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Abgrenzung von Lebensmitteln und Arzneimitteln<br />

deutlich auf, wie groß das Unbehagen über die<br />

weiterhin bestehende <strong>Recht</strong>sunsicherheit bei allen<br />

Beteiligten ist.<br />

Risiko als Thema des Lebensmittelrechts:<br />

Symposium der Forschungsstelle für Lebensmittelrecht<br />

an der Universität Bayreuth<br />

Laura Schnall<br />

Forschungsstelle für Lebensmittelrecht an der Universität<br />

Bayreuth<br />

Lehrstuhl Prof. Leible, Universität Bayreuth, 95440<br />

Bayreuth (Tel.: 0049-921-552901, Fax: 0049-921-<br />

552081, E-Mail: stefan.leible@uni-bayreuth.de)<br />

„Wo bleiben denn da noch Menschenwürde und<br />

persönliche Freiheit“, tat ein Teilnehmer des diesjährigen<br />

Symposiums der Forschungsstelle für<br />

deutsches und europäisches Lebensmittelrecht<br />

am 7. und 8. Februar 2008 an der Universität<br />

Bayreuth sein Erstaunen kund, nachdem Professorin<br />

Hannelore Daniel (TU München) einen<br />

spannenden Einblick in die molekulare Ernährungsforschung<br />

gewährt hatte. Was manchen<br />

Zuhörer dabei irritierte, waren die von Professorin<br />

Daniel dargestellten Möglichkeiten der<br />

nahen Zukunft: Dank der Entschlüsselung des<br />

menschlichen Genoms könne neben verschiedenen<br />

Krankheitsrisiken nun auch der Stoffwechseltyp<br />

des einzelnen Menschen geklärt werden.<br />

Auf dieser Grundlage sei es möglich, individuell<br />

zugeschnittene Ernährungsprogramme für Personen<br />

anhand ihrer DNA zu erstellen und ihnen<br />

anschließend diese gezielte Ernährungsberatung<br />

zu vermitteln.<br />

Die steigende Nachfrage nach derartigen wissenschaftlichen<br />

Ansätzen hat ihre Ursache nicht zuletzt in<br />

der häufig unausgewogenen Ernährung der mitteleuropäischen<br />

Bevölkerung. Dies verlangt geradezu neue<br />

Wege der Risikokommunikation. Voraussetzungen<br />

einer sachgerechten Risikokommunikation sind allerdings<br />

zuvor die wissenschaftliche Ermittlung und Bewertung<br />

der jeweiligen Risiken sowie entsprechender<br />

Handlungsmöglichkeiten. Gefragt sind dabei insbesondere<br />

die Unternehmen der Lebensmittelindustrie<br />

wie auch die Behörden, um durch schnelle und zuverlässige<br />

Information zur Gewährleistung eines hohen<br />

Schutzniveaus für Leben und Gesundheit der gesamten<br />

Bevölkerung beizutragen.<br />

Mit der komplexen Thematik „Risiko als Thema<br />

des Lebensmittelrechts: Risikobewertung, Risikomanagement,<br />

Risikokommunikation“ setzten<br />

sich in diesem Jahr daher über 80 Teilnehmer mit<br />

hochkarätigen Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft<br />

und Verwaltung auf dem Symposium auseinander,<br />

organisiert von Prof. Dr. Alfred Hagen<br />

Meyer, dem geschäftsführender Vorstand des Fördervereins,<br />

geleitet von Prof. Dr. Stefan Leible,<br />

dem neuen Direktor der Forschungsstelle.<br />

(von links nach rechts) Prof. Leible (Direktor Forschungsstelle), Prof. Gundel (Forschungsstelle), Prof.<br />

Meyer (geschäftsführender Vorstand Förderverein), Laura Schnall (Leitung Forschungsstelle), Prof.<br />

Kalscheuer (Vorsitzender Förderverein), Prof. Daniel (TU Weihenstephan, Referentin), Dr. Schaffert<br />

