Datei Download - Schöne Zeiten
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04<br />
AKTIV-Bergwandern<br />
Schliersee | Bayrischzell<br />
blumenmeer<br />
bergfrühling im rotwandgebiet<br />
Wenn in den Tälern<br />
längst die Kühe auf den<br />
Wiesen weiden, wird es in<br />
den Hochlagen des Oberlands erst Frühling. Der Bergfrühling<br />
beginnt Anfang Juni. Zu dieser Zeit verwandelt<br />
sich das Rotwandgebiet zu einem Blumenmeer von einzigartiger<br />
Schönheit.<br />
Fast könnte man es für Kitsch halten, wenn es nicht echt<br />
wäre. Wer vom Spitzingsattel den Weg hinterm Gasthaus<br />
„Alte Wurzhütte“ aufwärts durch den Bergwald in Richtung<br />
Rotwandhaus wandert, kommt oberhalb der Waldgrenze an tausend<br />
Jahre alten Almböden vorbei. Während von den gegenüberliegenden<br />
Bergen die letzten Schneefelder in der Sonne strahlen,<br />
breitet sich auf den sonnseitigen Hängen die Schönheit des Bergfrühlings<br />
aus: Murmeltiere liegen faul in der Sonne, die letzten Schneefelder<br />
tauen und dazwischen blühen die Wiesen in allen erdenklichen<br />
Farben. Das Rotwandgebiet ist eines der artenreichsten Almgebiete<br />
Bayerns. Auf den mageren Almwiesen wachsen rund 130 verschiedene<br />
Gräser und Kräuter, davon alleine 45 verschiedene Orchideenarten.<br />
Die Blumen, die hier um die Wette blühen, heißen „straußblütige Glockenblume“,<br />
„gelbes Knabenkraut“ oder – die Blume des Jahres – der<br />
„Frauenschuh“. Gelb, rot und violett leuchtet es an den Hängen und<br />
allen voran posiert die prominenteste alpine Schönheit Bayerns: der<br />
Enzian. Zu tausenden glänzen die dicken, tiefblauen Blütenkelche in<br />
der Sonne. Dass die Bergwiesen gerade hier so artenreich sind, liegt<br />
am Kalkgestein und an der extensiven Almwirtschaft, die hier seit dem<br />
Mittelalter betrieben wird. Deshalb wurde das Rotwandgebiet vor gut<br />
20 Jahren zum Landschaftsschutzgebiet erklärt. Skiliftbetreiber, Hüttenwirte<br />
und auch Wanderer müssen sich an strenge Regeln halten,<br />
sagt der langjährige Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, Volker<br />
Herden: „Früher war es so, dass überall Blumen ausgerissen wurden,<br />
die Orchideen, Frauenschuhe und der Enzian, aber mittlerweile ist das<br />
vorbei. So kann sich jeder an der Blütenpracht freuen.“ Hinter jedem<br />
Felsvorsprung, unter jeder Latsche finden sich Blumen in verschiedenen<br />
Farben. Und auch die Aussicht ist grandios: Der Wanderer blickt auf<br />
die Felsabstürze des Sonnwendjochs und zu den Schneefeldern des<br />
Schinder.<br />
Nach insgesamt zweieinhalb Stunden Wanderung vom Spitzingsattel<br />
ist das Rotwandhaus erreicht. Das stattliche Berghaus wurde im Jahre<br />
1907 binnen eines Jahres gebaut. Eine starke Leistung, wenn man<br />
sich vorstellt, dass alle Baumaterialien entweder getragen oder aber mit<br />
kleinen Pferde- und Maultierfuhrwerken bis auf 1737 Meter geschleppt<br />
werden mussten. Es hat sich gelohnt. Die Stuben im Inneren sind urgemütlich:<br />
Holzböden und Kachelöfen schaffen ein Ambiente wie vor<br />
100 Jahren. Die Verpflegung ist traditionell und gut. Neben einer Brotzeit<br />
und Kaiserschmarrn kann man auf den Frühlingsblütengenuss mit<br />
einem flüssigen Enzian anstoßen. Der wird allerdings nicht auf dem<br />
Berg, sondern in Schliersee gebrannt, und zwar aus dem gelben Enzian.<br />
Unser tipp: Die Taubenstein-Kabinenbahn,<br />
die Stümpfling-Sesselbahn sowie die Suttenbahn sind auch im<br />
Sommer in Betrieb. Betriebszeiten unter: www.alpenplus.com.