Rundbrief 1 - Verband für sozial-kulturelle Arbeit eV
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Fachtag: Potenziale des Alters<br />
Aus Erfahrung gut<br />
Zum Auftakt der Veranstaltung singt das „Theater<br />
der Erfahrungen“ ein schwungvolles Lied, in dem es<br />
heißt: „Ihr werdet euch noch wundern, die Alten ziehn<br />
durch’s Land ...“ Und so, wie die älteren und alten<br />
Damen vor den Zuhörern mitreißend swingen, kann<br />
man sich durchaus vorstellen, dass sich dadurch einiges<br />
verändern könnte, wenn die Alten durch’s Land<br />
ziehen. „Mit 88 Jahren sind wir noch gut in Schuss ...“,<br />
wahrhaftig, sie halten sich nicht nur beweglich auf<br />
den Beinen, sondern strahlen sogar optimistische<br />
Kraft aus.<br />
Die Theatergruppe „Die Spätzünder“ spielt Szenen<br />
aus ihrem Stück „Die viehische Komödie“, in dem es<br />
um Alleinsein, die Bereitschaft zum Sterben und um<br />
Profiteure der unerfahrenen Gutwilligkeit vieler alter<br />
Menschen ging. Ein sehr alter Kranich, der Letzte<br />
seiner Familie, hat sich entschlossen, das Ende seines<br />
Lebens nicht an der Müritz, sondern in Berlin zu verbringen.<br />
Noch einmal mit letzter Kraft das Abenteuer<br />
zu suchen und vielleicht auch Freunde zu finden.:<br />
„Noch mal verrückt sein und aus allen Ängsten fliehn“.<br />
Auf dem Friedhof trifft er auf eine Ratte, die sich als<br />
Beerdigungsunternehmer durchschlug. Wie hier zwei<br />
Welten aufeinander prallen – der clevere, skrupellose<br />
Organisator stimmungsvoller Beerdigungs-„Events“<br />
und der zarte, weltfremde Kranich – das hat professionelles<br />
Niveau.<br />
Begrüßung und Einleitung<br />
Dr. Heidi Knake-Werner, Senatorin für Gesundheit,<br />
Soziales und Verbraucherschutz:<br />
„Was soll ich jetzt noch zu<br />
Potenzialen des Alters sagen,<br />
wo wir hier gerade so eindrücklich<br />
erleben konnten,<br />
welche Potenziale in dieser<br />
Stadt vorhanden sind.“<br />
Der Senatorin liegt daran,<br />
dass in der Gesellschaft die Erfahrungen alter Menschen<br />
sehr viel stärker als Erfahrungs-Schatz erkannt<br />
und genutzt werden. „Dass hier Veränderungen nötig<br />
sind, das spüren wir alle. Und angesichts der demographischen<br />
Entwicklung und der damit verbundenen<br />
<strong>sozial</strong>politischen Herausforderungen muss eine moderne<br />
Seniorenpolitik Rahmen dafür schaffen, dass<br />
das Altern in Würde sichergestellt wird. Und das heißt<br />
immer auch: sich einmischen, Teilhabe an gesellschaftlichen<br />
Prozessen zu ermöglichen.“<br />
Bisher standen im Zusammenhang mit alten Menschen<br />
Fragen der Pflege und Versorgung im Mittelpunkt.<br />
Und das bleibt selbstverständlich ein sehr<br />
wichtiger Bereich. „Aber es wäre verheerend, die<br />
Fragen des Alterns auf diese Fragen zu reduzieren.“<br />
Immer noch hat die Gesellschaft ein schlechtes und<br />
falsches Bild von alten Menschen, was sich in Schlagworten<br />
wie „Überalterung“ und „Vergreisung“ niederschlägt.<br />
Die Vielfalt der Lebenslagen der älteren Generation<br />
muss hingegen in den Blick gerückt werden.<br />
Wie auch im letzten Gesundheitsbericht in Zahlen belegt<br />
ist, heißt Altwerden eben nicht mehr nur Krankheit<br />
und Pflegebedarf. Altsein bedeutet mehr und<br />
mehr auch Aktivität und sich einmischen. Frau Dr. Knake-Werner<br />
betont, dass die große Gruppe der aktiven<br />
50- bis 80jährigen, die heute in der Wahrnehmung der<br />
Gesellschaft einfach ausgeblendet wird, mit all ihren<br />
Aktivitäten zur Kenntnis genommen werden muss.<br />
Denn diese Gruppe wird im Jahre 2050 die Mehrheit<br />
der Bevölkerung stellen.<br />
Es gilt, in den kommenden Jahren Bedingungen zu<br />
schaffen, die für die jung gebliebenen Alten attraktiv<br />
sind, die sie in <strong>sozial</strong>e Prozesse einbinden, die ihnen<br />
verantwortungsvolle Aufgaben anvertrauen. Wenn<br />
dies nicht gelingt, besteht die Gefahr, dass das gesellschaftliche<br />
Zusammenleben in dieser Stadt aus der<br />
Balance gerät und dass <strong>sozial</strong>e Netze, die wir mehr<br />
denn je brauchen, zerfallen.<br />
Die Senatorin ist davon überzeugt, dass sich nicht<br />
jeder ältere Mensch ein Leben als „Oma im Schaukelstuhl<br />
oder als Opa im Gemüsebeet“ wünscht. Im Gegenteil:<br />
„Die meisten Älteren wollen heute viel mehr,<br />
sie sind vielfältig interessiert und heute mit Dingen<br />
beschäftigt, für die ihnen früher die Zeit und die Kraft<br />
fehlten. Gerade die Älteren kombinieren ihr Können<br />
und ihre Fähigkeiten mit Erfahrung, Solidität und<br />
Kontinuität. Und ist es nicht so, dass wir uns alle genau<br />
so die eigene Zukunft vorstellen – möglichst gesund,<br />
<strong>sozial</strong> eingebunden und selbstbestimmt“ Bei einer<br />
aktivierenden Seniorenpolitik kommt es darauf an,<br />
das gesellschaftliche Engagement älterer Menschen<br />
zu fördern, die Bereitschaft, etwas für sich selbst, aber<br />
auch für andere zu tun, positiv aufzugreifen.<br />
Es gibt von der Sozialverwaltung geförderte Koordinierungsstellen,<br />
die diese beiden Aufgaben in<br />
sinnvoller Weise bündeln: Hilfebedarf anmelden und<br />
sich ehrenamtlich einbringen. Wer sich ehrenamtlich<br />
betätigt, tut das aus einem <strong>sozial</strong>en, politischen, gesellschaftlichen<br />
Anliegen heraus. Egal, ob er seinem<br />
pflegebedürftigen Nachbarn zur Seite steht oder ob<br />
er oder sie – wie die Spielerinnen und Spieler des<br />
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