Computer-Aided Immunofluorescence ... - Universität zu Lübeck
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| 28. JAHRGANG | HEFT 2 | Oktober 2011<br />
Herzkrankheiten in der klassischen Musik – von<br />
Mozart bis Mahler<br />
Von Patrick Diemert<br />
Im Rahmen meiner Antrittsvorlesung für das Fach Innere Medizin an der <strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> <strong>Lübeck</strong> am 21. Dezember 2010 habe<br />
ich versucht, meinen Beruf als Internist und Kardiologe mit meiner privaten Passion thematisch <strong>zu</strong> verbinden und mich auf<br />
Spurensuche nach dem Thema Herzkrankheiten in den Kompositionen der großen klassischen Komponisten gemacht.<br />
Johann Sebastian Bach<br />
Da der Autor die Musik von Johann Sebastian Bach ganz<br />
besonders schätzt, machte er sich <strong>zu</strong>nächst im unfangreichen<br />
Werk des Thomaskantors auf die Suche nach Hinweisen<br />
<strong>zu</strong> Herzkrankheiten. Allerdings fand sich trotz ausführlicher<br />
Suche in den Werken Johann Sebastian Bachs und in der<br />
Sekundärliteratur kein eindeutiger Hinweis auf eine direkte<br />
Verknüpfung von Musik und einem Herzleiden.<br />
Diese Tatsache muss wohl am ehesten so erklärt werden,<br />
dass in der Barockmusik und wohl auch im Weltbild von Johann<br />
Sebastian Bach das individuelle Leid oder persönliche<br />
Krankheitserleben des Einzelnen nicht im Vordergrund steht.<br />
Eine Vertonung von Schmerzen oder möglicherweise auch<br />
Herzensleid findet sich, wenn überhaupt, dann im Zusammenhang<br />
mit der Vertonung von biblischen Texten beziehungsweise<br />
dem Leiden Jesu Christi. Ein passendes Beispiel<br />
hier<strong>zu</strong> findet sich im Eingangs-Chor der Kantate "Weinen,<br />
Klagen, Sorgen, Zagen" (BWV 12). Hier findet sich als Bass-Mo-<br />
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(focus) uni lübeck<br />
Abb. 1: Autograph der Kantate BWV12<br />
Das Kolleg |<br />
tiv ein kontinuierliches Abwärtsschreiten in Halbtonschritten<br />
in einem regelmäßigen Rhythmus von Viertel-Noten. Ein<br />
solches chromatisches Abwärtsschreiten in Halbtonschritten<br />
wird in der Barockmusik auch als Passus Duriusculus (übersetzt:<br />
der schwere Gang) bezeichnet und ist ein typisches Leidensmotiv,<br />
insbesondere für die Passion Christi.<br />
Im Basso-Continuo des Eingangschores der Kantate<br />
BWV12 und in den versetzt einsetzenden Streicherstimmen<br />
spürt man gerade<strong>zu</strong> den Puls-Schlag der Musik, vielleicht<br />
wollte Bach hier den Herzschlag des gekreuzigten Jesu vertonen<br />
(Abb. 1). In diesem Zusammenhang ist interessant, dass<br />
der gleiche Chorsatz im Rahmen eines in der Barockmusik üblichen<br />
Parodieverfahren von Bach im "Crucifixus" der h-moll<br />
Messe wiederverwendet wurde. Ebenso diente dieses Generalbass-Motiv<br />
als Thema für die gewaltigen Klavier-Variationen<br />
von Franz Liszt über "Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen".<br />
Generell, so jedenfalls die subjektive Meinung des Autors,<br />
findet sich in vielen Werken von Johann Sebastian Bach der<br />
Herzschlag der Musik bzw. das lebendige Pulsieren im Ge-