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Dokumentation als PDF - Dialog der Generationen

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1BegrüßungsredenFachtag„Intergeneratives Lernen in Projekten und im Alltag von Stadtteilzentren“BegrüßungsredeMatthias WinterWir alle gestalten in unseren Einrichtungen jeden Tag das Miteinan<strong>der</strong> verschiedener<strong>Generationen</strong> und doch fragen wir uns manchmal: Wie könnenwir diese verschiedenen Potenziale von Wissen, von Kreativität und Erfahrungzum gegenseitigen Nutzen für die verschiedenen Altersgruppen bessererschließen? Mit dieser Frage wollen wir uns heute beschäftigen und nachAntworten suchen.Wir erwarten einen wissenschaftlichen Input und wir werden Beispiele guterPraxis kennen lernen. Ich bedanke mich bei dem Paritätischen Wohlfahrtsverbandund beim Verband für sozial-kulturelle Arbeit <strong>als</strong> Veranstalter, undich danke den Kollegen und Kolleginnen, die diesen Fachtag inhaltlich undorganisatorisch vorbereitet haben.BegrüßungsredeDr. Eberhard Löhnert, Paritätischer Wohlfahrtsverband BerlinMeine Damen und Herren, die heutige Fachtagung wird wichtigen Fragenunseres gesellschaftlichen Lebens nachgehen und Antworten – auch Zwischenantworten– sicherlich fi nden.Wie funktioniert nun das Lernen im intergenerativen Kontext? Welche Erfahrungensind da und welche brauchen wir noch? Gibt es schon lernför<strong>der</strong>ndeSettings, die in <strong>der</strong> Arbeit von Stadtteilzentren noch stärker berücksichtigtwerden können? Viele weitere Fragen werden heute sicher diskutiertwerden. Letztlich geht es um eine Diskussion, <strong>der</strong>en Bedeutung weit überBerlin hinausgeht, nämlich sich <strong>der</strong> Frage zu stellen, wie bürgerschaftlichesEngagement <strong>als</strong> Lebenseinstellung in Zeiten des demografi schen Wandelsnoch erheblich gestärkt werden kann.Nachdem sich im vergangenen Jahr die Facharbeitsgruppe Stadtteilzentrenim Nachbarschaftsheim Schöneberg sehr erfolgreich <strong>der</strong> Thematik „Öffnung<strong>der</strong> Schulen“ gestellt hat, steht heute eine weitere gesellschaftspolitischeund fachliche Herausfor<strong>der</strong>ung auf <strong>der</strong> Tagesordnung: die alters- und generationsübergreifendeBegegnung von Menschen. Allein die Auswahl dieserzwei Themen zeigt, dass Stadtteilzentren in Berlin sehr nah am Puls unsererZeit leben und den Pulsschlag entsprechend ihren Möglichkeiten mitbestimmenwollen: innovativ, bürgernah, zivilgesellschaftlich engagiert.4 Fachtag Intergeneratives Lernen 20105


2Fachtag„Intergeneratives Lernen in Projekten und im Alltag von Stadtteilzentren“FachvortragIntergenerationelles Lernen –ein zentraler Beitrag zur Zukunftsfähigkeit unserer GesellschaftMarkus SchönbauerEs folgt nun ein wissenschaftlicher Vortrag zurVorbereitung <strong>der</strong> Arbeit in den Workshops. ImAnschluss ist Zeit für Nachfragen o<strong>der</strong> eineDiskussion. Frau Schabacker-Bock ist Soziologinund Sozialpsychologin, sie arbeitet an<strong>der</strong> Uni Ulm im Zentrum für Allgemeine WissenschaftlicheWeiterbildung und hat dort dieServicestelle für generationenübergreifendeLernpatenschaften inne.Marlis Schabacker-Bock:EinleitendIch will versuchen Brücken zu schlagen zwischentheoretisch-wissenschaftlichem Hintergrundund Praxis.Ich bin selber noch aktiv und in Alt-Jung-Projektentätig und was mich auf dem Weg hierhersehr beschäftigt hat, waren zwei Dinge:1. In einem Alt-Jung-Projekt ist eine Senioringestorben. Wir waren gemeinsam mit den andiesem Projekt beteiligten Schüler/-innen aufdem Friedhof und haben <strong>der</strong> verstorbenenSeniorin in <strong>der</strong> Sprache <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> eine guteReise gewünscht. Neben <strong>der</strong> Frage „Wie gehenwir mit dem Thema Sterben um“ beschäftigtemich das Thema: „Was machen wir, wennjemand sichtbar alt wird und die Arbeit in denProjekten nicht mehr zufriedenstellend leistenkann?“2. Und eine weitere drängende Frage: Ich habein einer an<strong>der</strong>en Gruppe einen Senior, bei demich nicht sicher bin, ob er für diese Arbeit geeignetist. Er ist schon länger dabei und trotzdemergeben sich immer wie<strong>der</strong> Situationen, indenen er sich nicht angemessen verhält. Erspricht z.B. über die Kin<strong>der</strong>, wenn diese danebenstehen. Er ist vom Äußeren her kein gutesVorbild und ist immer wie<strong>der</strong> undiszipliniert.Ein Beispiel ist folgende Situation: Wir saßenim Stuhlkreis zum Start einer Alt-Jung-Arbeitssitzung.Wie so oft, plapperten die Schüler nochweiter. Aber auch <strong>der</strong> Senior redete munter weiter.Ein neben ihm sitzen<strong>der</strong> Schüler meinte, ersoll doch still sein und zeigte ihm spontan denStinkefi nger.Meine erste Reaktion war: Junger Mann, lass dasbleiben, aber mein zweiter Gedanke war: Wer sollwas bleiben lassen? Hier hat <strong>der</strong> Senior den Fehlergemacht und <strong>der</strong> Jugendliche wollte nur die Rahmenbedingungengestalten, die für eine gemeinschaftlicheArbeit beachtet werden sollten.“Wie mit solchen Situationen umgehen?ErfahrungshintergrundZu meinem Erfahrungshintergrund: Ich kommevom Zentrum für Allgemeine WissenschaftlicheWeiterbildung <strong>der</strong> Universität Ulm. Das istein Institut, das Weiterbildungsangebote fürSenioren und für die Generation 50 Plus anbietet.Wir machen wissenschaftlich fundiertewöchentliche Fortbildungen. Darüber hinaushaben wir Arbeitskreise zu verschiedenen Themen,die im Sinne des „Forschenden Lernens“an verschiedenen Themen arbeiten. Einer <strong>der</strong>Themenschwerpunkte ist intergenerationellesLernen. Wir haben mit Alt-Jung-Projektenvor ca. 13 Jahren gestartet, um einerseits dieKompetenzen <strong>der</strong> Älteren für Jüngere nutzbarzu machen und an<strong>der</strong>erseits, um für ÄltereMöglichkeiten zu schaffen, an <strong>der</strong> Gesellschaftteil zu haben. Als wir damit angefangen haben,waren diese Ideen noch Neuland. Inzwischenhat sich da ein boomen<strong>der</strong> Markt entwickelt.Wir haben aktuell ein großes Projekt abgeschlossen.Es heißt KOJALA (= Kompetenzenfür Jung und Alt im Lernaustausch). Das istein Lernnetzwerk, das stadtweit aufgezogenist, über das Alt-Jung-Projekte in Kooperationmit fast allen Schulen im Ulmer Raum mit vielenInstitutionen und Bildungsträgern und mitsehr, sehr vielen Senioren aus dem städtischenUmfeld durchgeführt werden. Dort haben wirviele verschiedene Projekte erprobt und unterpädagogisch-wissenschaftlichen Aspekten undunter <strong>der</strong> Fragestellung eines möglichen Transfersausgewertet. Diese Ergebnisse haben wirfür Weiterbildungen, Lehrworkshops und Seniorenfortbildungenaufbereitet.Meine Servicestelle hat u.a. die Aufgabe, dieseErfahrungen und Praxisbeispiele und unterstützendauch pädagogisches Substrat durch Beratungenund Weiterbildungen weiterzugeben.„Jung und Alt gemeinsam – wir bewegenwas“. Das war unser Motto in den letzten Jahren,auch bei uns ein wachsen<strong>der</strong> Markt. DasTolle an intergenerationellen Projekten undLernbegegnungen ist - das werden viele vonIhnen aus eigener Erfahrung wissen - dassalles möglich ist. Die Palette dessen, wasangeboten werden kann, ist so breit wie dasInteressenspektrum <strong>der</strong> Beteiligten. Es gibteigentlich nichts, was bei intergenerationellenLernangeboten nicht möglich wäre. Damitergänzen diese Angebote, die den Alltag in dieSchulen holen, auf hervorragende Weise dieschulischen Lernangebote.Wir arbeiten viel mit Schulen zusammen. Ich weiß,wenn ich dort das Wort Senioren sage, dann gehtda die Schulblade auf: Hausaufgabenbetreuung,Lesepatenschaften, vielleicht Kochen und Bakken.In <strong>der</strong> spontanen Vorstellung ist meist einrelativ begrenztes inhaltliches Spektrum im Blickfeld.Wir wollen diesen Blickwinkel erweitern.12 Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201013


2Fachvortrag Intergenerationelles LernenThemenvielfalt für Alt-Jung-ProjekteHier (Bild auf Leinwand) zum Beispiel sitzenmehrere <strong>Generationen</strong>, Alt und Jung, gemeinsamim Hörsaal auf <strong>der</strong> Schulbank und beschäftigensich mit naturwissenschaftlichen Themen.Die Naturwissenschaften bieten interessanteThemen, die sich für intergenerationelles Lerneneignen. Da oben ist ein Solarkocher, mitdem eine Projektgruppe in die Schulen gehtund Projekttage zum Thema „Solarenergie“organisiert. Die Gruppe auf dem unteren Bildbaut Raketen-Autos. Warum eignen sich dieNaturwissenschaften für intergenerationellesLernen? Weil es da nicht nur um Vorträge geht,son<strong>der</strong>n weil man spannende praktische Experimenteund man Versuche machen kann.Der Bereich Lebens- und Berufsorientierung istein weiterer Projektbereich, <strong>der</strong> <strong>der</strong>zeit an vielenOrten aufgebaut wird. Dieses Bild zeigt einenProjektausschnitt mit einem Aktionsparcours. Eswurden verschiedene berufsbezogene Aufgabenin mehreren Stationen aufgebaut. Die Jugendlichensind im Zeittakt von Station zu Stationgegangen und mussten diese Aufgaben lösen.Auf dieser Basis haben sie in Arbeitsgruppenmit den Senioren zusammen ihre Stärken undSchwächen besprochen.Die Schülerfirma: Das ist die einzige intergenerationelleSchülerfi rma, die mir bis jetzt bekanntist. Die Arbeit darin dient <strong>der</strong> Berufsvorbereitung,<strong>der</strong> Vorbereitung auf Übernahme von Verantwortlichkeitund Arbeitsbereitschaft. In dieser Schülerfirma haben die Jugendlichen zum Beispielkleine Steine angebohrt und daraus Schmuckhergestellt - war gar nicht so einfach.Der Bereich Soziales, Geschichte, Gesellschaftund Kultur: Zum Beispiel kann mangemeinsam die Stadt erkunden und sichgegenseitig die Lieblingsorte von Alt und Jungvorführen. Das macht viel Spaß und ist einsinnvoller Beitrag zum <strong>Generationen</strong>dialog,weil man bei den Gesprächen sehr viel von <strong>der</strong>an<strong>der</strong>en Generation erfährt. Eine gute Grundlagefür einen <strong>Dialog</strong> <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong> istnatürlich auch die Zeitzeugenarbeit, die vielerortsbekannt ist.Weniger bekannt ist, dass man auch gemeinsammusiziert und komponiert.Ein Markt, <strong>der</strong> sich jetzt erst erschließt, einbisschen zäh, aber sehr zukunftsträchtig, sindvirtuelle Projekte. Wir haben seit Mai 2009 z.B.ein virtuelles Leseprojekt durchgeführt. Dabeiwurde über die verschiedenen Charaktere o<strong>der</strong>Situationen aus Büchern diskutiert. Das warsehr intensiv. Es gab noch ein an<strong>der</strong>es interessantesvirtuelles Projekt, bei dem Behin<strong>der</strong>teo<strong>der</strong> Ältere, auch eingeschränkte Menschen,mit Schüler/-innen im Rahmen des Sozialpraktikumszu ihrer Lebenssituation per Mailin Kontakt gekommen sind. Es ist erstaunlich,wie intensiv und wie gefühlsmäßig engagiertzwischen den Beteiligten diese Kontakteabgelaufen sind. Es bedarf allerdings aucheiniger Arbeit <strong>der</strong> Schulen, denn so ein Projektmuss gut geführt werden, sonst verläuft es imSande.Ich wollte nur anreißen, dass es eine enormeVielfalt an Möglichkeiten gibt, die immer mehrgenutzt werden.Warum sind Alt-Jung-Projekte gerade heuteso wichtig?Ich glaube, es ist kein Zufall, dass gerade heuteAlt-Jung-Projekte ein wachsen<strong>der</strong> Markt sind.Sie sind notwendig aufgrund aktueller gesellschaftlicherEntwicklungen.Das Spannende ist, dass jede Generation ihre<strong>Generationen</strong>beziehungen neu gestalten muss.Das heißt, es gibt eigentlich kein Vorbild für das,wie wir mit unseren Jungen und die Jungen mitden Alten umgehen müssen. Jede Zeit bestimmtdiese Beziehung neu und für sich ganz an<strong>der</strong>s.Und je schnelllebiger eine Zeit ist, desto wenigerkann man auf das zurückgreifen, was schon war.Eine traditionell langsam wachsende Gesellschaftgibt die Möglichkeit, die Muster aus <strong>der</strong>vorherigen Generation zumindest teilweise zuübernehmen. Je schnelllebiger Entwicklungenverlaufen, desto weniger können vorhandeneVorbil<strong>der</strong> und Verhaltensmuster auch für die<strong>Generationen</strong>beziehung übernommen werden.Wie wir diese Beziehung neu gestalten, dashängt natürlich auch vom Menschenbild ab.Wenn ich sage: „solange du die Füße unter meinenTisch stellst, hast du zu tun, was ich sage“,komme ich zu einem an<strong>der</strong>en Umgang mit jungenMenschen, <strong>als</strong> wenn ich sage, „ich möchtedir helfen, erwachsen zu werden und deinePotentiale zu entfalten“. Das Menschenbild, dasin einer Gesellschaft vertreten wird, prägt dieBeziehung <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong> wesentlich mit.Einfl uss haben auch ökonomische Gegebenheiten.Wenn eine Familie gemeinschaftlichverdienen muss, um das Überleben zu sichern,zum Beispiel auf einem Bauernhof, ist das einean<strong>der</strong>e Voraussetzung für das Miteinan<strong>der</strong>, <strong>als</strong>wenn sie sich in einer offenen ökonomischenSituation bewegen, in <strong>der</strong> viele Wahlmöglichkeitenin <strong>der</strong> Lebensgestaltung bestehen.Die Schnelllebigkeit unserer Entwicklungenverän<strong>der</strong>t auch ganz praktisch die <strong>Generationen</strong>beziehungen.Das, was wir das Senioritätsprinzipnennen - ich bin älter, ich weiß viel, ichhabe Recht - das funktioniert nicht mehr ohneweiteres. Der Status <strong>der</strong> Jungen in RichtungWissen hat sich in eine ganz an<strong>der</strong>e Positiongeschoben. Vieles wissen die Jungen heutebesser <strong>als</strong> die Älteren, vor allem im Bereich <strong>der</strong>technischen Neuerungen.Auch gibt es in den Familien immer mehr Erziehungsunsicherheitenund Verschiebungen in<strong>der</strong> hierarchischen Struktur. Schulen z.B. müssenhier oft Erziehungsdefi zite auffangen.Das nur ganz kurz und nicht vollständig skizziert<strong>als</strong> Hintergrund.14Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201015


2Fachvortrag Intergenerationelles LernenAnknüpfungs-EntwicklungspsychologischepunkteDer zweite Punkt, <strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Gestaltung undPlanung intergenerationeller Aktivitäten imAuge behalten werden sollten, sind entwicklungspsychologischeElemente. Es ist hilfreich,die entwicklungspsychologisch defi nierten Aufgaben<strong>der</strong> jeweiligen Altersstufe zu kennen, umThemen, Verhalten und Methoden auf die Entwicklungsaufgabenhin auszurichten.Das Kleinkind im Kin<strong>der</strong>garten muss z.B. lernen,aus <strong>der</strong> Mutter-Kind-Einheit herauszutreten, esmuss Regeln lernen, es muss die Sprache erlernen.Es lernt eigentlich ganz viel durch Rollenspieleund das Spielen überhaupt.Das Grundschulkind steigt auf eine an<strong>der</strong>eStufe und muss Regeln und ethische Grundsätzebeachten. Es muss Gütemaßstäbe bezüglichdem Verhalten und <strong>der</strong> Leistungsfähigkeitakzeptieren und es fängt an, das Selbstbildund das Fremdbild wahrzunehmen. Wenn jetztjemand im Kin<strong>der</strong>garten o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Grundschuleehrenamtlich tätig ist, ist es gut undwichtig, dass er so etwas weiß und nicht meint,wir spielen ja „nur“. Nein, wir spielen nicht„nur“, Spielen ist etwas Zentrales. Spielen heißtRegeln lernen, Spielen heißt sich damit auseinan<strong>der</strong>zusetzen,zu verlieren o<strong>der</strong> <strong>als</strong> Teamzusammen zu arbeiten.Die Jugendlichen, eine Gruppe, mit <strong>der</strong> es nichtimmer leicht ist zu arbeiten, müssen sich vonden Eltern loslösen und Beziehungen zu Gleichaltrigenaufbauen, sie müssen ihre Geschlechterrolleklären, die Verän<strong>der</strong>ungen im Körperakzeptieren. Was auch ganz wichtig ist: Siemüssen ein eigenes Werte- und Normensystementwickeln. Und ich kann mir kaum etwas vorstellen,außer <strong>der</strong> Diskussion in <strong>der</strong> Zielgruppe,was da mehr unterstützen und herausfor<strong>der</strong>nkönnte <strong>als</strong> die Diskussion mit älteren Menschen.Beispielsweise hatten wir in einem ProjektDiskussionen zum Thema Ethik und Werte,zum Thema Schwangerschaftsabbruch zumBeispiel.Jugendliche müssen sich schulisch und beruflichqualifi zieren. Es ist kein Zufall, dass geradein diesem weichenstellenden Themenbereichsehr viele Alt-Jung-Projekte angesiedelt sind.Gerade im Übergang von <strong>der</strong> Schule zum Beruf,<strong>als</strong>o dem Übergang ins Erwerbsleben, benötigenviele Jugendliche Hilfe. Ich begleite zumBeispiel ein Patenschaftsprojekt, das zum Zielhat, Jugendliche mit einer Gefährdung, dieSchule abzubrechen, zu unterstützen. Wir könnenes uns gar nicht leisten, die Jugendlichenin irgendeine Warteschleife zu schicken o<strong>der</strong>aus dem Ausbildungssystem herauszunehmen.Erwachsene engagieren sich da gerne. Nicht,dass es eine leichte Aufgabe ist, aber es ist einesozial sinnvolle Aufgabe. Das ist es, was unsereEvaluation überall gezeigt hat: Die Erwachsenen,die sich in solchen Projekten engagieren,tun es unter an<strong>der</strong>em, weil sie sozial sinnvolleAufgaben suchen.Non formales LernenKin<strong>der</strong> brauchen Wertschätzung, Anerkennungund För<strong>der</strong>ung, um sich positiv zu entwickelnund lernbereit zu sein, darüber brauchen wirnicht weiter zu reden. Aber interessant ist vielleicht<strong>der</strong> Hinweis auf die unterschiedlichenLernformen:Das formelle Lernen, was in den Schulenangeboten wird, normiertes Lernen, istdurch den Lehrplan geregelt.Das informelle Lernen ist vom Alltag geleitet.Es „passiert“ überall, wo wir geradesind. Abhängig von <strong>der</strong> Situation und von <strong>der</strong>sozialen Lage, lernt man alltagsgeleitet alleDinge die notwendig sind, um das Leben zubewältigen.Die dritte Lernform, die zunehmend geschätztwird, ist das non-formelle Lernen. Das wirdangewendet zum Beispiel im Sportverein, woschon gesteckte Ziele <strong>der</strong> Organisation vorgegebensind, sozusagen ein Rahmenplan,wo aber meist keine professionellen Lehrertätig sind. Es wird <strong>als</strong>o von <strong>der</strong> Organisationgeklärt, was wichtig ist, aber <strong>der</strong> Lehrer hateine große Freiheit.Alt- und Jung-Projekte lehnen sich an das nonformelleLernen an. Es wird eine künstlicheLernsituation geschaffen, eingebunden in Strukturenaber mit großen Freiheiten. Allerdings hatdas intergenerationelle Lernen noch an<strong>der</strong>eFacetten <strong>als</strong> z.B. das Lernen im Sportverein.Die Themenvielfalt ist grundsätzlich nicht anVorgaben irgendeiner Institution gebunden unddie individuelle Ausrichtung ist extrem an <strong>der</strong>Interessenlage <strong>der</strong> Beteiligten orientiert.Wenn ich zum Beispiel ein Nachbarschaftszentrumansehe o<strong>der</strong> das Angebot <strong>der</strong> Schulen,dann gibt es eine unendliche Themenvielfalt:Einige haben Lust auf einen Spieletreff, manchemöchten Strickkurse durchführen, an<strong>der</strong>eeinen Sprachkurs, wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e eine Einzelpatenschaft…Diese Vielfalt ist ganz individuell andie Bedarfslage <strong>der</strong> Erwachsenen angebunden,aber auch an die Bedarfslage <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>: Wennich sehe, dass ein Kind o<strong>der</strong> ein Jugendlichermit einem ganz bestimmten Defi zit o<strong>der</strong> einerganz bestimmten Begabung da ist, dann kannes genau dort geför<strong>der</strong>t werden. Wo gibt es das16Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201017


2Fachvortrag Intergenerationelles Lerneneigentlich sonst? Es gibt natürlich Nachhilfe-Institutionen, es gibt Kunstkurse, usw., aberdas intergenerationelle Lernen ist ein Lernweg,<strong>der</strong> absolut themenoffen ist.Intergenerationelle Lernangebote sind einetolle Chance in unserer Zeit, in <strong>der</strong> Individualisierungund eigenständige Verantwortlichkeitfür die eigene Lebensperspektive so wichtiggeworden sind, um genau am Bedarf zu för<strong>der</strong>nund zu unterstützen. Die aktuelle gesellschaftlicheSituation zeigt, dass genau solche För<strong>der</strong>angebotenotwendig sind. Ich habe jetzt nur maleinige Schlagworte aufgenommen:Schlagwort Migrationshintergrund. Was heißtdas? Das heißt Sprachför<strong>der</strong>ung, heißt Identitätsför<strong>der</strong>ung,denn Identität entsteht durch<strong>Dialog</strong>. Migrationshintergrund bedeutet kulturelleVielfalt nutzen lernen. Das bedeutet, dassdie Jungen ganz viel von den Alten lernen können,alleine, was die Sprache anbelangt. Dasbedeutet an<strong>der</strong>sherum, dass die Alten auch vonden Jungen lernen. So werden im <strong>Dialog</strong> Vorurteileabgebaut.Schlagwort ‚Lebenslanges Lernen’: Für Ältereund auch für die Jüngeren ist es enorm wichtig,lernfähig zu bleiben, die Notwendigkeit lebenslangerWeiterbildung zu erkennen und dazueine positive Einstellung zu entwickeln.Diese intergenerationellen Angebote, die sichheute entwickeln, haben eine ganz aktuelle,gesellschaftspolitische Bedeutung und einenspezifi schen Hintergrund von gesellschaftlichenErfor<strong>der</strong>nissen, von entwicklungspsychologischenAufgaben, von individuellen,personenbezogenen Bedürfnissen und Zielen.Aber natürlich hängt die Ausrichtung auchdamit zusammen, wo diese Angebote angebundensind. Ein Nachbarschaftszentrum brauchtetwas an<strong>der</strong>es <strong>als</strong> eine Schule, ein Kin<strong>der</strong>gartenbraucht etwas an<strong>der</strong>es <strong>als</strong> ein Altenheim.Das beson<strong>der</strong>e am intergenerationellen LernenWas ist das Beson<strong>der</strong>e am intergenerationelleno<strong>der</strong> generationenübergreifenden Lernen?1. Senior/innen sind keine Lehrer o<strong>der</strong> Lehrerinnen,die bewerten, sie sind keine Eltern, dieerziehen, sie sind keine Therapeuten, die „korrigieren“.Das wissen sie allerdings manchmalnicht. Manch einer versucht sich auch <strong>als</strong> Psychologeo<strong>der</strong> würde gerne eine richtige Erziehungsfunktionübernehmen. Falls so etwasvorkommt, ist es die Aufgabe des (professionellen)Umfeldes zu sagen: Das ist nicht EureAufgabe, ihr seid keine Lehrer, keine Eltern undkeine Therapeuten.2. Senioren und Seniorinnen arbeiten freiwilligmit Jugendlichen o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>n, aus Interesseund meist unentgeltlich. Manche Kin<strong>der</strong> undJugendliche können kaum glauben, dass dajemand ist, <strong>der</strong> extra für sie kommt, ohne eineBezahlung dafür zu erwarten.3. Durch dieses Erfahrungswissen, dasSenior/-innen einbringen, wird Alltags- undRealitätsbezug eingebunden. Als Beispiel: EineKFZ-Meisterin sagte: wenn ich viel über Hebelgesetzerede, begreifen das nur wenige. Wennich an einem Wagen einen Reifen wechsele,und ihn dazu aufbocke, geht das Begreifenganz schnell.Aktivierend Arbeiten <strong>als</strong> GrundprinzipDer Erfolg misst sich nicht nur am konkretenLernergebnis, son<strong>der</strong>n auch daran, dass aktivdaran teilgenommen wird. Das bedeutet für diejenigen,die im Umfeld anleiten, begleiten o<strong>der</strong>unterstützen, dass sie „Hilfe zur Selbsthilfe“anbieten und möglichst aktivierend arbeiten.Aktivierendes Arbeiten <strong>als</strong> Grundprinzip desintergenerationellen Lernens ist ein ganz zentralerBaustein. Es ist sinnvoll, dieses Thema inFortbildungen aufzugreifen, denn das haben diemeisten Senioren und Seniorinnen nie gelernt.Oft geben sie nur Anweisungen: Du musst dasso machen, du musst das so machen und dumusst das so machen. Viele unserer älterenLeute kennen zwar theoretisch das Handwerkszeugfür aktivierendes Arbeiten, benutzen aberständig den erhobenen Zeigefi nger. Vorgaben zumachen bedeutet, dass man das Ergebnis „imGriff“ hat; aktivierend zu arbeiten bedeutet einegrößere Ergebnisoffenheit. Auch wenn es mitmehr Unsicherheit verknüpft ist – aktivierendesArbeiten bedeutet, dass die Beteiligten mitdenkenund Verantwortung übernehmen müssen.Gut ist es, auf ein Ergebnis o<strong>der</strong> auf ein Produkthinzuarbeiten, auf ein Ziel, das man gemeinsamerreichen möchte.Lernen mit Kopf, Herz und Hand! Sachebene,Handlungsebene, Beziehungsebene, diese dreiDinge zusammen zu entwickeln, das ist ein erfolgversprechen<strong>der</strong>Lernweg, über den die Lernmotivationgestärkt wird. Intergenerationelles Lernenist gut dafür geeignet, alle hier benannten Handlungsebeneneinzubinden und motivationsför<strong>der</strong>ndeLernbedingungen zu schaffen!Beziehung ist wichtigAlle diese generationsübergreifenden Aktionenleben davon, dass ein beson<strong>der</strong>es Beziehungsklimaentsteht. Aktivierende Arbeiten und dieEntstehung eines guten Beziehungsklimas sindzentrale Bausteine. Natürlich sind auch fachlicheDinge wichtig, aber die Beziehung ist das, wasalles trägt. Beziehung heißt, dass zunächst dieEingangsvoraussetzungen geschaffen werdendurch Neugierde und Offenheit vonbeiden Seiten,durch Hinschauen und Wahrnehmen,durch Kontaktaufnahme und Zuhören,durch Preisgeben und verletzlich sein,durch Akzeptieren und Respektieren.Das klingt banal, aber das ist es nicht.In <strong>der</strong> Praxis ist das mit vielen Stolperfallen versehen.Man möchte die an<strong>der</strong>en schon gernerespektieren, man möchte die Jugendlichenja schon nehmen, wie sie sind, aber es ist garnicht so einfach, die gegenseitigen Vorurteileabzubauen. Ich hatte zum Beispiel einen älterenTeilnehmer, <strong>der</strong> sagte: „So einer wie <strong>der</strong>, <strong>der</strong>wäre bei mir früher auf <strong>der</strong> Stelle rausgefl ogen.“Akzeptieren und respektieren ist ein schwierigesThema - die Vorurteile in den Köpfen sindzum Teil schwerwiegend. Ein Senior sagte: „Wirgeben zu gerne Ratschläge und sagen, was sietun sollen, dabei wollen sie eigentlich oft nur18 18Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201019


2Fachvortrag Intergenerationelles LernenAufgabe und Rolle klärenGanz wichtig ist, dass <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Aktivitätdrin steckt, sich überlegt, was er eigentlichtun will. Das klingt banal, ist es aber nicht. Wasfür eine Aufgabe übernimmt man eigentlich?Denn die Aufgabe bestimmt, wie ich mich verhaltenmuss. Gebe ich Fachwissen weiter, dannbin ich Experte. Ich muss mir überlegen welchenInhalt ich mit welcher Methode vermitteln will.Will jemand Meinungsaustausch und Erlebtesberichten, zum Beispiel <strong>als</strong> Zeitzeuge,wird er Gesprächspartner. Dafür muss manbestimmte Eigenschaften mitbringen, Offenheit,<strong>Dialog</strong>bereitschaft. Wenn er gemeinsammit Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen etwas Naturwissenschaftlicheso<strong>der</strong> was Neues erkundenwill, experimentieren zum Beispiel, dann lerntman gemeinsam. Dazu gehören nochmal ganzan<strong>der</strong>e Eigenschaften, auch Beziehungsfähigkeit.Und es muss auch toleriert werden, dassdie Kin<strong>der</strong> manches viel besser und schnellerkönnen. Wenn es um Anleiten, Hilfe o<strong>der</strong>Unterstützung geht, <strong>als</strong>o man <strong>als</strong> Coach o<strong>der</strong>Lernbegleiter unterwegs ist, dann brauchtman sehr viel Geduld und die Bereitschaft,das eigene Wissen hinten anzustellen, umden Kin<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> Jugendlichen Entwicklungschancenzu ermöglichen. Man muss sich <strong>als</strong>ozurücknehmen, was eine <strong>der</strong> schwierigstenAufgaben im intergenerationellen Lernen ist.Ähnliches gilt auch, wenn ich Gruppen anleiteo<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>iere. Das ist für viele Erwachseneo<strong>der</strong> Senioren ganz, ganz schwierig, sichzurückzunehmen und ganz bewusst zu sagen:Ich sage nicht, du musst das so machen, son<strong>der</strong>nich gebe Hilfe zur Selbsthilfe, gebe Tipps,gebe einen Rahmen und lasse den an<strong>der</strong>enauch Fehler machen.Immer sind die Erwachsenen Rollenvorbil<strong>der</strong>.Egal, in welcher Funktion o<strong>der</strong> Rolle, mit welcherAufgabenstellung die Erwachsenen auf dieJugendlichen zugehen, je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> mit Kin<strong>der</strong>nund Jugendlichen zu tun hat, ist ein Rollenvorbild.Ein banales Beispiel: Eine Arbeitsgruppe,zehn Erwachsene, 25 Schüler, die Mo<strong>der</strong>atorinsteht vorne und sagt, wir fangen an. Die Kin<strong>der</strong>o<strong>der</strong> Jugendlichen sitzen ganz still da. Und werquatscht? Erwachsene. Rollenvorbild sein heißtauch, sich an die Regeln zu halten und nicht zudenken, für mich gilt das ja nicht. Man muss sichdieser Rollenvorbildfunktion bewusst sein.ErwartungenJede Begegnung, je<strong>der</strong> Kontakt, sowohl vonden Kin<strong>der</strong>n <strong>als</strong> auch von den Erwachsenenher, ist mit <strong>der</strong> Erwartung verbunden, dass esganz toll wird. Auf diesem Niveau setzen wirunsere Maßstäbe. Aber diese Erwartungen werdenoft nicht klar ausgesprochen, z. B. in denPatenschaftsbeziehungen ist es manchmal so,dass die Erwachsenen sagen, dass sie keineLust mehr haben, weil die Kin<strong>der</strong> zu frech o<strong>der</strong>unpünktlich sind. Und die Kin<strong>der</strong> sagen, dasssie sich langweilen. Bei aller Euphorie für solcheAlt-Jung-Projekte, die ich wirklich voll undganz unterstütze,wo Wunsch und Wirklichkeit nichtzusammenpassen,wo Wollen, Können, Sollen und Müssennoch nicht zusammenpassen,da kann es nicht funktionieren. Wo Brüche entstehen,bedarf es einer Analyse, warum dasnicht geht.Welche Form man bei Alt-Jung-Begegnungenauch immer wählt, man sollte die Ziele klären.Man sollte klären, wohin es laufen soll,was gemacht werden soll. Wenn etwas gutläuft, sollte man den Erfolg zeigen, auch denÄlteren. Man sollte Regeln und klare Absprachenaufstellen, auch in <strong>der</strong> Kooperation mitInstitutionen, Nachbarschaftshäusern undSchulen. Wir machen zum Teil Verträge mitSchulen, damit auch dort klar wird, wo ihreVerantwortung liegt. Oft tritt gerade deswegenFrust auf, weil keine Absprachen getroffenwurden.Wie<strong>der</strong> ganz banal: Im Zentrum stehen die Kin<strong>der</strong>und Jugendlichen mit ihren Bedürfnissenund Kompetenzen. Das ist doch klar, o<strong>der</strong>?Das ist aber häufi g nicht klar, denn wenn ÄltereKin<strong>der</strong>n und Jugendlichen helfen wollen, sieunterstützen wollen, mit ihnen in Kontakt tretenwollen, haben sie oft sehr klare Vorstellungendavon, was richtig ist. Damit stehen sie, die Älteren,im Mittelpunkt und nicht <strong>der</strong>, um den esgeht. Da kommt es darauf an, rechtzeitig Hilfe zuholen. Wenn ältere Menschen nicht zurechtkommen,sollten sie wissen, wo sie Hilfe bekommen,sie sollten Unterstützungsangebote kennen. Siesollten auf alle Fälle den Humor nicht verlierenund nach vorne schauen.MotivationGanz wichtig, nicht vergessen: Alles, was mitJung und Alt im Lernaustausch zu tun hat, isteine Situation, die nach beiden Seiten für alleBeteiligten einen Gewinn entstehen lässt. Für dieJüngeren ist klar, sie bekommen Fachkompetenz,Alltagswissen, Aufmerksamkeit, Zeit und Zuwendung.Aber auch die Älteren bekommen eineganze Menge, sie kriegen Kontakt zu den jungenMenschen, sie bekommen Einblick in <strong>der</strong>enLebenswirklichkeit und sie sind am Puls <strong>der</strong> Zeit.Und die Schüler fi nden ihre Senioren und Seniorinnenzumeist einfach cool. Sie sind erstauntdarüber, wie gut man mit ihnen zurechtkommenkann, wie viel man mit ihnen machen kann undsie lernen gerne von ihnen. Was sie nicht mögenist, wenn die Erwachsenen mit dem erhobenenZeigefi nger kommen.Die Lehrer sagen, dass sie beeindruckt sind, wiean<strong>der</strong>s die Jugendlichen sich verhalten, wennsie außerhalb <strong>der</strong> Schule auftreten. Sie sind22Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201023


2Fachvortrag Intergenerationelles Lernenbeeindruckt davon, dass diese Persönlichkeitsstärkungfunktioniert. Zum Beispiel haben wireinen Sozialarbeiter, <strong>der</strong> sagt: Ich sehe, wenndie Kids bei mir sind, wer an einem eurer Projekteteilnimmt und wer nicht. Sie benehmensich an<strong>der</strong>s.Die Motivation <strong>der</strong> Senioren und Seniorinnen istu. a. das Gefühl, gebraucht zu werden. Je<strong>der</strong> vonuns will gebraucht werden. Viele meinen auch,sie möchten etwas zurückgeben an die Gesellschaft,von <strong>der</strong> sie viel bekommen haben.Die Motivation wird auch verstärkt durch dieWertschätzung gegenüber den An<strong>der</strong>en. Auchpersönliche Motivation spielt eine Rolle, z.B. <strong>der</strong>Wunsch, Erfahrung weitergeben zu können.Ein Knackpunkt ist das Kompetenzerleben<strong>der</strong> Senioren. Unsere Evaluation hat gezeigt,dass sich viele Ältere an solchen Projektennicht beteiligen, weil sie es sich einfach nichtzutrauen, obwohl sie sehr kompetent sind.Diese Menschen haben viel zu hohe Ansprüchean sich selbst und sie haben Angst, sich aufUnbekanntes einzulassen. Leicht fällt es denjenigen,die bereit sind, neue Rollen und neueAufgaben zu übernehmen, die dies <strong>als</strong> Herausfor<strong>der</strong>ungbetrachten, die Spaß daran haben,etwas Neues zu erleben.Generell heißt das, man muss Situationenschaffen, in denen <strong>der</strong> Erfolg auch erlebbar ist.Die Berührungsängste zu den Jungen sind <strong>als</strong>Hemmnis für viele ziemlich hoch, man traut sichnicht, auf die fremde Situation einzugehen. Wasmachen wir, wenn die uns gar nicht wollen? Wasmachen die jetzt, wenn sie uns ablehnen, wennsie sagen, ihr seid doof? Aber auf <strong>der</strong> Motivationsseitesteht <strong>der</strong> Wunsch nach Kontakt mit <strong>der</strong>an<strong>der</strong>en Generation. Alle, die bei uns in den Projektenaktiv sind, sind deutlich begeistert überdiesen Kontakt zur an<strong>der</strong>en Generation.Noch ein Knackpunkt gibt es bei intergenerationellenProjekten: Der Erfolg ist oft nicht sofortsichtbar. Auch die Probleme mit den Rahmenbedingungenbeim intergenerationellen Arbeitenbergen Hemmschwellen. Wenn Organisation,Raum und Zeit nicht geklärt sind, macht eseinfach keinen Spaß. Zuständigkeiten müssengeklärt sein, je<strong>der</strong> muss seinen Platz fi nden. Auchdie Senioren und Seniorinnen wollen ihren Platz.Goethe hat gesagt: Zwei Dinge sollten Eltern ihrenKin<strong>der</strong>n mitgeben – Wurzeln und Flügel. Das istein wun<strong>der</strong>schönes Zitat. Es wird heute für dieEltern immer schwerer, das auszufüllen. Wurzelnund Flügel zu entwickeln, dazu dienen auch intergenerationelleProjekte. In einem Projekt hat sichdas bildlich dargestellt. Wir haben die Gruppeaufgefor<strong>der</strong>t: Alt und Jung, macht doch mal was,gestaltet etwas, und die Jugendlichen haben sichentschieden, eine Pyramide zu bauen. Unten sinddie Älteren, oben sind die Jungen, das hat natürlichauch durch den Altersunterschied mit demGewicht was zu tun. Es hat funktioniert und eshat wahnsinnigen Spaß gemacht!Ich habe mir die Freiheit genommen, nicht nurfür intergenerationelle Arbeit zu werben und zusagen, das ist toll, son<strong>der</strong>n auch auf die Stolpersteineund Probleme hinzuweisen. Aber generellist es eine tolle Sache! Gibt es Rückfragen?DiskussionTeilnehmerin: Sie sprachen immer von denAlten und den Jungen. Ich würde immer denZusatz ‚Menschen’ dazu nehmen. Es gibt jungeMenschen, behin<strong>der</strong>te Menschen, ältere Menschen.Das Wort Mensch verbindet uns alle,darüber bin ich sehr froh.Marlis Schabacker-Bock: Vielen Dank, dasnehme ich gerne auf.Theda Blohm: Ich bin aus dem Kreativhaus undarbeite in einem intergenerativen Projekt. Ichdarf mit einem tollen Team zusammenarbeiten,gerade Älteren. Ich habe dort auch unterschiedlicheTypen von Menschen kennen gelernt,alle diese Schwierigkeiten, die Sie aufgezählthaben, genau so erlebt. Es ist eine große Herausfor<strong>der</strong>ung,eine Struktur zu schaffen, an diesich Menschen auch immer halten. Wie machenSie das? Solche Leute müssen Sie erst mal fi n-den, es sind sehr hohe soziale und persönlicheKompetenzen, die die Freiwilligen mitbringenmüssen. Mich interessiert, wie Sie die Leuteauswählen, wie Sie den gemeinsamen Umgangvereinbaren und wie Sie dafür sorgen, dassdiese vereinbarten Regeln eingehalten werden.Marlis Schabacker-Bock: Menschen gewinnenwir unterschiedlich in je<strong>der</strong> Region, es ist unterschiedlichauf dem Land o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Stadt. Dadocke ich an Seniorenzentren o<strong>der</strong> Institutionenan, wo sich ältere Menschen treffen. Aber ichwerbe am liebsten konkret für umschriebeneProjekte. Je mehr ich auf die Bedürfnisse <strong>der</strong>Menschen eingehe, zum Beispiel gebraucht zuwerden, sozial sinnvolle Aufgaben übernehmenzu wollen, desto erfolgversprechen<strong>der</strong> ist meinVersuch. Gut ist es, ortsbekannte und anerkanntePersönlichkeiten in die Werbung einzubinden.Wir haben auch Paten in <strong>der</strong> Stadt, dieuns bei <strong>der</strong> Werbung unterstützen. Je konkreterich benennen kann, wofür ich Ältere brauche,desto mehr Beteiligte sind zu fi nden.Die Geschichte mit den Spielregeln, das ist inje<strong>der</strong> Gruppe ein Prozess, würde ich sagen. Wasmich daran manchmal ärgert ist, dass man vonden Kin<strong>der</strong>n so selbstverständlich erwartet,24Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201025


