung „en vogue“ ist. Bei der Leseförderung liegt eine zentrale Aufgabe<br />
darin, die Lesemotivation der Schülerinnen und mehr noch der Schüler zu fördern,<br />
um so auch ihre Lesekompetenz zu stärken. Wobei Lesekompetenz mehr ist als die<br />
Fähigkeit, einen Text möglichst flüssig lesen zu können. Lesekompetenz hat mit<br />
Textverstehen zu tun und mit der Fähigkeit, erworbenes Können lebenslang situationsgerecht<br />
anzuwenden.<br />
Und so wenig wie die Stärkung von Lesekompetenz allein Aufgabe der<br />
Deutschlehrerin bzw. des Deutschlehrers sein kann, so wenig kann<br />
Demokratieerziehung allein Aufgabe des Geschichts-, des Sozialkunde- oder<br />
vielleicht noch des Ethik-Unterrichts sein. Vielmehr – und hier trage ich vor diesem<br />
Publikum, wenn das kleine Wortspiel gestattet ist, wohl Eulen zur Wiege der<br />
Demokratie – ist Demokratieerziehung Aufgabe im Grunde aller Fächer. Und<br />
ähnlich wie bei der Leseförderung sind jene Lehrer bzw. jene Lehrerinnen am<br />
überzeugendsten, die zeigen, dass Lesen eine lohnende, womöglich gar vergnügliche<br />
Angelegenheit ist. Genauso funktioniert es beim Demokratie-Lernen:<br />
Beispiel macht Schule.<br />
Die Einübung in Demokratie braucht ein förderliches Schulklima, eine adäquate<br />
Lernumgebung, in der die Beziehungen zwischen Schülern, Lehrern und<br />
Eltern in einem demokratischen Miteinander funktionieren; wo Selbstfindung<br />
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