(BGH, Teilnehmer)<br />

Was aber bedeutet überhaupt „Risiko“? Dr. Gerhard<br />

Zellner, Leitender Ministerialrat im Bayerischen<br />

Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit<br />

und Verbraucherschutz, will es als Zusammenspiel<br />

der Wahrscheinlichkeit eines Schadensereignisses<br />

und dem Ausmaß des Schadens verstanden wissen.<br />

Eine Abweichung zwischen der wissenschaftlichen<br />

Feststellung eines Risikos und dessen emotionaler<br />

Wahrnehmung in der Bevölkerung stellte<br />

Dr. Julia Gelbert vom Bund für Lebensmittelrecht<br />

und Lebensmittelkunde fest. So befürchten rund<br />

25–50 % der Verbraucher, „chemisch verseuchte“<br />

Lebensmittel zu sich zu nehmen. Als Ursache<br />

nennt Dr. Gelbert ein allgemein sinkendes Grundvertrauen,<br />

mangelnde Kenntnisse über die Herstellung<br />

von Nahrungsprodukten und die Darstellungen<br />

in den Medien. Naturgemäß werde meist eher<br />

negativ über Mängel, als positiv über Qualität von<br />

Lebensmitteln berichtet, nach dem Motto „Only<br />

bad news are good news.“<br />

Amtliche Kontrollen sollen lebensmittelrechtlichen<br />

Verstößen grundsätzlich vorbeugen. In Bayern<br />

existiert seit den „Gammelfleischskandalen“ im<br />

Jahr 2006 eine Spezialeinheit „Lebensmittelsicherheit“<br />

beim Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit,<br />

die in der Regel gemeinsam mit<br />

der örtlichen Behörde Betriebskontrollen durchführt.<br />

Fabian Baumann berichtete als Vertreter<br />

der Spezialeinheit von deren Einbindung in das<br />

EU-Schnellwarnsystem (SWS). Dieses ermöglicht<br />

ein rasches Zugreifen vor Ort, wenn zum Beispiel<br />

eine Meldung französischer Behörden über das<br />

Auffinden mangelhafter Ware berichtet, die über<br />

bayerische Zwischenhändler aus Italien nach Frankreich<br />

geliefert worden ist.<br />

Neben Betrieben aus der Lebensmittelindustrie<br />

sind auch öffentliche Einrichtungen vor Fehlern in<br />

der Lebensmittelüberwachung nicht gefeit. Über<br />

die Folgen von staatlichem Fehlverhalten sprach<br />

Professor Jörg Gundel (Universität Bayreuth).<br />

So ist es denkbar, dass die Behörde eines EU-<br />

Mitgliedstaates fälschlicherweise vor bestimmten<br />

Produkten warnt und dadurch für das betroffene<br />

Unternehmen ein größerer wirtschaftlicher Schaden<br />

eintritt. Will das Unternehmen dafür jemanden<br />

haftbar machen, stößt es oft auf Schwierigkeiten.<br />

Aufgrund fehlender Haftungsnormen und hoher<br />

Anforderungen der Gerichte an die Geltendmachung<br />

von Staatshaftungsansprüchen auf nationaler<br />

und europäischer Ebene bestehen für deren<br />

tatsächliche Durchsetzbarkeit nämlich nur geringe<br />

Erfolgschancen.<br />

Soweit Informationen über schädliche Lebensmittel<br />

in den Medien und auf staatlichen Internetplattformen<br />

kursieren, bezwecken sie regelmäßig<br />

den Schutz des Verbrauchers. Mit dem neuen<br />

Verbraucherinformationsgesetz wurde zusätzlich<br />

ein <strong>Recht</strong>sanspruch des Verbrauchers auf Zugang<br />

zu den bei den Behörden vorhandenen amtlichen<br />

Informationen zu Lebens- und Futtermitteln geschaffen.<br />

Die Veröffentlichung von Daten, welche<br />

einzelne Unternehmen betreffen, wird ab dem 1.<br />

Mai 2008, wenn das Gesetz in Kraft tritt, bei entsprechenden<br />

Verbraucheranfragen zum Regelfall,<br />

ihre Nicht-Veröffentlichung zur Ausnahme. Ein<br />

Grund für eine solche Ausnahme kann nach Dr.<br />

Marcus Girnau, Bund für Lebensmittelrecht und<br />

Lebensmittelkunde, beispielsweise die Wahrung<br />

von Geschäftsgeheimnissen sein.<br />

150 ı Informationen Deutsche Lebensmittel-Rundschau ı 104. Jahrgang, Heft 3, 2008

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