3Workshop I Alt für JungGisela Meinschenk: Wir haben Arbeitsaufgaben,die wir im Sommer- und im Wintersemesterwie<strong>der</strong>holen. Wir haben ein kleinesProgramm, keine Riesenauswahl. Aber dieseskleine, feine Programm vermitteln wir unserenStudenten. Es gibt regelmäßige Treffs. Mit denStudenten-Initiativen guten Kontakt zu halten,ist sehr wichtig, weil daran unsere Regelmäßigkeithängt. Die Damen im Akademische Auslandsamtkennen wir natürlich gut, weil diesesProjekt ja schon fast acht Jahre läuft. Die Uniunterstützt uns, und die Hochschule auch.Die Erteilung von Sprachunterricht ist sehr wichtig.Aber ich habe auch ausländische Studentenin meiner Familie, die erzählen, dass <strong>der</strong>Professor erzählt und erzählt, so schnell und soleise, da verstehen sie teilweise kein Wort. Siehaben damit Schwierigkeiten und sind heilfroh,dass sie auch von uns einen Sprachunterrichtvermittelt bekommen. Die deutsche Spracheist für sie sehr schwer, aber sie haben daranInteresse, sie wollen die Sprache begreifen.Wir haben großes Glück mit unseren Damen,die den Sprachunterricht erteilen, die teilweiseehem<strong>als</strong> Lehrer waren.Die an<strong>der</strong>e wichtige Seite ist die, dass die Studentenauch in Gastfamilien sind, was ihnenhilft. Ich erinnere mich an meine Studenten,die anfangs mit dem Wörterbuch gekommensind, aber irgendwie ging das. Inzwischen kommensie seit sieben Jahren zu mir. Wir habenjetzt ausgemacht, dass sie auch miteinan<strong>der</strong>Deutsch sprechen, denn ich will ja auch wasmitkriegen. Der Aufbau von persönlichen Kontaktenist in diesen acht Jahren gewachsen.Edeltraud Schochert: Zu den Anfängen desProjektes: Diese Dame, die dam<strong>als</strong> mit 86Jahren die Idee dazu hatte, ist sozusagen dieMutter unseres Projektes. Sie hatte dam<strong>als</strong>eine tschechische Studentin in dem ‚Studierenab 50’ kennen gelernt, hat mit ihr Sprachunterrichtgemacht, sie mit nach Hause indie Familie genommen. Sie kam dann in dieArbeitsgruppe und trug uns ihre Idee vor. DieArbeitsgruppe hatte ein offenes Ohr und mit<strong>der</strong> Vorstellung ihrer Idee ist dieses Projektgeboren worden.Gisela Meinschenk: Sie nimmt bis heute nichtnur eine Studentin zu sich, son<strong>der</strong>n fünf bissechs. Altersbedingt kann sie nicht mehr inan<strong>der</strong>e Einrichtungen gehen, <strong>als</strong>o nimmt siesie zu sich nach Hause.Edeltraud Schochert: Sie koordiniert auchdie Arbeit <strong>der</strong> Senioren, die Sprachunterrichterteilen, indem sie zu ihr nach Hause gehenund dort darüber berichten.Frau Meinschenk hatte schon gesagt, dasswir uns regelmäßig treffen. Anfangs haben wiruns öfter getroffen, jetzt treffen wir uns nurnoch zu Beginn eines Semesters. Das hat sichso entwickelt.Wenn wir den Studenten die Sehenswürdigkeitenvon Magdeburg zeigen, gehen dabeihäufi g auch Senioren mit, die sich für diesesProjekt interessieren. Hier hat sich so mancherpersönliche Kontakt entwickelt, worausdann eine Gastfamilie hervorgegangen ist.Gisela Meinschenk: Der Anfang war schwer,aber jetzt fällt es uns leicht, Kontakte zu knüpfenund zu halten. Etwa durch Treffen unsererGastfamilien, hauptsächlich zum Weihnachtsfest,weil wir den ausländischen Studentenauch unsere Traditionen vermitteln möchten.Wir sind bei solchen Veranstaltungen immerdabei. Wir werden angefragt und wir sinddann auch dort. Es gibt eine jährliche Begegnungmit <strong>der</strong> Polizeidirektion Magdeburg. Dortsind auch hauptsächlich ausländische Familien.Wir sind da auch nicht nur mit diesemProjekt präsent, son<strong>der</strong>n auch mit unseremAlte-Spiele-Projekt.„Magdeburg trifft die Welt“, das fi ndet alljährlichim Rahmen <strong>der</strong> Interkulturellen Wochestatt. Da sind wir an verschiedenen Stätten.Das Fest <strong>der</strong> Kulturen wurde im vergangenenJahr das erste Mal gemacht. Das war ganzinteressant, muss ich wirklich sagen, mit vielSpaß, mit viel Freude. Wir Senioren habenden Stand Deutschland vertreten, haben dortgekocht und gebacken, <strong>als</strong>o es war was los. Eswaren natürlich auch die ausländischen Studentenvertreten.Edeltraud Schochert: Es ist dann auch zur Traditiongeworden, dass wir jährlich mit den ausländischenStudenten und den Gastfamilienein Grillfest machen. Da fi ndet dann auch einErfahrungsaustausch unter den Gastfamilienstatt, es wird gemeinsam gegessen, gebotenwird internationale Küche, weil je<strong>der</strong> etwasSelbstgemachtes aus dem Land mitbringt, ausdem er kommt.Im Rahmen <strong>der</strong> Olympiade in China hatte <strong>der</strong>MDR uns eingeladen, mit den Gastfamilienund den Studenten aus China den MDR zubesichtigen. Und die Studenten konnten dannauch im Studio selber eine Aufnahme überihre Eindrücke machen und konnten im Radioschil<strong>der</strong>n, was sie von <strong>der</strong> Olympiade gesehenhatten, was sie darüber gedacht haben.Wichtig in unseren Veranstaltungen ist auchdas Kochen und Backen. Regelmäßig jedesJahr zum 1. Advent machen wir eine Veranstaltung,bei <strong>der</strong> Plätzchen gebacken und hinterherauch verzehrt werden. Wir haben immerjemanden zu Gast, <strong>der</strong> über Traditionen desWeihnachtsfestes spricht. Es wird <strong>der</strong> Tischweihnachtlich gedeckt, <strong>der</strong> Weihnachtsbaumwird geschmückt, damit die Studenten weihnachtlicheAtmosphäre erleben, gerade diejenigen,die keine Gastfamilien haben.Hilfe geben wir den Studenten auch, indem wirbei Fahrten mit dabei sind. Wir nehmen auchteil an Besuchen <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>behörde. Aberdas ist schon weniger geworden, weil die Aus-32Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201033


3Workshop I Alt für Junglän<strong>der</strong>behörden gesagt haben: Sie brauchendoch nicht immerzu mit jedem Studenten hieran meinen Schalter zu kommen, das können wirdoch an<strong>der</strong>s regeln. Wir machen das jetzt überdie Ausbildungseinrichtungen, das funktioniertin <strong>der</strong> Regel. Wir müssen dann nur noch mitganz beson<strong>der</strong>en Fällen dort mit hin.Fast in jedem Jahr gibt es eine Geschirraktion,wo wir über die Presse in Magdeburg aufrufen,uns Teller, Tassen, Töpfe, Pfannen zur Verfügungzu stellen. Manchmal kriegen wir so viel,dass wir die Aktion stoppen müssen. Manchmalkönnen wir auch gar nicht alles abholen,weil es größere Sachen sind, wofür wir keineTransportmöglichkeiten haben. O<strong>der</strong> es meldensich Senioren, die etwas zur Verfügung stellenwollen, aber es nicht hinbringen können. Dasorganisieren wir über unsere Arbeitsgruppen-Mitglie<strong>der</strong>, entwe<strong>der</strong> gehe ich mit meinem Einkaufswageno<strong>der</strong> jemand mit Auto holt das,<strong>als</strong>o das klappt ganz gut. Und dann diese glücklichenund strahlenden Gesichter, wenn sie insCafé, <strong>als</strong>o dem Interkulturellen Treff, kommenund die Studenten dann das Geschirr und dieSachen entgegen nehmen – wun<strong>der</strong>bar.Wir helfen auch, wenn die Studenten manchmalumziehen, z.B. aus dem Studentenwohnheimin eine WG. Wichtig ist, dass sie dort mitdeutschen Studenten zusammen sind unddadurch in <strong>der</strong> deutschen Sprache leben.Gisela Meinschenk: Das ist eigentlich eine sehrstolze Erfahrung, die wir hier machen konnten.Wir haben 2002 dieses Projekt mit wenig Gastfamilienund wenig Studenten begonnen. Dashat sich sehr geän<strong>der</strong>t. Es ist immer wichtig,die Öffentlichkeit mit in Anspruch zu nehmen.Also über die Presse wird grundsätzlich um dieWeihnachtszeit herum für Gastfamilien geworben.2009 haben wir ungefähr 200 Studentengehabt und 90 Gastfamilien. Ich fi nde, das istein hervorragendes Ergebnis. Und wir versuchendas immer wie<strong>der</strong> – und wenn sich nurzwei o<strong>der</strong> drei Familien melden.Edeltraud Schochert: Dabei hilft uns diePresse sehr, wenn wir wie<strong>der</strong> den Aufruf starten.Wir teilen dann <strong>der</strong> Presse mit, dass Familieso-und-so Gastfamilie von den und denStudenten ist. Dann geht die Presse zu dieserFamilie, macht ein Interview und bringt einenArtikel mit Bild, auf dem die Studenten mit <strong>der</strong>Gastfamilie zu sehen sind.Ja, <strong>der</strong> Kontakt zur Presse ist natürlich auchgewachsen, generell unterstützt uns die MagdeburgerPresse ganz toll. Das Projekt ist imLaufe <strong>der</strong> Zeit gewachsen und hat auch Anerkennunggefunden. Das ist auch Motivation füruns <strong>als</strong> Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe und auchfür diejenigen, die in dem Projekt arbeiten.Die erste Ehrung war <strong>der</strong> Bürgerpreis 2004 imbundesweiten Wettbewerb, das gab uns natürlichAufschwung, <strong>als</strong>o das war eine ganz tolleSache.Und dann hatte ich noch die Möglichkeit 2008,da hat sich <strong>der</strong> Bundespräsident über das Miteinan<strong>der</strong><strong>der</strong> <strong>Generationen</strong> berichten lassen.Da habe ich unser Projekt vorgestellt. Der Bundespräsidentfragte einen Vertreter <strong>der</strong> UniversitätZürich, was er denn von <strong>der</strong> Veranstaltungmitnimmt, was er noch nicht gehört hat, undda meinte er, das Projekt aus Magdeburg. Ichsagte: Toll.Ich war noch nie in solch einem Gremiumund hatte mehr o<strong>der</strong> weniger wie heute dieseBroschüre mit. Dann habe ich einfach dieseBroschüre genommen und bin nach vornegegangen zum Bundespräsidenten und eskamen so herzliche Worte wie: ganz toll IhrProjekt, grüßen Sie die Magdeburger vom BundespräsidentenKöhler. Dann hatte die Pressenatürlich diese Schlagzeile: Bundespräsidentlässt Magdeburger grüßen. Das war auch ganztoll. Auch darüber sind wir dann ein bisschenbekannter geworden.Gisela Meinschenk: In dem gleichen Jahrwurde Frau Schochert mit <strong>der</strong> höchsten Staatsauszeichnung,dem Verdienstorden, geehrt.Edeltraud Schochert: Das war für uns einHöhepunkt in dem Sinn: Mensch, wir habenwas geschafft. Und das haben wir nicht bloßso gesagt, son<strong>der</strong>n ich denke, wir haben datatsächlich etwas geschaffen. Das machen wirgerne und wir geben auch gerne Auskunft überunsere Erfahrungen, die wir mit den ausländischenStudenten gemacht haben.Irene Beyer: Ganz herzlichen Dank! Wir wollenFrau Dr. Kubisch mit ihren Fragen an die Initiatorinnenund begleitenden Betrachtungen zumProjekt hören.Sonja Kubisch: Wie haben Sie denn dam<strong>als</strong>, <strong>als</strong>Sie mit dem Projekt angefangen haben, herausgefunden,was die ausländischen Studierendenvon Ihnen wollen o<strong>der</strong> was sie sich wünschenwürden? Wie überprüfen Sie das, denn es kommenja auch immer wie<strong>der</strong> neue Studierende?Angenommen ich wäre eine ausländische Studentin,käme zu Ihnen und hätte vielleicht nochganz an<strong>der</strong>e Ideen. Ich würde sagen, die Stadtführungist ja ganz schön, aber warum machenSie das eigentlich nicht selber, statt jetzt danoch einen Profi einzubringen? O<strong>der</strong> ich zeigeIhnen mal, wie ich die Stadt jetzt kennen gelernthabe. Was würden Sie dann damit machen?Edeltraud Schochert: Wir sind offen für alleDinge, die uns von Studenten angetragen werdeno<strong>der</strong> über die Studenteninitiative kommen.Sonja Kubisch: Und wie haben Sie das amAnfang herausbekommen? Es ist ja nichtimmer völlig identisch, die Idee, was man gernemachen will, an<strong>der</strong>erseits diejenigen, die sagen,ja, genau, das brauchen wir. Ich vermute, dasses dazwischen so einen Prozess gab, wo Siedas irgendwie herausgefunden haben.Edeltraud Schochert: Ja, wir sind ja in denAnfangsjahren öfters mit <strong>der</strong> Studenteninitiativezusammen gekommen. Da haben wir aus<strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Studenten zusammengetragen,was sie wollen, und auch unser Angebot dargestellt.Es wurde sich gegenseitig informiertund auch Wünsche aufgenommen und berücksichtigt.Gisela Meinschenk: Ich denke an das ersteTreffen 2002, kurz vor Weihnachten, um Studentenund Gastfamilien zusammenzubringen.34Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201035


3Workshop I Alt für JungEs kamen vielleicht fünf Familien und eineMenge Studenten. Ich wusste gar nicht, wasich machen sollte, wie soll das bloß klappen?Aber es hat irgendwie geklappt. Nicht alles in<strong>der</strong> Gegenüberstellung sofort, aber irgendwiekriegen wir das immer hin, weil eine Gastfamilieein Bedürfnis von Studenten ist, das wirgerne erfüllen möchten.Edeltraud Schochert: Das ist aufregend andem Abend, an dem die ausländischen Studentenden Familien zugeordnet werden, weilja niemand übrig bleiben soll. Aber ich denke,wir haben auch eine gute Unterstützung durchunsere Freiwilligenagentur.Sonja Kubisch: Inzwischen ist vielleicht vielesvertrauter geworden, aber wenn Sie an Ihreersten Kontakte und Begegnungen mit denStudierenden zurückdenken, worin hat dassich unterschieden o<strong>der</strong> was ist Ihnen aufgefallen,was hat vielleicht auch irritiert, was waran<strong>der</strong>s <strong>als</strong> bei an<strong>der</strong>en Begegnungen mit jüngerenLeuten aus <strong>der</strong> Familie o<strong>der</strong> dem Freundeskreis?Gab es da was?Gisela Meinschenk: Wir haben jetzt ausschließlichchinesische Studenten. Bei <strong>der</strong> letztenVeranstaltung zum Jahrestreffen, das warzum Frühlingsfest <strong>der</strong> Chinesen, gleichzeitigwurde das Jahr des Tigers begangen, da hattedie Dame von <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>behörde in <strong>der</strong>Begrüßung gesagt: Na ja, in Magdeburg ist esso, dass wir hier meistens chinesische Studentenhaben, das möge bloß so bleiben. Also dasfand ich irgendwie ganz toll.Ich habe auch einen chinesischen Studenten.Erst mal konnten wir uns gar nicht verständigen,aber das sind solche lieben und höfl ichenMenschen. Ich habe sie erst mal zum Kaffeetrinkeneingeladen, bin mit ihnen in meinemWohngebiet herumgelaufen und ich hatte dasGefühl, dass ihnen das so reicht. Das war auchso. Nach sieben Jahren ist jetzt eine kleine Vertrautheitda, aber natürlich nicht von Anfangan. Es ist auch nicht so, dass wir uns jedeWoche zweimal sehen, denn sie studieren ja,fi nden später ihre eigenen Nischen. Aber ichachte sehr auf das Oster- und Weihnachtsfest.Dann sehen wir uns auch bei unseren an<strong>der</strong>enVeranstaltungen, beim Plätzchenbacken o<strong>der</strong>zum Grillfest.Teilnehmerin: Wie sieht denn <strong>der</strong> Alltag <strong>der</strong> Studentenin den Gastfamilien aus? Sie schlafennicht in <strong>der</strong> Gastfamilie, son<strong>der</strong>n sie kommennur einmal o<strong>der</strong> zweimal in <strong>der</strong> Woche o<strong>der</strong>jeden Tag?Edeltraud Schochert: Das entscheiden dieGastfamilien, wann die Studenten zu ihnenkommen können, während auch die Studentenentscheiden, wann sie Zeit haben. Jede Gastfamiliemacht das so, wie sie es möchte. Ob siemit denen in den Harz fahren o<strong>der</strong> mit ihnen inden Garten gehen und sie dort beim Umgrabenhelfen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Aktivitäten mit den Studentenmachen, das entscheidet je<strong>der</strong> selbst. DieStudenten wohnen jedenfalls in einem Wohnheimo<strong>der</strong> in einer WG.Irene Beyer: Bevor wir die große Runde eröffnen,möchte ich aber noch Frau Kubisch bitten.Sonja Kubisch: Ich hatte schon vorher Gelegenheit,mir Informationen zu dem Projekt zubesorgen und habe mir das unter verschiedenenGesichtspunkten angeschaut. Ich bringenoch zwei o<strong>der</strong> drei Thesen ein, über die wirdann auch diskutieren können.Ein erster Punkt: Das ist ja ein Projekt, das vondem bürgerschaftlichen Engagement <strong>der</strong> Seniorinnenund Senioren lebt, die sich dort freiwilligengagieren. Es ist nicht selbstverständlich, dasssolche Projekte funktionieren. Was <strong>als</strong>o könntees sein, was dieses Projekt über die Jahre tragfähigmacht? Ich denke, es knüpft offensichtlichan Motivationen <strong>der</strong> Seniorinnen und Seniorenan, die sich da betätigen.Frau Schochert hatte mir erzählt, dass sehrviele <strong>der</strong> engagierten Seniorinnen und Seniorenwährend ihrer eigenen Studienzeit gar nicht soviel o<strong>der</strong> auch gar nicht herumreisen konnten,insofern ist das ja jetzt eine Möglichkeit, überdieses Projekt die Welt zu sich nach Hause zuholen und teilzuhaben an an<strong>der</strong>en Erfahrungen.Einerseits kommt man mit Gleichaltrigenzusammen, an<strong>der</strong>erseits auch mit jüngerenMenschen. Es gibt offensichtlich eine Nachfrage,was ganz wichtig ist, wenn ältere Menschenihre Erfahrungen weitergeben und sichengagieren wollen. Ich glaube, sonst funktioniertdas nicht.Was mir noch gut gefallen hat: Es scheintunterschiedliche Möglichkeiten zu geben,sich in diesem Projekt zu engagieren. Jemandkann entscheiden, dass er erst einmal nur aneiner Stadtführung o<strong>der</strong> an einem <strong>der</strong> Festeteilnimmt. O<strong>der</strong> ich sage, ich habe organisatorischeTalente, ich kümmere mich vor allen Dingenum die Organisation. O<strong>der</strong> ich sage, dassich eher an einer längerfristigen Beziehung mitStudierenden interessiert bin, dann engagiereich mich in Form einer Gastfamilie. Sie schil<strong>der</strong>tendas Beispiel von <strong>der</strong> Initiatorin, die inzwischenälter geworden und nicht mehr so mobilist, aber trotzdem Wege fi ndet, weiter im Projektzu bleiben, indem die Studierenden zu ihr nachHause kommen. Das sind Punkte, die ich wichtigfi nde hervorzuheben, die Ihnen gut gelungensind, weil Sie so ein breites Spektrum von verschiedenenMöglichkeiten anbieten.Ein zweiter Punkt, <strong>der</strong> auch ganz spannend anIhrem Projekt ist: Es handelt sich um ein intergenerativesProjekt, aber auch um ein interkulturellesProjekt. Ich habe mich gefragt, was davielleicht die positiven Aspekte sein können.Ich könnte mir vorstellen, wenn es gut läuft,dass gerade diese interkulturelle Perspektivedazu beiträgt, dass man erst einmal davon ausgeht,dass man das Gegenüber nicht unbedingtversteht, weil <strong>der</strong> Studierende fremd ist, dass36Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201037


3Workshop I Alt für Jungman daran arbeiten muss, sich zu verstehen.Wenn es gut läuft, es muss nicht immer so sein.Dadurch, dass das Fremdsein so präsent ist,trägt es auch gleichzeitig dazu bei, nicht einfachdie eigenen familiären Muster von Jungund Alt, von Beziehungen, die man so kennt,zu übertragen auf diese neue Beziehung, dieja erst wachsen muss, son<strong>der</strong>n es gilt – dasist unser Idealfall -, damit beson<strong>der</strong>s achtsamumzugehen. So wie Sie sagen, <strong>als</strong>o Nähe undDistanz auszutarieren, ich verstehe die Studierendennicht richtig, vielleicht ist es denenschon zu viel, <strong>als</strong>o sich darüber zu vergewissern.Das könnte aus meiner Sicht <strong>der</strong> Vorteilsein, jenseits dessen, dass Sie sagen, dass Sieauch über an<strong>der</strong>e Kulturen etwas lernen.Ein dritter spannen<strong>der</strong> Aspekt sind die Gastfamilien.Schon wenn man sich diesen Begriffanschaut, dann verbindet er zwei verschiedeneDinge. Das Wort Familie suggeriert, dass es umBeziehung geht, um Nähe, um Emotionalität, esgeht auch um eine bestimmte Kontinuität. DasWort Gast macht eher deutlich, dass es nichtum eine vollständige Integration in die Familiegeht, son<strong>der</strong>n um eine partielle, vorübergehende,sie ist begrenzt, sie musste ausgehandeltwerden. Einem Gast begegnet man in <strong>der</strong>Regel mit einem größeren Respekt, man bringtGeschenke mit, all diese Sachen sind verbundenmit so einer Gastrolle.Ich glaube, dieses Konzept von Gastfamilienkönnte auch sehr geeignet sein für den intergenerativenBereich, weil ein Raum eröffnet wird,in dem diese Beziehungen ausgehandelt werdenkönnen. Es geht ja immer darum zu gucken,was will man voneinan<strong>der</strong>, wie viel Nähe, wannist es genug, wo gibt es Konfl ikte. Wenn ich nurvon einem Familienmodell ausgehe, dann habeich sehr schnell Vater-, Mutter-, Kind- o<strong>der</strong> Großeltern-Beziehungen,aber diesen Gaststatusfi nde ich sehr spannend, weil er dieses Aushandelnermöglicht.Ein letzter Punkt: Was wird eigentlich gelernt?Hier ist ganz deutlich, dass es vor allen Dingenum informelles und implizites Lernen geht. Esist ja nicht in erster Linie das Ziel, dass manzusammenkommt, um voneinan<strong>der</strong> zu lernen,son<strong>der</strong>n es geht eher darum, den Alltagzu gestalten, etwas miteinan<strong>der</strong> zu machen.Gleichzeitig eröffnet das natürlich auch ganzviele Chancen, dass voneinan<strong>der</strong> und übereinan<strong>der</strong>gelernt wird. Das sind alltagspraktischeDinge: wie fi nde ich mich in Magdeburg zurecht,wo gehe ich hin, wo gehe ich nicht hin, vielleichtauch auf <strong>der</strong> Ebene, was ich tun muss, um <strong>als</strong>ausländischer Student in Magdeburg nicht ständigmit jemandem Missverständnisse zu erzeugeno<strong>der</strong> Konfl ikte zu haben. Das kann ja auchschon geübt werden in diesem Gespräch.Was wird noch gelernt? Dieses Austarieren vonNähe und Distanz wird sicher auch gelernt, das,was man voneinan<strong>der</strong> wissen will. Es wird ganzviel Alltagskultur weitergegeben, Sie habenüber die Feste gesprochen, Ostern, Weihnachten,Essenssituationen. Ich vermute, dass auchdie ausländischen Studierenden mit an<strong>der</strong>enBil<strong>der</strong>n von älteren Menschen aus ihrer Heimatkulturnach Deutschland kommen, ebensowie Sie wahrscheinlich an<strong>der</strong>e Bil<strong>der</strong> von jüngerenMenschen haben. Das ist natürlich auchdie Chance, an dieser Stelle neue Erfahrungenzu machen – wenn es gut läuft, das immerdazu gesagt.Das wäre auch meine Frage zum Abschluss:Vor allem aus dem Bereich <strong>der</strong> interkulturellenKommunikation weiß man ja, dass es ganzoft auch Missverständnisse gibt. Es ist nichtselbstverständlich, dass man sich versteht. Ichglaube, dass manche Lernerfahrungen auchnur möglich werden, wenn eine dritte Persondazu kommt, die vermittelt. Ich nehme ein Beispielvon vorhin: Sie haben den jungen Mannin <strong>der</strong> Runde angesprochen und gesagt: Sie <strong>als</strong>ausländischer Mensch hier in Berlin, Sie sehendas ja wahrscheinlich auch so. Es könnte sein,er sieht das gar nicht so. Es könnte sein, dasser sich nicht mal <strong>als</strong> ausländischer Mensch inBerlin sieht. Das wäre ein Punkt, an dem Missverständnisseentstehen könnten o<strong>der</strong> unterschiedlicheSichtweisen vorhanden sind. MeineFrage: Haben Sie das im Alltag schon erlebt?Was machen Sie damit? Sie sagten, anfangshatten Sie Unterstützung vom Projektebüro‚<strong>Dialog</strong> <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong>’; kommt manchmaljemand von außen rein und schaut sich an, wasda passiert? O<strong>der</strong> gibt Ihnen Rückmeldungen?Denn an <strong>der</strong> Stelle könnte Lernen vielleichtnoch beför<strong>der</strong>t werden, wenn man das will.Edeltraud Schochert: Unser Vorstand <strong>der</strong>Seniorenvertretung identifi ziert sich mit diesemProjekt und lässt auch fi nanzielle Unterstützungeinfl ießen, die die Seniorenvertretungaus För<strong>der</strong>mitteln bekommt. O<strong>der</strong> <strong>der</strong> Oberbürgermeisterhat in verschiedenen SemesternEmpfänge für die ausländischen Studentengemacht, bei denen wir auch mit dabei sind.O<strong>der</strong> wenn er bei Veranstaltungen <strong>der</strong> Seniorenvertretungdabei ist und dann dieses Projektmit hervorhebt.Sonja Kubisch: Die Chance ist ja, dass mansich bei so längerfristigen Beziehungen besserkennen lernt und die ersten Bil<strong>der</strong>, die man sohatte, auch revidieren kann, wenn man sieht,dass es auch an<strong>der</strong>e Sichtweisen gibt. War esdenn auch mal komplizierter? O<strong>der</strong> haben Siefestgestellt, dass sie etwas ganz an<strong>der</strong>s sehenund Sie das nicht verstanden haben?Gisela Meinschenk: Mit Chinesen können Siein keine Konfl ikte kommen. Überhaupt nicht,ganz im Gegenteil.Edeltraud Schochert: Und es sind sehr wenigStudenten aus an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n länger dabei,da sie meistens nur zu einem Kommunikationsstudiumkommen, die machen ein o<strong>der</strong> zweiSemester und wollen keine Bindung an eineFamilie. Sie gehen mit zu diesen Anfangsveranstaltungen,sie sind auch beim Begegnungsfesto<strong>der</strong> beim Grillfest dabei, auch beim Plätzchenbacken,aber diesen direkten Kontakt möchtensie nicht.Sonja Kubisch: Haben Sie schon mal darangedacht, die Studenten auch stärker ins Engagementmit einzubinden? Es gibt ja z.B. auchModelle, wo Studierende sich für ältere Menschenengagieren.Edeltraud Schochert: Ich könnte jetzt Beispielevon einem Studenten bringen, in dem Projekt38Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201039


3Workshop I Alt für Jungmit Großeltern und Enkeln, bei dem wir mitSchulen zusammenarbeiten. Da hat er Veranstaltungenmit den Kin<strong>der</strong>n gemacht, indem erChina vorgestellt hat. Anschließend wurde auchchinesisch gekocht. Ich meine, das wäre eineMöglichkeit, diese Studenten noch mehr einzubeziehen,aber das ist auch eine Frage <strong>der</strong>Zeit, weil sie ja zum Studieren gekommen sind.O<strong>der</strong> bei unseren Veranstaltungen, wie demGrillfest, ist eine chinesische Studentin im Kulturprogrammmit ihrem Instrument aufgetreten.Bei unserer 10-Jahres-Feier haben wir das auchvor, dass sie dort wirksam werden, o<strong>der</strong> dassdieser Student aus seiner Sicht schil<strong>der</strong>t, waser in <strong>der</strong> Gastfamilie empfunden hat.Teilnehmer: Wie liefen denn die Anfänge IhresProjektes?Edeltraud Schochert: Wir haben ja von <strong>der</strong> Ideeerzählt, die unsere Mutter des Projektes hatte.Wir sind dann an die Studenten-Initiative und andas Akademische Auslandsamt herangetreten,haben unsere Idee vorgetragen und gefragt, obsie diese Idee mittragen würden. Dafür gab esdann ein Okay. Die Räumlichkeiten haben wirvon <strong>der</strong> Uni, weil die Studenten-Initiative einenInterkulturellen Treff hat, dort haben wir uns inden meisten Fällen getroffen, o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>enRäumlichkeiten <strong>der</strong> Uni.Teilnehmer: Wird denn bei diesen Treffen auchüber die politische Situation in China diskutiert?Gisela Meinschenk: Nein, mir ist das nichtbekannt. Ich unterhalte mich in meiner Gastfamilienicht darüber.Edeltraud Schochert: Ich weiß, dass in einigenGastfamilien darüber diskutiert wird. Aber,wie hier auch schon gesagt wurde, man mussnatürlich Distanz haben, auch ein Gefühl dafürhaben, ob man das mit den Studenten thematisiereno<strong>der</strong> wie weit man da gehen kann. Als dieOlympiade war, da hat <strong>der</strong> Student, von dem ichschon gesprochen hatte, über China, über dasLand und die Situation berichtet. Er hat versucht,uns die wahren Dinge, die nicht über die Pressegegangen sind, aus seiner Sicht darzulegen.Teilnehmer: Ich danke erst mal für Ihr Engagement.Ich war selber auch hier Student, erst inMünster Westfalen, anschließend in Berlin. Ichkenne die Situation, wenn ein ausländischerStudent nach Deutschland kommt. Viele fi n-den keinen Anschluss an die Gesellschaft, weilviele in ihrem Kokon sind bzw. in ihren Ecken,sie gehen zur Uni und arbeiten und es ist sehrschwer, Anschluss an die Gesellschaft zu fi n-den. Ich fi nde dieses Projekt sehr hilfreich, weildamit eine Tür für die Studierenden geöffnetwird. Ich habe auch schon davon profi tiert, <strong>als</strong>ich in Münster studierte, bis heute habe icheinen sehr engen Kontakt mit <strong>der</strong> Gastfamiliein Hamm /Westfalen. Das hat mich nicht nurin meinen Sprachkenntnissen weitergebracht,son<strong>der</strong>n auch bezüglich <strong>der</strong> Kultur des Landes.Es gibt so viele Bräuche und Verhaltensmuster,die man über Bücher nicht lernt, aber wennman Begegnungen mit Leuten aus dem Landhat, dann kennt man auch diese Verhaltensmuster.Für die Integration ist es sehr wichtig, dassman nicht nur die Sprache kennt, son<strong>der</strong>n auchdie Traditionen und Bräuche eines Landes.Was mir an Ihrem Vortrag gefehlt hat, das istdie Thematik <strong>der</strong> Fremdenfeindlichkeit, die ichfür wichtig halte in dieser Gesellschaft, mit <strong>der</strong>ausländische Studierende konfrontiert werden.Zu meiner Zeit wurde uns <strong>der</strong> Zugang zur Diskoverwehrt, weil wir dunkelhäutig aussahen,obwohl wir dam<strong>als</strong> vorher in die gleiche Diskogingen, aber mit weißen Freundinnen war daskein Problem. Deshalb möchte ich fragen, habtihr eine Strategie o<strong>der</strong> eine Hilfestellung für Studierende,die auch Probleme mit Fremdenfeindlichkeithaben?Edeltraud Schochert: Wir nutzen zum Beispieldieses Begegnungsfest <strong>der</strong> Polizeidirektion.Das ist ja zu einem Zeitpunkt ins Leben gerufenworden, wo es an einem Himmelfahrtstagin Magdeburg Zwischenfälle gab, seitdem wirddieses Fest arrangiert. Darin sehen wir eineMöglichkeit, uns da mit <strong>der</strong> Polizei gemeinsamund mit den Studenten zu präsentieren.Ansonsten haben wir diese Problematik, mussich jetzt ehrlich sagen, noch nicht so in unseremProjekt integriert. Auch aus <strong>der</strong> Sicht, dasses nicht so die Probleme gab, jedenfalls nichtbei unseren Studenten, mit denen wir Kontakthaben, aber auch in <strong>der</strong> Stadt. Aber sicherlichist es richtig, wenn man so ein Projekt hat, dassman den Gedanken aufgreift.Irene Beyer: Mich interessiert sehr, welcheErfahrungen o<strong>der</strong> welchen Umgang Sie haben,wenn es zwischen Gastfamilie und Studento<strong>der</strong> Studentin nicht mehr rund läuft? Vielleichthat es einen viel versprechenden Auftakt gegeben,dann läuft aber in <strong>der</strong> Beziehung bzw. indem Verhältnis o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Kommunikationetwas schief. Haben Sie eine Strategie o<strong>der</strong>eine Instanz o<strong>der</strong> irgendwas, wo sich sowohldie Gastfamilie <strong>als</strong> auch ein Gast hinwendenkönnen? Hatten Sie schon den Fall, dass sichjemand an Sie gewendet hat? O<strong>der</strong> was passiertdann? Verschwinden die Leute dann einfach,weil es nicht klappt o<strong>der</strong> gibt es die Möglichkeit,das aufzufangen?Edeltraud Schochert: Das können wir nicht inallen Fällen auffangen, dazu ist die Zahl <strong>der</strong>90 Gastfamilien schon zu groß.Gisela Meinschenk: Wir wissen auch gar nichtalles.Irene Beyer: Gibt es denn ein Instrument? Beiuns und ich glaube in vielen Freiwilligenagenturen,gibt es das, wenn wir einen Bürger o<strong>der</strong>eine Bürgerin in ein Projekt vermitteln, dannmachen wir mit beiden Teilen aus, dass wiruns sehr freuen, wenn wir eine Rückmeldungbekommen würden, ob es eine fruchtbare40Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201041


