Sehnsucht nach Ebene II - Hagen Ruhr.2010
Sehnsucht nach Ebene II - Hagen Ruhr.2010
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Sie erläutert detailliert farbige Kleidungsvorschriften für verschiedene Zeremonien in<br />
Ghana: Anlässlich der Geburt eines Kindes werde Weiß mit etwas Schwarz getragen.<br />
Beim Tod eines Menschen werde abhängig von dessen erreichtem Alter Schwarz-Weiß<br />
oder Schwarz-Rot getragen. Dies befolgt sie auch in Deutschland auf afrikanischen<br />
Beerdigungen, aber bei Geburten könne jeder tragen, was er wolle, denn hier sei nicht<br />
Afrika. 191<br />
Hier zeigt sich ihre Prägung durch Traditionen ihres Herkunftsortes, die sie in<br />
Deutschland partiell aufrechterhält. Darin, dass sie diese auch teilweise aufgegeben hat,<br />
wird ansatzweise eine Auflösung ihrer ‚ghanaischen‘ Identitätsbildung deutlich: Sie<br />
berücksichtigt verschiedene kulturelle Orientierungsrahmen. Ebenso mischen sich in<br />
ihre Erzählung immer wieder Wörter, Satzfragmente, Sätze und ganze Abschnitte 192<br />
auf Deutsch.<br />
An anderer Stelle sagt sie, ihr gefalle die lebendige Stimmung in dem Stadtteil<br />
Wehringhausen 193 , wo sie wohnt, und sie nennt auch eine spezielle Ecke, die sie schön<br />
findet, weil dort nicht so viele Autos und Menschen seien. 194 Als sie feststellt, dass sie<br />
wegen der Kinder vorerst bleiben muss, betont sie daraufhin: „(…) I like Germany, ist<br />
schön here. I have a lot of German friends. I’m in (…) freie englische Gemeinde<br />
(...).” 195<br />
Rosa Busia gibt positive Einschätzungen ihrer Umwelt in <strong>Hagen</strong> ab, woran sich zeigt,<br />
dass diese ebenso wie die deutsche Sprache eine alltägliche Bedeutung für sie hat.<br />
Bereits in dem zweiten längeren Zitat auf Seite 35 hat sie angemerkt, dass sie in <strong>Hagen</strong><br />
Freunde habe und gerne dort sei. Diesen Hinweis auf soziale Bindungen wiederholt sie<br />
hier, was im Kontext betrachtet als Versuch zur (Teil-)Auflösung der<br />
widersprüchlichen Erfahrungen zwischen ihrem physischen und psychisch-mentalen<br />
Lebensmittelpunkt zu sehen ist. Gleichzeitig wird deutlich, dass sie über die<br />
Kernfamilie hinaus noch andere soziale Bindungen in <strong>Hagen</strong> hat und sie sich dort<br />
alltagspraktisch eingerichtet hat.<br />
191 Vgl.: ebd. S. 95 f. Aus dem Gespräch geht hervor, dass sie ein Geschäft hat, in dem sie entsprechende<br />
Kleidungsstücke verkauft. (Vgl.: ebd. S. 94, 96 f.)<br />
Indem sie hier von Afrika und nicht Ghana spricht, deutet sich an, dass die Zeremonien über Ghana<br />
hinaus verbreitet sind. Zudem wird möglicherweise ein erweiterter, ‚afrikanischer‘ Rahmen für ihre<br />
Identitätsbildung deutlich.<br />
192 Vgl.: ebd. S. 101, 103 f.<br />
193 Einer ihrer Söhne besucht die Schule in Altenhagen. (Vgl.: ebd. S. 100)<br />
194 Vgl.: ebd. S. 101.<br />
195 Siehe: Anhang B, I 7, S. 103.<br />
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