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Computer-Aided Immunofluorescence ... - Universität zu Lübeck

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| Christian Bonah: Fortschritt und Fortschrittsglaube<br />

Abb. 6: Zeitungsbericht 1930 Abb. 7: Gerichtssaal <strong>Lübeck</strong> 1931<br />

Gericht nicht berufen ist, medizinisch wissenschaftlich über<br />

Wert oder Unwert des Calmette-Verfahrens und über das<br />

Wesen des BCG <strong>zu</strong> urteilen. Wohl aber ist das Gericht berufen<br />

und nach den Ergebnissen der Beweisaufnahme auch in<br />

den Stand gesetzt, darüber <strong>zu</strong> entscheiden, ob diese Möglichkeit<br />

eines Rückschlags praktisch bei den Vorgängen in<br />

<strong>Lübeck</strong> <strong>zu</strong> Raum kommt. […] Diese Frage verneint das Gericht<br />

[…] da ein solcher Rückschlag, wenn überhaupt, jedenfalls<br />

nur sehr selten vorkommt. […] Andererseits … die<br />

Verhältnisse, unter denen hier in <strong>Lübeck</strong> die BCG Kulturen<br />

gezüchtet wurden, bargen unverkennbare, außergewöhnliche<br />

Gefahrenquellen. […] Auf Grund dieser Ergebnisse<br />

der Beweisaufnahme stellt das Gericht tatsächlich fest, dass<br />

die Ursache des <strong>Lübeck</strong>er Unglücks in einer Verwechselung<br />

oder Verunreinigung der <strong>zu</strong>r Impfung benutzten BCG Kulturen<br />

mit dem giftigen Kieler Stamm liegt.“<br />

Laut Urteil ist die Art und Weise, wie es <strong>zu</strong> dieser Verwechselung<br />

oder Verunreinigung gekommen ist, in der<br />

Hauptverhandlung trotz eingehendster Beweisaufnahme<br />

nicht aufgeklärt worden. Somit handelt es sich laut Gericht<br />

um ein „unerkanntes Versehen“, und es liegt in der Natur<br />

eines unerkannten Versehens, dass sich dieses nicht nachträglich<br />

aufklären lässt.<br />

In Be<strong>zu</strong>g auf die Verbindung der festgestellten Ursachen<br />

der Katastrophe mit fahrlässigen Handlungen der Angeklagten,<br />

die letztendlich „Tat und Täterschaft“ vom rechtlichen<br />

Gesichtspunkt aus charakterisieren mussten, um ein<br />

Urteil <strong>zu</strong> fällen, erklärt das Gericht: „Die Ausführungshandlung,<br />

die den Tod oder die Körperverlet<strong>zu</strong>ng der Kinder<br />

unmittelbar verursacht hat, ist die Verfütterung des vergifteten<br />

Impfstoffes. An dieser unmittelbaren Ausführungshandlung<br />

ist keiner der Angeklagten beteiligt gewesen.“<br />

Wohl aber kommen die Angeklagten als mittelbare Täter in<br />

Betracht. Nach dem Gerichtsbeschluss haben sie sich „gutgläubiger<br />

Hebammen und Eltern als Werkzeug bedient, um<br />

den Impfstoff den Kindern <strong>zu</strong><strong>zu</strong>führen“. Laut Gericht beginnt<br />

28. JAHRGANG | HEFT 2 | Oktober 2011 |<br />

die Ausführungshandlung mit der Ausgabe des Impfstoffes.<br />

Die weitere Ursachenkette verläuft ohne weiteres Zutun. Daraus<br />

folgt für das Gericht, dass alle Handlungen der Angeklagten,<br />

die vor der Ausgabe des Impfstoffes liegen, nicht als Ausführungshandlungen<br />

und somit auch nicht als Tat im Sinne<br />

des Strafrechts in Betracht kommen. Damit scheiden sowohl<br />

die Frage der Einführung als auch jene der Information der<br />

Eltern als Verhandlungsgegenstände aus.<br />

Zusammenfassend kommt das Urteil <strong>zu</strong> folgendem<br />

Schluss:<br />

Wenn aus rechtlicher Sicht das Urteil und seine Bestätigung<br />

in der Berufungsverhandlung 1933 der Katastrophe<br />

einen Endpunkt setzten, so war für kritische Beobachter<br />

damit noch keine <strong>zu</strong>friedenstellende Antwort auf das Unglück<br />

gefunden, denn es ging nicht nur darum, Verantwortliche<br />

<strong>zu</strong> bestrafen, sondern auch, in Zukunft ähnliche<br />

Katastrophen <strong>zu</strong> vermeiden.<br />

Richtlinien: Beginn einer staatlichen Reglementierung<br />

Der Arzt und Abgeordnete Julius Moses kommentierte das<br />

Urteil kritisch: „War es wirklich nur ein Versehen Einzelner<br />

oder ein plötzliches Versagen der Technik? Ein Zufall? Nein,<br />

(focus) uni lübeck<br />

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