3Workshop I Alt für JungZusammenarbeit ist, um auch Konfl ikte mitzubekommen.Das funktioniert unterschiedlichgut. Bei den Freiwilligen funktioniert es oftgerade dann, wenn es zu Konfl ikten kommt,dass sie tatsächlich wie<strong>der</strong> auf uns zurückkommen.Wenn alles funktioniert, dann melden siesich oft nicht mehr. Bei den Einrichtungen o<strong>der</strong>Projekten, in die wir vermitteln, funktioniert esin beiden Fällen besser, dass wir eine Rückmeldungbekommen. Vielleicht gibt es was,was übertragbar ist o<strong>der</strong> was man vielleichtperspektivisch schaffen könnte?Edeltraud Schochert: Na ja, ich hatte schongesagt, dass die Freiwilligenagentur ein guterVermittler ist, nicht nur für Gastfamilien, son<strong>der</strong>nauch für an<strong>der</strong>e Senioren o<strong>der</strong> Freiwillige,die in den Projekten mitarbeiten. Da gibt es dasschon, <strong>als</strong>o die sind hinterher, dass die Projektverantwortlicheangefragt wird, haben sichMeier, Müller, Schulze, die sich bei uns gemeldethaben, bei Ihnen gemeldet und haben Siedie vermittelt? Ansonsten versuchen wir selberimmer den Kontakt durch Einladungen zu Veranstaltungenzu halten und auch durch Telefonateo<strong>der</strong> persönliche Gespräche. Wenn aberdurchaus jemand sagt: <strong>als</strong>o die Studenten sindbei mir nicht mehr willkommen, ich will nichtmehr, dann sagen wir danke schön und dannmuss eben neu gesucht werden.Teilnehmer: Ich will noch etwas zu dem Problemdes gegenseitigen Respekts sagen: Ichfi nde ja diesen Begriff Integration immer soein bisschen zwiespältig, weil man da immerein Stückchen aufgibt, ich fi nde die Begriffl ichkeit‚gegenseitiger Respekt’ besser. Das Kennenlernen, was Peter jetzt beschrieben hat,in <strong>der</strong> Familie o<strong>der</strong> in Deutschland bei Freundenund Freundinnen, das ist ganz wichtig.Die Gebräuche, wie leben wir, wie denken wir,welchen Zeitbegriff haben wir. Uns Deutschenunterstellt man immer wie<strong>der</strong>, wir sind diszipliniertusw. – gut. Man muss durch Begegnungnatürlich dann auch lernen, was gegenseitigerRespekt eigentlich ist. Das Beste ist, man gehtselber in das Land.Teilnehmerin: Sie hatten gesagt, sie waren ineiner Gastfamilie, demnach gibt es das Gastfamilien-Modelloffenbar schon an mehrerenStellen dieser Republik. Wie ist es denn dagelaufen, wenn Sie nicht in die Disko reingekommensind, o<strong>der</strong> irgendwelche Problemehatten? O<strong>der</strong> wenn es eine auslän<strong>der</strong>feindlicheSituation gab? Konnten Sie das mit Ihrer Gastfamiliebesprechen o<strong>der</strong> gab es irgendeine Artvon Ecke, wo man sich äußern konnte?Teilnehmer: Ich muss korrigieren, ich habe inMünster studiert und in Hamm, eine StundeFahrt, da wohnte die Gastfamilie. Das war übereine kirchliche Studentengemeinde organisiertworden, die mich zu dieser Familie geschickthat. Es gab keine Strategie für irgendwelcheAuseinan<strong>der</strong>setzungen innerhalb dieser Familie.Es passierte, dass <strong>der</strong> Student dann nicht mehrin diese Familie ging und <strong>der</strong> Kontakt abgebrochenwurde.Einer war dam<strong>als</strong> auch in einer Familie, in <strong>der</strong>es Probleme gab. Es gab einige Fragen von<strong>der</strong> Familie, die er nicht so gut gefunden hat,wie man in Afrika lebt usw., ob sie auf Bäumenwohnen, usw.. Das sind Fragen, die nicht mehrzeitgemäß sind. Er hat gesagt, dass er dort nichtmehr weiter sein kann, innerlich. In diesem Fallwurde das abgebrochen. Aber eine Strategie füreine Auseinan<strong>der</strong>setzung, wie man das Problemlösen könnte, das gab es nicht.Teilnehmerin: Welche Motive haben die Gastfamilien,Studenten aufzunehmen? Sie haben jaein ziemliches Potenzial an Gastfamilien - sinddiese Familien auch Mitglied im Verein?Edeltraud Schochert: Einige Gastfamiliensind auch Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitsgruppe.Teilnehmerin: Aber die sind dann auch nurGastfamilien? O<strong>der</strong> machen sie auch bei an<strong>der</strong>enAktivitäten mit? Eigentlich will ich fragen,entspinnt sich da irgendwie im Laufe <strong>der</strong> Zeitnoch mehr?Edeltraud Schochert: Einige sind es schon.Zum Beispiel ist eine Frau dann zum Vorlesengekommen, <strong>als</strong>o hat in einem an<strong>der</strong>en Projektmitgemacht. Aber das sind sehr wenige. Eskonzentriert sich eigentlich auf die Aufnahmevon Studenten.Gisela Meinschenk: Das kommt in den Telefonaten,sie fragen nach unseren Kontaktadressen.O<strong>der</strong> sie rufen an, weil sie etwas gelesen habenund wollen nähere Informationen dazu, geradevor dem Weihnachtsfest. Die haben auch Enkelkin<strong>der</strong>,die würden sich vielleicht freuen.Teilnehmerin: Also ist die Motivation Mildtätigkeit?Edeltraud Schochert: Nein, ich denke, <strong>der</strong>Tenor ist meist die Bereitschaft zu helfen undden Studenten Unterstützung zu geben in <strong>der</strong>Zeit, wo sie von Zuhause weg sind.Irene Beyer: Also weniger Völkerverständigungo<strong>der</strong> <strong>der</strong>gleichen?Edeltraud Schochert: Ich frage nicht: MachenSie das wegen <strong>der</strong> Völkerverständigung? Siesagen, dass sie in <strong>der</strong> Zeit den Studenten hiereinen Aufenthalt geben wollen, damit sie sichwohl fühlen.Manche wünschen sich einen Studenten auseinem ganz konkreten Land, weil sie selberihre Sprachkenntnisse aufbessern wollen.Vielleicht waren sie schon in China, habendie Mentalität schon ein bisschen kennengelernt. An<strong>der</strong>e sagen wie<strong>der</strong>um, nein, diehabe ich schon gehabt, ich will jetzt jemandenvon woan<strong>der</strong>s haben. Das kann man entsprechendin <strong>der</strong> Presseinformation rüberbringen,aber meistens läuft das in persönlichen42Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201043


3Workshop I Alt für JungGesprächen, die Frau Meinschenk und ichbeantworten. Manchmal wird auch jemandan<strong>der</strong>es von <strong>der</strong> Arbeitsgruppe gefragt, wasman da tun muss, wenn man Gastfamilie ist.Irene Beyer: Im Vortrag von Frau Schabakker-Bockwurden zwei Kriterien genannt, andenen sie Erfolg von intergenerationellemLernen festmachen würde: aktivierend zuarbeiten und dass das intergenerative Lernenvon <strong>der</strong> Beziehung lebt. Jetzt bin ich ganz neugierig,wenn Sie diese These auf Ihr Projektanwenden, zu welchem Ergebnis Sie ad hockommen? Stimmen Sie überhaupt mit diesenKriterien überein? O<strong>der</strong> würden Sie ganzan<strong>der</strong>e anlegen?Gisela Meinschenk: Nein, das war schon inOrdnung.Irene Beyer: Und wo fi nden sich diese beidenAspekte wie<strong>der</strong>, das Aktivierende und dieBeziehung <strong>als</strong> das, was es trägt?Gisela Meinschenk: Die Beziehung entwickeltsich, dadurch dass wir mit diesen Studentennicht nur ein halbes Jahr zusammen sind, son<strong>der</strong>nlängere Zeit. Der an<strong>der</strong>e Punkt, aktivierend,ja, schon... Ich meine, wir sind immer dieBereitwilligen, die sagen, ja, wir machen weiter,wir versuchen, Gastfamilien zu kriegen.Das muss aktiviert werden, sonst kriegen wirkeine. Dafür setzen wir uns ein.Irene Beyer: Dass Sie da sehr aktiv sind, stehtüberhaupt nicht in Frage! Es wurde vorhingefragt, inwieweit werden die Studierenden<strong>als</strong> aktive Akteure mit eingebunden? O<strong>der</strong>eben auch noch an<strong>der</strong>e Seniorinnen o<strong>der</strong>Senioren?Gisela Meinschenk: Wenn wir Stadtführungenorganisieren, im vergangenen Jahr hattenwir vier Stadtführer, weil wir so viel Studentenim Vorweg-Angebot hatten. Ich meine, es wirdimmer mehr, auch weil einfach das Interesse<strong>der</strong> Studenten da ist. Ich nehme aber auchan, dass die Mundpropaganda viel ausmacht,denn ansonsten kriegen sie ja nur die Einladungüber das Internet. Es ist auch schonpassiert, dass nur eine relativ geringe Anzahlvon Leuten kam. Darauf haben wir keinen Einfluss, die sagen, dass sie das machen möchten,die Senioren sind da. Auf diesem kleinenSpaziergang versuchen wir natürlich, mal insGespräch zu kommen – soweit das möglichist.Teilnehmerin: Sie haben jetzt meistens chinesischeStudenten. Es kann aber auch sein,dass Studenten aus an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n kommen.Haben Sie da Möglichkeiten, sich imVorfeld darauf einzustimmen o<strong>der</strong> vorzubereiten?Denn in unterschiedlichen Kulturen werdenunterschiedliche Wertungen bestehen, sodass es durchaus sein kann, dass man sich sobenimmt, dass man keinen Draht hinkriegt.Können Sie sich auf so eine interkulturelleBegegnung vorbereiten?Edeltraud Schochert: Wenn wir eine solchneue Situation haben, dann müssen wir mitden Studenten-Initiativen und dem AkademischenAuslandsamt und mit den Senioren darüberreden, um zu klären, worauf wir achtenmüssen.Teilnehmerin: Und <strong>als</strong> es dam<strong>als</strong> los ging, hattenSie da die Möglichkeit, sich entsprechendkundig zu machen?Edeltraud Schochert: Das ist gewachsen.Anfangs, <strong>als</strong> die 25 Studenten im ersten Jahrin 11 Gastfamilien gegangen sind, haben wirdas Projekt noch nicht so bewusst geführt, wiewir das heute machen. Da war erst mal dieAbsicherung, diese Studenten in die Familienzu bekommen und mit ihnen ins Gespräch zukommen. Wir haben auch in den ersten Jahrenmit diesen Gastfamilien noch mehrere Erfahrungsaustauschegemacht. Jetzt ist es wie<strong>der</strong>anvisiert, das zu machen, aber da muss manjetzt überlegen, in welcher Form kriege ich 90Gastfamilien zu einem Termin. Das muss nochim Team des Projektes diskutiert werden.Teilnehmerin: Gibt es auch Geld für das Projekto<strong>der</strong> ist alles ehrenamtlich?Gisela Meinschenk: Wir machen das ehrenamtlich.Und im vergangenen Jahr zum Beispiel hattendie Universität und die Hochschule gesagt, dasssie etwas Geld haben für die Stadtführungen.Ansonsten machen die das für uns auch ehrenamtlich.Der Verein Seniorenvertretung e.V. kriegtvon <strong>der</strong> Stadt etwas Zuwendung. Wenn Geld daist, dann kann <strong>als</strong>o auch das Projekt beispielsweisefür den Grillabend o<strong>der</strong> bei einer an<strong>der</strong>enVeranstaltung einen kleinen Obolus bekommen.Ansonsten verwenden wir unser Preisgeld. Wirwaren im vergangenen Jahr noch Preisträgerbeim Rat für Nachhaltigkeit, das sind <strong>als</strong>o eigeneGel<strong>der</strong>, die wir uns <strong>als</strong> Arbeitsgruppe erwirtschaften.Wir kriegen das eigentlich immer so hin,dass wir über die Kooperationspartner, ob dasRäumlichkeiten sind o<strong>der</strong> irgendwas gebrauchtwird, Unterstützung bekommen. Zum Beispielüber einen Marktplatz, wo wir unsere Projekte„Alte Spiele“ und „Vorlesen“ anbieten. Dann diePartner, zum Beispiel ein Einkaufscenter, bitten,dass wir Getränke für eine Veranstaltung mit denausländischen Studenten brauchen.Teilnehmerin: Wenn es zum Beispiel Fragen gibtzur Sprache, mit <strong>der</strong> Höfl ichkeit, mit Umgangsformen,mit Nähe und Distanz, dann könnteman doch dazu auch Fortbildungen machen fürdie Gastfamilien? Zur Information <strong>der</strong> Gastfamilien,damit sie auch ein bisschen was haben,woran sie sich orientieren können. Denn es entstehendoch Missverständnisse einfach deswegen,weil wir uns mit Handgeben begrüßen,an<strong>der</strong>e das aber an<strong>der</strong>s machen.Gisela Meinschenk: Das wäre gar nichtso schlecht.44Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201045


3Workshop I Alt für JungEdeltraud Schochert: Ja, wir wollen mehrErfahrungsaustausche mit den Gastfamilienmachen. Dort könnte man dann solcheAspekte aufgreifen. Da wäre dann auch wie<strong>der</strong>das Rückkoppeln, was hier auch schon gesagtwurde, inwieweit die Studenten selber mit einbezogensind, um uns über Land und Leute zuinformieren. Das könnte man dann machen.Sonja Kubisch: Ich bin da immer etwas vorsichtig,wenn es um diese Regeln im Umgang geht.Für mich wäre es viel interessanter zu sehen,was passiert denn da eigentlich konkret? Wiewird das in <strong>der</strong> konkreten Situation ausgelotet,<strong>als</strong>o solche Sachen wie die Begrüßung? Ich binviel in <strong>der</strong> Schweiz tätig und lerne immer nochdazu; ich habe beispielsweise immer die Tendenz,an<strong>der</strong>en versehentlich ins Wort zu fallen,weil man dort größere Pausen beim Sprechenmacht. Das kann niemand vermitteln, das isteinfach ein Erfahrungswert, über den ichberichten kann und ich habe zum Glück Leute,mit denen ich mich darüber austauschen kann.Aber bei so was fände ich es eher spannend,aus <strong>der</strong> Situation o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erfahrung herausdann da anzuknüpfen, wenn man überhaupteine Fortbildung machen will, denn ich meine,das ist ein Projekt, das gut funktioniert. Auchwenn wir noch ganz viele Ideen dazu haben.Aber man muss das nicht immer weiter undweiterentwickeln.Die Kriterien von Frau Schabacker-Bock fi nde ichin unserem Zusammenhang hier ein bisschenschwierig, weil es da ganz klar um schulischeKonfl ikte ging, wo es eigentlich noch einen Lerngegenstandgab und es dazu wichtig ist, dassdas Ganze auch mit einer Beziehungsebene verbundenwird. Dieses Projekt ist ja ganz an<strong>der</strong>s.Der Charme dieses Projektes ist, dass es im Alltagansetzt, es ist sehr leicht zugänglich, und Siewollen ja nicht miteinan<strong>der</strong> lernen, son<strong>der</strong>n dasLernen passiert nebenher.Gisela Meinschenk: Na ja, wir haben ja denSprachunterricht.Sonja Kubisch: Da wird sicher die Sprachegelernt, aber da wird ganz bestimmt auchnoch viel an<strong>der</strong>es gelernt. Für mich wäre esbei intergenerativen Kontakten und Begegnungen,immer die Frage, wo eine Differenz erfahrenwird, wo stelle ich fest, da ist jemand, <strong>der</strong>hat einen an<strong>der</strong>en Erfahrungshintergrund, <strong>der</strong>sieht die Dinge vielleicht ganz an<strong>der</strong>s <strong>als</strong> ich,und das, was ich bis jetzt gedacht habe, wasganz normal ist, wie man die Welt sieht, daskann ich dann vielleicht für einen Moment mitan<strong>der</strong>en Augen sehen.Darauf zielte auch meine Frage vorhin. Wurdenvielleicht mit den Studierenden solche Erfahrungengemacht, dass Sie dachten: die sindmit ganz speziellen Fragestellungen konfrontiert,die ich mir so noch gar nicht gestellt habe,o<strong>der</strong> die bringen aus ihrer Geschichte was ganzan<strong>der</strong>es mit?Gisela Meinschenk: Ich glaube, dazu sehen wiruns vielleicht nicht oft genug. So ein Verhältniswürde sich erst entwickeln, wenn man unsereStudenten bei sich wohnen hätte. Ich denke, dawäre dann auch das Vertrauensverhältnis nochmal ein an<strong>der</strong>es.Edeltraud Schochert: Wir hatten auch schonmal eine Studentin, die hatte am Anfang sehrgroße Schwierigkeiten, weshalb die Gastfamiliesie über vier bis sechs Wochen direkt in dieFamilie geholt hat. Auf diese Weise, <strong>als</strong>o mitdem Sprach-Intensivkurs, hat sie das dannbesser bewältigt.Sonja Kubisch: Ich habe es vorhin schon kurzangedeutet: Ich könnte mir bei den Stadtführungenvorstellen, dass es für die Studierendeneben auch interessant wäre, nicht nur dieSehenswürdigkeiten zu sehen, son<strong>der</strong>n auchpersönliche Geschichten zur Stadt von Ihnenzu hören. Ich vermute, dass Sie das beiläufi gauch erzählen. Zum Beispiel in den Nie<strong>der</strong>landengibt es solche Ansätze, mit von <strong>der</strong> eigenenGeschichte getragenen Stadtführungen.Das könnte ich mir noch <strong>als</strong> Ergänzung ganzspannend vorstellen.Teilnehmer: Ich fi nde das Projekt insofernsehr schön, weil ich den Eindruck habe, es istnicht verpädagogisiert. Ich glaube, wir habendas auch entsprechend in unserem Projekt.Also die Seite <strong>der</strong> Älteren hat sich verän<strong>der</strong>t.Wir haben uns 1987 gegründet. Es kommenzunehmend Leute so mit 50, 55 und mit HartzIV. Die kommen zu uns und fragen: können wirhier nicht ein bisschen mittun? Dann sagenwir na ja, das können wir nicht bezahlen. Nee,nee, sagen sie, darum geht es uns in ersterLinie gar nicht, son<strong>der</strong>n wir suchen wie<strong>der</strong>so ein Stück Identität, wir wollen wie<strong>der</strong> malbegreifen, wozu wir überhaupt noch da sind.Da wollte ich Sie mal fragen: Haben Sie so eineähnliche Entwicklung bei den älteren Mitstreiterinnenund Mitstreitern, dass da jetzt auchLeute aus dem Hartz IV-Bereich kommen, diewas tun wollen?Edeltraud Schochert: Wir haben unter denGastfamilien nicht nur Senioren. Das sind auchLeute, die noch im Berufsleben stehen, aberauch Leute, die arbeitslos sind o<strong>der</strong> Hartz IV-Empfänger sind, die etwas brauchen, womit siesich beschäftigen können. Einen Mitstreiter trafenwir jetzt glückstrahlend bei dem Frühlingsfest<strong>der</strong> Chinesen, wo er erzählte, dass er mitseinen Studenten da und dort war. Man hat richtiggemerkt, dass er aufgelebt ist. Ich denke, dagibt es im Bereich <strong>der</strong> Senioren und <strong>der</strong> Seniorenvertretungnoch viele Betätigungsfel<strong>der</strong>.Wenn ich mit so einer Idee komme, kann ichnicht nur den Vorschlag machen, son<strong>der</strong>n mussauch einen Plan für die Durchführung haben.Irene Beyer: Mich interessiert abschließendnoch sehr, wie Sie Gastgeber und Gästeanfangs zusammenbringen. Ich habe es soverstanden, dass es eine Veranstaltung imJahr gibt, wo die neuen Studierenden eingeladenwerden und hinkommen. Kommen dadann auch die Gastfamilien? Und wie machenSie das konkret? Und meine zweite Frage:Geben Sie so etwas wie ein kleines Regelwerkmit, was man besser lässt, was für den Anfangeine gute Idee ist?Gisela Meinschenk: Nein, <strong>als</strong>o unterrichtenmöchten wir nicht.Irene Beyer: Ich komme auch deswegen drauf,ich habe eine zeitlang in Rom gelebt und hatte46Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201047


3Workshop I Alt für Jungda ein Sprachtandem, das über eine Sprachschulevermittelt war. Da war das zum Beispielso, dass wir Regeln mitbekommen haben. Diewaren natürlich in dem Sinn nicht obligatorisch,es hat ja auch niemand überprüft, ob wir unsdaran halten. Aber es war eine Hilfestellung.Wie machen Sie das?Gisela Meinschenk: Na ja, einmal resultiertdas ja aus Interesse an dem Projekt. Wir wurdenja kontaktiert von denen, die Gastfamiliewerden möchten. Dann sind wir da und in hellerAufregung, was wird. Wie viele Studentenkommen, das ist ja auch nicht bekannt. Wirzwei sind nicht alleine, wir haben noch zweiSchriftführer mit dabei. Dann setzen sie sich inGruppen hin, die Studenten meistens in einerGruppe und die Gastfamilien, und das wird mitBlickkontakten abgemacht. Wir sagen nicht, ihrdrei kommt mal her, so geht’s nicht.Edeltraud Schochert: Als Arbeitsgruppe begrüßenwir die Studenten und die neuen Gastfamilien,das ist <strong>der</strong> Einstieg. Dann sagen wir,warum wir zusammengekommen sind und waswir vorhaben. So wie wir hier so sitzen und ichgucke mir mal die jungen Leute an, die würdenjetzt zurückgucken, ah ja, das wäre so für micheine Studentin, mit <strong>der</strong> würde ich es jetzt malversuchen. Daraus ergibt sich dann schon einfachwas. Dann kann man sich darüber verständigen,ob die Studenten das auch wollen. Vorherhaben wir schon per Telefon o<strong>der</strong> Gesprächabgeklärt, ob sie einen Studenten o<strong>der</strong> zweiwollen. Dann würde ich mich dazusetzen undabklären, ob die Studentin auch wirklich kommenwill.Dann ist es ja so, dass nicht alle Gastfamilien,die sich gemeldet haben, an dem Tag da sind.Jetzt sind vielleicht noch zehn o<strong>der</strong> zwölf Studentenübrig, dann wird einfach auf <strong>der</strong> Listezugeordnet, Student 1 und Student 5 gehen zuFamilie Müller. Dann müssen die sich zusammenfinden. Dann kommt über die Studentin<strong>der</strong> Anruf, <strong>als</strong>o Familie Müller hat sich dochnicht gemeldet, dann schalten wir uns wie<strong>der</strong>ein. Es ist eine Verfahrensweise, die wir uns soerarbeitet haben. Aber es ist schon eine aufregendeVeranstaltung!Informationstafel Workshop I48Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201049


Fachtag„Intergeneratives Lernen in Projekten und im Alltag von Stadtteilzentren“4 Workshop IIJung für Alt.Schüler unterrichten Senioren -Sozialer Arbeitskreis am Fanny-Leicht-Gymnasium in StuttgartInput:Anne Franke und Erik SuwandhiSozialer Arbeitskreis amFanny-Leicht-Gymnasium StuttgartFachliches Gegenüber:Dr. Julia Franz Universität Erlangen-NürnbergMo<strong>der</strong>ation:Markus RungeAnne Franke: Wir sind zwei Lehrer, die an <strong>der</strong>gleichen Schule in Stuttgart tätig sind. Vor 48Jahren, 1962, begann meine Kollegin, eineehemalige Physiklehrerin, mit diesem Projekt,weil sie sich schon dam<strong>als</strong> über die fehlendesoziale Kompetenz ihrer Schüler ärgerte. Siebeobachtete immer mehr, wie sie mit älterenMitbürgern sehr unpfl eglich umgingen und hatsich überlegt, dass man dem ein Ende bereitensollte. Sie haben Kin<strong>der</strong>heime besucht,mit behin<strong>der</strong>ten Schülern Kontakt aufgenommen,bald auch zu älteren Menschen.Ziemlich schnell kam vonseiten <strong>der</strong> älteren Bürger<strong>der</strong> Wunsch, dass sie wissen wollten, wasdie Jungen heute eigentlich machen, was diein <strong>der</strong> Schule so lernen. Diese Idee hat dazugeführt, dass bei uns am Fanny-Leicht-Gymnasiumunsere Schüler die Senioren unterrichten.Und das läuft in dieser Form bereits seit 1982,<strong>als</strong>o seit 28 Jahren.Wir haben <strong>der</strong>zeit 60 Schüler-Lehrer, am heutigenTag sind es nur 59, weil einer von ihnen,Erik, hier ist. Heute Nachmittag läuft nämlichdieser Unterricht, Mittwoch und Freitag jeweilsnachmittags mit einem festen Stundenplan.Heute um 13.55 Uhr beginnt Englisch 3, gleichzeitigläuft Englisch 1 und 2 und Physik. Es gehtdann weiter mit Französisch, Geschichte, Englisch,Informatik, Latein, Denksport usw.Alles, was man sich denken kann, wird inzwischenvon den Schülern ab <strong>der</strong> 9. Klasse unterrichtet.Die müssen mindestens die Note 2 indem Fach haben, das ist die Einstiegsvoraussetzung.Sie werden auf dieses Projekt vorbereitet,indem sie einmal im halben Jahr einen pädagogischenTag haben. Dort werden sie in dasThema eingeführt, - nicht wie die Lehrer, was sodie Lernschwierigkeiten von Schülern angeht, -son<strong>der</strong>n wie man mit Senioren umzugehen hat:Sie müssen laut und deutlich sprechen, sie müssensich vorstellen, dass sie mit ihren Händennicht so greifen können wie junge Menschen,das alles wird ihnen von meiner Kollegin sehrdeutlich gemacht. Meine Kollegin Frau Schnei<strong>der</strong>leitet nach wie vor mit ihren 87 Jahren dasProjekt, ich bin seit 12 Jahren ihre Assistentin.Frau Schnei<strong>der</strong>s Anliegen war immer Kopf, Herzund Hand anzusprechen. Kopf heißt, es werdenalle Fächer angeboten, wenn die Senioren sagen,dass sie es lernen würden, zum Beispiel Latein.Wir suchen und wir fi nden dann Schüler, dieLatein machen und es kann angeboten werden.Das Herz wird angesprochen, indem es bei unszu je<strong>der</strong> Stunde Kaffee gibt, den die Seniorenmitbringen, und Gebäck, das schafft eine sehrangenehme Atmosphäre, in <strong>der</strong> man wirklich gutlernen kann. Die Hand wird angesprochen, indemman mitschreiben muss o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Bastelstundeetwas bastelt. Kopf, Herz und Hand werden <strong>als</strong>oangesprochen, wie dam<strong>als</strong> von Pestalozzi gefor<strong>der</strong>t– und das gilt heute noch.Wir haben mittwochs und freitags Unterricht,von 14 bis 18 Uhr. Unsere Schüler werden Mittwochund Freitag in <strong>der</strong> zweiten großen Pausein einer Pausenbesprechung auf das eingestimmt,was in <strong>der</strong> Woche anliegt. Mein Part ist<strong>der</strong>zeit, dass ich die 60 Unter- und Mittelstufenschüler,<strong>als</strong>o von Klasse 5 bis 8, betreue.Sie dürfen noch nicht unterrichten, habenaber Interesse, an dem Projekt mitzumachen.Auch in dieser Altersgruppe sind es 60, <strong>als</strong>owir haben jetzt 120 Schüler und könnten nochmehr haben, aber die Kapazitäten reichen einfachnicht aus.Diese 5.- bis 8.-Klässler haben eine Aufgabe,nämlich die Feste vorzubereiten, denn wirfeiern sehr gerne. Ich denke an das Osterfest,das ansteht, jetzt gerade um 13 Uhrhat begonnen, dass zwei Schüler lernen, wieman Eier mit Wachsbatik verziert. Das lernensie bei Frau Schnei<strong>der</strong> und geben dann ihrWissen an die Senioren am Osterfest weiter.Bei Kaffee und Kuchen wird dann gearbeitet,im Sinne von Kopf, Herz und Hand, aberes muss auch was geschafft werden. Unddanach, um das Osterfest beizubehalten, werdenOstergeschenke, die die Schüler für dieSenioren gebastelt haben, im Park versteckt.Die Senioren suchen sie dann. Das geht nichtimmer ganz konfl iktfrei zu, weil jemand zweiGeschenke fi ndet und denkt, sie gehören jetztihm, weil er sie ja gefunden hat, aber FrauMeier hat nichts gefunden. Da entsteht dannein bisschen Stress, da muss man vermitteln:Schauen Sie mal, Frau Meier hat nichts gefunden,Sie geben doch sicher ein Geschenk vonden beiden, die Sie gefunden haben, ab? Dasist einfach nötig. Das ist auch bei den Kin<strong>der</strong>nnötig, die natürlich mal außer <strong>der</strong> ReiheMist machen und zur Räson gebracht werdenwollen. Und auch, wenn einer unserer Schüler-Lehrermal den Unterricht schwänzt, dannist natürlich Holland in Not. Das heißt, FrauSchnei<strong>der</strong> o<strong>der</strong> ich müssen unterrichten, egalin welchem Fach, ob wir das nun können o<strong>der</strong>nicht.130 Senioren drücken <strong>der</strong>zeit unsere Schulbänke,das Durchschnittsalter ist 70. DerStundenplan ist gut gefüllt und bietet für jedenetwas. Die Organisation sieht so aus, dass50 Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201051


4Workshop II Jung für AltWas wichtig ist: auf Probleme aufmerksam werden!Wie gesagt, einer soll immer herumlaufenund schauen, ob es glatt läuft. Zu den Problemengehört natürlich auch, dass man lautgenug und deutlich spricht, weil viele SeniorenHörprobleme o<strong>der</strong> Sehprobleme haben, weses3 Ersatzstunden pro Woche für drei Lehrergibt. Frau Schnei<strong>der</strong> arbeitet seit ihrer Pensionierungehrenamtlich und es arbeiten auchSenioren, die sich in <strong>der</strong> Küche und überhauptengagieren. 10 Euro pro Halbjahr muss je<strong>der</strong>Kursteilnehmer zahlen, 50 Cent wird für jedeUnterrichtsstunde verlangt, für die erste unddie zweite Stunde. Also wenn man am Nachmittagvier Stunden hat, dann muss man nur einenEuro bezahlen, weil nur die ersten beiden Stundenberechnet werden.Nachwuchsprobleme haben wir überhauptkeine, obwohl <strong>der</strong> Freizeiteinsatz hoch ist.Unsere Feste fi nden immer am letzten Schultagvor den Ferien statt. Und die Schüler-Lehrerkommen jede Woche zum Unterricht, 45 Minuten,<strong>als</strong>o das alles machen sie ehrenamtlich undmit viel Freude und Engagement. Sie bekommenam Ende ihrer Laufbahn ein Zeugnis, eineVerbal-Beurteilung, die ihnen so manche Türöffnet, was ihnen aber am Anfang gar nichtso bewusst ist. Aber ich habe meinen eigenenSohn schulfremd bei uns untergebracht un<strong>der</strong> sagt: „Mama, alles Mögliche, was ich ihnensage, interessiert sie nicht, aber die Beurteilungvom SAK interessiert sie schon, denn die hatsonst keiner.“ Und sie bekommen ein kleinesGeschenk zu Ostern und zu Weihnachten.Aber was mir von Anfang an gefallen hat, ist,dass die Schüler sehr, sehr viel zurückbekommen.Ich habe die Schüler am Vormittag imUnterricht erlebt, wie sie sich oft nicht getrauthaben, etwas zu sagen. Aber von den Seniorenerhalten sie Anerkennung. Die Schüler wuchsenrichtig mit ihrer Aufgabe. Sie sind auchimmer in Präsentationsprüfungen beim Abiturdie deutlich besseren Kandidaten, weil sie daeinfach souverän stehen, denn sie haben dasgelernt. Sie kriegen viel an praktischer Lebenserfahrungmit. Und sie bekommen Kontakt zuälteren Menschen. Im SAK kriegt man mit, wieMenschen alt werden, wie sie lernen und welcheProbleme sie haben.Diese Woche am Montag stand ein 12-Klässlervormittags tränenüberströmt vor mir, weil dieFrau XY gestorben ist. Sie hat sich von ihnenverabschiedet und sie wussten nun gar nicht,wie sie damit umgehen sollen, weil das so einetolle Frau war. Das heißt, es entstehen starkeemotionale Beziehungen zu den Senioren,und sicher auch umgekehrt von den Seniorenzu unseren Schülern. Denn immer wenn dieAbitur machen, gibt es ja auch Trauer bei denSenioren: „Wir wollen keinen neuen Lehrer, <strong>der</strong>war <strong>der</strong> Allerbeste.“ Also diese Bindungen sindganz, ganz stark. Ich glaube, das prägt einfachfürs Leben. Und so habe ich gedacht, es ist gut,wenn soziale Kompetenzen sehr früh erlerntwerden, am besten <strong>als</strong> Hänschen und nicht <strong>als</strong>alter Hans. Ich sage immer zu den Eltern, dasswir nicht erwarten können, dass die Kin<strong>der</strong> mitälteren Menschen umgehen, wenn sie es niegelernt haben. Du kannst nicht von einem 20-Jährigen erwarten, dass er nett zu einem Altenist, wenn er nie zuvor Kontakt mit einem gehabthat. Und das ist bei unserem SAK überhauptkein Problem.Für alles Weitere gebe ich jetzt an die Praxis ab,an meinen Kollegen, den beliebten Informatiklehrer,Erik Suwandhi.Erik Suwandhi: Ich unterrichte Informatik undbin jetzt das zweite Jahr beim SAK. Ich möchtean Ihre Präsentation gleich anknüpfen und zwarzum Freizeiteinsatz. Der beträgt eigentlich nichtnur 45 Minuten. Normalerweise unterrichtenwir Schüler o<strong>der</strong> Schüler-Lehrer zu zweit. Dasheißt, in <strong>der</strong> Vorbereitung muss man sich erstmal besprechen. Dazu zählt dann: welchenStoff stelle ich vor bzw. stelle ich bereit? Dersoll natürlich auch Alltagsbezug o<strong>der</strong> auch zuaktuellen Themen einen Bezug haben. Das istwichtig für die Senioren, denn sonst hilft ihnen<strong>der</strong> Stoff eigentlich wenig. Dann muss ich weiterüberlegen, welche Methoden ich einsetze. Dagibt es natürlich den klassischen Frontalunterricht,<strong>der</strong> ist aber meistens nicht so recht. Wirhaben die Möglichkeit mit Beamer o<strong>der</strong> Overhead-Projektorzu arbeiten. Darüber hinaus gibtes weitere Methoden. Wir können zum Beispieleine Arbeitsanweisung erteilen, Arbeitsblättero<strong>der</strong> Handouts austeilen, wo konkret draufsteht,was die Senioren zu erarbeiten haben.Dann geben wir Hilfestellungen, wenn sie Problemehaben, und fassen nach dieser Stundeo<strong>der</strong> beim nächsten Termin noch mal zusammen.Wir haben auch die Möglichkeit, eineDiskussionsrunde zu machen. Dann sitzen wirgemütlich bei Kaffee und Tee zusammen undreden über ein bestimmtes Thema. Es handeltsich dabei aber nicht um ein wahlloses Thema,son<strong>der</strong>n bezieht sich schon auf das Fach.Die gemeinsame Erarbeitung und Lösung vonAufgaben ist natürlich ganz wichtig, damit dieSenioren mit den Problemen nicht alleine gelassenwerden. Die Senioren sollen auch Möglichkeitenhaben, sich selber einzubringen. In <strong>der</strong>Informatik haben wir zusätzlich die Möglichkeit,mal was ganz an<strong>der</strong>s zu machen, zum Beispieleinen Kartenleser kennen zu lernen. Viele Seniorenhaben damit noch nicht gearbeitet undhaben vielleicht Fragen, wie das funktioniert.Zur Durchführung des Unterrichts: Normalerweiseunterrichten wir zu zweit. In Informatikläuft es so ab, dass zum Beispiel einer etwasüber den Beamer erklärt, während <strong>der</strong> an<strong>der</strong>eherumläuft und schaut, ob die Senioren es verstehenund mitkommen, ob es zu schnell geht,ob sie irgendwelche Fragen haben. Durch dieseZweiteilung schafft man ein gutes Gleichgewichtzwischen diesen Methoden, weil die Vermittlungnicht nur einseitig ist.Teilnehmer: EDV-Unterricht klingt jetzt erst maldoch nach frontalem Lernen. Aber ich stelle mirvor, je<strong>der</strong> Senior hat einen PC vor sich, an dem eralles nachvollziehen kann, was Sie vorführen.Erik Suwandhi: Ja. Das stimmt natürlich mitdem Frontalunterricht, das ist in diesem Fachetwas schwieriger, aber wir versuchen, die Seniorenso weit wie möglich einzubeziehen. Dasheißt, die Senioren machen fast alles selber.Wir erklären am Beamer nur, wie sie zu demnächsten Schritt kommen, wenn sie ihn nichtalleine gefunden haben.52Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201053


4Workshop II Jung für Althalb man darauf achten muss, dass das, wasman mit dem Beamer o<strong>der</strong> dem Overheadprojektorzeigt, auch groß genug ist. Notfalls mussman sich vergewissern, ob es lesbar ist o<strong>der</strong>nicht. Für das Hörproblem haben wir auch einHörgerät. Der Schüler-Lehrer, <strong>der</strong> erklärt, hatein kleines Mikrofon, während <strong>der</strong> Senior o<strong>der</strong>die Seniorin dieses Hörgerät hat. Das klapptganz gut.Dann gibt es noch Verständnisprobleme. Eskann sein, dass <strong>der</strong> Ablauf zu schnell geht, daraufmuss man aufpassen, weil ich bei älterenMenschen schon häufi ger bemerkt habe, dasssie nicht so schnell mit <strong>der</strong> Jugend mitkommen.Gerade <strong>als</strong> Jugendlicher muss man darauf achten,was nicht ganz einfach ist, aber mit <strong>der</strong> Zeitkriegt man das raus.Ich habe es schon angesprochen: Die Störungendurch Reinreden o<strong>der</strong> auch Privatgespräche.Da muss man ein bisschen vorsichtigsein, weil man wissen muss, ob dem Nachbarngeholfen wird o<strong>der</strong> ob nur so gequatscht wird.Vielleicht benötigen die Senioren wirklich Hilfeo<strong>der</strong> Unterstützung bei einer Aufgabe, dannmuss man schauen, wie man dieses Problemlöst. Es geht ja auch darum, dass wir mit demStoff vorankommen, aber es darf nicht zuschnell gehen.Ein an<strong>der</strong>es Problem ist auch, wenn ein Senioro<strong>der</strong> eine Seniorin neu in dem Kurs ist. Wennjemand von außerhalb kommt und sich erstmal dazu setzt, dann ist es ganz wichtig, dassman sich um die Person kümmert, dass sie eingebundenwird und eingeglie<strong>der</strong>t ist danach,damit wir wie<strong>der</strong> eine Gemeinschaft haben,erst mal in dieser Gruppe, aber auch im SAKinsgesamt.Die Schüler haben natürlich einige Vorteile.Meistens wird das eher an<strong>der</strong>srum gesehen,aber für die Schüler bringt diese Arbeit ziemlichviel. Sie haben eine gewisse Freiheit undkönnen sich überlegen, welchen Stoff sieunterrichten, mit welchen Methoden sie arbeitenwollen. Aber natürlich hat <strong>der</strong> Schülerauch eine Verantwortung, mit <strong>der</strong> er umzugehenhat. Das lernt <strong>der</strong> Schüler dort sehr gut.Zu dieser Verantwortung gehört natürlichauch die Pünktlichkeit und dass man eben dieSachen verständlich erklärt. Außerdem ist esnoch wichtig, das Interesse zu wecken, sichentsprechend gut vorzubereiten, denn wenndie Senioren nur da sitzen und nicken, das istnicht so för<strong>der</strong>lich. Alles das muss ausführlichvorbereitet werden. Dies <strong>als</strong> Hinweis auf dieFreizeitgestaltung <strong>der</strong> Schüler, man muss dasalles außerhalb des Unterrichts überlegen undvorbereiten.Außerdem lernt <strong>der</strong> Schüler durch das Lehrenauch wirklich verständlich und verständnisvollzu erklären. Wenn jemand gut erklärt, dannversteht das <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e auch. Der Schüler entwickeltlangsam ein Gefühl, welche Methode fürwelches Thema angemessen ist. Er muss Spontaneitätentwickeln, denn wenn mal eine Fragezurückkommt, was macht er dann? Das muss janicht mal eine Frage zum Lernstoff sein, bei Informatikkann es auch um eine Frage zu Hardwareo<strong>der</strong> Software gehen. In <strong>der</strong> Hardware kenne ichmich nicht so aus, die Senioren meistens auchnicht. Aber bei <strong>der</strong> Software gibt es natürlichunendlich viele Möglichkeiten, was für Fragenda kommen. Gut, ich bin da relativ bewan<strong>der</strong>t,außerdem kann mein Partner ja noch aushelfen,deswegen sind wir auch zu zweit. Und notfallsmüssen wir eine Frage zurückstellen und beimnächsten Treffen darauf zurückkommen. Aberes ist ganz wichtig, dass man die Frage wie<strong>der</strong>aufgreift und nicht vergisst.Die Schüler-Lehrer lernen den Umgang mit denSenioren, <strong>als</strong>o wie man das im Unterricht erklärensoll, das Verhalten bei SAK-Festen und ebenin <strong>der</strong> Gruppe. Dadurch lernt <strong>der</strong> Schüler auchEinfühlungsvermögen für ältere Menschen, aberer erwirbt auch Menschenkenntnis generell.Der Schüler bekommt auch Anerkennung, in <strong>der</strong>Schule hilft ihm sein hinzu gewonnenes Wissenbei Vorträgen, denn wenn <strong>der</strong> Schüler vornesteht, ist es ganz wichtig, dass er respektiertwird. Diesen Respekt sollten die Schüler natürlichauch den Senioren gegenüber zeigen, weil<strong>der</strong> Unterricht sonst nur Gerede ist und nicht sorichtig etwas dabei heraus kommt.Jetzt noch zu den Vorteilen für die Senioren:Klar, <strong>der</strong> unterrichtete Stoff, durch den dieSenioren relativ viel von den Schülern mitnehmen.Bei Informatik kann es alles möglichesein, wie man eine Bahnverbindung raussucht,E-Mails checkt, E-Mails beantwortet, irgendwelcheBil<strong>der</strong> sortiert und sonstige Dinge, diealltagsbezogen sind. Die Senioren machenneue Erfahrungen. Sie gehen zwar wie<strong>der</strong> in dieSchule, aber es ist ja nicht wirklich Schule, weilwir versuchen, den Kontakt zu den Menschenzu halten, wir versuchen, eine Gemeinschaft zuentwickeln. Dadurch bekommen Senioren oftm<strong>als</strong>ein größeres Selbstvertrauen, wobei sieeben auch auf die an<strong>der</strong>en Senioren bzw. auchauf die Schüler Rücksicht nehmen müssen. Siesollen <strong>als</strong>o nicht reinreden, nicht alles vorwegnehmen,son<strong>der</strong>n den an<strong>der</strong>en Senioren dieChance geben etwas beizutragen. Ich denke,das ist auch für die Senioren wichtig, denn dasbewirkt ein stärkeres soziales Verhalten und för<strong>der</strong>tdas Gemeinschaftsgefühl.Die Senioren bleiben durch den Unterrichtgeistig fi t und – je nachdem, was sie bei unsmachen, es gibt ja auch sportliche Aktivitäten– körperlich fi t. Gerade durch Informatik o<strong>der</strong>auch unseren Handy-Kurs haben die Seniorendie Möglichkeit, mit dem technischen Fortschrittmitzuhalten. Die Senioren verstehen das, aberdarum bemühen wir uns auch.Teilnehmerin: Wie groß sind die Gruppen?Erik Suwandhi: Das ist ganz unterschiedlich.In Informatik sind es gerade sehr viele, weil <strong>der</strong>Andrang sehr groß ist. Bei mir im Kurs sind jetzt54Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201055


4Workshop II Jung für Alt15 Personen, was eine hohe Teilnehmerzahl ist,<strong>der</strong>zeit ist das <strong>der</strong> größte Kurs und es werdenauch keine weiteren Teilnehmer aufgenommen.Zu zweit ist das gerade noch so zu managen.Bei den meisten Kursen sind es weniger Teilnehmer.Anne Franke: In <strong>der</strong> Regel fünf bis zehn. Undeins muss man vielleicht noch sagen. Die Seniorensagen: wir fühlen uns hier wie die Jüngeren.Sie gehen wie<strong>der</strong> in die Schule, sitzen inden Bänken, natürlich <strong>der</strong> Umgang mit den jungenLeuten, die kommen zum Unterricht, dasist ein Schnattern und ein Hallo und eine guteStimmung, das ist echt unglaublich. Aber Siekönnen es gleich in unserem Film sehen. Wirhaben zwei Schüler, die uns nach dem Abiturverlassen haben. Sie wollten uns was Gutestun und wollten einen Film über den SAK drehen.Den Film haben wir mitgebracht, damit Siesehen, wie das abläuft.Teilnehmer: Kriegen die Schüler eine Supervisiono<strong>der</strong> so was?Erik Suwandhi: Nein.Anne Franke: Da greifen im Notfall wir ein,wenn es hart kommt. Natürlich gibt es immerauch Senioren, die nicht reinpassen, die müssendann halt gehen, wenn sie sich nicht einfügenkönnen.Teilnehmerin: Woher kommen die Senioren?Anne Franke: Aus ganz Stuttgart. Das meisteläuft über Mundpropaganda. Es gibt auch immerwie<strong>der</strong> mal Berichte im Fernsehen o<strong>der</strong> in denZeitungen, dann haben wir wie<strong>der</strong> Zulauf. Dasist ganz unterschiedlich. Wir haben auch schonüber 200 Senioren gleichzeitig gehabt.Teilnehmerin: Machen Sie extra Werbung?Anne Franke: Wir haben jetzt einen Flyer, denSchüler entwickelt haben. Hier steht drauf, waswir anbieten. Im Moment haben wir eine Phase,in <strong>der</strong> viele Senioren sterben. In manchen Kursensitzen dann nur zwei Senioren, das ist nichtganz so prickelnd.(Film wird gezeigt)In ungefähr 35 Kursen, die von ca. 50 Schüler-Lehrern unterrichtet werden, lernen gegenwärtigmehr <strong>als</strong> 200 Senioren.Anne Franke: Weil vorhin Kritik zu den Stadtteilzentrenkam: ich denke, man kann schonmit kleinen Sachen anfangen. Punkt 1: Manbraucht einen langen Atem. Dieses Projekt hatauch unendlich viele Tiefen gehabt, aber esbraucht einfach den Willen, diese Idee durchzusetzen.Und dann läuft es auch irgendwann.Punkt 2: Es gibt ganz viele Sachen, die dieSchüler den Senioren in so einem Stadtteilzentrumbeibringen können. Einen Computerkurso<strong>der</strong> einen Handy-Kurs o<strong>der</strong> einen Englischkurs,das kann man durchaus anbieten, weil esumsetzbar ist. Man braucht nur den Willen unddas Gefühl, das ist gut für an<strong>der</strong>e.Teilnehmer: Bekommen die Senioren eine ArtZertifi kat o<strong>der</strong> Teilnahmebescheinigung?Anne Franke: Nein. Wir haben Leute, dieschon zehn Jahre kommen, und tatsächlicham Unterricht teilgenommen haben. Es gibtaber auch Leute, die kommen eine Saisonlang, dann war es das, <strong>als</strong>o je nachdem, wasman erwartet. Wir sind keine Volkshochschule,wir haben natürlich auch ein an<strong>der</strong>es Niveau,aber es ist auch eine an<strong>der</strong>e Atmosphäre.Man kommt untereinan<strong>der</strong> ins Gespräch,<strong>der</strong> Senior, <strong>der</strong> vielleicht vorher über Wochenalleine zu Hause gesessen hat, trifft plötzlichjemanden, mit dem er sich auch noch woan<strong>der</strong>streffen kann. Den Schülern geht es ebenfallsso.Teilnehmerin: Hat je<strong>der</strong> Schüler-Lehrer nur eineKlasse?Anne Franke: Ja, meistens und in <strong>der</strong> Regel ineinem Fach, ein Fach reicht. Manche möchtengerne mehr machen, aber in <strong>der</strong> Regel reichtein Fach.Teilnehmerin: Also er ist sozusagen einmal in<strong>der</strong> Woche einen Tag in <strong>der</strong> Schule.Anne Franke: Ja, 45 Minuten, entwe<strong>der</strong> Mittwocho<strong>der</strong> Freitag. Sie sind immer zu zweit inden Kursen, aber es kann auch sein, dass siesich abwechseln. Es wird ein Tagebuch geführt,wie im Schulunterricht auch, in das notiertwird, was sie gemacht haben, wer gefehlt hat.Leute, die krank sind, werden auch besuchto<strong>der</strong> sie bekommen ein Kärtchen geschrieben,das ist <strong>als</strong>o ein starkes soziales Gefüge,man ist füreinan<strong>der</strong> verantwortlich.Hans Ferenz: Mich interessiert die Motivationvon beiden Seiten. Ich mache die Öffentlichkeitsarbeitfür das Theater <strong>der</strong> Erfahrungen,ein großes Seniorentheater. Da treffen sichdie Gruppen immer sehr regelmäßig. Und ganzwichtig ist da Kaffee und Kuchen. Die freuensich, wenn sie sich sehen, sind traurig, wenneiner krank ist. Danach beginnt man mit <strong>der</strong>Probe, mehrere Stunden am Stück. Aber ohneden sozialen Aspekt innerhalb <strong>der</strong> Altengruppegeht gar nichts. Das ist <strong>der</strong>en Belohnung ingewisser Weise. Ich habe einen Sohn, <strong>der</strong> ist 19Jahre alt, ich habe das Gefühl, dass ich einenganz guten Kontakt zu dieser Altersgruppe habeund nun stehe ich hier und höre „wenn die Altendazwischen quatschen“. Und auf einmal kippeich in eine ganz an<strong>der</strong>e Rolle. Da frage ich mich:gibt es da nicht ein Problem, wenn ich <strong>als</strong> ältererMensch da hin gehe und auf einmal die Jungensehe und dann denke, jetzt sagt mir so jemand,wie ich mich verhalten soll? Ganz schwierig. Auf<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite die Frage: Ist die Motivationbei den Schülern auch das Zeugnis, das siebekommen?Anne Franke: Ich glaube das nicht. Die Motivation<strong>der</strong> Schüler besteht aus diesem Gedanken,etwas mit älteren Menschen zu machen. Vielehaben ja auch die Sehnsucht nach Geborgenheit,nach einem Aufgehobensein. Die Elternsind berufstätig, die Großeltern sind weit weg,aber bei den Unterrichts-Gruppen ist jemand,<strong>der</strong> auch Zeit hat. Der sitzt mal eine Viertelstundemit mir und redet mit mir o<strong>der</strong> kümmertsich um meine Probleme. Das ist sicher eineMotivation, die keiner so richtig ausspricht, dieaber da ist. Das Zeugnis wird glaube ich erst56Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201057


4Workshop II Jung für Altspäter geschätzt. Mein Sohn hat es nach fünfJahren zu schätzen gelernt. Ich denke, manmuss die Jugendlichen ein bisschen schubsen,zu ihrem Glück zwingen.Erik Suwandhi: Das Zeugnis steht nicht im Vor<strong>der</strong>grund.Viele wissen gar nicht, wie wichtig eswirklich ist, soziale Kompetenzen zu erwerben.Wenn man es nur wegen dem Zeugnis machenwürde, dann wäre man nicht zu 100 % dabei.Das wirkt sich natürlich auf den Unterricht aus,die Senioren merken ja auch, dass <strong>der</strong>jenigekeine Lust hat, vielleicht mal nicht kommt unddann sitzen die Senioren alleine da. Ich denke,man muss schon dabei sein und sich dafürengagieren.Hans Ferenz: Ist es <strong>der</strong> Spaß mit den alten Menschen?O<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Spaß, vorne zu stehen undwas zu sagen zu haben? Jetzt sind Sie schonlänger dabei, aber dam<strong>als</strong>, <strong>als</strong> Sie sich dazuentschieden haben, was war da <strong>der</strong> Grund?Hey, ich will auch mal da vorne stehen?Erik Suwandhi: Ja, <strong>als</strong>o in <strong>der</strong> Schule wird <strong>der</strong>Arbeitskreis erklärt und man hört von an<strong>der</strong>enSchülern, die Senioren unterrichten. Dann interessiertman sich auch irgendwie dafür, informiertsich vielleicht mal, geht auch mal rüberins Büro vom SAK, schaut sich an, was gemachtwird. Dann kommt man eben so rein. Weil Siefragten, was <strong>der</strong> Spaß daran ist, <strong>als</strong>o ich würdees nicht unbedingt Spaß nennen, aber es istauf jeden Fall interessant. Es macht Freudemit an<strong>der</strong>en Menschen zu arbeiten, das ist jaein ganz an<strong>der</strong>es Umfeld, auch zu sehen, wieältere Menschen vielleicht auch ganz an<strong>der</strong>sreagieren <strong>als</strong> man es sich vorgestellt hat. Manhatte vielleicht Vorurteile und bekommt einan<strong>der</strong>es Menschenbild, auch gegenüber einerganz an<strong>der</strong>en Generation.Hans Ferenz: Ist es bei den älteren Menschenmehr das Soziale o<strong>der</strong> ist es das konkrete Lernen,z.B. einer Fremdsprache?Anne Franke: Bei Englisch ist es vielfach so,dass sie inzwischen Enkelkin<strong>der</strong> im Auslandhaben, und mit ihnen telefonieren und sprechenkönnen wollen. Aber ich denke, es istbeides. Wir haben jetzt eine neue Generation,60 Plus, die zu uns kommt. Die habenan<strong>der</strong>e Voraussetzungen <strong>als</strong> die Leute vorzehn Jahren, <strong>als</strong> ich anfi ng. Vor zehn Jahrenhatten wir Leute, die den Zweiten Weltkriegmiterlebt hatten, zum Teil hatten sie keinerichtige Schulbildung bekommen, sie wolltenSprachen und alles Mögliche nachlernen,was sie früher nicht lernen durften o<strong>der</strong> nichtkonnten. Jetzt sind es Leute, die häufi g früheraus dem Berufsleben ausgeschieden sind, diewirklich was lernen wollen, gerade Informatik,die dann natürlich auch Ansprüche haben. Dasgibt auch Konfl ikte, wenn jemand mit einem zuhohen Anspruchsdenken kommt, dann musser einfach gehen.Aber wir haben zum Beispiel einen Kunstgeschichte-Kurs,<strong>der</strong> ist mit 15 Leuten ähnlich vollbelegt wie <strong>der</strong> Informatik-Kurs, dort werden alleEpochen durchgesprochen. Das ist Interesse.Ich glaube, es ist schon auch das Interesse andiesem Sozialen, an dieser Gemeinschaft, die15 Leute, die sich jede Woche treffen, erzäh-len, was passiert ist. Aber es ist auch Interessean <strong>der</strong> Jugend, wenn da vorne zwei jungeMenschen stehen, die einem was erzählen.Die Senioren ermahnen sich dann oft auchgegenseitig, wenn einer reinspricht, <strong>als</strong>o esist selten so, dass <strong>der</strong> Schüler-Lehrer da vorneden Wahnsinnskonfl ikt austragen müsste. Ichhabe zwei o<strong>der</strong> drei Fälle bisher erlebt. Aber esist nötig, ohne eine bestimmte Richtung undHärte funktioniert es nicht. Das muss man aushalten.Es gibt auch Schüler, die gehen, weil esihnen zu stressig ist o<strong>der</strong> die Anfor<strong>der</strong>ungensind zu hoch. Aber insgesamt ist es geradedieses Zusammensein mit gleichaltrigen Seniorenund gleichzeitig das Gefühl zu haben, ichlerne noch mal was ganz An<strong>der</strong>es. Da stehenauch nicht so abgeklärte Menschen, son<strong>der</strong>ndie sind offen, die nehmen was auf, das nächsteMal machen wir es an<strong>der</strong>s. Da kommt vielleichtauch ein neues Musikstück mit rein, dasman übersetzt.Markus Runge: Was ist wichtig für das intergenerationelleLernen, was man an dem Beispieldeutlich machen kann?Julia Franz: Ich habe mir für den Kommentarzum SAK zwei zentrale Fragen gestellt: Wasgeschieht hier eigentlich konkret? Und welchespädagogische Konzept steckt dahinter?Da ich es beeindruckend fi nde, dass <strong>der</strong> SAKinsgesamt eine bald 50-jährige Geschichte hatund seit 28 Jahren intergenerationelle Projektedurchführt, ist meine zweite Frage: Wie habenSie es geschafft, dass das seit 28 Jahren gutfunktioniert, welche Bedingungen sind dafürverantwortlich?Was geschieht konkret beim Lernen <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong>?Es ist lei<strong>der</strong> nicht immer so, dass <strong>Generationen</strong>einfach miteinan<strong>der</strong> lernen, wenn mansie zusammenbringt. Zum Beispiel in Mehrgenerationenhäusernda sind die Alten, da sind dieJungen, jetzt macht mal was miteinan<strong>der</strong>, vielSpaß und auf Wie<strong>der</strong>sehen, das funktioniertnicht. Es wird immer ein klares pädagogischesKonzept benötigt, das die <strong>Generationen</strong> erstmal zusammenbringt. Die pädagogische Gestaltungist immer die zentrale Vorbedingung.Um das Lernen in den Blick zu nehmen, möchteich auf das Konzept eingehen: Das Konzept istganz klar, die Jüngeren unterrichten die Älteren.Hinter diesem Konzept steht aus <strong>der</strong> bildungstheoretischenPerspektive ein pädagogischer<strong>Generationen</strong>begriff. Der pädagogische <strong>Generationen</strong>begriffteilt <strong>Generationen</strong> auf in dieGeneration <strong>der</strong> Vermittelnden und in die Generation<strong>der</strong> Lernenden. Ursprünglich ging dieserBegriff auf Friedrich Schleiermacher zurück,<strong>der</strong> im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t die Frage stellte: Waswill eigentlich die ältere Generation mit <strong>der</strong> jüngerenGeneration? Man sieht an dieser Frage58Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201059


4Workshop II Jung für AltDurch den Kontakt zwischen den Jugendlichenund den Älteren können sie ihre eigene Generationund Zugehörigkeit noch mal refl ektieren,<strong>als</strong> Aspekt <strong>der</strong> eigenen Identitätsentwicklung.Ich glaube, dass zum Teil auch noch ein dritter<strong>Generationen</strong>begriff, ein genealogischer <strong>Generationen</strong>begriff,zum Tragen kommt. DieserBegriff beschreibt <strong>Generationen</strong> <strong>als</strong> die Abfolgevon Verwandtschaft, <strong>als</strong>o Großeltern, Eltern,Kin<strong>der</strong>, Enkelkin<strong>der</strong>, das ist die genealogische<strong>Generationen</strong>abfolge. Ich denke, dass dieserauf einer Beziehungsebene in dem Projekt dessozialen Miteinan<strong>der</strong>s vor allem in dem informelschon,dass dam<strong>als</strong> – im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t – <strong>der</strong>pädagogische <strong>Generationen</strong>begriff klar davongeprägt war, dass die Älteren über mehr Wissenund mehr Erfahrungen verfügen, und dieses andie Jüngeren weitergeben sollten. Das heißt,dieser pädagogische <strong>Generationen</strong>begriff warhier mit einem Senioritätsprinzip verbunden,<strong>als</strong>o mit dem Prinzip: Je älter ich bin, je mehrich gelebt habe, desto mehr Wissen habe ichangehäuft. Das mag für das 19. Jahrhun<strong>der</strong>tzutreffend gewesen sein, allerdings in Zeitenschnellen gesellschaftlichen Wandels trifft dieserErfahrungsvorsprung nicht mehr zu. Heuteist es so, dass Schüler in vielen Bereichen vielmehr Erfahrungen <strong>als</strong> Ältere haben können.Von daher können sie natürlich auch <strong>als</strong> Lehrerfungieren.Dieses Konzept wird gezielt vom SAK genutztund altersunabhängig eingesetzt, <strong>als</strong>o diejenigenmit Erfahrung, in dem Fall die Schüler-Lehrer,unterrichten die Senioren in verschiedenenFachgebieten. Diese Bezugnahme auf einenpädagogischen <strong>Generationen</strong>begriff schaffteine klare Rollendifferenzierung innerhalbdieses Konzepts. Diese Rollenklarheit, <strong>als</strong>odass die Schüler unterrichten, die älterenMenschen <strong>als</strong> Schüler fungieren und die Lernendensind, erleichtert es allen Beteiligten,sich auf diesen Lernprozess einzulassen. Weildiese Rollen von Beginn an eindeutig und klarsind, gibt es keine Zweifel darüber, wer welcheFunktion in diesem Lernprozess einnimmt.Das ist eine gewisse Sicherheit, die es überhaupterst ermöglicht, in solche Lernprozesseeinsteigen zu können.Dafür müssen die Schüler aber auch gezieltauf diese Rolle vorbereitet werden, was esbedeutet, Senioren zu unterrichten. Das hatman ganz schön in diesem Video gesehen. Fürdie Schüler entsteht eine gewisse Sicherheit indieser Situation, weil sie zu zweit sind und sichgegenüber den Älteren gegenseitig unterstützenkönnen.Das sind aus meiner Sicht die Grundlagen desKonzepts, die ganz zentral im Vor<strong>der</strong>grundstehen. Aber da passiert ja auf einer beiläufigen Ebene noch ganz viel mehr. Ich denke,dass hier auch noch zwei an<strong>der</strong>e <strong>Generationen</strong>begriffezum Tragen kommen. Einerseitsein <strong>Generationen</strong>begriff, <strong>der</strong> sich durch einebestimmte Gruppenzugehörigkeit defi niert,zum Beispiel die 68er-Generation wird dadurchbeschrieben, dass sie gesellschaftliche Ereignissegemeinsam auf eine bestimmte Art undWeise erlebt hat, die sie auch ähnlich verarbeitethat. Das zeichnet die Generation letztendlichaus. Dieser Begriff fragt <strong>als</strong>o nachden gesellschaftspolitischen, historischen undbiografi schen Prägungen <strong>der</strong> einzelnen <strong>Generationen</strong>.Dadurch, dass in dem Konzept desSAK immer wie<strong>der</strong> informelle Austauschräumegeschaffen werden, - es geht ja nicht nur umden Unterricht, es geht auch um gemeinsameFeiern und um das soziale Miteinan<strong>der</strong> -, lernenimmer wie<strong>der</strong> die Jüngeren die Älteren unddie Älteren die Jüngeren auch mit ihren gesellschaftlichenPrägungen kennen. Die Jüngerenlernen die Älteren besser zu verstehen, vorwelchem Hintergrund sie manche Argumentebringen. Während umgekehrt die Älteren einenEinblick in die aktuelle Lebenswelt <strong>der</strong> Jugend-lichen bekommen und lernen, mit welchen Herausfor<strong>der</strong>ungenJugendliche heute konfrontiertsind. Sie können dadurch die Jugendlichen wie<strong>der</strong>aus einer an<strong>der</strong>en Perspektive betrachtenund verstehen.Ich glaube, dass bei diesem <strong>Generationen</strong>begriffganz klar das Lernen durch Fremdheit mitinitiiert wird. Diesen Einblick in unterschiedlicheLebenswelten bei Alt und bei Jung kannman auch beschreiben <strong>als</strong> Entdeckung <strong>der</strong>An<strong>der</strong>sheit des An<strong>der</strong>en bzw. <strong>der</strong> Fremdheit <strong>der</strong>jeweils an<strong>der</strong>en Generation. Das kann zu Irritationenführen, aber genau solche Irritationenführen dann zu Refl exionsprozessen und zuAnnäherungsprozessen zwischen den <strong>Generationen</strong>,weil durch diesen <strong>Generationen</strong>begriffeben das Verständnis erleichtert werden kann.Wir haben in einer eigenen empirischen Untersuchung,die sich mit intergenerationellen Projektenin <strong>der</strong> Erwachsenenbildung beschäftigthat, Jüngere und Ältere befragt. Die Älterenhaben ganz eindeutig gesagt: dadurch, dasssie in Kontakt zu Jüngeren kommen und <strong>der</strong>enLebenswelten entdecken, auch sehen, mit welchenProblemen sie konfrontiert sind, könnensie noch mal ihre eigene Biografi e refl ektierenund auch refl ektieren, warum sie heutzutageso denken wie sie es tun. Die Älteren habendas <strong>als</strong> eine Art von Verjüngung beschrieben.Bei den Jüngeren ist es so, dass sie sich geradein <strong>der</strong> Phase befi nden, wo es um Identität gehtund auch um die Frage: was ist eigentlich meineGeneration, wo gehöre ich hin, ist es die GenerationGolf, die Generation Praktikum o<strong>der</strong> dieGeneration x?Teilnehmerin: Wir müssten noch klären, was isteine Generation? 15 Jahre, 18 Jahre? Wie wirddas defi niert?Julia Franz: Sie meinen den Kohortenbegriff.Früher ging man von 30 Jahren aus, ich glaube,inzwischen wird zwischen 7 und 15 Jahrendiskutiert, die Meinungen dazu gehen auseinan<strong>der</strong>.Ich versuche, Generation über den sozialwissenschaftlichen<strong>Generationen</strong>begriff zubeschreiben.60Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201061


4Workshop II Jung für Altlen Austausch bei Ausfl ügen o<strong>der</strong> Festen zumTragen kommt, weil die <strong>Generationen</strong> miteinan<strong>der</strong>agieren. Auf <strong>der</strong> Beziehungsebene spieltes <strong>als</strong>o eine zentrale Rolle, ob die Senioren <strong>als</strong>Großelternfi guren wahrgenommen werden unddie Schüler-Lehrer <strong>als</strong> Kin<strong>der</strong>. Das gilt vor allemfür den informellen Austausch.Aber man muss sagen, dass solch ein <strong>Generationen</strong>begriffin <strong>der</strong> Unterrichtssituation auchschwierig sein kann. Wenn die Älteren sich <strong>als</strong>Großeltern verstehen, die ja weise Ratschlägegeben können, kollidiert das mit <strong>der</strong> Schülerrolle.Da muss man gucken, an welchen Punktendieser <strong>Generationen</strong>begriff zum Tragenkommt.Was geschieht konkret beim Lernen <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong>?Und da will ich auf den Begriff <strong>der</strong>Anerkennung näher eingehen. Ich glaube,in pluralisierten Gesellschaften, in denen esvielfältige Wissensformen und vielfältige Möglichkeiten<strong>der</strong> Anerkennung gibt, verbindet die<strong>Generationen</strong> auch <strong>der</strong> Wunsch nach Anerkennung.Beim SAK sehe ich ganz verschiedeneArten <strong>der</strong> Anerkennung, die hier für das Gelingendes Projekts auch eine zentrale Bedingungdarstellen. Einerseits die Anerkennung <strong>der</strong>Jüngeren durch die Älteren, sowie <strong>der</strong> Älterendurch die Jüngeren, die sich gegenseitig in ihrerUnterschiedlichkeit anerkennen können. An<strong>der</strong>erseitsglaube ich, dass es für das gesamteProjekt um eine gesellschaftliche Anerkennunggeht. In <strong>der</strong> Vorbereitung habe ich über diesesProjekt unglaublich viele Pressemitteilungen,Wettbewerbe usw. gefunden, woraus deutlichwurde, dass dieses Projekt auch gesellschaftlichanerkannt wird. Diese Anerkennung spieltfür die Weiterentwicklung und die Fortführungeines solchen Projektes eine zentrale Rolle,dass die Schüler und die Senioren gleichermaßenauch gesellschaftlich wertgeschätzt werden.Wenn ein Zeitungsartikel erscheint, kanndas eine enorme Motivation sein, so ein Projektauch weiterzuführen.Dann noch eine dritte Form <strong>der</strong> Anerkennung,die ich auch sehr wichtig fi nde, das ist die Anerkennungdurch die Schulstruktur, zum Beispieldurch das Schulamt, dadurch, dass es diese verbaleBeurteilung gibt, in <strong>der</strong> deutlich gemachtwird: dadurch, dass ihr euch hier beteiligt,haben wir eine gewisse Anerkennung für euch.Diese Anerkennung innerhalb <strong>der</strong> Strukturen istebenfalls eine ganz zentrale Bedingung für dasGelingen eines solchen Projektes.Als Fazit zu <strong>der</strong> Frage, was geschieht hier konkretbeim Lernen <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong>, würde ich dahersagen, dass es <strong>als</strong> Win-Win-Situation beschriebenwerden kann, weil die Älteren neben <strong>der</strong>inhaltlichen Auseinan<strong>der</strong>setzung mit den verschiedenenFächern auch die Lebenswelt <strong>der</strong>Jüngeren kennen lernen. Dadurch lernen siedie Jugendlichen besser und intensiver zu verstehen.In dem Video sagten sie auch, dass siedadurch länger fi t bleiben. Und es ist auch eineForm, sich nach dem Ruhestand gesellschaftlichweiter zu engagieren und eine Form <strong>der</strong>Inklusion in die Gesellschaft, vor allem in dieGesellschaft <strong>der</strong> Jüngeren.Für die Jüngeren ist es einerseits die inhaltlicheSeite, dass sie nämlich durch die nötigeUnterrichtsvorbereitung noch mal an<strong>der</strong>s inden eigentlichen Inhalt einsteigen müssen,es fi ndet eine vertiefte inhaltliche Auseinan<strong>der</strong>setzungstatt. An<strong>der</strong>erseits ist es die Rolleeines Lehrenden, man muss frei im Raumsprechen. Eine Abiturientin sagte im Interview,dass sie Angst vor dem mündlichen Abiturhatte und meinte dann aber: das ist ja genauso wie beim SAK, wenn ich vorne stehe; <strong>als</strong>odann ging es. Das ist eine gute Vorbereitungauf Prüfungen, auch durch das Üben <strong>der</strong> Präsentationstechniken.Ich habe die Vermutung, dass man dadurch,dass man in die Rolle des Schüler-Lehrerskommt, auch noch mal seine eigene Schülerrolleund die Rolle des Lehrers aus einer an<strong>der</strong>enPerspektive refl ektieren kann, wodurchvielleicht auch Verän<strong>der</strong>ungen in seinem eigenenDasein <strong>als</strong> Schüler entstehen. Und natürlichauch bei den Jugendlichen die Entdeckung <strong>der</strong>Lebenswelten <strong>der</strong> Älteren durch den Umgangmit dieser fremden Generation.Erik Suwandhi: Es ist schon so, dass man inmanchen Situationen den Lehrer besser verstehenkann.Markus Runge: Ich fand den Begriff des genealogischen<strong>Generationen</strong>begriffs interessant.Wie ist es auf dieser Beziehungsebene zwischenden Senioren und Schüler-Lehrern mit<strong>der</strong> Anrede? Ich könnte mir vorstellen, wenn ichmich <strong>als</strong> Opa fühle, dann duze ich leichter denSchüler-Lehrer. Gibt es da Regeln o<strong>der</strong> Nuancendes Überschreitens?Erik Suwandhi: Ich kam <strong>als</strong> Zweiter in den Kurs,zu <strong>der</strong> Zeit hatte mein Partner bereits alleineunterrichtet. Da war es so geregelt, dass dieSenioren die Schüler-Lehrer duzen. Das fi ndeich auch ganz okay, aber das muss man im Kursbesprechen, wenn man neu ist.Markus Runge: Aber umgekehrt wird gesiezt?Vorgegeben, o<strong>der</strong>?Anne Franke: Ja, das ist klar, aber ich meine,viele Schüler wollen auch gar nicht gesiezt werden.Julia Franz: Ich komme ja aus einem Projektin <strong>der</strong> Erwachsenenbildung in dem wir 16 verschiedeneintergenerationelle Projekte gemachthaben. In <strong>der</strong> Auswertung <strong>der</strong> Projekte tauchtein fast allen die Frage <strong>der</strong> Anrede <strong>als</strong> zentraleFrage auf, die alle von Anfang an im Blick hatten.Bei Kin<strong>der</strong>n war es klar, da war das keineFrage. Bei Jugendlichen war es natürlich einThema, gerade wenn es um die Form des Miteinan<strong>der</strong>-Lernensging, Jung und Alt sollen sichgemeinsam mit einem Thema auseinan<strong>der</strong>setzen,dann kamen die Erwachsenen und sagten:So, wir sind jetzt alle per du hier. Da ging beiden Jüngeren die Kinnlade runter, sie habenaufgehört, die Älteren anzusprechen, weil siedas Du <strong>als</strong> respektlos empfanden. Eine Jugendlichesagte in <strong>der</strong> Gruppendiskussion: Ich habedoch von meiner Mutter gelernt, dass man denÄlteren mit Respekt begegnet – und die siezt.Für die Älteren war das nicht so das Problem,aber die Jüngeren hatten eine ganz vehementeHemmschwelle. Erst durch das gute Zureden<strong>der</strong> Älteren und durch die lange Projektzeit62Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201063


4Workshop II Jung für Altkonnte das aufgehoben werden. Das sind schonPunkte, wo man sich bereits im Vorfeld fragenmuss, wie man damit umgeht, auch mit solchenbanalen Sachen.Markus Runge: Ich will noch zu dem gesellschaftlichhistorischen <strong>Generationen</strong>begriffeine Nachfrage stellen. Passiert es in <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzungmit den Senioren, dass ihrSchüler-Lehrer euch fragt: Warum sind die so?Was hat die geprägt? Die 68er o<strong>der</strong> die Kriegsgeneration?Gibt es da eine Auseinan<strong>der</strong>setzung?Erik Suwandhi: Ja, das ist ein bisschen schwierig.So direkt mit <strong>der</strong> Frage habe ich mich nichtauseinan<strong>der</strong>gesetzt, aber man überlegt sichnatürlich schon, warum die Senioren überhaupthier sind, was sie darüber denken, wenn manmal einen Fehler gemacht hat. Aber vielleichtläuft das in den Geschichtskursen an<strong>der</strong>s.Anne Franke: In Geschichte o<strong>der</strong> Politik geht esschon manchmal hart zur Sache. Da kommenzum Teil Dinge auf den Tisch, wo die Schülerhinterher rauskommen und sagen: das ist jetztaber ganz an<strong>der</strong>s gelaufen <strong>als</strong> geplant. Klar, wirhaben zum Beispiel auch viele Russlanddeutsche,einer davon hat russische Geschichteunterrichtet. Dann kommt vielleicht jemand,<strong>der</strong> im Krieg in russischer Gefangenschaft warund entsprechende Erfahrungen hat, dannprallt es da schon aufeinan<strong>der</strong>. Das wird aberausgetragen, in <strong>der</strong> Regel kann man Konfl iktelösen, indem man darüber redet. Die Idee unseresProjektes ist aber trotzdem größer <strong>als</strong> alleKonfl ikte, die wir haben.Ulrike Preißer: Wo bleibt <strong>der</strong> Respekt, wenn Siezum Beispiel die älteren Menschen zurechtweisenmüssen? Gibt es solche Situationen überhaupt?Unruhe, Dazwischenreden, usw., dasstelle ich mir am schwierigsten vor. Teilweiseregulieren sie sich ja selber, sodass es gar nichterst zu solchen Konfl ikten kommt. Aber trotzdem,irgendwo hat das ja mit gegenseitigemRespekt zu tun, <strong>als</strong>o auch in adäquater Weiseeine Grenze zu setzen. Das kommt mir ganzschwierig vor.Erik Suwandhi: Ich denke, in meinem Kurshabe ich es etwas einfacher, weil es nicht sohäufi g Leute gibt, die ständig reinreden. Espassiert schon mal in an<strong>der</strong>en Kursen, dassSenioren in <strong>der</strong> Klasse an<strong>der</strong>e Senioren einbisschen zurechtweisen, sagen, sie sollen leisersein, weil es sie einfach stört. Wir schauenschon, dass wir das unter Kontrolle haben, dassdie Senioren sich nicht immer untereinan<strong>der</strong>zurechtweisen. Weil das auch für mich nichtso gut ist, wenn die Senioren sich über an<strong>der</strong>eSenioren hinwegsetzen. Das klappt bei uns imKurs eigentlich ganz gut.Anne Franke: Das ist für die Schüler auch einLernprozess. Am Anfang ist man noch etwaszurückhaltend, aber man merkt wie ein Lehrerauch, dass es hilft, wenn man sagt: Jetzt seidmal leise. Damit macht man seine Erfahrungen.Wenn man zwei Jahre unterrichtet hat, dannfunktioniert das, <strong>als</strong>o Respekt war eigentlichnie ein Problem. Vielleicht ist es für die Seniorenauch einfach so: wenn man sich wie<strong>der</strong>auf eine Schulbank setzt, dann weiß man, davorne steht <strong>der</strong> Lehrer, wenn <strong>der</strong> spricht, dannhat man ruhig zu sein. Die Schüler imitierennatürlich auch zum großen Teil uns Lehrer.Wenn ich manchmal hospitiere, dann ist es fürmich immer hochinteressant, was <strong>der</strong> Kollegexy wahrscheinlich in seinem Englischunterrichtmacht, die machen das ja dann auch so, wiesie es bei uns sehen. Und sie machen es aberdarüber hinaus mit sehr viel Charme. Es istwirklich ein Lernprozess, <strong>der</strong> da abläuft.Und zur Achtung fällt mir gerade ein Beispielvom letzten Weihnachtsfest ein. Da hatten wirdrei 5.-Klässler ganz neu dabei. Sie spielenTheater und machen ganz viele schöne Sachenmit den Senioren zusammen. Wir saßen dortzum Kaffee, da saßen drei Mädchen mit drei85-Jährigen am Tisch und haben sich mitdenen unterhalten. Da kam ich dazu und dasagte eines <strong>der</strong> Mädchen: Ich fasse es nicht, ichfasse es nicht, die sind alle 85 und haben dochgerade so einen Tanz vorgemacht, das ist jaunglaublich. Wir glauben das einfach nicht. Undwie gut die aussehen, sagte die an<strong>der</strong>e. Die dreikleinen Gören, die haben an dem Nachmittagso viel gelernt. Die sind nach Hause gekommenund haben erzählt, was die alles mit 85 Jahrenmachen. Das war für sie schon <strong>als</strong> Zahl unvorstellbar.Wenn sie das schon <strong>als</strong> 5.Klässler mitkriegen,- bis die dann unterrichten, haben sieden Respekt. Dann wissen sie auch: ich kannjetzt denen nicht sagen, halt den Mund, son<strong>der</strong>nsie sagen: können Sie vielleicht aufpassen,lesen Sie doch jetzt mal vor – und dann istdas erledigt.Das ist natürlich auch ein Reinwachsen. Unddie zu uns kommen, die haben irgendwo davongehört und haben Interesse und benehmen sichvielleicht auch an<strong>der</strong>s <strong>als</strong> jemand, <strong>der</strong> das nichtmachen will. Es ist ja freiwillig, es wird niemanddazu gezwungen.Julia Franz: Warum funktioniert hier das Lernenzwischen den <strong>Generationen</strong> seit über 28Jahren so gut? O<strong>der</strong> wie können wir erreichen,dass das Normalität wird? Ich glaube, dass esvor allem zwei Aspekte sind, die dabei eineganz große Rolle spielen. Einerseits ist es diepädagogische Begleitung, an<strong>der</strong>erseits aberauch die Strukturen, die sich innerhalb <strong>der</strong> letztenJahre in <strong>der</strong> Institution des Gymnasiumsentwickelt haben.Die Aufgabe, Senioren zu unterrichten, ist fürdie Schüler ja keine leichte Aufgabe bzw. esist eine anspruchsvolle Aufgabe, worauf dieSchüler intensiv vorbereitet werden müssen.Beim SAK gibt es eine dreistufi ge Struktur: Esgibt zwei Ansprechpartner, Frau Franke undFrau Schnei<strong>der</strong>, mit denen es bestimmt auchGespräche zwischendurch gibt, wo die Schülereine eindeutige Anlaufstelle haben, wo Fragengeklärt werden können. Wöchentlich fi ndet einTreffen in einer großen Pause statt, wo es einenAustauschraum gibt. Dort kann man sich überdie Unterrichtspraxis austauschen, Problemediskutieren o<strong>der</strong> auf den aktuellen Stand bringen.So etwas kontinuierlich zu haben, dasschafft zusätzlich eine Struktur, die das amLeben erhält. Zudem fi nden zwei Mal im Jahrdie pädagogischen Tage statt, wo eine regelrechteQualifi zierung <strong>der</strong> Schüler-Lehrer durchgeführtwird. Das wurde im Video und auch vonIhnen schon beschrieben, diese Vorbereitung64Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201065


4Workshop II Jung für Altauf die Gruppe, <strong>als</strong>o auf das Lernen im Alter,von welchen Bedingungen auszugehen ist,Schwerhörigkeit, Lauf- o<strong>der</strong> Koodinierungsschwierigkeiten,usw. Diese Sensibilisierungfür Schwierigkeiten, die im Unterricht auftretenkönnen, kann eventuell auftretende Kommunikationsschwierigkeitennicht verhin<strong>der</strong>n, aberdie Schüler-Lehrer bekommen durch diese Qualifizierung ein professionelles „Mäntelchen“,durch das sie die Schwierigkeiten einordnenund dadurch besser damit umgehen können.Sie stehen <strong>als</strong>o nicht da und denken: was istdenn jetzt los, warum passiert das jetzt? Son<strong>der</strong>nsie sind intensiv darauf vorbereitet, wasfür Probleme und Schwierigkeiten auftretenkönnen. Um das theoretisch auszudrücken:sie beschäftigen sich bereits im Vorfeld mit <strong>der</strong>An<strong>der</strong>sheit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Generation.Ohne diese pädagogische Begleitung gehtes nicht. Das mag banal klingen, aber häufi gkrankt es bei Projekten ja daran, dass es nachAblauf <strong>der</strong> Projekte häufi g an Arbeitskraft undGeld fehlt, solche pädagogischen Begleitmaßnahmenweiterzuführen. Ich glaube aber, dasssolche pädagogischen Maßnahmen notwendigsind, um ein Projekt auf Dauer am Leben zuerhalten.Damit bin ich bei <strong>der</strong> Frage nach den Strukturen:Welche Strukturen braucht es o<strong>der</strong> sindam Fanny-Leicht-Gymnasium vorhanden, diees ermöglicht haben, dass sich dieses Projektüber fast 40 Jahre herausgebildet und gefestigthat? Es ist aus dem Engagement einereinzelnen Lehrkraft hervorgegangen, die sichzum Ziel gesetzt hatte, die soziale Kompetenzvon Schülerinnen und Schülern zu verbessern.Ausgehend von diesem Einzel-Engagementwurden dann immer mehr Strukturen geschaffen,die es ermöglichten, dieses Projekt bzw.das Programm über diese Projektstruktur hinauszutragen.Das betrifft einerseits solche Geschichten,dass die Schule nachmittags die Räumlichkeitenzur Verfügung stellt, dass schulischeArbeitskraft bereitgestellt wird. Sie sagten,dass es drei Stunden pro Woche von Ihnensind, aber das reicht sicherlich nicht aus, umdieses ganze Projekt zu begleiten. Auch dasist ein Hinweis darauf, dass es abgeordneteStunden für so eine Initiative geben muss.Das beinhaltet auch, dass man mit Ehrenamtlichenzusammenarbeitet. Unter den Seniorensind ja ebenfalls ganz viele aktiv, die regelmäßigKaffee und Geburtstage organisieren, dieganzen Feiern mit veranstalten. Es ist wichtig,einen Pool von Leuten zu haben, auf die manzurückgreifen kann. Dann stellt sich auch wie<strong>der</strong>die Frage: Wie pfl egt man die Ehrenamtlichen?Sicherlich braucht es gesellschaftlicheAnerkennung, die einerseits durch die Teilnahmean Wettbewerben kommt. An<strong>der</strong>erseitsaber kommen durch diese Wettbewerbenatürlich auch Finanzierungsmittel rein, womitüberhaupt Materialien und ähnliche Dinge mitfi nanziert werden können.Ich möchte noch beson<strong>der</strong>s auf den Umgangmit dem Nachwuchs eingehen, weil ich glaube,dass hier am Fanny-Leicht-Gymnasium so waswie ein institutioneller <strong>Generationen</strong>wechsel<strong>der</strong> Schüler-Lehrer-Generation stattfi ndet.Dadurch, dass die Schüler ab <strong>der</strong> 5. Klasse indas Gesamtprojekt schon eingebunden sind,können sie langsam in diese Rolle reinwachsen.Sie haben schon Kontakt mit den Älterenund die Entscheidung später, Schüler-Lehrerzu werden, wird dadurch wahrscheinlicher, <strong>als</strong>wenn diese Nachwuchsstruktur nicht gegebenwäre und jeweils nach dem Abitur neue Schülergesucht werden müssten. Es ist ein gezielter<strong>Generationen</strong>wechsel, <strong>der</strong> hier stattfi ndet.Was noch ganz beson<strong>der</strong>s zentral ist: es ist nichtnur <strong>der</strong> Unterricht. Es ist nicht nur, dass Schülerdie Senioren unterrichten, diese 45 Minuten,son<strong>der</strong>n es ist auch ein soziales Miteinan<strong>der</strong>,eingebunden innerhalb dieser Schulstruktur,durch diese fünf bis sieben Feste pro Jahr, durchgemeinsame Aktivitäten wie Ostereier verstekkeno<strong>der</strong> Ostereier bemalen. Das sind Dinge,die das Projekt auch länger am Leben erhalten,weil sie einen größeren Rahmen bieten.Markus Runge: Es ist bisher nicht gesagt worden,dass es auch eine Verantwortung <strong>der</strong>Schüler-Lehrer gibt, wenn sie das Abitur ablegen,für die Nachfolge zu sorgen. Wenn ErikAbitur macht, wird er aufgefor<strong>der</strong>t, einen neuenSchüler-Lehrer zu suchen, <strong>der</strong> Informatik unterrichtet.Anne Franke: Das klappt nicht immer, aber oft.Markus Runge: Aber da ist dennoch eine Verantwortunggegeben. Wie schätzen Sie die pädagogischeBegleitung ein?Anne Franke: Die ist wichtig, weil die Schülerauch einen Ansprechpartner brauchen. Wennetwas schief läuft, wo sollen sie hingehen? Esgibt Situationen, die wirklich schief laufen, wodann eine von uns beiden einspringen muss,zum Teil auch unterrichten muss. O<strong>der</strong> es mussmal ein an<strong>der</strong>er Raum zur Verfügung gestelltwerden, weil zu viele in einem Raum drin sind.Frau Schnei<strong>der</strong> ist jeden Mittwoch und Freitagden ganzen Nachmittag präsent. Insofern ist esein Glück, dass sie pensioniert ist. Es ist wichtig,dass jemand da ist. Es kann auch mal sein,dass jemandem schlecht wird, dann sind dieSchüler überfor<strong>der</strong>t.Claudia Hofbauer: Diese informellen Austauschräume sind enorm wichtig. Es geht vielleichtauch ohne, aber zumindest trägt das zum Gelingenbei.Teilnehmer: Ist dieses Treffen einmal in <strong>der</strong>Woche verpfl ichtend?Anne Franke: Ja, ohne die regelmäßige Teilnahmegibt es keine Mitarbeit in <strong>der</strong> AG.66Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201067


4Workshop II Jung für AltTeilnehmerin: Reicht da die Pause aus?Anne Franke: Ja, das sind 20 Minuten, daschafft man einiges. Es gibt immer ein Brötchenin dieser Pause. Böse Kollegen sagen:die kommen zu euch, weil sie ein Brötchenkriegen, wenn sie erleben, wie sie sich auf dieBrötchen stürzen. Das ist sicher ein Anreiz,aber dieses Brötchen ist die Einleitung, dannfolgt <strong>der</strong> Hauptteil. Das heißt z.B. für die Vorbereitungdes Osterfestes: wer deckt den Tisch,wer dekoriert, wer räumt hinterher ab, wer fülltdie Spülmaschine, das sind so organisatorischeSachen. Bei <strong>der</strong> Frau Schnei<strong>der</strong> wird einFall besprochen, vor allem, wenn etwas schiefgelaufen ist. Wie kann man es besser machen?O<strong>der</strong> es muss etwas umstrukturiert werden,weil jemand krank ist und ausfällt. Das reicht,ja. Manchmal, wenn es darüber hinausgeht,kriegen sie von uns eine Entschuldigung undgehen später in den Unterricht.Teilnehmer: Und gehen Sie am Anfang desSchuljahres in die entsprechenden Klassen undrühren die Werbetrommel? O<strong>der</strong> war das früherso und heute nicht mehr? Also wie kommen Siezu den Nachwuchskin<strong>der</strong>n?Anne Franke: Ich habe in <strong>der</strong> Regel fünf Klassenin meinem Lehrauftrag. Wenn ich merke, eswird eng, dann erzähle ich einfach mal, dass ichnoch einen zweiten Job habe, dass ich nicht nurhier an <strong>der</strong> Schule hauptamtlich Lehrerin bin,son<strong>der</strong>n auch drüben. So habe ich etwa meinejetzigen 8. Klassen schon in <strong>der</strong> 5. Klasse inErdkunde gehabt. Soll ich euch mal erzählen,wo ich auch noch arbeite? Dann haben sie michzu einer Pausenbesprechung begleitet - undsind nicht mehr gegangen, die ganze Klasse.Das passiert nicht immer, im Moment sind esglücklicherweise so viele, da haben wir Aufnahmestopp.Aber das geht auch über eine Mundzu-Mund-Propaganda.Die drei Neuen, da habeich keinen einzigen persönlich angesprochen,das geht über die Geschwister. O<strong>der</strong> wir habeneinen Tag <strong>der</strong> offenen Tür. Wenn die neuen 5.Klassen kommen, dann halte ich einen Vortragüber den SAK. Dann kommen viele schonan unsere Schule und sagen, meine Mamahat gesagt, da gibt es was, kann ich da auchmitmachen? Dann sind sie halt dabei. Für dieRolle <strong>der</strong> Schüler-Lehrer sprechen wir und dieSchüler-Lehrer selbst schon gezielt einzelneSchüler an.Teilnehmer: Der Unterricht ist immer Mittwochund Freitag von 14 bis 18 Uhr. Wie viele Pausensind da drin?Anne Franke: Keine Pausen, es geht nahtlosweiter. Die Senioren kommen aus dem einenUnterricht raus, nehmen ihre Tasche und gehenrüber o<strong>der</strong> eine Treppe tiefer in den nächstenUnterricht.Teilnehmer: Aber die Senioren machen Pausenwie in <strong>der</strong> Schule?Anne Franke: Aber nichts Größeres, das wollensie auch nicht. Sie wollen über den Nachmittag inRuhe Unterricht – und dann gehen wir wie<strong>der</strong>.Teilnehmerin: Wann ist dann Zeit für die Gespräche,die sind im Unterricht ja nicht möglich?Anne Franke: Ich denke, es ist nicht so ein Unterrichtwie in <strong>der</strong> normalen Schule, zwischendrinerzählt mal jemand von einem Erlebnis, <strong>als</strong>o esist eine lockere Atmosphäre. Jetzt vor Faschingwurde in <strong>der</strong> letzten Stunde gespielt. Da kommendann die 8.-Klässler, sie wurden auf dieKlassen verteilt und haben Gesellschaftsspielegemacht. Es gibt dann auch Leute, die nichtspielen wollen, son<strong>der</strong>n was lernen wollen undUnterricht haben möchten. Hinterher sagen siedann aber: ach, das war doch ein tolles Spiel,da haben wir doch auch was gelernt. Manchmalmuss man sie zu ihrem Glück zwingen.Erik Suwandhi: Viele kommen auch ein bisschenfrüher und treffen sich vorher. Dannreden wir einfach ein bisschen. O<strong>der</strong> kurz vordem Unterricht, wenn sie reinkommen und ihreSachen ablegen, dann sprechen sie auch nochmiteinan<strong>der</strong>. Ich denke, sie haben schon Möglichkeiten,sich auszutauschen.Anne Franke: Durch den Kaffee natürlich, sieholen sich ein Tässchen Kaffee, und bis <strong>der</strong> Lehrerausgepackt hat, hat man schon mal erzählt,wie es geht. Solange es nicht so viele Seniorensind, geht das auch. Sie gehen gegenseitig aufeinan<strong>der</strong>zu, sowohl die Schüler-Lehrer <strong>als</strong> auchdie Senioren.Teilnehmer: Das hat so was Familiäres, finde ich.Anne Franke: Ja, hat es schon. Es wächst dannauch eine Gemeinschaft. Wenn die Schüler-Lehrer dann gehen und die Schule verlassen,ist das ja auch für mich immer ein Abschied.Aber es kommen wie<strong>der</strong> Neue nach. O<strong>der</strong> auchdieser Umgang mit den Todesfällen, das hatmich sehr berührt, dass Schüler so trauern undAnteil nehmen.Teilnehmerin: Ist das Projekt schon von an<strong>der</strong>enSchulen aufgegriffen worden?Anne Franke: Ja, aber nie in dem Ausmaß.Meistens sind es zwei Fächer, Informatik undEnglisch, das sind die Lieblingsfächer. Aber dashängt natürlich auch viel an Frau Schnei<strong>der</strong>, diedas so ausgebaut hat. Wenn <strong>der</strong> Ballon mal daist, dann platzt <strong>der</strong> auch nicht so schnell. Mankann ihn endlos weiter aufblasen. Die meistenfangen mit zwei Fächern an. Es gibt eine Schule,die hat so ein Projekt auch Stück für Stück weiterausgebaut, weil es eben auch den SchülernSpaß macht. Es ist ja nicht nur so, dass es fürdie Senioren bereichernd ist, son<strong>der</strong>n es ist fürbeide Seiten wirklich sehr bereichernd.Teilnehmer: Gibt es das denn umgekehrt,dass so ein Bedürfnis aus einer Schule herauswächst, dass die Jungen sagen, ich möchteauch mal was von den Alten wissen? Zum Beispiel,dass in einem Altenheim was für die Jungenerzählt wird?Anne Franke: Wir haben eine Gesprächsrundeneu im Programm, in <strong>der</strong> unsere Schüler dieSenioren interviewt haben, wie es früher in <strong>der</strong>Schule war o<strong>der</strong> wie ihre erste Liebe war, ihrerster Kuss. Das ist aber nicht ganz ohne, weilviele Senioren das doch nicht preisgeben wollen.Das hat zwei o<strong>der</strong> drei Mal stattgefunden,dann wurde deutlich, dass sie es nicht erzählenwollen.68Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201069


4Workshop II Jung für AltTeilnehmer: Aber sie könnten doch auch Unterrichtseinheitenmachen, z.B. darüber: wie entscheideich mich richtig, was passiert, wennich etwas f<strong>als</strong>ch gemacht habe, so Lebenserfahrungskurse.Anne Franke: Nein, die Struktur ist bei uns jetzteinfach in eine Richtung vorgegeben.Markus Runge: Gut, dann möchte ich für diewun<strong>der</strong>bare Darstellung des überaus spannendenProjekts und für die gute Refl ektion undtheoretische Beleuchtung herzlich danken.Markus Runge: Es geht nie nur in die eineRichtung, son<strong>der</strong>n – wie wir sehr deutlich gesehenhaben – auch immer in die an<strong>der</strong>e Richtung.Der Fokus dieses Projektes lag für unsstärker auf dem Aspekt, dass Schüler-Lehrerältere Menschen unterrichten. Ganz klar gibtes natürlich auch die an<strong>der</strong>e Richtung.Herzliche Grüße an Frau Schnei<strong>der</strong>!Infotafel Workshop IIAnne Franke: Eins möchte ich doch noch sagen:Frau Schnei<strong>der</strong> wäre jetzt unzufrieden, weil sieunser Projekt nicht unter dem Motto „Jung fürAlt“ sehen würde. In jedem Kurs haben wirKurssprecher sitzen und alle vier Wochen fi ndeteine Kurssprecher-Sitzung statt. Der Kurssprecherist dafür verantwortlich, das weiterzugeben,was im Kurs läuft o<strong>der</strong> nicht läuft. FrauSchnei<strong>der</strong>s Anliegen ist genauso „Alt für Jung“.Sie sagt immer: eure Aufgabe ist es, die Jungenaufzubauen, ihr habt sie zu halten, wennes ihnen schlecht geht, ihr habt auch mal eureHand auszustrecken, ihr seid hier nicht nur,um eure Interessen zu befriedigen, son<strong>der</strong>n ihrmüsst auch für die Jungen da sein.70Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201071


Fachtag„Intergeneratives Lernen in Projekten und im Alltag von Stadtteilzentren“5Workshop IIIAlt mit Jung.Intergeneratives Medienprojekt Alt trifft JungGalluszentrum Frankfurt/MainInput:Sabine Hoffmann,Galluszentrum Frankfurt/MainFachliches Gegenüber:Prof. Johanna Kaiser, ASH BerlinMo<strong>der</strong>ation:Markus SchönbauerSabine Hoffmann: Wir vom Galluszentrum inFrankfurt/Main sind ein Medienzentrum undarbeiten vorwiegend mit Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichenzusammen. Irgendwann kam uns dieIdee, auch ein EU-Projekt zu machen. Es gabzwei kleinere Vorläufer, ein Zeitzeugenprojektund ein Fußball-Frauen-Projekt. In letzteremhat sich deutschlandweit das ersteMal eine Frauenfußballgruppe mit Jugendlichengetroffen. Das waren immer nur kurzeBegegnungen, woraus dann <strong>der</strong> Wunsch entstand,mal etwas Größeres zu machen.Wir haben zwei Jahre gebraucht, um das Geldfür dieses Projekt zu bekommen. Das mussman natürlich auch dazu sagen, dass esschwierig ist, an Geld für so was zu kommen.Das liegt daran, dass es zwar För<strong>der</strong>mittelsowohl für Junge wie auch für Alte gibt, aber fürdas Gemeinsame gibt es relativ wenige Töpfe.Ich möchte gerne einen ganz kurzen Film von6 Minuten über das Projekt zeigen, damit maneinen Eindruck, unter an<strong>der</strong>em über das Settingbekommt. Dann werde ich das Projektdesignvorstellen – was war notwendig? – undmeinen Schwerpunkt auf die Auswertung legen– was gut o<strong>der</strong> schlecht war und was man bessermachen kann.(Film)Bei <strong>der</strong> Beschäftigung mit Frank SchirrmachersBuch „Das Methusalem Komplott“haben wir festgestellt, dass es oft ein sehrnegatives Altersbild gibt. Dagegen steht dieVorstellung davon, ewig jung zu sein. Wirhaben uns überlegt, dass das ein spannendesThema sein kann, um sich mit verschiedenen<strong>Generationen</strong> dazu auseinan<strong>der</strong>zusetzen. Fürein Medienprojekt, an dem verschiedene Gruppenarbeiten, braucht man ein gemeinsamesThema, unseres war <strong>als</strong>o: ZukunftsfähigesAltersbild. Hinzugefügt haben wir die Thesedes Ewig-Jung-Bleibens, sowie eine alte griechischeSage. Was das dann hinterher allesfür Auswirkungen hatte, sage ich später.Uns war schon in <strong>der</strong> Vorbereitung <strong>der</strong> <strong>Dialog</strong>mit den Medien sehr wichtig. Ich weiß nicht, obSie die vier Begriffe, die Sie an <strong>der</strong> Seite hiersehen, Print-Generation, Fernseh-Generation,PC-Generation und die vierte, da weiß mannoch gar nicht genau, wie man sie nennt, abereinige sagen jetzt „Digital Natives“.Eine kurze Erklärung zu den Begriffen: Die Print-Generation sind die Menschen über 70, dieklassischerweise mit Zeitungen aufgewachsensind. Die Fernseh-Generation, klar, das sind dieLeute, die mit dem Fernsehen, bspw. mit BieneMaja aufgewachsen sind. Die PC-Generationstartet logischerweise mit den Computern. Mangeht davon aus, dass je<strong>der</strong> eine Mediensozialisationhat, die sehr prägend ist. Die neueGeneration, die sog. „Digital-Natives“ sind dieJugendlichen und jungen Menschen von heute,man kann sie auch die Copy-Paste-Generationnennen. Ich glaube, dass in den unterschiedlichenMediensozialisationen auch Generationskonflikte vorhanden sind.Deshalb meine Frage in die Runde: WelcherGeneration würden Sie sich zuordnen?Kurzer AustauschWir halten es für wichtig, genau dort, wo <strong>der</strong>Generationskonfl ikt ist, auch Projekte zumachen, damit es da wie<strong>der</strong> Austausch undeine Annäherung gibt. Wir wollten auch geradedeshalb ein Medienprojekt machen, damit dieeben benannten Schnittstellen sichtbar werden.Wir bezeichnen uns <strong>als</strong> kulturelle Einrichtungmit kultureller Bildung, das heißt für uns: mitfreiem, sozialem und eigenständigem Lernen– immer im Rahmen von Medienarbeit. Mankann die <strong>Generationen</strong> sicher auch in Theatero<strong>der</strong>Musikprojekten zusammenbringen.Wir hatten 22 Menschen von 17 bis 78 Jahrenin unserem Projekt. Vorher hatten wir uns überlegt,welche Älteren wir nehmen. Wir entschiedenuns für Menschen ab 60. Mit Jugendlichenaußerschulisch für einen längeren Zeitraum zuarbeiten, ist heute extrem schwierig, weil sie inihre schulischen Aufgaben sehr eingebundensind. Deshalb haben wir das Projekt in Zusammenarbeitmit einer Schule gemacht.Die Schule (Berta Jourdan) wurde sehr bewusstvon uns gewählt. Das Galluszentrum liegt ineinem Viertel, in dem sehr viele Menschenmit Migrationshintergrund leben. Mit dieserZielgruppe arbeitet das Galluszentrum hauptsächlich.Aber wir haben gesagt, in einer erstenBegegnung wollen wir nicht ganz so schwierigeJugendliche, son<strong>der</strong>n haben uns junge Menschenvon <strong>der</strong> Berta Jourdan-Schule ausgesucht,das ist eine Berufsschule für angehendeErzieher.Das Galluszentrum ist ein Stadtteilzentrumund im Gallusviertel verwurzelt, so haben wirSenioren aus dem Viertel, bzw. aus bestehendenKontakten angesprochen. Hauptsächlich72 Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201073


5Workshop III Alt mit JungBesucher/innen des Café-Anschluss, einemInternetcafé für Senioren und <strong>der</strong> „Universitätdes dritten Lebensalters“. Die Senioren waren– im Gegensatz zu den Jugendlichen – eigentlicheine bunte Mischung.Drei Vorbereitungstermine haben wir erst malin getrennten Gruppen durchgeführt. Zuerstsprachen wir mit den Jugendlichen, dann mitden alten Menschen. Schön war, dass dieSchüler gesagt haben, wir möchten die älterenMenschen in unsere Schule einladen und sieihnen zeigen. Die Berta-Jourdan-Schule hat eingroßes Café, das von den Jugendlichen betriebenwird. Dort fand das erste Kennen lernenstatt.Dann war unsere Projektwoche, die beschreibeich gleich noch ein bisschen genauer undabschließend eine öffentliche Präsentation. Füruns ist es wichtig, dass wir nichts für die Schubladeproduzieren, die Produkte die entstehensollen an die Öffentlichkeit.Fünf Tage am Stück kamen die Teilnehmerins Galluszentrum. Begonnen haben wirimmer mit einem gemeinsamen Frühstück,so bestand die Möglichkeit langsam gemeinsamin den Tag zu starten. Angeboten wurdendann unterschiedliche Workshops. Daswaren zwei Videoworkshops, ein Rap-Workshopund ein Fotografi e-Workshop. Der Rap-Workshop bereitete uns anfangs die größtenBauchschmerzen, weil wir nicht wussten, obwir ältere Menschen fi nden, die das machenwollen. Deshalb hatten wir uns vorher bei denÄlteren erkundigt und gesehen, okay, es gibtwelche. Das ist dann tatsächlich auch – inmeinen Augen – das beste Produkt geworden,vielleicht auch, weil es die größte Fremdheitmiteinan<strong>der</strong> gab.Bei allen Workshops haben wir eine ganz klareAufteilung vorgenommen: Es musste immereine Gruppe von drei Älteren und drei Jüngerensein. Das haben wir so festgelegt, wogegensich auch niemand gewehrt hat, denn esging ja um die Begegnung. Je<strong>der</strong> Workshopvon einen unserer freien Mitarbeiter o<strong>der</strong> mirbetreut worden. Es sind <strong>als</strong>o sehr kleine Gruppengewesen, mit jeweils einem „Betreuer“.Ich halte es bei einem intergenerativen Projektnicht für machbar, mit größeren Gruppenein Videoprojekt zu machen. Es gab eine Projektleitungund auch Praktikanten haben mitgeholfen.In dem Projekt selbst wurde unglaublich vielgeredet und diskutiert, ich hatte ja schon vomfreien Lernen gesprochen. Man hat sich erstmal zusammengesetzt und Ideen gesammelt,bevor man dann Filmen gegangen ist. Immerwie<strong>der</strong> ist man zusammen gesessen und hatüberlegt, wie geht es weiter? Um auch nochmal ein Ergebnis zu zeigen, möchte ich denRap vorspielen. Darin wird sehr deutlich dieBegegnung und was Jung und Alt bewegt. Ichbitte Sie, auf den Text zu hören.Einspielung Rap „Wir machen was zusammen“Sabine Hoffmann: Frage an die Gruppe: Wiekommt dieser <strong>Generationen</strong>dialog in dem Rapraus?Teilnehmerin: Begonnen haben sie mit Klischees.Ich denke, damit kann man die Diskussionauch gut anheizen. Was stecken Bil<strong>der</strong> fürin den Köpfen?Teilnehmer: Sie sind natürlich verhalten in ihrerBotschaft, <strong>als</strong>o sie sind nicht so super überzeugt,okay, fi nde ich <strong>als</strong> Grundeinstellung auchrichtig, es kann schief gehen, es kann klappen,wir wissen es noch nicht.Teilnehmer: Ja, und es heißt im Text: wir bleibendran, dass das ein Anfang ist und man einfachweitermacht.Teilnehmer: Sie bleiben normal natürlich weiterdran, es gibt keine Wechseltexte da drüber.Sabine Hoffmann: Das ist richtig beobachtet.Damit komme ich auch zur Auswertung desGanzen: was ist da passiert, was haben wirf<strong>als</strong>ch gemacht, was kann man besser machen,wie ist dieser <strong>Dialog</strong> gewesen?Das war ein erster Versuch. Wie Sie es aucheben angedeutet haben, <strong>der</strong> <strong>Dialog</strong> war zumTeil sehr kontrovers. Insgesamt aufgenommenworden ist unser Projekt super, bei <strong>der</strong> Präsentationhaben alle diskutiert, es gab kein Ende.Es ist auch deutlich geworden, dass diese <strong>Dialog</strong>eviel zu selten stattfi nden, aber eben auch,dass es eine erste Begegnung war, in <strong>der</strong> vieleFragen aufgekommen sind, die allerdings nochnicht zu Ende gedacht wurden.Die interessanteste und wichtigste Quintessenz,die wir hatten, ist, dass wir das f<strong>als</strong>che Themaausgesucht haben. Wir haben das Thema„Zukünftiges Altersbild“ gewählt, was die Jungenüberhaupt nicht interessiert hat. Sie denkennicht über das Altwerden nach. Hätten wirbeispielsweise das Thema Schule o<strong>der</strong> Träumegewählt, hätten sowohl alt <strong>als</strong> auch jung etwasdazu zu sagen gehabt.Interessant ist auch, dass in den <strong>Generationen</strong>unterschiedliche Umgehensweisen sind, wobeiZeit da ein erheblicher Faktor ist. Jugendliche ineinem Filmprojekt wünschen sich so schnell wiemöglich die Gespräche zu beenden, um mit denKameras loszuziehen. Ältere Menschen möchtenreden, reden, reden und erst mal gucken, wiemacht man das, sie sind dann auch eher unsicher,wie sie die Kamera halten sollen usw. Dashatte dann auch nichts mehr mit dem Thema zutun, son<strong>der</strong>n man merkte, dass die Geduld <strong>der</strong>jungen Menschen manchmal überstrapaziertwar. Für Zeit gibt es ein ganz unterschiedlichesEmpfi nden. Die Älteren haben sich hinterher auchgewünscht, dass man mehr Zeit miteinan<strong>der</strong> verbringensollte, aber dieses Interesse war nicht sogegenseitig. Das war auch eine Schwierigkeit.74Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201075


5Workshop III Alt mit JungWir hatten uns das Projekt schwierig vorgestellt,aber dass es dann so schwierig wird, das hattenwir nicht gedacht. Vor allem <strong>der</strong> Umgangmit <strong>der</strong> Bild- und Filmbearbeitungssoftware fi elden alten Teilnehmer/innen schwer. Wir hattenauch 78-Jährige dabei, denen ist es sehr schwergefallen. Das hat man auch in dem Film vomAnfang so ein bisschen beobachten können, beidieser Diskussion um die digitale Fotografi e, wodie ältere Frau da saß und sagte, das schaffeich nicht. Sie hatte es dann geschafft, aber dahaben auch die Jüngeren sehr viel geholfen undAufgaben übernommen, was ja auch wie<strong>der</strong>umetwas Positives war. Im Gegensatz zu den an<strong>der</strong>enProjekten, die heute Vormittag vorgestelltwurden, ist das ein Projekt, wo die Jugendlichennatürlich viel zeigen und mitteilen können, <strong>als</strong>osehr kompetent sind. Das war sicherlich auchpositiv für die Jüngeren, aber auch für die Älteren,weil die das auch gut gefunden haben.Teilnehmerin: Wie war das mit den Erwartungenam Anfang? Ist über die unterschiedlichenAusgangspositionen hinsichtlich <strong>der</strong> Kompetenzgesprochen worden? In <strong>der</strong> Regel ist es ja so,dass die Kids im Medienbereich mehr können.Wussten die Jugendlichen schon am Anfang,dass auf sie eine größere Verantwortungzukommt, weil sie die Älteren mitziehen müssenbzw. denen was beibringen müssen? O<strong>der</strong>war die Erwartung eher, wir begegnen uns aufAugenhöhe und dann kam die Enttäuschung?Sabine Hoffmann: Die Erwartungen wurdennicht so stark formuliert. Es war jedem klar, wirhaben das genau erklärt, dass wir mit Medienarbeiten und wie wir mit Medien arbeiten. Alsoim Vorfeld hätte je<strong>der</strong> die Möglichkeit gehabtauszusteigen. Wir hatten im Vorfeld auch Älteregefragt, die meinten, dass sie gerne so wasmachen würden, aber mit Medien nicht. Insofernwar das genau dargestellt. Ich glaube,Enttäuschungen in dem Sinne hat es nichtgegeben. Es ist einfach nur so, dass sie vielleichtunterschätzt haben, wie lange das dauertund wie viel Zeit das in Anspruch nimmt.Das Projekt hat sozusagen dem selbst denFluss gegeben. Zu einem bestimmten Zeitpunkthaben viele Ältere gesagt, sie fi nden es absolutin Ordnung, wenn du den Film jetzt hier zu Endeschneidest, weil sie wirklich hinten dran waren.Es gibt ja auch Cutter unter den Jugendlichen,das fanden die Älteren nicht schlimm. Hauptsache,sie sind bei den Diskussionen darüberdabei. Da war auch wie<strong>der</strong> das Bedürfnis nachmehr reden und die Jungen machen die Technik.Dann haben die Jugendlichen nebenbeischnell die Schnitte gemacht und dann wurdediskutiert, das war ein sehr lebendiger Prozess.Ist die Frage damit beantwortet?Teilnehmerin: Nicht so richtig. Die Frage stelltsich immer noch: Sollte man mit den Teilnehmernim Vorfeld besser über solche Ungleichgewichtesprechen?Teilnehmer: Da kann ich eins aus <strong>der</strong> Praxisdazu sagen, dass die Jugendlichen einen klarenPlan brauchen, einen klaren Handlungsstrangmit klaren, eindeutigen Rollendefi nitionen.Sabine Hoffmann: Ich denke, auf eine gewisseArt und Weise ist das auch eine prozessorientierteGeschichte und ich würde es nichtdeutlicher machen, weil man auch nicht allePunkte vorher abfragen kann. Da waren vieleUnbekannte, auf die sich alle Leute in diesemProjekt eingelassen haben. In dem Fall ist danndie Lösung gefunden worden, dass die Jüngerenbei den Älteren den Schnitt übernehmen. Esgab auch einen Filmworkshop bei dem es ausgeglichenwar. Wichtig ist vorher zu klären mitwelchem Medien man im Projekt arbeitet. Undwie gesagt, es gab auch Menschen die sagten,nein, das machen sie nicht. Je<strong>der</strong> konnte sichfrei für einen Workshop entscheiden.Teilnehmer: In Ihrem Projekt waren überwiegendJugendliche ab 17 o<strong>der</strong> 18 Jahren. SindKin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Übergangsphase zwischen 12 und16 bewusst ausgeklammert worden?Sabine Hoffmann: Das war unser erstes längeresProjekt und wir wollten es bewusst mitälteren Jugendlichen machen. Man könnte dasnatürlich genauso gut mit Jüngeren machen.Teilnehmer: Es kommt oft vor, dass dieseAltersgruppe zwischen 12 und 16 ausgeklammertwird.Teilnehmer: Das kommt darauf an, was manerreichen will.Teilnehmerin: Das war ja jetzt das Pilotprojekt– zum Starten.Sabine Hoffmann: Genau. Wir haben uns amAnfang bewusst entschieden. Wir fanden esschon Wahnsinn, mit Medien und Alt und Jungzu arbeiten, dann gleichzeitig noch kleinereo<strong>der</strong> schwierigere Kin<strong>der</strong>? Die 12-Jährigenkönnen auch noch nicht so schneiden, daswäre noch mehr Aufwand gewesen. Wir habenversucht, uns Bedingungen zu schaffen, damitdiese Begegnung auch einen Erfolg hat. Ichhabe jetzt von den Schwierigkeiten erzählt,aber wir wollten nicht, dass es zum intergenerativenCrash kommt und man nicht mehr miteinan<strong>der</strong>redet.Damit bin ich eigentlich am Schluss. Die DVDwird bis zum heutigen Tag gezeigt, manche <strong>der</strong>Senioren haben heute noch Kontakt mit denJüngeren und jetzt machen wir gerade eineFortbildung für unsere Mitarbeiter, zu <strong>der</strong> wireine <strong>der</strong> älteren Teilnehmerinnen angemeldethaben. Trotz <strong>der</strong> genannten Schwierigkeiten istes trotzdem eine Begegnung gewesen, die vonvielen <strong>als</strong> sehr interessant empfunden wurde.Die Älteren haben nach dem Projekt gegenüberden Jüngeren angemerkt, dass sie zu wenig wollen,sie wünschen sich mehr, dass die Jungenmal politischer werden und mehr tun würden.Die Jungen wurden <strong>als</strong> zurückhaltend empfun-76Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201077


5Workshop III Alt mit Jungden, was diese damit begründeten, dass siesich auch bewusst ein bisschen zurückgehaltenhaben, Respekt vor den Älteren hatten.Es hatte auch viel mit den einzelnen älterenMenschen und den jüngeren Menschen zu tun.Es gibt einfach Leute, die erzählen und erzählenund hören nicht zu. Sie geben Regeln vorund sagen, dass sie es wissen. Aber mit einemälteren Menschen, <strong>der</strong> auch das Interesse hatzuzuhören, was die an<strong>der</strong>en meinen, fi ndetauch ein <strong>Dialog</strong>, ein Austausch statt.Teilnehmerin: Eine organisatorische Frage: Sinddie in <strong>der</strong> Schule in einer AG gewesen, über diedie Jugendlichen dann aktiviert wurden? Ichstelle in Kontakt zu Schulen fest, dass die einenganz engen Zeitrahmen haben. Die 9. Klasse istBerufsorientierung, 10. Klasse ist MFA, 11., 12.und 13. ist Abitur, was da übrig bleibt, das sinddie 7. und 8. Klassen. In dem Projekt waren jaschon Ältere.Sabine Hoffmann: Wir haben gute Kontakte zuSchulen und Lehrern, die sehr gerne mit unszusammenarbeiten und die das dann möglichmachen, trotz Prüfungsstress und allem. Daskenne ich auch mit diesen 10. Klassen. Aber diehalten das für so wichtig, sich mit Medien auseinan<strong>der</strong>zusetzenund diese Form <strong>der</strong> kulturellenBildung, dass sie das gerne ihren Schülernermöglichen. Es gibt inzwischen viele Lehrer, diemeinen, dass die Schule eingestampft werdensoll, weil das, was wir machen, die Lernformen<strong>der</strong> Zukunft ist. In unserem Projekt, war ein Teileiner Klasse.Teilnehmerin: Wie bzw. nach welchen Kriterienhabt ihr die älteren Menschen ausgesucht?Sabine Hoffmann: Wir hatten Leute aus unseremStadtteil angefragt, an <strong>der</strong> Universität desdritten Lebensalters, im Café Anschluss, einemInternetcafé für Ältere. Dort haben wir Flyer verteiltund die Leute haben sich dann telefonischbei uns angemeldet. Während des Telefonatshaben sie genau nachgefragt was passierensoll und wir haben ihnen wirklich ganz genaugesagt: ihr arbeitet hier mit Medien. Das fi ndeich ganz wichtig, dass man das vorher klärt.Teilnehmerin: Sie sagten, es waren immer zweio<strong>der</strong> drei Jugendliche und die entsprechendeZahl von Senioren. Das ist zufällig so aufgegangen,weil sich von beiden Seiten gleich vielegemeldet haben?Sabine Hoffmann: Ja, das kam gerade so hin.Die Älteren und die Jüngeren haben sich in dieWorkshops eingewählt, Video, Fotografi e o<strong>der</strong>Rap, dann wurden die Älteren und Jüngerenzusammengelegt.Teilnehmer: Sie meinten, <strong>der</strong> Rap-Workshophat aus Ihrer Sicht am besten geklappt. Beidem Videoschnitt und bei <strong>der</strong> Fotografi e warenbei <strong>der</strong> Technik die Jüngeren im Vorteil. War esdann bei dem Rap so, dass es diesen entscheidendenVorteil bei den Jüngeren da nicht gab?Sabine Hoffmann: Ich glaube, ich habe es einbisschen missverständlich ausgedrückt. Ichglaube, dass in allen Workshops eine gleiche,neue Annäherung mit dem Medium war, ob dasnun Rap o<strong>der</strong> Video war.Teilnehmer: Es hat einen Grund, warum ichnachfrage. Du hast ja gesagt, dass ihr beimThema daneben gegriffen habt, weil dasThema die Älteren interessierte. Aber die Jüngerenhaben sich sozusagen hinein begeben.Die Frage ist, wie man Themen fi ndet, um dasGleichgewicht zwischen beiden Gruppen herzustellen?Dann hattest du im Verhältnis Alt undJung von dem Vorteil erzählt, den die Jüngerenbei den Medien haben, indem <strong>der</strong> Ältere sagte,macht ihr mal, ich kann das so schnell nicht.Da würde ich sagen, war das Gewicht eher beiden Jüngeren, die vielleicht den Älteren zugearbeitethaben, was das Thema angeht. Also einAusgleich.Sabine Hoffmann: Ich wollte nicht sagen, dass<strong>der</strong> Rap-Workshop besser gelaufen sei <strong>als</strong> <strong>der</strong>Video-Workshop. Das Ergebnis war am interessantesten,so muss ich das formulieren.Auch <strong>der</strong> Rap war natürlich eine Fremdheit. Hierist unglaublich viel passiert, da gibt es Spannungenund Aufregungen. Deshalb sollte mannicht auf diese neuen Medien verzichten. Mansollte nicht so naiv sein und glauben, dass dasso zack, zack läuft.Teilnehmerin: Es ist für mich noch nicht sodeutlich, ob die <strong>Generationen</strong> etwas voneinan<strong>der</strong>lernen o<strong>der</strong> ob sie gemeinsam etwas Neueslernen. Daraus resultiert für mich die Frage, wiedie Auswertung gemacht wurde? Gab es eineFragestellung an die Beteiligten, ob es markanteLernerfahrungen bei den jeweiligen <strong>Generationen</strong>gegeben hat? Etwas, was sie von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>enGeneration mitgenommen haben. Gibt esetwas, von dem Sie sagen, das war ganz deutlichund darum haben wir unser Ziel erreicht?Sabine Hoffmann: Wir hatten so einen Stuhlkreiswie unseren hier. Ich denke, es war eineerste Annäherung bzw. eine erste Begegnung.Das war für alle Beteiligten das Interessanteund Spannende, <strong>als</strong>o mal eine Woche Zeit zuhaben, um mit jungen Menschen zusammen zusein, zu sehen, wie wenig Zeit die haben, wieeingebunden sie berufl ich und schulisch sind.Für die Jüngeren gab es auch interessanteGespräche, bspw. wie Schule früher war, indenen auch Geschichte vermittelt wurde. DerPfarrer aus dem Gallusviertel hat eine Mengeerzählt, das fanden die Jungen natürlich beeindruckend– ich auch.Es ist sehr, sehr schwierig, solche Projekte auszuwerten.In den Gesprächen kam heraus, dasses interessant und spannend war, es war neu.Es hätten viele, auch ich, bei einem weiterenProjekt mitgemacht wenn es fi nanziert werdenwürde.78Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201079


5Workshop III Alt mit JungÜbergang von <strong>der</strong> Präsentation zur Analyse mitJohanna KaiserJohanna Kaiser: Ich würde da mal anknüpfen,weil es hier auch um Ziele geht. IntergenerativesLernen – wer lernt von wem, warum undwas? Wenn ich die Veranstaltung richtig verstandenhabe, wollen wir nachher in diesemCafé ja auch unsere Ergebnisse aus den Workshopspräsentieren. Bei <strong>der</strong> Vorstellungsrundeerschien es mir, dass alle Interesse daranhaben, welche Bedingungen man braucht, umintergenerative Arbeit leisten zu können. Während<strong>der</strong> Diskussion tauchte die Frage auf, waswir eigentlich damit wollen.Wir können jetzt auf <strong>der</strong> Tafel die Ziele zusammentragen,die sich insgesamt und zum Teilauch aus dem Frankfurter Medienprojekt ergebenhaben. Wer lernt von wem? O<strong>der</strong> schafftman es, zusammen zu lernen? Wäre das einZiel? O<strong>der</strong> du sagtest, dass die Alten es genossenhaben, überhaupt Junge kennen zu lernen.Ich könnte mir vorstellen, dass das alles schonZiele sind: Was kann man voneinan<strong>der</strong> lernen?Kontakt mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Generation im außerfamiliärenBereich? Gemeinsam etwas Neuesschaffen?Sabine Hoffmann: Dieses Produkt war zum Beispielein ganz klares Ziel. Alle haben diese DVD mitnach Hause genommen und ich weiß nicht, wo dieFilme inzwischen überall schon gelaufen sind.Johanna Kaiser: Produkt heißt eben ein sichtbaresErgebnis, das man gemeinsam geschaffenhat.Sabine Hoffmann: Das ist eigentlich dasHauptergebnis.Johanna Kaiser: Das wäre schon mal ein Ziel:Etwas gemeinsam erschaffen, was dann vielleichtauch in dieser homogenen Altersgruppeso nicht passiert wäre, <strong>als</strong>o nur die Jungenhätten etwas an<strong>der</strong>es erschaffen mit diesenMedien, und nur die Alten hätten mit den gleichenMedien auch etwas an<strong>der</strong>es erschaffen.Sie wären vielleicht bei <strong>der</strong> Dia-Show hängengeblieben, sage ich mal provokativ, währenddie Jungen vielleicht einfach den Gangster-Rapnachgespielt hätten. Das ist vielleicht ein bisschenüberspitzt, aber so hat man versucht,etwas Gemeinsames hervorzubringen.Teilnehmerin: Was war bei den Teilnehmern diegrößere Motivation? Ging es bei <strong>der</strong> Motivationtatsächlich darum, etwas mit Jüngeren o<strong>der</strong>Älteren zu machen, weil man sich kennen lernenwollte? O<strong>der</strong> war die Motivation eher, ichmöchte mal ein Video machen, das kenne ichnicht, darin möchte ich mich ausprobieren? Daseine wäre mehr das Interesse aneinan<strong>der</strong>, dieseErfahrungen, während das zweite das Interesseam Medium ist.Sabine Hoffmann: Es war tatsächlich so, dasses das Interesse an den <strong>Generationen</strong> war. Beiuns kann man sowieso <strong>als</strong> Jugendlicher Videosmachen, die Älteren können das auch über dieVolkshochschulen machen.Teilnehmerin: Und das stand eindeutig imVor<strong>der</strong>grund?Sabine Hoffmann: Die Teilnehmer treffennatürlich auch die Entscheidung bei einemMedienprojekt mitzumachen, insofern spieltdas natürlich auch eine Rolle. Wir halten es fürunglaublich viel einfacher, sich mit Bil<strong>der</strong>n zumBeispiel auszutauschen, für viele, gerade fürJugendliche, <strong>als</strong> mit Sprache.Teilnehmerin: Es spielt beides eine Rolle.Man nähert sich über ein Medium, ob Theater,Töpfern, über Zeitzeugen an. Ich glaube, dassind immer diese vereinigenden Sachen, manbraucht ja Anlässe. Wenn man sich nur zusammensetzt,ja, was nun? Das wäre vielleicht wichtigzu ergänzen.Teilnehmerin: Ich fi nde wichtig, dass es seineKontinuität hat. So ein Projekt ist zeitgebundenund dann ist es vorbei. Ich habe über viele Jahrehinweg versucht, junge und alte Menschenzusammenzubringen und auch den Alltag miteinzubeziehen.Johanna Kaiser: Das wäre vielleicht auch nochein Ziel: Kontinuität.Teilnehmerin: Ja.Johanna Kaiser: Und das es anknüpft an dieRessourcen <strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en Generation.Teilnehmer: Es ist etwas an<strong>der</strong>es, ob man sichein Haus kauft o<strong>der</strong> eine Mietwohnung. Willman sich binden o<strong>der</strong> sagt man, okay, ich kanndas jetzt vier Wochen ausprobieren.Sabine Hoffmann: Die zeitliche Komponentehat viel mit Realität in dieser Gesellschaft zutun. Junge Menschen über einen längerenZeitraum nachmittags zu bekommen, Respekt,dass das 25 Jahre lang bei Ihnen funktionierthat, aber ist in <strong>der</strong> Realität wie wir sie erleben,wie Jugendliche eingebunden sind, unglaublichschwer. Wir hätten das Projekt auch dreiWochen machen können, aber das wäre <strong>der</strong>Realität eben nicht angemessen gewesen.Teilnehmerin: Bei dem von mir genannten Beispielwar es so: Am Anfang, <strong>als</strong> wir dort eingezogensind, im Jahr 2000, haben die Älterengesagt: Brauchen wir das überhaupt und siehaben sich auch nicht reingetraut. Nachdemsie selber dort Kurse gemacht haben, die aufsechs Wochen befristet waren, einmal in <strong>der</strong>Woche abends, kommen die auch mal reinund fragen was. Der eine hat jetzt seinen Sohnin Amerika, und hat uns gefragt wie man skypenkann? Sofort geht einer mit ihm hoch undmacht das. Das ist <strong>als</strong>o normal. Da geht es nichtdarum, dass ich ein Projekt habe, son<strong>der</strong>n eineJugendeinrichtung o<strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e Einrich-80Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201081


5Workshop III Alt mit Jungtung und die Leute sich auch trauen, da reinzu gehen, selbstverständlich Fragen zu stellen.Das fi nde ich viel normaler, <strong>als</strong> zu sagen, jedenFreitagabend treffen wir uns gemeinsam undspielen. Das ist auch gut, aber die Einrichtungoffen für die an<strong>der</strong>en <strong>Generationen</strong> zu haltenund bekannter zu machen, das fi nde ich auchgut.Johanna Kaiser: Orte schaffen, die für alle<strong>Generationen</strong> offen sind, das ist auch ein ganzwichtiges Ziel, was bisher vernachlässigt wordenist.Sabine Hoffmann: Genau.Johanna Kaiser: Wir haben über Jahrzehntediese einzelnen Einrichtungen parallel laufengehabt, Jugendeinrichtungen, Senioreneinrichtungenusw. Nur durch die Nachbarschaftsheimeund dann die Mehrgenerationenhäusersind diese intergenerativen Ansätze verstärktworden, <strong>als</strong>o Orte für intergenerative Kontaktezu schaffen.Teilnehmerin: Mir fällt auf, intergenerativeArbeit heißt eben nicht so und so soll es sein,das wäre ja komisch. Von daher hängt es wahrscheinlichauch davon ab, welches Mediumgenommen wird, was genau gemacht wird.Wenn es zum Beispiel Töpfern ist, dann ist esja auch eine eigene Auseinan<strong>der</strong>setzung mit<strong>der</strong> eigenen Kreativität, mehr noch, <strong>als</strong> wennvielleicht ein Film gemacht wird, es sei denn, esist ein gemeinsames Produkt, was entsteht. Jenachdem wie <strong>der</strong> Bedarf ist, können sich Gruppenbilden o<strong>der</strong> bildet sich ein Angebot undhat über die Bedarfe auch einen Realitätsbezugo<strong>der</strong> die Chance, realisiert zu werden. Alsoich fi nde es sehr schwierig zu sagen, so und sowäre es besser o<strong>der</strong> das anzustreben, weil eskontinuierlicher o<strong>der</strong> so ist.Johanna Kaiser: Man kann sicherlich trotzdemBedingungen festmachen, von denen manweiß, unter den Bedingungen kann ich besserintergenerative Arbeit forcieren. Zum Beispielwurde hier ja auch gesagt, dass die außerschulischeOrganisation von Jugendlichen mit denTerminen schwierig ist, um die Jugendlichen fürbestimmte Projekte abzugreifen. Eine Schlussfolgerungaus dieser Erfahrung ist, den Kontaktzu schulen aufzubauen. Das ist auch eine Möglichkeitintergenerative Arbeit zu entwickeln.Teilnehmerin: Also meine Erfahrung in <strong>der</strong>Stadtteilarbeit ist eher an<strong>der</strong>s. Das man eherJugendliche im Freizeitbereich erreicht, <strong>als</strong> in<strong>der</strong> Kooperation mit Schulen. Das passiert zwarauch, da erhofft man sich natürlich auch, einegrößere Zielgruppe zu erreichen, weil die Klasseneinfach 30 Personen stark sind, aber dieSchulen sind auch sehr großen Zwängen unterworfen.Wenn die Jugendlichen freiwillig imFreizeitbereich kommen, dann haben die fünfJugendlichen, die vielleicht kommen, eventuelleinen viel größeren Effekt, den sie auch nachaußen tragen, <strong>als</strong> in einem Schulprojekt. Ichfi nde es sehr schwierig, das zu generalisieren,weil ich denke, es gibt das und es gibt das.Teilnehmerin: Es war ja eine Kooperation mit<strong>der</strong> Schule, aber war das in <strong>der</strong> Unterrichtszeit?Sabine Hoffmann: Ja, sie sind dann statt indie Schule zu dem Projekt gegangen. Aber esging darüber hinaus, es hat Treffen vorher gegeben,nachmittags hat es auch noch mal längergedauert, dann gab es die Präsentation, <strong>als</strong>oes war sehr viel Engagement nötig, um diesesProjekt durchzuführen, weil es in <strong>der</strong> regulärenSchulzeit nicht machbar war.Teilnehmerin: Sie sagten, <strong>der</strong> Motivationsgrundfür die Teilnehmer bei dem Projektwar schon das Zusammentreffen Alt undJung. Das stelle ich mir schwierig vor, wennman das auf an<strong>der</strong>e Projekte überträgt. Ichwürde eher sagen, man muss ein passendesThema fi nden, das Alt und Jung automatischzusammenbringt, wo ich gar nicht plakativdraufschreiben muss, dass ist ein intergenerativesProjekt, son<strong>der</strong>n es spricht intuitiv Alteund Junge an. Ich stelle es mir unterschwelligleichter vor, wenn man über das Thema mehrere<strong>Generationen</strong> anspricht, um dann automatischeinen <strong>Dialog</strong> über die <strong>Generationen</strong>hinweg zu initiieren.Sabine Hoffmann: Warum soll man denn nichtbenennen, was es ist? Wir sind in die Klassegegangen und haben gefragt, ob sie Lust haben,mit den Älteren was zu machen und sie konntenja o<strong>der</strong> nein sagen. Dann haben sie ja gesagt,und umgekehrt die Älteren auch. Warum sollman das nicht benennen?Teilnehmerin: Klar, das ist sicher eine Möglichkeit,aber ich denke, dass man dann vonvornherein eine Zielgruppe erreicht, die ebenInteresse daran haben, während an<strong>der</strong>e, dievielleicht eher Interesse an einer Sache entwikkelno<strong>der</strong> denen es egal ist, von wem sie lernen,außen vor bleiben.Teilnehmer: Ich würde Ihnen recht geben. DasSchlüsselwort für mich ist das gemeinsameInteresse. Das kann man in einem Schachclubhaben, bei <strong>der</strong> Modelleisenbahn, beim Theater,bei einem Thema, aber <strong>der</strong> Schlüssel ist dasbei allen vorhandene Interesse, dann funktioniertes zwischen den <strong>Generationen</strong> leichter.Für mich ist das intergenerative Lernen keinLernen, das in Massen stattfi ndet, son<strong>der</strong>n in<strong>der</strong> Regel passiert es zwischen zwei Personen,die eben zueinan<strong>der</strong> passen, wo sich aus dieserKonstellation <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong> etwas ergänzt.Wir wissen, die Alten sind nicht ganz leicht, dieJugendlichen auch nicht, deswegen kann mannicht sagen, ihr lernt von denen, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong>Realität o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Praxis lernen die Leute imZweierverhältnis. Die Aufgabe wäre, den Raumund den Rahmen zur Verfügung zu stellen, indem diese Zweier-Verhältnisse sich fi nden undsich begegnen können. Aber es wird eher so einpersonales Lernen sein.Teilnehmer: Ich würde aber trotzdem sagen,das gemeinsame Interesse ist meinetwegeneinen Film zu machen, aber zweitens denauch mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Generation zusammenzu machen, weil sonst könnten sie sich ja eineGruppe suchen, wo sie nur mit ihrer gleichenGeneration arbeiten.Teilnehmer: Wir haben mal versucht, das beiden Theatergruppen rauszukriegen. Interessanterweisesagen viele Menschen: ich hatte da82Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201083


5Workshop III Alt mit Jungmal eine Oma und das hat zwischen uns totalgut geklappt, deswegen kommen sie auch insolche Theatergruppen. Ich würde fast sagen,manchmal ist so eine gute Vorerfahrung im<strong>Generationen</strong>austausch ein Zugang, sich aufsolche Prozesse wie<strong>der</strong> einzulassen, egal inwelchen Kontexten.Teilnehmerin: Aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Älterenist es oft so, dass sie sagen, sie wollen nichtausschließlich mit irgendwelchen Alten zusammensitzen.Sabine Hoffmann: Letztendlich ist es ja einfreiwilliges Projekt gewesen, auch wenn eseine Schul-Projektwoche war, die Schüler hättensagen können, dass sie darauf keine Lusthaben, genauso wie die Älteren. Das war unsauch sehr wichtig, dass es keine gezwungeneMaßnahme gewesen ist, ihr müsst da jetzt dranteilnehmen, denn dann hätte es auch nichtgeklappt.Teilnehmerin: Es ist <strong>als</strong>o das gemeinsame Interesseam Gegenstand, ebenso wie das Interessean <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Generation, es ist auch beidesmöglich.Markus Schönbauer: Für mich bleibt auchnoch die Frage, die Herbert Scherer vorher zudem Vortrag von Frau Schabacker-Bock aufgemachthat, konstruiere ich ein Miteinan<strong>der</strong> o<strong>der</strong>passiert es.Teilnehmerin: Das ist noch mal eine weitereFrage: Wie erreichen wir die, die sich nicht automatischfür die an<strong>der</strong>e Generation interessieren,aber sich vielleicht interessieren sollten,weil es gut ist. Wie schaffen wir da Foren o<strong>der</strong>Häuser, in denen das möglich ist? Einmal durchdas, was wir schon herausgefunden haben, dasInteresse, aber dann in einer an<strong>der</strong>en, wahrscheinlicheher offenen Situation.Ich erlebe das in unserem Mehrgenerationenhaus,was früher ein Jugendzentrum war. Esgab einen Stamm von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen,die immer gekommen sind, das war ihrHaus. Plötzlich soll es ein Mehrgenerationenhauswerden. Sie begegneten dem neuen Konzepterst mal mit Wi<strong>der</strong>willen. Wir hatten auchdie Befürchtung, dass sie wegbleiben. Aber siekamen und sagten: Wir waren zuerst da. Dannkamen auch die Älteren, es gab Begegnungen,erst mal sehr auf Distanz. Wir hatten es auchräumlich so gestaltet, dass die Jugend immernoch ihre Räume hatte, die sie ausschließlichbespielen durften. Über kleine Begegnungenim offenen Cafébereich o<strong>der</strong> durch bestimmteGespräche, die zwei miteinan<strong>der</strong> führten, woein Dritter noch dazu kam, kam es dann zueinem Interesse. Ich glaube, das braucht manauch, um dieses Interesse an den jeweils an<strong>der</strong>en<strong>Generationen</strong> zu wecken.Sabine Hoffmann: Das Galluszentrum hat aucheinen bestimmten Stil. Wir setzen immer ganzstark an den Lebenswelten an. Das heißt, wirwollen gar nicht, dass Begegnungen mit Friede,Freude, Eierkuchen ausgehen, son<strong>der</strong>n wir wollenbewusst machen. Von Jugendlichen hörenwir oft erst mal, welche Schwierigkeiten siehaben. Das ist sozusagen ein kultureller Ansatz,den wir auch mit <strong>der</strong> Arbeit verfolgen, insofernhaben wir nicht unbedingt das Ziel, dass amSchluss alles gut zwischen Jung und Alt ist. Wirwollen immer, dass es ein Aufgreifen <strong>der</strong> eigenenLebenswelten ist, <strong>als</strong>o dass sie ihre eigenenBedürfnisse und Ideen umsetzen.Teilnehmerin: Ich denke schon eine ganze Weileüber die Feste in Gorleben nach, die wirklichgenerationenübergreifend sind. Da sind diejenigenda, die das seit den 70er Jahren schonimmer machen, und es ist ein Haufen jungerLeute dabei. O<strong>der</strong> die Theaterarbeit da ist wirklichSpaß und Lust vorhanden. Es ist <strong>als</strong>o dasEngagement für eine Sache, dass das Verbindendeist, was Begegnungen schafft.Teilnehmerin: Die Freiwilligkeit ist ganz wichtigund nicht die Frage, wo sie das sinnvoll einsetzenkönnten, <strong>als</strong>o die Jugendlichen, die eigentlichmal was von den Älteren lernen sollten,nein, das wäre kontraproduktiv, weil es ja umBeziehungen und Bewegungen geht. Es mussfreiwillig sein, weil es dann eher die Chance hat,über die Motivation auch zum Erfolg zu führen.Und vielleicht auch Frustrationen auszuhalten,weil es ja auch mal einen Streit geben wird.Teilnehmerin: Ich würde gerne noch mal wegvon <strong>der</strong> pragmatischen Projektgestaltung. Beidem Vortrag und im Film, bspw. im Text es Liedes,hatte ich das Gefühl, es geht ja auch umRollenbil<strong>der</strong> und um Klischees.Was in unserer Theaterarbeit auch immer wie<strong>der</strong>eine Rolle spielte, war tatsächlich dieseKlischeebrechung, die auch eine Befreiung füreinige <strong>der</strong> Beteiligten darstellte. Also das Interesseaneinan<strong>der</strong>, an <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Generation,wurde durchaus noch mal erweitert durch dasInteresse, die eigenen Bil<strong>der</strong> ins Bröckeln zubringen. Bei uns gab es immer wie<strong>der</strong> Alte, diePunks spielen wollten. O<strong>der</strong> es gab Jugendliche,die etwas entgegen dem Jugendbild spielenwollten, da wehte irgendwie so ein Duft <strong>der</strong>Freiheit durch – sag ich mal poetisch. Wenn ichmit homogeneren Gruppen arbeite, ist mir dasnoch nicht begegnet wie in den intergenerativeno<strong>der</strong> auch interkulturellen-intergenerativenGruppen. Das lebt unheimlich davon, dass dieBil<strong>der</strong> bröckeln. Mich würde interessieren, obdas eine allgemeine Erfahrung ist?Teilnehmerin: Wenn Zeitzeugen in Schulenwaren, sind diese Begegnungen dann geglückt,wenn eine Frage völlig neu auf sie zukommt. Imersten Moment, wenn sie gestellt wird, erschrekkensie total, dann geht ein Suchen im Kopf los.Das Verblüffende für sie ist, dass sie in dieseRichtung überhaupt noch nicht gedacht haben.Also es geht nicht nur um die Weitergabe vonErfahrungswerten zu historischen Ereignisseno<strong>der</strong> wie man sich im Leben verhalten hat.Sabine Hoffmann: Ich sollte ja die Problemein dem Projekt benennen. Aber wenn man sichdas Video anschaut, diese Befreiung, wenn <strong>der</strong>Mann über den Zebrastreifen läuft, da wareneine Menge Momente drin, in denen genau diesesGefühl, das eben beschrieben wurde, aufgetretenist.Teilnehmerin: Noch wichtiger <strong>als</strong> die Begegnungzwischen den <strong>Generationen</strong> ist dieseBegegnung von Mensch zu Mensch. Die Begeg-84Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201085


5Workshop III Alt mit Jungnung zu an<strong>der</strong>en Menschen schließt die <strong>Generationen</strong>aus o<strong>der</strong> ein, ob <strong>der</strong> Mensch nun achtMonate alt o<strong>der</strong> 80 Jahre alt ist, das ist egal,weil das alles Menschen sind.Teilnehmer: Ist es denn so, dass die Jungenzwischen 13 und 17 wirklich das Bewusstseinhaben, dass da jetzt ein unfassbares Wissenbzw. Potenzial an Lebenserfahrung vor ihnensteht, das sie begierig sind abzuschöpfen?Teilnehmerin: Ich weiß von Jugendlichen, dasssie nach den Gesprächen mit den Zeitzeugendie älteren Menschen in <strong>der</strong> U-Bahn o<strong>der</strong> sonstwo an<strong>der</strong>s sehen. O<strong>der</strong> Dinge die <strong>als</strong> alt empfundenwerden, weil sie zum Beispiel runtergefallensind o<strong>der</strong> nicht mehr funktionieren. Eshat auch eine Erweiterung in Bezug auf die Älterengegeben, die von ihren Erlebnissen im Kriegerzählt haben. Ich kann diese Erweiterungennur <strong>als</strong> sehr, sehr positiv ansehen. Das wurdeauch so von den Jugendlichen formuliert.Sabine Hoffmann: Diese Sicht auf an<strong>der</strong>eLeute, das müssen ja auch die Älteren lernen.Eine ältere Frau, Ende 70, hat von einem Praktikantengelernt am Computer zu arbeiten.Sie wollte dann eine Homepage machen undfragte, ob wir nicht einen Jugendlichen hätten,<strong>der</strong> ihr das beibringen kann. Ein Jugendlicherhat das dann gemacht und kam strahlend undfertig wie<strong>der</strong> zurück und sagte: „Boah ey, die istja fi t. Die ist fi tter <strong>als</strong> meine Mutter, die Mitte40 ist.“ Ich denke, das ist genau das, was Siesagen, dass man eine an<strong>der</strong>e Sicht auf ältereMenschen kriegt, wenn man diese Erfahrungenmacht. Das ist doch auch ein Lernen.Teilnehmer: Ich habe unterschiedliche Erfahrungen.Es gibt ältere Leute, die sind so fasziniert,dass sie manchmal den Motor für soeine Veranstaltung sein können, weil sie vonihrer Persönlichkeit das ganze Projekt quasimitziehen. Ein an<strong>der</strong>es Beispiel, das ich gernenenne ist: Setz jemanden zusammen, <strong>der</strong>ist irgendwie 20, frisch verliebt, erste Beziehung,daneben sitzt eine Frau, die ist 50 plus,geschieden, und dann hast du noch jemandmit 80 dabei, die schon zwei Ehen hinter sichhatte. Wenn sich diese drei Frauen über Männerunterhalten, wird das wahnsinnig interessant.Teilnehmer: Das kannst du nur über die Konstellationenerleben, das wirst du in homogenenGruppen so nicht erfahren können.Sabine Hoffmann: Wir haben vorher auch einZeitzeugenprojekt gemacht, was uns auch denMut gegeben hat, noch einen Schritt weiter zugehen und gemeinsam etwas zu produzieren.Bei diesem Zeitzeugenprojekt kommt <strong>der</strong> Zeitzeugezu einem Jugendlichen und <strong>der</strong> machtda draus einen Film. Die jüngeren Menschenprofi tierten von <strong>der</strong> Erfahrung, dass dieserältere Mensch extra zu ihnen kommt.Teilnehmerin: Ich würde da noch einen Schrittweiter gehen und mit den Zeitzeugen, die dieJugendlichen schon kennen, und den Jugendlichengemeinsam Stadtprojekte machen,<strong>als</strong>o um die Gallusstraße herum den Bereicherkunden. Mit den unterschiedlichen Altersstufenkönnte man eruieren, was sie zu ihremKiez wissen möchten. Ich könnte mir vorstellen,dass das ein ganz tolles Projekt wird, weilda noch mal ein ganz an<strong>der</strong>er Austausch stattfinden wird.Teilnehmerin: Erst mal sollten sie gucken, wassie an ihrem Stadtteil interessiert und das aufnehmenund gemeinsam etwas produzieren.Ich würde es auch gut fi nden, wenn es auf eineDVD herausläuft, weil dann ganz unterschiedlicheInteressen gezeigt werden würden, aber aneinem Objekt aus ihrem eigenen Stadtteil.Markus Schönbauer: Zurück zu den Voraussetzungen:Ich möchte in meinem Stadtteilzentrumein intergeneratives Projekt, zeitlichbefristet, dann kann ich mich an Schulen wenden,um Schüler zu aktivieren, und dann kannich ein paar Senioren ansprechen, die sich dasvorstellen können. Aber ich habe immer nochnicht den Gedanken, <strong>der</strong> mir die Sicherheit gibt,auf welcher Basis so ein Projekt stehen muss,damit es beide Seiten anspricht? Beispielewaren Medien o<strong>der</strong> Theater.Johanna Kaiser: Zum einen kann man überein Thema das gemeinsame Interesse wecken.Thema Liebe interessiert nun mal von 1 bis100 Jahre alt die meisten auf unterschiedlicheWeise. Das Interesse an <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en <strong>Generationen</strong>tsteht dann von selbst. Zum an<strong>der</strong>enwird gleich von Anfang an – wie hier beschrieben– angefragt, wer hat Lust hat etwas mit Älterenzu machen. Das sind die beiden Komponenten,die sich jetzt herauskristallisiert haben.Teilnehmer: Beide Gruppen brauchen einenkonkreten Nutzen.Teilnehmerin: Und sie müssen sich beide einbringenkönnen. Wie hier beschrieben: Wenndie einen von <strong>der</strong> Technik her die Nase ein bisschenvorne haben, bringen sich die An<strong>der</strong>envermehrt beim Schnitt ein.Teilnehmerin: Das Setting muss stimmen, dieRahmenbedingungen und die Gruppengröße.Wir haben mal den Fehler gemacht, dass wireinen Austausch mit einer Grundschulklasseund älteren Menschen veranstaltet haben.Diese älteren Menschen hatten Interesse daran,sich mit den Kin<strong>der</strong>n zum Thema Schule auszutauschen.Das war eigentlich von <strong>der</strong> Idee hertotal toll und es wurde auch toll angenommen,aber die hatten alle so ein riesiges Mitteilungsbedürfnis,dafür war die Gruppe viel zu groß. Ihrhattet immer Gruppen mit drei Alten und dreiJungen, das ist ein guter Schlüssel, damit auchje<strong>der</strong> zum Zuge kommt.Teilnehmerin: Ich habe festgestellt, dass dasThema Eintritt in die Arbeitswelt, was <strong>der</strong>zeitwahnsinnig schwierig ist, ein verbindendesThema war zwischen <strong>der</strong> Kriegsgeneration und86Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201087


5Workshop III Alt mit Jungden jungen Leuten von heute. Sie konnten sichgegenseitig sagen, dass sie ähnliche Erfahrungenmachen: Es gibt keine Stellen, <strong>als</strong>o dieSchwierigkeiten, eine Existenz wählen zu könnenund in den Beruf hinein zu fi nden. Die Aufmerksamkeit<strong>der</strong> Älteren war ganz groß in Bezug aufdie Jüngeren, die sich dumm und dämlich bewerbenmüssen und keinen Zuspruch erhalten, dieein Ausmaß an Geduld und positivem Denkenund Hoffnungen aufrechterhalten müssen, wasden Älteren viel schwieriger erschien <strong>als</strong> in <strong>der</strong>damaligen Kriegssituation, weil dam<strong>als</strong> konntees nur nach vorne gehen, aber dieses Gefühl,ausgeson<strong>der</strong>t und gar nicht gefragt zu sein, dasist beson<strong>der</strong>s schwierig.Teilnehmer: Aus meiner Erfahrung gibt es auchso was wie eine kulturelle Dominanz. Eine Erfahrungbei Ikarus ist, wenn wir ganz Junge dabeihaben und wir Pause machen, dann ist es ganznormal, hinsetzen, Kaffeetrinken, reden. Das istaber eine Kultur <strong>der</strong> Älteren, das heißt, manchmalhat man Jüngere daneben sitzen, die völligverstört sind, was geht denn hier ab? Kaffeetrinken und reden, das ist nicht meine Kultur.Sie gewöhnen sich relativ schnell daran, aber esgibt eine kulturelle Dominanz, je nachdem, welcheGruppe größer o<strong>der</strong> stärker ist und welcheGruppe die Verhaltensweisen dominiert. Das istauch ein Aspekt, <strong>der</strong> zum Setting gehört.Teilnehmerin: Da möchte ich anknüpfen, dusagtest, es geht auch um Reibung, die ja aucherwünscht ist. Ich habe mit einer Gruppe vonSchülern und <strong>der</strong> Gruppe vom Theater <strong>der</strong>Erfahrungen ein Projekt gemacht, wo Zeit eineganz an<strong>der</strong>e Funktion hatte. Die Studentenhaben ohne Ende den Semesteranfang und denSemesterabschluss gefeiert und was es noch fürAnlässe gab. Wenn wir am Wochenende geprobthaben, kamen sie natürlich locker mindestenseine halbe Stunde zu spät, während die Älterenda saßen, eine Viertelstunde vorher da waren.Wie denn jetzt? Ich denke, wir wollen hier Theatermachen! Also Disziplin, Zeitmanagement,das sind Dinge, die in verschiedenen <strong>Generationen</strong>und Kulturen an<strong>der</strong>s verlaufen. Lustigist dann tatsächlich die Auseinan<strong>der</strong>setzungdarum. Warum kommen die immer zu spät?Was macht das mit den Alten, die da sitzen undwarten? Was passiert da eigentlich? Erst durchdiese Reibung kommt es zu einer viel stärkerenKontaktaufnahme. Wenn wir immer pünktlichangefangen hätten, hätten die sich niem<strong>als</strong> sogut kennen gelernt, <strong>als</strong>o das war Gegenstandund Anlass für Auseinan<strong>der</strong>setzungen.Teilnehmerin: Noch einmal zurück zu den Alten,die mal Punks spielen wollen, ihr Bild von sichein Stück weit aufbrechen. Ich kenne das auchumgekehrt. Ich bin aus dem Nachbarschaftshausam Teutoburger Platz, was früher einjüdisches Kin<strong>der</strong>heim war. Wir haben da vielGeschichtsarbeit mit Zeitzeugen. Da kam eineFrau aus Israel, die früher <strong>als</strong> Kind dort war undauch in Schulen geht. Bei den Kin<strong>der</strong>n gab eseine wahnsinnige Resonanz, die sind völlig fasziniertund begeistert und hören sich das an.Die Alten geben den Jüngeren ein Vorbild: Menschen,die so was erlebt und überlebt haben,die sich einsetzen und kämpfen, so etwas zusehen, das gibt Motivation und es wird auch daseigene Tun infrage gestellt, selbst bei Kin<strong>der</strong>n.Johanna Kaiser: Die gegenseitige Wertschätzungist ein Aspekt, <strong>der</strong> notiert werden sollte.In dem Fall machen die Älteren den JüngerenMut und die Wertschätzung ist da. Die gleicheErfahrung habe ich übrigens auch in dieserRevue-Produktion gemacht, dass die Studentensich untereinan<strong>der</strong> unheimlich kritisch beäugtenund teilweise nichts Gutes aneinan<strong>der</strong> ließen.Wenn dann die Alten dazu kommen undsagen: „Ach ja, Seminarplan, oh Gott, was mussman denn heutzutage alles können!“ Plötzlichist eine Wertschätzung da, die von einer ganzan<strong>der</strong>en, einer hochschulfernen Gruppe ausgeht,es beginnt ein Wechselspiel. Das fi ndeich, ist auch ein ganz eklatanter Punkt beiintergenerativer Arbeit, auch bei interkulturellerArbeit. Diese Wertschätzung ist in homogenenGruppen viel schwieriger zu erreichen.Teilnehmer: Was auch noch wichtig ist, ist diesesAushalten <strong>der</strong> Unterschiedlichkeit. Wobeiwir mit unseren Geschichten die Erfahrunggemacht haben, wenn man die Unterschiedebetont, erhält man <strong>als</strong> Resultat auch dieGemeinsamkeit. Wenn man sich mutig an dieKlischees und an die gegenseitigen Vorurteilewagt, dann erntet man in <strong>der</strong> Regel noch einestärkere Gemeinsamkeit, weil man diese Unterschiedlichkeitzwischen den <strong>Generationen</strong> auchstehen lassen kann. Daran kann man auchnicht viel än<strong>der</strong>n, man muss diese Toleranz miteinan<strong>der</strong>entwickeln. Gut, dann kommt <strong>der</strong> haltzu spät, so ist es eben. Es gibt ja alle möglichenUnterschiede, Erfahrungsunterschiede, kulturelleUnterschiede, unterschiedliche Auffassungenvon Kunst, von Fotografi e o<strong>der</strong> Musik. Aberdiese Unterschiede auch bestehen zu lassenund keine Gleichmacherei zu praktizieren, ja,wir sind unterschiedliche <strong>Generationen</strong>, aberalles ist nett, heiter und wir verstehen uns toll,da muss man aufpassen, dass man die Toleranzfür diese Unterschiedlichkeit hat.Teilnehmerin: In dem Zusammenhang istnatürlich auch diese Wertschätzung wichtig,auch erst mal dieser Kontaktaufbau bzw. <strong>der</strong>Beziehungsaufbau. Darüber kann dann auchakzeptiert werden, dass jemand an<strong>der</strong>s ist,<strong>als</strong>o Verständnis entwickelt werden. Bei denVorbil<strong>der</strong>n ist mir aufgefallen, dass die Älterenein Vorbild für die Jüngeren sind, aber eigentlichsind die Jüngeren ein Vorbild für die Älteren.Wenn die Älteren auf einmal jung sein wollen,ich denke, diese Vorbildfunktion switcht hin undher und ist nicht festgelegt.Teilnehmerin: Die Hin<strong>der</strong>nisse bzw. die Brennpunktehaben wir wenig angesprochen, wieIngrid sie eben mit <strong>der</strong> Klasse angesprochenhat, <strong>als</strong>o dass es wirklich wichtig ist auf das Settingzu achten. Beispielsweise war die Gruppierungmit diesen Kleingruppen natürlich optimal,da passieren nicht so viele Schwierigkeiten.Teilnehmer: Genau. Der Ort, <strong>als</strong>o das Setting,<strong>der</strong> Gegenstand, das Thema. Dann habe ich mirnoch notiert – das Alter <strong>der</strong> Jugendlichen.Teilnehmerin: Ja, und die paritätische Verteilungzwischen Jung und Alt.Teilnehmerin: Es sollte auch ein neuer Ort sein,o<strong>der</strong> ein Ort, an dem sich beide <strong>Generationen</strong>wohl fühlen.88Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201089


5Workshop III Alt mit JungJohanna Kaiser: Ich fi nde es klasse, dass essolche Orte gibt, wie Ingrid sie eben beschriebenhat. Ein Ort, <strong>der</strong> erstmal unter <strong>der</strong> „Herrschaft“<strong>der</strong> Jugendlichen war, nachher einbisschen aufgebrochen wurde. Es gibt denRaum für zufällige Begegnungen, aber ich zumBeispiel fi nde auch das Konstrukt gut. KonstruierteOrte sind auch völlig in Ordnung, auchda ist eine Möglichkeit für Freiheit beispielsweiseim Vergleich zur Familie. Die Familie istja <strong>der</strong> Ort für alle möglichen intergenerativenKontakte, Austausch, Begegnung. Praktischist das lei<strong>der</strong> sehr festgezurrt, die Leute sindmanchmal isolierter <strong>als</strong> man denkt. In einemaußerfamiliären und konstruierten Ort passiertoft viel mehr <strong>als</strong> innerhalb <strong>der</strong> Familie.Dies sind unsere Erfahrungen, dass die Leutegesagt haben, sie können nicht mit ihrer Omareden, doch in <strong>der</strong> Werkstatt <strong>der</strong> alten Talentebeispielsweise nach einer Aufführung kommensie in Kontakt mit älteren Menschen. Insofernist so ein konstruierter Ort, ein ‚künstlicher’Anlass, beispielsweise durch Kultur, sehr hilfreich.Teilnehmer: Gab es unterschiedliche Qualitätenvon Begegnungen? Mein Generalbeispielist: Was passiert eigentlich in <strong>der</strong> Pause, wennsich die <strong>Generationen</strong> jeweils an zwei verschiedeneTische setzen? Dann hat man noch nichtso viel erreicht, <strong>als</strong> wenn sich in <strong>der</strong> Pause automatischeine Mischung herstellt.Markus Schönbauer: Vielen Dank an alleBeteiligten.Infotafel Workshop III90Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201091


Fachtag„Intergeneratives Lernen in Projekten und im Alltag von Stadtteilzentren“6Workshop IVAlltagsbegegnungen.<strong>Generationen</strong>treff BielefeldInput:Günther Niermann,<strong>Generationen</strong>treff BielefeldFachliches Gegenüber:Eva-Maria AntzMo<strong>der</strong>ation:Susanne BeschSusanne Besch: Ich begrüße Sie alle im Workshop„Alltagsbegegnungen von Jung und Alt“.In unseren Nachbarschaftshäusern und Begegnungsstättenfi nden neben gezielten Projektenfür gemeinsame Aktionen von Jung und AltBegegnungen im Alltag auf informeller Ebenestatt.Wie, wann und wo begegnen sich die <strong>Generationen</strong>?Wie können wir unsere Häuser so öffneno<strong>der</strong> wie können wir sie gestalten, damitJung und Alt zwanglos zusammenkommen?Was sind die Voraussetzungen dafür? Wanngelingt es? Wann scheitert es?Wir wollen unsere Einrichtungen betrachten <strong>als</strong>Orte informellen Lernens und dabei <strong>der</strong> zentralenFrage nachgehen: Wer lernt was von wem?Lernen miteinan<strong>der</strong>, voneinan<strong>der</strong>, übereinan<strong>der</strong>.Ich begrüße Günter Niermann vom <strong>Generationen</strong>treffBielefeld, <strong>der</strong> das Projekt vorstellenwird.Als unser fachliches Gegenüber begrüße ichEva-Maria Antz, <strong>der</strong>en Aufgabe es sein wird vomkonkreten praktischen Beispiel Allgemeingültigesmit Ihnen gemeinsam zu analysieren undherauszustellen.Von dem Vorhaben mit einer Vorstellungsrundezu beginnen, nehmen wir aufgrund <strong>der</strong> Größe<strong>der</strong> Gruppe Abstand.Zur Einstimmung bitten wir Sie alle aufzustehen.Wir wollen, dass sie sich in einer Altersschlangeaufstellen, hier die o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Jüngste, und hier<strong>der</strong> o<strong>der</strong> die ÄltesteDie Älteste ist 86 Jahre alt, die Jüngste 21.Das war einfach.Die nächste Aufgabe besteht darin, sich nach<strong>Generationen</strong> aufzustellen.Teilnehmerin: Wir sollten uns nach dem gefühltenAlter aufstellen.Teilnehmerin: wir sind so die 30- bis 50-Jährigen.Teilnehmerin: Eigentlich bin ich 50 Plus, ichfühle mich aber <strong>als</strong> 50 Plus in keinster Weiseangesprochen.Teilnehmerin: Da wird mal klar, wie verallgemeinertwir von <strong>Generationen</strong> sprechenSusanne Besch: Interessant wird die Frage, obwir uns selbst <strong>als</strong> Generation defi nieren. Inwieweitgehört das zu unserer Identität und in welchemMaße.Eva-Maria Antz: Es gibt sehr, sehr unterschiedliche<strong>Generationen</strong>begriffe, auch in <strong>der</strong> Wissenschaftund in <strong>der</strong> Erfahrungswelt.Generation versteht man üblicherweise genealogisch,<strong>als</strong>o in <strong>der</strong> Abfolge <strong>der</strong> Familiengeneration.Es gibt die Kin<strong>der</strong>, Töchter und Söhne,unterschiedlichen Lebensalters, die Generation<strong>der</strong> Eltern, die Generation <strong>der</strong> Großeltern.Das ist die einfachste Aufteilung, die oft bei Alt-Jung-Projekten zum Tragen kommt.Dann gibt es soziologisch Begriffe, Kleinkin<strong>der</strong>,Schulkin<strong>der</strong>, Teenies, Jugendliche. Es gibt dieGeneration <strong>der</strong>er, die in ihrer berufl ichen Phasestecken und die Gruppe <strong>der</strong> Senioren und älterenMenschen, die sehr vielfältig und differenziertsind. Es gibt Begriffe wie die jungen Alten bis hinzu den Hochbetagten. Man muss differenzierthinschauen, um ihnen gerecht zu werden.Es gibt auch einen historisch-gesellschaftlichenBlick. Das meint, dass sich manche<strong>Generationen</strong> durch die politischen o<strong>der</strong>gesellschaftlichen Ereignisse defi nieren, diefür sie prägend waren. Die Nachkriegsgenerationzum Beispiel, das sind diejenigen, die indieser Phase jung waren. Ganz bekannt ist die68er-Generation o<strong>der</strong> in den 90er Jahren dieGeneration Praktikum.Dann gibt es noch einen pädagogischen <strong>Generationen</strong>begriff,<strong>der</strong> sagt, hier sind die, die Wissen,Kompetenz und Erfahrung haben, und hier sinddie, die es nicht so haben, <strong>als</strong>o Meister und Lehrlinge,Lehrer und Schüler o<strong>der</strong> Schülerinnen.Wenn Jugendliche älteren Menschen Zugang zurTechnik o<strong>der</strong> zum Internet beibringen, dann istdas auf pädagogischer Ebene ein völlig umgekehrtesVerhältnis.Soweit dazu, dass es zu den <strong>Generationen</strong> ganzviele Zugänge gibt. Wir haben alle mehrere Zugehörigkeit.Ich bin Tochter, ich bin Mutter, ich bin52 Jahre alt, ich bin von bestimmten politischenEreignissen geprägt – so geht es jedem von unshier, je<strong>der</strong> hat unterschiedliche Erfahrungen von<strong>Generationen</strong>. Die bringen wir mit, selbst wennwir 86 Jahre alt sind.Wir reden immer selbstverständlich davon, dass<strong>Generationen</strong> lernen. Da gibt es sehr unterschiedlicheArten, wie wir lernen. Einmal könnenwir voneinan<strong>der</strong> lernen, das bedeutet, die eineGeneration bringt <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en etwas bei.Eine ganz an<strong>der</strong>e Sache ist, wenn man übereinan<strong>der</strong>etwas lernt. Zum Beispiel bei Zeitzeugen-Projekten,dort lernen Jüngere über dieErfahrungen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en, von Menschen, diean<strong>der</strong>e Zeiten erlebt haben o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en Kulturenaufgewachsen sind.O<strong>der</strong> wenn Jugendliche ihre Lebensweltden Älteren öffnen, dann ist das ein Lernenübereinan<strong>der</strong>. Da lernt man noch nicht voneinan<strong>der</strong>,son<strong>der</strong>n bekommt einen wichtigenEinblick in eine an<strong>der</strong>e Generation und in einan<strong>der</strong>es Verständnis.92 92Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201093


6Workshop IV AlltagsbegegnungenMiteinan<strong>der</strong> lernen, das geschieht immer dann,wenn unterschiedliche <strong>Generationen</strong> etwas miteinan<strong>der</strong>tun, wo es allerdings gar nicht unbedingtdarum geht, dass ich was von jemandan<strong>der</strong>em lerne, son<strong>der</strong>n dass wir miteinan<strong>der</strong>lernen und dabei entdecken, dass an<strong>der</strong>e Menscheneinen an<strong>der</strong>en Zugang haben, einenan<strong>der</strong>en Hintergrund haben.Diese Unterscheidung fi nde ich wichtig, umnicht alles in einen Topf zu werfen.Soweit erst einmal eine Vorbemerkung.Susanne Besch: Vielen Dank. Herr Niermannwird jetzt seinen Vortrag halten. Es isterwünscht, dass Fragen gestellt werden, sobaldsie auftauchen.Günter Niermann: Meine Damen und Herren,gestatten Sie mir, dass ich mich ganz kurz vorstelle:Günter Niermann, ich bin 65 Jahre alt undwar in den letzten 30 Jahren meines Berufslebensim Bereich <strong>der</strong> Altenpfl ege tätig. In denletzten 15 Jahren war ich Geschäftsführer einesVereins, <strong>der</strong> sich überwiegend mit innovativenWohnformen beschäftigt hat, <strong>als</strong>o mit Senioren-Wohngemeinschaften. Damit haben wir unsbeschäftigt und auseinan<strong>der</strong>gesetzt. Wir habenuns an den Wünschen <strong>der</strong> Menschen orientiert.Zu Hause wohnen, leben und auch sterben, dasist <strong>der</strong> ureigenste Wunsch des Menschen.Mich hat es immer gewurmt, dass man in ersterLinie bei älteren Menschen über die Lastenredet, Pfl egelast, Rentenlast – diese Schlagwörter.Wenige sprechen von <strong>der</strong> Kompetenz<strong>der</strong> älteren Menschen, von ihrem Wissen undihrer Bildung.Wir haben angefangen mit <strong>der</strong> Idee und demGedanken, Netze im ländlichen Bereich zu initiierenund aufzubauen.Es gibt ganz viele Familien, in denen es nichtmehr so ganz funktioniert, wie es die Ideale vorgeben.Auf dem Land hieß es immer: TrautesHeim, Glück allein, mit vier <strong>Generationen</strong> untereinem Dach. Da war auch nicht alles ideal, daging auch die Post ab.Mit <strong>der</strong> Zeit haben wir herausbekommen, dasswir zusammen mit den <strong>Generationen</strong> versuchenmüssen, mit ihren Problemen fertig zu werden,aber auch dementsprechend versuchen, dieReibungsverluste, die sich da ergeben, zu verringern,um dadurch auf einen Weg zu kommen.Dazu diente uns zunächst einmal eine Stadtteilkonferenzmit engagierten Bürgerinnen undBürgern.Da haben wir nicht die Begriffe 65 Plus o<strong>der</strong>20 Plus gewählt, son<strong>der</strong>n wir haben alle interessiertenBürgerinnen und Bürger zu einemStadtteilgespräch eingeladen. Von ihnen wolltenwir zunächst erfahren, was ihre Wünsche,ihre Gedanken und Ideen sind, was sie gernemachen wollen. Die ersten Bürger saßen da sonach dem Motto: Was haben Sie denn nun mituns allen vor? Wir meinten, dass wir nichts mitihnen machen wollten, son<strong>der</strong>n dass sie etwasmit uns veranstalten sollen.Das ist diese einfache Geschichte, dass ichimmer auch etwas für mich tue. Wenn ich michirgendwo engagiere, dann muss ich daran Spaßhaben. Das ist einer <strong>der</strong> wichtigsten Aspekte,dass ich Spaß habe, etwas zu tun.Dann haben wir festgestellt, dass sich die Menschen,die sich engagieren wollen, nicht zeitlichbinden und auch nicht in einen Verein eintretenwollen, son<strong>der</strong>n sie möchten frei sein in ihrenAktivitäten. Hier hatten wir auch Bürgerinnenund Bürger, die Lehrer in ihrem Berufslebenwaren und ihre Ideen und Gedanken einfachmit in unser Gesamtkonstrukt eingebrachthaben. Unser Gesamtkonstrukt hat sich immerwie<strong>der</strong> verän<strong>der</strong>t.Und dieses Bild auf unserem Flyer transportiertdie Idee, dass wir gesagt haben, Jung und Altsitzen in einem Boot und beide gehen in eineRichtung. Das war unsere Intention.Die Zielsetzung ist <strong>als</strong>o, einen Treffpunkt vonsozialen Netzwerken zu schaffen, einen Treffpunktfür Kompetenz- und Bildungsnetzwerkezu schaffen, <strong>als</strong>o vom sozialen Engagement biszum gemeinsamen Frühstück, Kaffeefahrten,Wan<strong>der</strong>n, Reisen, Radtouren, usw.Das geht bis dahin, dass die ältere Generationmit den verschiedensten Projekten zur Verfügungsteht für Schulen, Kin<strong>der</strong>gärten, zumBeispiel Lesepaten. Daraus hat sich eine Planungsgruppegebildet. Zurzeit sind das 12 Bürgerinnenund Bürger, die gesagt haben, das istmein Ding, da kümmere ich mich intensiv undkontinuierlich darum, das ist etwas, was michangeht.Einer unserer ersten Aktivitäten war das Frühstück,inzwischen können Sie im <strong>Generationen</strong>Treff jeden Tag frühstücken. Das sind allesganz banale Dinge, aber das Frühstück istetwas, wobei sich die Menschen unterhalten.Die Menschen wollen reden. Sie wollen keineProgramme haben, keine Dia-Vorträge, dasmachen ja auch schon an<strong>der</strong>e, son<strong>der</strong>n wirsind eine Ergänzung in <strong>der</strong> Stadt. Da gibt es dieArbeiterwohlfahrt, die Hilfswerke, die EvangelischeKirchengemeinde, <strong>als</strong>o sind wir nur ergänzendda, um den Wünschen <strong>der</strong> Menschenentsprechend diese Projekte zu för<strong>der</strong>n undihnen zur Seite zu stehen. Das sind Alltagsbegegnungen,die sich dann ergeben, wenn mansich trifft.Wie kriegen wir es hin? Ein Beispiel. Dasmachen wir über die Presse, wir laden zumBürgerforum ein. Nachbarn sind ganz wichtig,insofern muss man entsprechend auf die Nachbarnzugehen. Wo gibt es noch Nachbarschaft?Das war heute Morgen auch das Thema. Es gibtsie natürlich noch, aber nicht in unbegrenzterZahl. Wir gehen auf die Nachbarn zu, auf diejunge und mittlere Generation aber man tutetwas gemeinsam, das ist das Entscheidendeletztendlich, ohne ein großes, pädagogischesKonzept zu haben.94 94Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201095


6Workshop IV AlltagsbegegnungenKin<strong>der</strong>, die zu uns kamen, sagten, dass es Schülergibt, die keine warme Mahlzeit bekommen.Das kann man sich kaum vorstellen, aber dasist so. Da wollten wir helfen und suchten nacheiner Möglichkeit, gemeinsam zu kochen, mitKin<strong>der</strong>n – für Kin<strong>der</strong>.Hier gab es eine Märchenstunde. Da kommendie Großeltern mit ihren Enkeln, eine Stundenachmittags. Hier ist die Geschichte mit denLesepaten in einer Kin<strong>der</strong>tagesstätte, Wirsehen es auch, wie es richtigerweise dargestelltwurde, es ist nicht das Pädagogische gefragtvon uns, son<strong>der</strong>n es ist die Nähe gefragt. DieKin<strong>der</strong> merken, hier bekommen sie plötzlichZuwendung in irgendeiner Form.Dann hat die Stadtbücherei angefragt, ob wirnicht mal was machen könnten. Es kommenzu ihnen immer Mütter mit Kin<strong>der</strong>n, die gernemal einkaufen gehen wollen, <strong>als</strong>o machen wirauch dort solche Lesepaten-Geschichten. Hierin <strong>der</strong> Grundschule, ich habe es schon angemerkt,erschreckende Zahlen: 40 % <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>haben Sprach- und Leseschwierigkeiten.Das sind übrigens nicht nur Migrantenkin<strong>der</strong>,es sind auch viele Kin<strong>der</strong>, die aus Deutschlandkommen und Schwierigkeiten haben.Das heißt, wir müssen uns nicht nur auf dieFamilie konzentrieren, son<strong>der</strong>n auf das, wasnach <strong>der</strong> Familie und außerhalb <strong>der</strong> Familiesein wird.Schüler haben eine AG gegründet, das organisierendie selbst, und gehen ins Pfl egeheim.Ich begleite sie, damit sie nicht alleine sind,zumal in <strong>der</strong> Regel auch Rückfragen kommen.Das ist ja nicht immer ganz einfach, aber dassman zusieht, dass die Kin<strong>der</strong> das verarbeiten.Das ist das Projekt, was ich vorhin angesprochenhabe, Jung und Alt singen gemeinsam mitMenschen mit einer Demenz. Zum Teil sind dieJungen und Mädchen zehn bis 12 Jahre alt, dieMenschen mit Demenz sind mittendrin. DasProjekt wird professionell begleitet. Die habenauch einen Lie<strong>der</strong>hefter erarbeitet mit Erinnerungspflege, das heißt, wir haben Lie<strong>der</strong>textegeschrieben, Bil<strong>der</strong> dazu. Wie das so ist, dieÄlteren können diese Lie<strong>der</strong> alle auswendig, dieJüngeren brauchen die Lie<strong>der</strong>bücher.Sie bekommen dann auch etwas zurück. Dasist das, was ich sagte, wenn Sie sich engagierenund was tun, dann bekommen Sie auchviel zurück. Sie bekommen mehr zurück, <strong>als</strong>Sie geben, wenn eine Mutter kommt und sagt,Herr Niermann, ich will Ihnen eins sagen, Siehaben uns ein Stück Lebensqualität gegebenund dafür sind wir Ihnen dankbar. Was wollenSie noch mehr?Teilnehmerin: Die Frage interessiert mich amallermeisten, weil ich an einem Projekt arbeite,wo wir ein Nachbarschaftszentrum aufbauenwollen: Ehrenamt. Wie haben Sie die gekriegt?Sie haben etwas in die Zeitung gesetzt? Dasklingt so: bei uns haben wir das verbreitet, dasind die Ehrenamtlichen nur so hinzugeströmt.Günter Niermann: Nein, Sie müssen sehen,dass wir zwölf Jahre alt sind. Ein solches Projektbenötigt Zeit. Sie dürfen sich nicht selbstunter Druck setzen lassen, davon müssen Sieganz weg. Ich weiß, Träger wollen immer gernesehen, dass da ganz viele Leute kommen. Nein,Sie können nur das machen, was die Menschenwollen. Wenn Sie ihnen das Konzept vorgeben,dann kriegen Sie niemanden. Ein Beispiel: Ichmöchte mich engagieren, aber Sie sagen mirbitte nicht, von welcher Seite ich den Kaffeeeingießen muss. Dann kann man alles lassen.Das ist ein Prozess, <strong>der</strong> seine Zeit braucht. UndSie brauchen Mitstreiter. Sie brauchen Leute,die auch Persönlichkeiten sind, nach außengehen und das auch wirklich ernsthaft vertreten.Das muss auch eine ganz fundamentaleAufgabe <strong>der</strong> Politik sein, sich zu engagierenund einzulassen. Das dauert. Viele kommenauch und sagen, Mensch, ich habe gehört, dasist ein Altenclub. Nein, das ist ein <strong>Generationen</strong>treff!Sie müssen ständig in <strong>der</strong> Presse sein, das isteiner <strong>der</strong> wichtigsten Dinge, die Medien sindsehr interessiert, gute Sachen auch kostenfreizu bringen. Für soziale Projekte ist die Presseeigentlich immer zu haben. Sie müssen auf diePresse zugehen, sie einladen zu einer TasseKaffee und einem Gespräch. Natürlich kannman über die Presseveröffentlichung Leutegewinnen, aber Sie brauchen auch Multiplikatoren– und Zeit.Wir haben jetzt mit Lesepaten und allen, diedazugehören, 100 Ehrenamtliche. Das sprichtsich rum und wir stehen bestimmt jeden zweitenTag mit irgendetwas in <strong>der</strong> Presse. Dannlesen das die Leute, sie sehen es.Teilnehmerin: Bei so vielen Kin<strong>der</strong> und Jugendlichenhat man eine große Verantwortung. Wiemachen Sie das? Auch wegen <strong>der</strong> Sicherheit<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>.Günter Niermann: Wir schauen natürlich, aberwir können nicht in jeden hineingucken, waser treibt o<strong>der</strong> macht. Wir passen auf, dass wirnach Möglichkeit nicht jemanden haben, <strong>der</strong>mit pädophilen Neigungen herumläuft. Dasweiß man aber lei<strong>der</strong> nicht immer. Es ist bishernoch nie etwas vorgefallen, zumal wir die Leutekennen. Aber Sie können den Leuten immer nurvor den Kopf gucken, mehr geht nicht.Das polizeiliche Führungszeugnis wird vom Kin<strong>der</strong>gartenund von <strong>der</strong> Schule verlangt.Peter Stawenow: Mich beschäftigt noch mal<strong>der</strong> Gedanke, <strong>der</strong> auch das Thema dieserTagung heute ist. Sie haben eine breite Paletteaufgezeigt, wo Menschen unterschiedlicher<strong>Generationen</strong> einan<strong>der</strong> begegnen, auch lokalisiertdurch Veranstaltungen, bei denen manWünsche, Bedürfnisse und Interessen <strong>der</strong> Menschenaufnimmt. Das ist eine Möglichkeit.96 96Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201097


6Workshop IV AlltagsbegegnungenDas an<strong>der</strong>e sind ja Alltagsbegegnungen. Wennman sich das auf <strong>der</strong> Zunge zergehen lässt, istdas ja gerade das Gegenteil von dem, was Siedargestellt haben. Was sind Begegnungen imAlltag von Menschen unterschiedlicher <strong>Generationen</strong>?Die sind dann nicht lokalisiert o<strong>der</strong>teilweise lokalisiert. Nicht lokalisiert, das ist,wenn man sich in <strong>der</strong> Straßenbahn, Bus o<strong>der</strong>U-Bahn, beim Arzt, im Geschäft usw. begegnet.Alles hat seine Berechtigung und ist im Lebenvorzufi nden. Mich interessiert, wie tragen denndiese Begegnungen dazu bei, dass das Miteinan<strong>der</strong>an<strong>der</strong>s wird o<strong>der</strong> mehr Normalität einkehrt?Hat sich in ihrer Stadt das Miteinan<strong>der</strong><strong>der</strong> <strong>Generationen</strong> verän<strong>der</strong>t? O<strong>der</strong> wie tragenIhre Veranstaltungen o<strong>der</strong> Aktivitäten dazu bei,dieses Verhalten zu beför<strong>der</strong>n? Irgendwanntreffen sie sich einmal im Jahr beim Nachbarschaftstreff,aber ansonsten laufen sie an den364 an<strong>der</strong>en Tagen aneinan<strong>der</strong> vorbei.Teilnehmerin: Welche Bedeutung haben diese Projektefür den Alltag? Das ist ja kein Zufall, dass HerrNiermann ein paar Projekte vorgestellt hat, die praktischden Hintergrund geben für den Alltag.Teilnehmerin: Vorhin wurde <strong>der</strong> Begriff 50 Plusnicht gut gefunden, ich weiß nicht, wie mandiese Generation sonst an<strong>der</strong>s nennen soll.Ich kenne viele Menschen, wenn sie so etwasüber 50 sind und aus irgendwelchen Gründennicht mehr arbeiten können, dann müssen sieaufgefangen werden. Ich gehöre <strong>der</strong> SeniorenvertretungCharlottenburg-Wilmersdorf an, wirwissen ja alle, dass wir in Berlin ein Seniorenmitwirkungsgesetzhaben, wir machen <strong>als</strong>oauch die Beratungen. Da kommen oft Seniorenzu uns bzw. noch nicht einmal die Senioren,denen das passiert ist, son<strong>der</strong>n es kommenoft die Kin<strong>der</strong> o<strong>der</strong> Pfl egende, die feststellen,dass Vater o<strong>der</strong> Mutter nach <strong>der</strong> berufl ichenTätigkeit in ein ganz tiefes Loch fallen, wennsie plötzlich mit 65 o<strong>der</strong> früher in Pension o<strong>der</strong>in Rente gegangen sind. In diesen Netzwerkenist es wichtig, dass man die Menschen auffängt,damit sie langsam, aber sicher in dasAlltags- o<strong>der</strong> Altersleben hineinwachsen. Dasfi nde ich gut, dass es immer wie<strong>der</strong> Initiatorengibt, wie auch Sie, Herr Niermann, die solcheNetzwerke o<strong>der</strong> Treffs, Seniorentreffs o<strong>der</strong>Seniorenclubs nennen wir das bei uns in Berlin,organisieren.Es ist ja nicht nur eine Beschäftigung für denEinzelnen, denn man nimmt ihn ja auch inVerantwortung, denn sie müssen ja auch verlässlichsein, wenn sie einzelne Projekte dortdurchführen wollen. Das brauchen die älterenMenschen auch. Sie wollen zwar nicht in einePartei o<strong>der</strong> in einen Verein eintreten, das istrichtig, aber wenn sie sich an einem Projektbeteiligen, egal, ob Nähen, im Kin<strong>der</strong>garten,Malen, ein Buch schreiben, einen Film drehen,dann strukturieren sie damit ihren Alltag, damitdiese Menschen, die das Gefühl haben, sie fallenin Loch, noch weiterhin an <strong>der</strong> Gesellschaftteilhaben können.Günter Niermann: Ja. Wobei sich die Motivationsgrundlagevon den Älteren o<strong>der</strong> Vorruheständlerngegenüber früher geän<strong>der</strong>t hat.Teilnehmerin: Richtig, genau. Die haben nurwas angeboten. Aber jetzt wollen wir ja, dasssie selber aktiv sind – und rechtzeitig damitanfangen.Günter Niermann: Entscheidend ist auch noch,dass das kein Konzept vorwegnimmt.Eva-Maria Antz: Wir wollen noch deutlicherschauen, wie <strong>der</strong> Alltag funktioniert.Nicht nur die Begegnung, son<strong>der</strong>n wie wird dasauch im Lernen im Alltag. Ich glaube, das wirddie schwierige Frage. Solche Projekte könnengerade für Einrichtungen wie Stadtteilzentrendie Menschen erst einmal locken, egal, welcherAltersgruppe. Projekte sind Gelegenheiten,etwas auszuprobieren, Gruppen auszuprobieren,eine Möglichkeit, Beziehungen zu knüpfen.Ich ergänze, dass dadurch auch Netzwerkeentstehen können, Projekte liefern da einenBeitrag, auch dafür, dass Struktur im Alltag entsteht,denn Projekte bringen nicht nur Strukturfür den Einzelnen, son<strong>der</strong>n sie bringen aucheine Struktur in den Alltag einer Einrichtung.Dadurch gibt es Anhaltspunkte, warum maneinen Anlass hat, in eine Einrichtung zu gehen.Das, um zurechtzurücken, dass Projekte nichtwas ganz an<strong>der</strong>es sind, son<strong>der</strong>n dass sie diesenAlltag öffnen und befruchten können.Teilnehmer: Ich wollte die Projekte gar nichtschlechtreden, son<strong>der</strong>n nur sagen, dass wirden Fokus nicht auf Projekte legen und den Alltagvergessen sollten. Mit dem Begegnungsortvon <strong>Generationen</strong> ist überhaupt <strong>der</strong> Rahmengeschaffen worden, die Angst zu überwinden,mit Menschen aus an<strong>der</strong>en <strong>Generationen</strong> o<strong>der</strong>mit an<strong>der</strong>en Hintergründen im Austausch undim täglichen Kontakt zu sein. Das hat erst denNährboden geschaffen, um auch Projekte zumachen.Teilnehmer: Zu 50 Plus: <strong>als</strong>o Menschen von 50bis 86, das ist eine wahnsinnige Bandbreite. DieMenschen sind völlig unterschiedlich in ihrerLeistungsfähigkeit, einer ist fi t, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e istkrank, einer hat gesundheitliche Probleme undbraucht Unterstützung, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e kann nochganz gut leben, <strong>der</strong> eine ist wohlhabend, reichund gebildet, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e ist arbeitslos o<strong>der</strong> hateinen nicht qualifi zierten Job. Wir haben es <strong>als</strong>omit einer wahnsinnigen Vielfältigkeit zu tun.Wenn wir es schaffen, auch für diese VielfältigkeitRäume zu bieten, wo sie sich einbringenkönnen, dann tun wir ganz viel und das ist nichtimmer nur Bildung und Wissen, was transportiertwird. Ich glaube, eine zentrale Ressourceist Zeit. Diese Menschen haben Zeit, egal, obsie arbeitslos sind und mit 50 gerne wie<strong>der</strong>einen Job hätten, o<strong>der</strong> ob sie 60 o<strong>der</strong> 70 sind,sie haben Zeit und wollen die einbringen.Peter Stawenow: Um bei deinen Gedankennoch mal anzuknüpfen, das ist ja genau das,<strong>als</strong>o wir leben ja nicht alle in einem luftleerenRaum, son<strong>der</strong>n wir nehmen ja Raum und Platzein. Begegnungen fi nden überall statt, beim98 98Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 201099


6Workshop IV AlltagsbegegnungenArzt, in <strong>der</strong> Straßenbahn, usw., das sind allesRäume. Es gibt beson<strong>der</strong>e Räume, wo dieseBegegnung ermöglicht wird, zum Beispiel einStadtteilzentrum o<strong>der</strong> ein Mehrgenerationenhaus.Trotzdem gibt es auch Rückzugsräume.Je<strong>der</strong> hat das Recht, seinen eigenen Raumzu haben, aber dann auch wie<strong>der</strong> Raum, woBegegnungen stattfi nden können.Teilnehmerin: Normalität ist für uns wahrscheinlichetwas an<strong>der</strong>es <strong>als</strong> für einen Menschenmit Migrationshintergrund, die Normalität vonÄlteren ist an<strong>der</strong>s <strong>als</strong> die von Jüngeren. Wovonsprechen wir? An<strong>der</strong>erseits än<strong>der</strong>t sich dieNormalität ständig, deshalb bringen die Kin<strong>der</strong>den Älteren viel bei, <strong>als</strong>o es muss ganz Begriffsklärunggeben. Was wollen wir weitergeben?Warum?Susanne Besch: Es wurde mehrm<strong>als</strong> gesagt,dass es einen Raum für Alltagsbegegnungenbraucht. Es gab den Hinweis auf die Räume, wosich Menschen begegnen können.Es kann nicht nur den einen offenen Raumgeben, son<strong>der</strong>n es sind verschiedene Räumewichtig. Ihre Beispiele waren sehr stark, die verschiedeneAnlässe für Begegnungen zeigten.Das Beispiel mit dem Frühstück, das war einRaum, um miteinan<strong>der</strong> zu reden, <strong>der</strong> zur Verfügunggestellt wurde. Das ist ein sehr offenerAnsatz, es gibt nur das Stichwort Frühstück, esgibt eine Uhrzeit, ansonsten ist das nicht mo<strong>der</strong>ierto<strong>der</strong> nicht pädagogisch begleitet, son<strong>der</strong>nes ist ein Raum mit einem offenen Ansatz.Dann hatten Sie das Beispiel <strong>der</strong> Märchenstunde.Das ist ein Anlass, von dem ich sagenwürde, dass er generationsbezogen wirkenkann. Ich glaube, hier vermutet man, dassJugendliche alleine nicht zu einer Märchenstundekommen, <strong>als</strong>o Großeltern nehmen ihreEnkel mit o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> kommen alleine. Das istnicht das Patentrezept, aber es ist ein Beispielfür einen Anlass, <strong>der</strong> auf bestimmte <strong>Generationen</strong>wirkt.Dann hatten wir Sportveranstaltungen, das sindEvent-Ansätze, wo eine Gruppe was zusammenerlebt, zusammen agiert. Da kommen Festenoch dazu. Vielleicht können wir noch in <strong>der</strong>Runde fragen, welche Bedeutung Feste für eineintensivere Alltagsbegegnung haben.Das war <strong>der</strong> eine Strang, <strong>als</strong>o es braucht Raum,es braucht Anlässe. Sie haben immer von Bürgerinnenund Bürgern gesprochen, gar keine<strong>Generationen</strong> benannt. Ich glaube, dass es oftauch darauf ankommt, nicht ausschließlich dieLeute über ihre Generation, über ihr Alter, anzusprechen,son<strong>der</strong>n in an<strong>der</strong>en Räumen o<strong>der</strong> inan<strong>der</strong>en Gefügen.Teilnehmerin: Über das Interesse.Eva-Maria Antz: Ja, über ihr Interesse o<strong>der</strong> <strong>als</strong>Bürgerinnen und Bürger, auch <strong>als</strong> Reiselustigeo<strong>der</strong> auch <strong>als</strong> Leute, die Lust haben, Spiele zumachen, <strong>als</strong>o unabhängig von <strong>Generationen</strong>, siein ihrer Rolle o<strong>der</strong> in ihren Vorlieben anzusprechen.Und dann ist das Stichwort „generationssensibel“.Das ist zwar ein sperriges Wort, aberwenn man guckt, wie man sensibel den Raumfür verschiedene <strong>Generationen</strong> auch gestaltenkann, darauf achtet, dass die <strong>Generationen</strong>miteinan<strong>der</strong> auskommen können, das fi nde ich,ist eine Sensibilität, die es auch bei Professionelleno<strong>der</strong> Begleitenden, ob ehrenamtlich o<strong>der</strong>hauptamtlich, geben sollte, weil sie wichtig ist.Aber <strong>der</strong> Einstieg kann ja durchaus sein, sie <strong>als</strong>Bürgerinnen und Bürger o<strong>der</strong> <strong>als</strong> Reiselustigeo<strong>der</strong> Spiellustige anzusprechen.Ein Stichwort von dem Vortrag heute Morgenwar, dass gesagt wurde, dass für das miteinan<strong>der</strong>Lernen entscheidend ist, dass es einBeziehungsklima gibt, <strong>als</strong>o ein positives Klimazwischen den <strong>Generationen</strong>. Das ist einerseitsein sehr schwammiger Begriff, aber ich glaube,<strong>der</strong> hat was mit dem Alltag zu tun, wenn es einKlima gibt, wenn man willkommen ist, egal, wiealt man ist, dass ein Haus offen ist für verschiedene<strong>Generationen</strong>, so was ist spürbar un<strong>der</strong>leichtert den Alltag. Es wurden die Personengenannt, die begleiten. Ich würde das ergänzen,dass es oft wichtig ist, Personen zu haben, dieeine Art Brückenbauer sind, die den Zugangzu Jugendlichen haben zum Beispiel. Personen,die eine Kommunikationsfähigkeit habenund an<strong>der</strong>e mitnehmen, die Brücken bauen inan<strong>der</strong>e <strong>Generationen</strong> hinein.Noch was zu <strong>der</strong> Diskussion am Anfang, nämlichdie Frage, wer besetzt eigentlich den Raum.Das erste Bild war interessant, da hat sofortjemand gesagt, wie sieht das denn aus, wasnicht abwertend gemeint war, son<strong>der</strong>n fragend,<strong>als</strong>o wer hat hier eigentlich den Raum gestaltet?Sie haben gesagt, dass es auch Wohnzimmergenannt wird, es wirkt ja auch wie ein Wohnzimmer.Aber das spielt auch oft eine Rolle,wer sich da durchsetzt. Wer ist in <strong>der</strong> Gestaltung<strong>der</strong> Räume dominant? Verschließt das denRaum für an<strong>der</strong>e? Kommen dann Jugendlichegar nicht mehr rein, wenn das eine bestimmteAtmosphäre hat? Es ist auch nicht so einfach,die Balance hinzukriegen, dass mehrere <strong>Generationen</strong>sich wohl fühlen können und es trotzdemoffen ist. Inwieweit entstehen da Konfl iktedarüber? Wie werden diese Konfl ikte gelöst?Konstruktiv o<strong>der</strong> gar nicht?Teilnehmerin: Als ich neu war im Nachbarschaftszentrumbin ich in einen Raum gekommen,da war so eine hübsche kleine Gardineaus <strong>der</strong> Küche. Ich habe gedacht, wenn ichhier arbeite, muss die Gardine weg. Ich habe<strong>als</strong>o diese Gardine sofort entfernt. Ich dachte,wun<strong>der</strong>bar, jetzt können alle Leute von außenreinschauen, das ist viel besser. Mit dem Erfolg,dass diese Gardine mich 1 ½ Jahre begleitethat. Jede Gruppe, die da kam, fragte, wo dieGardine ist. Diese Gardine war für die Leuteirgendwie ganz wichtig.Peter Stawenow: Als wir das NachbarschaftszentrumBürger für Bürger in Mitte aufgebauthaben, da war genau dieser Aspekt wichtig.Menschen waren dort in einem Handarbeitszirkel,die die Gardinen hergestellt haben, an<strong>der</strong>eLeute waren im Malzirkel und haben Bil<strong>der</strong>gemalt. Da kann man unterschiedlicher Auffassungsein, wie die Bil<strong>der</strong> o<strong>der</strong> die Gardinen sind,aber damit haben die Menschen zum Ausdruckgebracht, dass es ihre Einrichtung ist, die sieselber ausgestaltet haben.Zu den Räumen: Man kann Räume auch <strong>als</strong> Lastempfi nden, die Last <strong>der</strong> Räume. Es wurde früherimmer gesagt, da war ein Nachbarschaftszentrumo<strong>der</strong> Stadtteilzentrum, das muss gefülltwerden, <strong>als</strong>o was bringen wir da rein? Dann gehtdiese ganze Diskussion los um dieses Selbstverständnisvon Raum nicht nur auf einen Raumo<strong>der</strong> auf ein Haus, Mehrgenerationenhaus, zu100Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 2010101


6Workshop IV Alltagsbegegnungenbeziehen, son<strong>der</strong>n Raum, das ist <strong>der</strong> Ort, wodie Begegnung stattfi ndet. Das kann auch dieStraße sein. Deswegen sind auch Streetworker-Projekte aufgelegt worden, die arbeiten dort, wodie Jugendlichen sind, nämlich auf <strong>der</strong> Straße.Auch eine Bushaltestelle ist ein Raum, wo mansich manchmal fragt, wie ist die Bushaltestellemit Graffi ti künstlerisch gestaltet, o<strong>der</strong> die Menschen,die vor <strong>der</strong> Kaufhalle stehen, das sindnicht nur Jugendliche, die mit <strong>der</strong> Bierfl aschein <strong>der</strong> Hand dort stehen. Räume sind nicht nurdurch die Äußerlichkeiten geprägt, son<strong>der</strong>n vonden Personen, die dort sind.Teilnehmerin: Dieses ganze intergenerativeLernen braucht viele Menschen, die eine sehrausgereifte Persönlichkeit haben. Ich fi nde, dasist eine sehr große AufgabeTeilnehmerin: Ich bin auch noch bei dem Raum,so stelle ich mir das im Nachbarschaftshausauch vor. Ich bin gedanklich noch bei diesen Alltagsbegegnungen.Wir haben darüber gesprochen,ob wir was pädagogisch anleiten o<strong>der</strong>steuern, wie wir die Personen vielleicht auchausbilden. Der Zwiespalt ist, zufällige Begegnungenzu ermöglichen, den Raum zu schaffen,damit da was entstehen kann, gleichzeitig aberden Anspruch zu haben, intergenerativ zu seinund das auf den Weg bringen zu wollen. Mitdem Raum alleine? Es war die Frage, wer diesenRaum gestaltet. Also über Kin<strong>der</strong>spielzeugstolpern, könnte böse Folgen haben, nämlichman kann sich ein Bein brechen. Also das ist garnicht so einfach, wirklich von einem Kleinkindbis zum Gehbehin<strong>der</strong>ten o<strong>der</strong> Hochbetagtenalle zusammenzubringen. Zwischen diesen beidenPolen bewegen wir uns immer, ungesteuertdiesen Raum zu geben, aber gleichzeitig auchAnsprüche zu haben.Teilnehmerin: Ich habe ja den Begriff Generationschon mal problematisiert und denke,dass Alltagsbegegnungen von <strong>Generationen</strong>,die nicht so weit auseinan<strong>der</strong> liegen, normalersind, Je weiter die auseinan<strong>der</strong> liegen, destoweniger normal sind sie. Da wir ja zumindestpartiell über relativ weit auseinan<strong>der</strong> liegendeAltersspannen sprechen, würde ich ketzerischvoraussetzen, dass es Alltagsbegegnungenalleine so gar nicht mehr gibt. Das ist die Ausgangslage,dass es diese Normalität nicht mehrgibt.Teilnehmerin: Alltagsbegegnung alleine reichtnicht, son<strong>der</strong>n ich bin für eine Kombination,so wie es in Stadtteilzentren o<strong>der</strong> MehrgenerationenhäusernProjekte gibt. Das ist eine Kombination,es gibt einen offenen Raum, wo dieMenschen sich zwanglos begegnen können undmachen können, was sie wollen, plus Angebote,die es gibt, Filme gucken zum Beispiel, damit dieLeute überhaupt ins Haus kommen. Ich denke,dass Jugendliche nicht ins Haus kommen,wenn es überwiegend von Senioren frequentiertwird. Es muss ein Haus sein, das Angebotefür verschiedene Zielgruppen hat. Darüber hinausbedarf es dann noch zusätzliche Projekte.Erwachsene unterschiedlicher Altersstufenkommen in dem Café ins Gespräch, weil sie vielleichtverschiedene Angebote im Haus genutzthaben. Die Jugendlichen und Kin<strong>der</strong> kommenmit den Erwachsenen o<strong>der</strong> Senioren im Cafénicht ins Gespräch, <strong>als</strong>o es bedarf diese dritteKomponente, nämlich die Projektarbeit. Je weiterdie Altersspanne ist, desto größer sind dieHemmungen und die natürlichen Hin<strong>der</strong>nissefür einen Austausch.Von daher braucht man diese Projekte, damitdie Menschen sich überhaupt kennen lernen.Teilnehmer: Ich denke auch, man braucht eineganz freie Interpretation für diesen Raum. DerStadtteil ist das Wohnzimmer, <strong>als</strong>o nicht dasStadtteilzentrum, das Nachbarschaftshaus, son<strong>der</strong>n<strong>der</strong> Baum, <strong>der</strong> da vor dem Haus steht, istmein Baum, den muss ich pfl egen, <strong>der</strong> Fußweg,den ich gehe, den gestalte ich selbst, und dieBank, die im Garten steht, ist meine Bank, usw.Diese Verantwortung für den öffentlichen Raum,ihn mit meinen Möglichkeiten zu gestalten. Alsodiese Begriffl ichkeit von Raum muss man ganzweit fassen. Dann entscheidet am Ende das Profil <strong>der</strong> Einrichtung, wie sie das umsetzt.Teilnehmer: Aber es gibt Bedingungen, die unsdas etwas leichter machen. Ich glaube, so einenRaum zu schaffen, wo die Begegnung stattfi n-den kann, das erleichtert uns die Begegnung.Ganz viele in <strong>der</strong> Gesellschaft haben verlernt,miteinan<strong>der</strong> zu kommunizieren, miteinan<strong>der</strong>Gedanken auszutauschen, miteinan<strong>der</strong> zu sprechen,diese Sachen sind verloren gegangen,die aber wertvoll sind für den Zusammenhalt<strong>der</strong> Gesellschaft. Im Alltag o<strong>der</strong> normal gibt esBegegnung, ohne dass man einen Zweck hat,son<strong>der</strong>n einfach nur lernen, wie sind die an<strong>der</strong>endrauf, wie reagieren sie auf jemanden.Da glaube ich, dass es eine günstige Bedingungist, wenn wir so einen Raum gestalten,<strong>der</strong> eben nicht von einer Gruppe geprägt ist.Da darf eben nicht die gehäkelte Gardinehängen, weil dann die Jugendlichen weg sind.Da darf nicht die Punkmusik laufen, weildann die Senioren weg sind. Ich brauche <strong>als</strong>obestimmte Regularien, die ziemlich klar sindund die auch jemand durchsetzt. Sie gelten,um offen für alle zu sein, jeden Tag und jedeStunde durchzuhalten. Das muss die Bedingungsein, dass <strong>der</strong> Raum 12 Stunden am Tagfür alle offen ist und nicht von einer Gruppebesetzt wird.Hella Pergande: Ich habe ja lange genug imNachbarschaftshaus gearbeitet und kenneauch solche Fragen, Wünsche und Gedankenund Diskussion. Ich wurde für Kin<strong>der</strong> eingesetztund arbeite jetzt für Menschen von 0bis 80. Für mich sind die Nachbarschaftstreffpunkteund Jugendzentren diese Rückzugsräume,die die jeweilige Generation o<strong>der</strong>Interessensgruppe für sich brauchen. Ich fi ndewichtig, dass nicht die Tür offen für alle ist,obwohl ich das ganz toll fi nde, son<strong>der</strong>n manmuss auch mal raus, damit es auch offen wirdfür die, die drin sind. Wenn man diese Verknüpfunghinbekommt und die drei Punkte,übereinan<strong>der</strong> lernen, dazu braucht es Mo<strong>der</strong>atoreno<strong>der</strong> Dolmetscher, miteinan<strong>der</strong> lernenund gemeinsame Erlebnisse, Straßenfeste,Events o<strong>der</strong> in die Kita gehen, dann ergibt sichalles an<strong>der</strong>e von selbst, auch Ehrenamtliche.Wir haben Jugendliche, die im Altersheim vorgelesenhaben. Da ist noch so viel Potenzial.Teilnehmerin: Ich kann nur diejenigen bitten,die verantwortlich sind in Stadtteilzentren, wirhaben eine ganz große Verantwortung, gerade102Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 2010103


6Workshop IV Alltagsbegegnungenin Bezug auf ältere Menschen. Seniorentreffswerden auch noch gebraucht, trotz <strong>der</strong> Stadtteilzentren.Und Jugendclubs werden auchgebraucht, da muss man noch viel mehr for<strong>der</strong>n.Wir müssen viele Angebote bringen fürMenschen, ob jung o<strong>der</strong> alt.Teilnehmer: Ich möchte auch gleich daraufantworten, Sie sprechen mir aus dem Herzen.Wir waren vorher ein Seniorenzentrum und diePolitik wollte dann ein Mehrgenerationenhaus.Das Publikum ist gleich geblieben, weil wir keinenSport für die Jugend machen. Weil es bis zu65 % Rentner in dem unmittelbaren Einzugsgebietgibt. Also das heißt, wir brauchen für dieseSenioren ein Angebot.Teilnehmerin: Wo ist das?Teilnehmer: In Marzahn-Süd, das StadtteilzentrumMosaik.Teilnehmer: Das Durchmischen gelingt unsnicht. Wir haben ein Malforum, da sind Seniorendrin, o<strong>der</strong> wir haben eine Veranstaltung,wo wir natürlich junge Leute reinlassen, selbstwas für Ältere singen, das machen wir genausowie Sie. Dort gelingt es uns nicht, beide <strong>Generationen</strong>zu bekommen. Nebenberufl ich binich Fotograf, da bin ich nur von jungen Leutenumgeben. Wenn man seine Freizeit schonvorher, <strong>als</strong>o bevor man das Rentenalter hat,mit jungen Leuten bzw. generationsübergreifendverbringt, dann kann ich keine Problemesehen, mit Älteren o<strong>der</strong> Jüngeren. Im Sportvereinklappt das auch. Wir müssen <strong>als</strong>o nur überdie Interessen gehen. Wenn wir Skat spielt,dann ist es egal, ob <strong>der</strong> Skatspieler 20 o<strong>der</strong>90 ist. Bei gemeinsamen Interessen spielt dieFrage nach dem Alter keine Rolle. Genausosehe ich das auch in vielen an<strong>der</strong>en Kursen,Malkurs, Handarbeitszirkel, warum soll dasein Unterschied sein, <strong>der</strong> eine hat mehr Fähigkeiten<strong>als</strong> <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e, aber ansonsten müsstees möglich sein. Was wir künstlich produzieren,uns ist es nicht gelungen, wir haben esversucht und wir haben die <strong>Generationen</strong> niezusammengekriegt. Wie gesagt, auch bedingtdurch das Einzugsgebiet, was ein Senioren-Wohngebiet ist.Teilnehmerin: Es braucht jemanden, <strong>der</strong> dieganze Sache auch managt. Es muss einenwichtigen Menschen geben mit Kompetenz undOffenheit. Aber es muss für alle Bedarfe irgendwieein Platz da sein. Da wollte ich einfachunterstützen, weil ich die Erfahrung gemachthabe, dass es dann auch gut funktionierenkann, wenn man so einen offenen Raum hatund jemand erst mal reinkommt und jemandheißt ihn willkommen.Eva-Maria Antz: Ein schönes Beispiel zu <strong>der</strong>Frage, die ich noch einbringen möchte: Waspassiert, wenn sich <strong>Generationen</strong> wirklichbegegnen, ob organisiert o<strong>der</strong> informell? Wirreden viel darüber, wie wir das machen können,aber warum eigentlich? Was ist <strong>der</strong> Nutzen bzw.<strong>der</strong> Gewinn davon?Ich habe ein paar Begriffe aufgeschrieben,würde das aber gerne noch ergänzen durchdas, was jetzt spontan noch mal kommt nachdieser Diskussion.Die Begegnung <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong> ist wichtig,um Vorurteile abzubauen, weil es durch denMangel an Begegnungen sehr schlichte Bil<strong>der</strong>gibt, wie die an<strong>der</strong>en sind. Dann das Lernenvon Kommunikation, das Lernen vom Umgangmit Menschen, die an<strong>der</strong>s ticken, an<strong>der</strong>s reden,an<strong>der</strong>s denken, an<strong>der</strong>s geprägt sind, dass mandas bei dem wichtigen Ziel von Zusammenhaltin <strong>der</strong> Gesellschaft ja irgendwo üben muss.Aus meiner Sicht ist das ein wichtiger Sinn vonintergenerationellen Begegnungen, nicht nur,man sieht sich, son<strong>der</strong>n wo so etwas wie Lernenund Verän<strong>der</strong>ung passiert.Dann: An<strong>der</strong>e Lebenswelten einsehen. Dasfi el heute Morgen auch mal. Dann würde ichsagen: Sensibilität im Umgang mit Altern,<strong>als</strong>o mit Alter, aber auch für Ältere im Umgangmit Kin<strong>der</strong>n. Ich möchte das nicht immer nurauf <strong>der</strong> Schiene haben, dass die Jungen lernen,wie man mit Älteren umgeht, son<strong>der</strong>nich glaube, eine Sensibilität im Umgang mitden unterschiedlichen Lebensphasen lerntman einerseits in <strong>der</strong> Familie, aber wenn dieFamilien auseinan<strong>der</strong> gerissen werden, ist dasLernfeld dort nicht mehr sehr groß, denn dieSchulklassen o<strong>der</strong> die Berufsgruppen sind oftgleichaltrige Menschen. Diese Sensibilität fürunterschiedliche Lebensphasen und die Menschen,die in diesen Phasen sind, das ist einwichtiger Sinn von intergenerationellem Lernen.Gibt es noch mehr?Teilnehmer: Das Erlernen und Erleben vonSelbstverständlichkeit und Engagement.Teilnehmerin: Kein Nebeneinan<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>nein Miteinan<strong>der</strong> praktizieren.Teilnehmerin: Ich würde da gerne noch denBegriff Konfl ikte mit reinbringen, nicht nur einharmonisches Miteinan<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n in diesenan<strong>der</strong>en Kontakten auch so was wie die eigenenGrenzen mitzukriegen. Es gibt ja Konfl ikte, esläuft ja nicht immer so verständnisvoll, reibungslosund harmonisch, sie sind eigentlich auch einZeichen für ein Miteinan<strong>der</strong>.Susanne Besch: Wir müssen lei<strong>der</strong> zumSchluss kommen.Es gibt drei Aussagen <strong>als</strong> Feedback. Sie entscheiden,was für Sie zutrifft:Sind Sie <strong>der</strong> Meinung, na ja, das war ein Anfang,aber eigentlich bin ich mit meinen Fragen nichtrichtig angekommen. Dann bleiben Sie sitzen.Eine Rückmeldung könnte sein: Ich bin zufrieden.Dann stehen Sie auf.Wenn Sie meinen, ich nehme wirklich mindestenseine Frage o<strong>der</strong> Erkenntnis mit, dann stehenSie und halten eine Hand hoch.Vielen Dank!104Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 2010105


Fachtag„Intergeneratives Lernen in Projekten und im Alltag von Stadtteilzentren“7AbschlussSchlussbetrachtungenvon Dr. Konrad HummelMeine Damen und Herren, liebe Freunde,ich bin gebeten worden mich in den Workshopsumzuschauen und zum Abschluss zu sprechenund Ihre Tagung mit drei, vier Thesen abzurunden.Das alles unter gebotenem Zeitdruck.Das <strong>Generationen</strong>verhältnis hat sich gedreht.Seit ziemlich genau zehn Jahren haben wireinen raschen Wandel.Schon <strong>als</strong> ich noch in Stuttgart tätig war, habenSchulprojekte die Frage aufgeworfen, waseigentlich Ältere an Vorsprung haben können,wenn es um heutige Handytechnologien geht?Es ist hoffnungslos. Es ist schon bei einem 20-Jährigen im Vergleich zu einem 8-Jährigen hoffnungslos- falls hier ein paar Hörer sitzen, dieglauben, sie seien noch nicht alt …Die Technologiewandlungen haben ein <strong>der</strong>artigesTempo angenommen, dass Wissen raschveraltet. Das hat auch was Tragisches. Daszeigt die Not <strong>der</strong>er, die älter werden und demZerfall <strong>der</strong> Autoritäten zuschauen müssen.In Deutschland hatten Geschichte und <strong>Generationen</strong>lange miteinan<strong>der</strong> zu tun. Das Alte hatteetwas zu tun mit <strong>der</strong> schwierigen deutschenGeschichte. Politisch hatte die Aufarbeitungauch etwas mit Alter zu tun. In <strong>der</strong> 68er Bewegungwurde durchaus rebelliert gegen das Alte,weil das Neue Aufbruch und Wachstum war.Haben wir heute größere <strong>Generationen</strong>konflikte? Ich denke nein.Aber wie man mit dem Alter zurechtkommt, dashat sich in <strong>der</strong> Tat gewandelt.Wir müssen die Defi nition des Alters nicht erstbei 60 o<strong>der</strong> 70 anfangen, wenn wir in einemIndustriestandort wie München in einigenBereichen ein Durchschnittsalter <strong>der</strong> Belegschaftvon 30 haben. Bei Bosch in Stuttgartliegt <strong>der</strong> Altersdurchschnitt bei 49. Das sinddrastische Unterschiede.Es wird fatale Folgen haben, wenn sich Verläufein Betrieben altersmäßig so entmischen, wennsich Arbeitserfahrungen entmischen.Wir werden neue <strong>Generationen</strong>konfl ikte bekommen.Nicht die alten, die historisch-politischbedingt waren in Deutschland, son<strong>der</strong>n neue,ökonomisch geprägte durch Technologie undähnliche Dinge mehr.Wir werden neue Entgrenzungen bekommen.Ich denke, die <strong>Generationen</strong>frage hat sich mitdeutlichem Tempo dadurch beschleunigt, dassdie ökonomisch-technologische Seite und diepolitisch-soziale Seite auseinan<strong>der</strong>driften.Wie hat vor kurzem die Welt reagiert, <strong>als</strong> wireine Ministerin bekamen, die gerade mal 33ist? Warum ist das eigentlich jung, wenn dasDurchschnittsalter in <strong>der</strong> Computerindustrie 30ist? Sie ist ja schon älter <strong>als</strong> 30. Alter ist relativ.Nicht nur die entsprechende Industrie wirbt mitBil<strong>der</strong>n von 54-Jährigen neben 25-Jährigen,dass man sich fragt, wer jünger aussieht.Wenn Sie durch die Straßen gehen, werdenSie feststellen, dass da die pharmazeutischeIndustrie inzwischen damit wirbt, dass die Gentechnologieein Young-Gen erforscht hat, wasdazu führen wird, dass man äußerlich ewigjung bleibt.Ich erzähle Ihnen das nur <strong>als</strong> Blitzlichter, dasses Alt und Jung überhaupt nicht mehr gibt. Esist ein pädagogisches Konstrukt. Aber es gibt„älter“ in verschiedenen Formationen, es gibt„jünger“ in verschiedenen Formationen. Technologischganz an<strong>der</strong>s <strong>als</strong> sozial, politisch wie<strong>der</strong>uman<strong>der</strong>s strukturiert.Das bedeutet, dass wir entsprechend je<strong>der</strong>Kultur zu verschiedenen Verschiebungen kommen.Die Ordnung <strong>der</strong> Dinge, wie die Franzosensagen, ist ordentlich entgrenzt worden. Das hatzur Folge, dass etwas sehr Dialektisches passiert.Wenn beispielsweise die Arbeitsgruppe vomStuttgarter Schulbeispiel über Normalisierungdes Du und Sie in <strong>der</strong> Ansprache nachdenktund diskutiert, dann signalisiert das ja auchdie ordentlichen Verhältnisse, wo das Du unddas Sie klar ist. Das sind Rituale, die kulturellgeprägt sind.Ich denke, es wird eine Zeit kommen, wo wirfroh sein werden, dass wir überhaupt Ritualehaben.Wir werden für die KommunikationsstrukturRollen und Anrede brauchen, die wir jetzt nochmeinen abbauen zu müssen. Ohne Ordnungkönnen Diskussionen über bekannte Strukturenhinweg nicht erfolgreich laufen. Das wäreein innergesellschaftliches Babylon.Das heißt, Kommunikation braucht eine erwartbareStruktur. Zu verstehen, was an<strong>der</strong>e meinen,wenn jemand etwas sagt, was es bedeutet.Warum will die türkische Kin<strong>der</strong>gärtnerin partoutnicht mit Handschlag begrüßt werden?Was innerdeutsch <strong>als</strong> Unverschämtheit gilt, istinnertürkisch aber nun mal so zwischen Mannund Frau. Die Anredekulturen sind verschieden.Das ist ein ethnisches Beispiel, es gibt aberauch generative Unterschiede:Das ist meine erste These. Wir werden zwischenden <strong>Generationen</strong> Strukturen und Kommunikationsordnungenbrauchen, notfalls müssen wirsie festlegen.Der zweite Punkt betrifft den Ort, wo wir wohnenund wo gelebt wird. Er wird im Zuge <strong>der</strong>globalen Entwicklung und <strong>der</strong> Relokalisierung<strong>der</strong> Aufmerksamkeiten wie<strong>der</strong> wichtiger. Jeälter die Menschen sind, je geringer die Mobilitätist, je kleiner die Kin<strong>der</strong> sind und je stärkerdie globalen Verhältnisse wirken, desto wichtigerist <strong>der</strong> Ort <strong>der</strong> Begegnung. Das muss nichtunbedingt ein Haus sein. Es kann <strong>der</strong> Stadtteil,<strong>der</strong> Wohnort o<strong>der</strong> die Struktur sein. Nur, an diesemOrt <strong>der</strong> Begegnung sind die <strong>Generationen</strong>mit ihrer unmittelbaren Kompetenz aufeinan-106 Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 2010107


7Abschlussvortrag<strong>der</strong> angewiesen. Der Tante-Emma-Laden z.B.spielt diese Rolle, sonst trägt er sich nicht.Kin<strong>der</strong>gärten in wechselnden Stadtteilen werdenheutzutage nicht auf Dauer überleben,wenn sie am Wochenende nicht auch offen fürSeniorenclubs sind. Noch sind wir viel zu wenigfür solche Dinge eingerichtet, noch haben wirviel zu traditionelle För<strong>der</strong>richtlinien. Aber wirwerden völlig fl exible Orte brauchen, die immerwichtiger werden im intergenerativen <strong>Dialog</strong>.Sie werden allerdings an<strong>der</strong>s wichtiger, nichtnur mit ihrem Profi l, <strong>der</strong> Seniorenclub, <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>garten,die Begegnungsstätte, das Treffen<strong>der</strong> Mütter, was auch immer. Sie werden offenerwerden müssen.Da will ich anspielen auf eine Diskussion, dieich zum Beispiel in <strong>der</strong> Arbeitsgruppe 3 inErinnerung habe, wo es um das FrankfurterMedienprojekt ging. Es wurde dort darauf hingewiesen,dass es beson<strong>der</strong>s um Wertschätzunggeht. Da wird man kurz nachdenklich.Warum ist das zwischen den <strong>Generationen</strong>etwas Beson<strong>der</strong>es?Im Spiel zwischen Unterschied und Gemeinsamkeitist <strong>der</strong> kleinste gemeinsame Nennerdie Wertschätzung. Warum ist das ein Generationsthema?Das ist ein Thema zwischenMann und Frau, ein Thema zwischen gesundund nicht gesund, behin<strong>der</strong>t und nicht behin<strong>der</strong>t,das ist ein Thema zwischen deutsch undnichtdeutsch. Es ist ein generelles Integrationsthema.Es geht nicht nur um <strong>Generationen</strong>,es geht um die Mitte <strong>der</strong> Gesellschaft.In Augsburg haben wir ein KompetenzzentrumIntegration gegründet mit genau diesem Ansatz:Migrationsfragen, Inklusionsfragen, Fragen umgesund und krank, arm und reich. Wissen Sie,wer uns eins auf die Rübe gegeben hat? DasJugendwerk. „Wir müssen nicht integriert werden.Integration ist etwas für Behin<strong>der</strong>te“, wiesensie uns zurecht.Ich sage aber: künftige Gesellschaften in ihrerzentrifugalen Tendenz zwischen Arm und Reich,zwischen den Gruppen, zwischen den Milieus,werden intensive integrative Bemühungen brauchen.Das wissen wir schon in den Wohnquartieren,wo es zentrifugale Tendenzen gibt. DieIntegrationsaufgaben betreffen alle <strong>Generationen</strong>und alle Strukturen gleichermaßen.Wir brauchen pfi ffi ge Konzepte, wie wir freiwilligeIntegration ermöglichen, die gleichzeitig soviel Abgrenzung wie nötig erlaubt.Dritte Bemerkung: Wir wissen heute genauwie vor zehn Jahren, dass wir mit dem Alter– mit dem entsprechenden Geburtstag – nichtan<strong>der</strong>s werden. Das klingt banal, es hat aberFolgen. Wir wissen, dass in zehn Jahren dastraditionelle Milieu schlichtweg nur noch 1/3betragen wird. Also mit dem Älterwerdenschiebt sich eine völlig neue Struktur von Wertenins Alter. Auch Sie nehmen diese Werte mit,Sie werden nicht traditionell, wenn Sie altern,son<strong>der</strong>n Sie nehmen Ihre Werte mit.Wir wissen das längst, natürlich, wie die imFernsehen tätigen Leute zum Beispiel vor kurzemeinen Film über eine Rockband im Altenheimgezeigt haben. Das ist aber nicht nur eineAnekdote, das wird unseren Lebensstil prägen.Die Performer im Altersheim wirbeln die klassischeAltenhilfe hoffentlich total durcheinan<strong>der</strong>.Dass in den letzten 50 Jahren Versorgungsqualitätgewährleistet wurde, das darf man nichtvergessen und schlecht reden. Aber die Versorgungsstrukturund das Milieu, das kommenwird, wird völlig an<strong>der</strong>e Ansprüche stellen. Diezukünftigen Alten werden lieber ganz bescheidenin Berlin wohnen, aber sich eine Ferienwohnungan <strong>der</strong> Ostsee leisten, damit sie dort anzwei Wochenenden sind, so wie die Reichen aufMallorca. Das ist nicht die Ausnahme, son<strong>der</strong>ndas ist <strong>der</strong> Wunsch, wenn es ökonomisch möglichwäre, dann würden das alle machen.Es steckt ein bestimmtes Wertemuster drin undeine Riesenchance, denn alle Kreativprojekteprofi tieren von diesem Milieu.Nun kommt <strong>der</strong> Schluss. Längst bildet sich eineneue Generation <strong>der</strong> 20- bis 35-Jährigen, dieman schon ganz an<strong>der</strong>s bezeichnet. Wenn wirjetzt die Zeit hätten, würde ich mit Ihnen darüberdiskutieren, mit welchen Begriffen darübergerade diskutiert wird. Ich sage mal salopp:man sieht diese Altersgruppe <strong>als</strong> eine Generation,die durch die Grundwerte hindurch surft.Da passt nichts mehr zwischen rechts und links,Ost und West, gut und schlecht, gelb und grün.Die nehmen sich, was sie brauchen.Mich <strong>als</strong> dogmatischen 68er empört daszutiefst, ich habe nur keine Chance. Und dieseGeneration kommt mit tödlicher Sicherheit. Esgibt sie heute schon in diesem Alterssegmentum die 20. Mit an<strong>der</strong>en Worten: Es wird eineneue Wertorientierung im Alter geben. Eigentlichdie Chance für Ihre Projekte, die ihrer Zeitimmer schon weit voraus waren. Aber es wirdeinen neuen Bruch geben zu einer neuenGeneration, <strong>der</strong>en Werte sich nur pragmatischbestimmen.108Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 2010109


7AbschlussvortragDaher will ich die dritte These den Wandel vomintergenerativen zum intragenerativen <strong>Dialog</strong>nennen. Das heißt, wir werden innerhalb <strong>der</strong>Altersgruppen noch deutlichere Unterschiedekriegen. Es wird wahrscheinlich zwischen denPerformern, die 70 Jahre alt sind, und denen,die 40 Jahre alt sind, <strong>als</strong>o relativ gut ausgebildet,mehr Zusammenhalt geben <strong>als</strong> zwischentraditionellen 70-Jährigen, mo<strong>der</strong>nen 70-Jährigenund sozial orientierten, auch politisierten70-Jährigen. Die haben mehr Schwierigkeitenmiteinan<strong>der</strong>. Es wird innerhalb dieser Altersgruppe,innerhalb dieser Generation, deutlichereUnterschiede geben in Einstellungen,Lebensstil, Haltung etc.Wir müssen uns bei intergenerativen KonzeptenGedanken machen, wie wir die Solidaritätinnerhalb <strong>der</strong> älteren <strong>Generationen</strong> einbisschen unterstützen können. Das ist keinThema von Pappe. Wir kennen es alle, wenn esum Demenzbelastungen geht.Viertens die Frage: Wo landen wir?Angenommen, ich fasse noch mal zusammen,dass wir erstens eine Entmischung aller Generationsstrukturenhaben, technologisch vorauseilend,sozial hinterhereilend; inzwischengibt es eine europäische Gleichheit, aber Ritualeund Kommunikationsformen müssen wirfestlegen, damit wir miteinan<strong>der</strong> kommunizierenkönnen. Zweitens eine Wie<strong>der</strong>belebung <strong>der</strong>Orte, des Lokalen, allerdings mit einer Tendenzzur Frage, was die Mitte <strong>der</strong> Gesellschaft ist.Drittens neue Milieus im Sinne von Hineinwachsenin eine zukünftige Lebensspanne, -dann komme ich zur Frage, was das eigentlichstrategisch bedeutet?Ich fi nde die Projekte, die hier vorgestelltwurden, toll, viele davon kenne ich sehr gutund schätze sie sehr. Auch das Projekt ausMagdeburg habe ich mir mit großem Respektangeschaut und angehört, es ist faszinierendund vielgesichtig. Man kann auch schnoddrigsagen: Ein stinknormaler, typischer, fi tterSeniorentrupp. Die organisieren alles, übermorgenorganisieren sie möglicherweise dieStadtverwaltung. Das ist nichts an<strong>der</strong>es <strong>als</strong>effi ziente, pragmatische Organisation. Ichbetone im Augenblick ein bisschen ironischdiesen pragmatischen Aspekt, bei allemRespekt vor Magdeburg. Genau dieses istdie Kompetenz einer älteren Generation, dienach dem zweiten Weltkrieg auch die Trümmerbergewegorganisiert hat. Genau diesepragmatische Kompetenz am Leben zu erhalten,das ist wahrscheinlich in künftigen Zeitendurchaus wichtig. Aber diese pragmatischenProjekte brauchen auch das Nachdenkenüber Entwicklungen, brauchen das Nachdenkendarüber, was tut sich in <strong>der</strong> Gesellschaft,wie verschiebt sich die Mitte, wie halten wirGesellschaft zusammen? Denn es geht nichtnur um Organisieren. Es geht auch darum,zu welchem Zweck wir Dinge und Menschenzusammenbekommen, nämlich damit MenschenMut fassen, ihre Aufgaben im Lebenselber zu lösen. Also mit an<strong>der</strong>en Worten: Icherinnere zum Schluss daran, dass intergenerativeProjekte in einem großen Strom <strong>der</strong>gesellschaftlichen Entwicklung sich zwischendrinimmer wie<strong>der</strong> die Fragen stellen müssenund dürfen, wozu sie etwas machen, damit<strong>der</strong> Sinn gesellschaftlich erhalten bleibt. Alsonicht nur die Technik des Tuns, son<strong>der</strong>n wozuman etwas tut, damit Gesellschaft zusammenbleibt,denn schließlich machen wir das nichtfür Dritte, son<strong>der</strong>n für uns selber.Bei allen Projekten gilt eines: Demografi ebedeutet zuerst einmal, dass wir selber unentrinnbarälter werden. Wir nehmen die Werte mit,aber wir brauchen immer wie<strong>der</strong> das Gefühl,dass die, die nach uns kommen, und die, dieneben uns sind, sich nicht zu weit entfernen,damit Gesellschaft ihren Zusammenhalt behältund dadurch auch in <strong>der</strong> Lage ist, pragmatischpfi ffi ge Ideen zu organisieren.110Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 2010111


8FotogalerieFachtag Intergeneratives Lernenam 26. Februar 2010im Nachbarschaftshaus Urbanstraße112 Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 2010113


8Fotogalerie‚Pausengeflüster‘Alle Fotos: Dani Mansoor114 Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 2010115


9TeilnehmerNachname Vorname Organisation WebNachname Vorname Organisation WebAdam Joachim Stadtteilzentrum „Mosaik“ www.wuhletal.deAlberding Ingrid Nachbarschaftsheim Mittelhof e.V. www.mittelhof.orgAmrhein Volker Projektebüro „<strong>Dialog</strong> <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong> www.generationendialog.deAntz Eva-Maria Fachfrau für Erwachsenenbildung www.mitarbeit.deAubron Elke Kreuzberger Stadtteilzentrum www.nachbarschaftshaus.deBarz Ute Nachbarschafts- und Familienzentrum Finchleystr. www.ahb-berlin-sued.deBesch Susanne Projektebüro „<strong>Dialog</strong> <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong>“ www.generationendialog.deBeyer Irene Nachbarschaftshaus <strong>der</strong> Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH www.pfefferwerk.netBiernath Annett degewo, Stadtteilmanagement www.degewo.deBittner Eva Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V. www.nbhs.deBlohm Theda Kreativhaus e.V. www.kreativhaus-berlin.deBraig Isabel Nachbarschaftshaus Urbanstraße www.nachbarschaftshaus.deBrandt Andrea Freiwilligenagentur KreuzbergFriedrichshain www.die-freiwilligenagentur.deBünger Stephan offensiv‘91 e. V. www.offensiv91.deCelebi Sibel Nachbarschaftstreff Marienfelde www.ahb-berlin-sued.deClausen Jens <strong>Generationen</strong>theater IKARUS www.nachbarschaftshaus.deErler Juliane Freiwilligenagentur Pankow www.frei-zeit-haus.deFenster Elke Moabiter Ratschlag e.V./Stadtschloss Moabit www.moabiter-ratschlag.deFerenz Hans Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V. www.nbhs.deFilipczyk-Lüdemann Petra Frei-Zeit-Haus e.V. www.frei-zeit-haus.deFranke Anne Fanny-Leicht-Gymnasium Stuttgart www.fanny-leicht.deFranz Julia Universität Erlangen-Nürnberg www.uni-erlangen.deFritsch Rainer-Maria Senatsverwaltung für Integraton, Arbeit und Soziales www.berlin.deFröhlich Monika Mehrgenerationenhaus Kiezoase www.pfh-berlin.deFurler-Zantop Hildegard Seniorenvertretung Charlottenburg-Wilmersdorf www.berlin.deGanama Lina Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V. www.nbhs.deGautsch AngelikaGeffers Eva ZeitZeugenBörse www.zeitzeugenboerse.deGleich Verena Kompetenz-Zentrum Interkulturelle Öffnung <strong>der</strong> Altenhilfe www.kom-zen.deGodulla Reinhilde Verband für sozial-kulturelle Arbeit, Projekt Network www.spinnenwerk.deGruschke GünterGruschke GiselaGrzybon Kathrin Freiwilligenagentur Kreuzberg-Friedrichshain www.die-freiwilligenagentur.deHagemann Christa Nachbarschaftshaus Urbanstraße e.V. www.nachbarschaftshaus.deHeld Wolfgang Werkhaus Ani-Rost www.werkhausantirost.deHilger Matze Theater <strong>der</strong> Erfahrungen www.nbhs.deHilla-zur Horst Renate Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband www.paritaet-berlin.deHofbauer Claudia Nachbarschaftsheim Mittelhof www.mittelhof.orgHoffmann Sabine Galluszentrum Frankfurt www.galluszentrum.deHolland-Letz Katrin Bürgerhaus e.V. www.buergerhaus-ev.deHummel Konrad www.nbhs.deJennrich Susanne Beamten-Wohnungs-Verein zu Köpenick eG www.bwv-zk.deKaiser Johanna Alice-Salomon-Hochschule Berlin www.ash-berlin.euKaddar Georg Nachbarschaftsheim Mittelhof Berlin e.V. www.mittelhof.deKettler Christina NUSZ e.V. www.nusz.deKöcher Ursula Nachbarschafts- und Begegnungsstätte Club Spittelkolonnaden www.frauen-dfb.deKonermann Marianne Nachbarschaftsheim Schöneberg e.V. www.nbhs.deKrause Cordula Stadtteilzentrum „Pestalozzi-Treff“ www.mut-gesundheit.deKubisch Sonja FU Berlin www.fu-berlin.deLämmer Eveline Kubus gGmbH www.kubus-berlin.deLehmann Timm Nachbarschaftsheim Mittelhof www.mittelhof.deLewek Christof Frei-Zeit-Haus e.V. www.frei-zeit-haus.deLiefke Helmut Paul-Gerhardt-Kirchengemeinde Bln-Spandau www.paulgerhardtgemeinde.deLöhnert Eberhard Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband www.paritaet-berlin.deMansaray Peter YODWMarreel Iris Projektebüro „<strong>Dialog</strong> <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong> www.generationendialog.deMarxSibylleMeinschenk Gisela Magdeburger Seniorenvertretung www.seniorenvertretung-md.deMentele Bernd Nachbarschaftshaus Orangerie www.kiezspinne.deMond Helga Werkhaus Ani-Rost www.werkhausantirost.deMüller Ingrid Nachbarschaftszentrum „Bürger für Bürger“ www.volkssolidaritaet-berlin.deNaber Sabrina Nachbarschaftshaus am Lietzensee www.nbh-lietzensee.deNeuhaus Maike SEKIS www.sekis.deNeumüller Rosa Nachbarschaftshaus Urbanstraße e.V. www.nachbarschaftshaus.deNiermann Edeltraud GTE-Enger www.generationentreff.deNiermann Günter <strong>Generationen</strong>treff Bielefeld www.generationentreff.de116 Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 2010117


9TeilnehmerUnser Dank*Nachname Vorname Organisation WebDanksagungPergande Hella VskA, Projekt Outreach www.outreach-berlin.dePreißer Ulrike NachbarschaftsEtage Fabrik Osloer Straße www.fabrik-osloer-strasse.dePriewe Wolfgang Werkhaus Anti-Rost www.werkhausantirost.deFür die fi nanzielle Unterstützungdes Fachtages danken wir herzlichdem Paritätischen Wohlfahrtsverband LV Berlin.Raabe Ricarda Selbsthilfezentrum Eigeninitiative www.ajb.deRansch Hilmar DPW Seniorenbüro www.paritaet-berlin.deRasulis Cornelia Paritätischer Wohlfahrtsverband LV Berlin e. V. www.paritaet-berlin.deReichert Susanne Baugenossenschaft IDEAL www.ideal.deIn <strong>der</strong> Erstellung <strong>der</strong> <strong>Dokumentation</strong>unterstützte uns beson<strong>der</strong>s tatkräftig Herbert Scherer,ganz herzlichen Dank dafür!Reichert Thomas Pastor EFG Berlin-Marzahn www.befg-bb.deRohde Grit offensiv‘91 e. V. www.offensiv91.deRunge Markus Nachbarschaftshaus Urbanstraße e.V. www.nachbarschaftshaus.deSchaal Monika Nachbarschaftshaus <strong>der</strong> Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH www.pfefferwerk.netSchabacker-Bock Marlis Universität Ulm www.uni-ulm.deScheffen Hinrich NUSZ e.V. www.nusz.deScherer Herbert Verband für sozial-kulturelle Arbeit www.stadtteilzentren.deSchlimper Dr. Gabriele Der PARITÄTISCHE Wohlfahrtsverband LV Berlin e. V. www.paritaet-berlin.deSchochert Edeltraud Magdeburger Seniorenvertretung www.seniorenvertretung-md.deSchönbauer Markus Bürgerhaus e.V. www.buergerhaus-ev.deScholze Daniela Nachbarschaftshaus <strong>der</strong> Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH www.pfefferwerk.netScholz-Thies Viola Gemeinwesenverein Heerstraße Nord e.V. www.treffpunkt-heerstrasse.deSpotka Gerlinde Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales www.berlin.deStawenow Peter Sozialwerk Berlin e.V. www.bagso.deStötzner Karin SEKIS www.sekis.deStuhl Ingrid NUSZ e.V. www.nusz.deSun<strong>der</strong> Plaßmann Birgit NHU Qualifi zierung und Beschäftigung www.nachbarschaftshaus.deSuwandhi Erik Fanny-Leicht-Gymnasium Stuttgart www.fanny-leicht.deTavangarian Badri Moabiter Ratschlag e.V./Stadtschloss Moabit www.moabiter-ratschlag.deTeßmer Ina Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales www.berlin.deTresenreuter Käte Sozialwerk Berlin e.V. www.bagso.deVollmayr Sarah Nachbarschaftshaus am Lietzensee www.nbh-lietzensee.deWeiß Katharina Projektebüro „<strong>Dialog</strong> <strong>der</strong> <strong>Generationen</strong>“ www.generationendialog.deWinter Matthias Nachbarschaftshaus Urbanstraße e.V. www.nachbarschaftshaus.deYounis Djamila Mehrgenerationenhaus KREATIVHAUS e.V. www.kreativhaus-berlin.de118 Fachtag „Intergeneratives Lernen“ 2010119


ImpressumDie Tagungsdokumentation wirdherausgegeben vom:Verband für sozial-kulturelle Arbeit e.V.Tucholskystraße 1110117 BerlinTelefon: 030 280 961 03Fax: 030 862 11 55Email: bund@sozkult.deInternet: www.vska.deRedaktion:Markus RungeGestaltung:hulitschke mediengestaltung(g_hulitschke@gmx.de)Druck:Pro Business digital printing Deutschland GmbH(www.pro-business.de)120

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