Varia, Teil 1 - VICO Wissenschaftliches Antiquariat und Verlag OHG
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20 4. Glück‘s Pandekten<br />
Als seine Aussicht auf einen Lehrstuhl in Halle<br />
schwanden, nahm er 1784 endlich doch einen<br />
Lehrstuhl an der Rechtsfakultät in Erlangen an.<br />
Dort blieb Glück, obwohl er 1791 doch noch einen<br />
Ruf nach Halle erhalten hatte, bis zu seinem<br />
Tode. 1820 wurde er zum Geheimen Rat ernannt<br />
<strong>und</strong> 1827 in den Adelsstand erhoben.<br />
Ein ganzes Gelehrtenleben widmete Glück seinem<br />
riesigen, gewaltigen Lebenswerk. An der<br />
Vollendung mußte Glück scheitern, schließlich<br />
endete das Opus maximum der Pandektenwissenschaft<br />
im Jahree 1896, dem Jahr der Verabschiedung<br />
des BGB im Reichstag. Auch nach<br />
106 Jahren emsiger, wissenschaftlichen FLeisses<br />
blieb das Werl letztendlich unvollendet,<br />
auch wenn nur noch weenige Bücher der Digesten<br />
fehlten.<br />
Insgesamt ist das Werk von unschätzbarem<br />
Wert, ein unerschöpfliche F<strong>und</strong>grube zu den Pandekten.<br />
Es nimmt vor dem Hintergurnd gar nicht<br />
w<strong>und</strong>er, daß eine italienische Übersetzung des<br />
Werkes vorgenommen wurde.<br />
Man hat Glück mit dem großen Accursius verglichen,<br />
der im 13. Jahrh<strong>und</strong>ert die berühmte<br />
Glossa ordinaria zu den Pandekten verfaßte.<br />
Die Pandekten sind in deutscher Sprache umfassend<br />
dargestellt. Die geschichtliche Entwicklung<br />
ebenso wie die zeitgenössische Anwendung, die<br />
Quellenstellen in gleicher Weise wie die Verweise<br />
auf die damalige Rechtsprechung, die Kontroversen<br />
der Vergangenheit sind aufgenommen so-<br />
wie die wissenschaftlichen Auseinandersetzung<br />
von Glücks zeitgenössischen Juristen. Nach dem<br />
Tode setzte der bedeutende Pandektist <strong>und</strong> in<br />
Halle lehrende Mühlenbruch (1785-1843) das<br />
Werk bis zum 43. Bande fort, bis schließlich Eduard<br />
Fein (1813-1858), der seine beiden Bände<br />
Savigny widmete, bis zum 45. Buche (Buch 29<br />
der Digesten) fortsetzte. Es ist sicherlich kein<br />
Zufall, dass diese riesige Quellen- <strong>und</strong> Materialsammlung,<br />
die in der Legalordnung der Digesten<br />
erfolgte, zu erlahmen drohte, als die ersten Pandektenlehrbücher<br />
<strong>und</strong> vor allem als Savigny sein<br />
„System des römischen Rechts“ erschien. Die<br />
Pandektistik hatte eine neue Stufe der Systematik<br />
<strong>und</strong> dogmatischen Erfassung erreicht.<br />
Doch das Werk wurde fortgesetzt, zu hoch stand<br />
es im Ansehen, zu häufig wurde es in der Bearbeitung<br />
des Pandektenrechts benutzt. Die das<br />
Werk fortsetzten, waren zu ihrer Zeit bekannte<br />
Pandektisten: Ludwig ARNDTS (1803-1878), Savigny-Schüler,<br />
ab 1839 Professor für römisches<br />
Recht in München, ab 1855 in Wien, berühmt,<br />
weil er in Österreich maßgebend das Pandektensystem<br />
einführte. Verfasste ein geschätztes Pandektenlehrbuch,<br />
das ab 1852 erschien.<br />
Karl SALKOWSKI (1838-1899), ab 1869 Ordinarius<br />
in Königsberg, verfasste ein bekanntes Institutionenlehrbuch<br />
(ab 1868).<br />
Burkard Wilhelm LEIST (1819-1906), ab 1846 Ordinarius<br />
in Basel, ab 1748 in Rostock <strong>und</strong> schließlich<br />
ab 1853 in Jena, verfasste eine Reihe von<br />
Monographien, hauptsächlich zum Besitzrecht,<br />
großteils aus der Arbeit am Glückschen Kommentar<br />
entstanden.<br />
Karl Ritter von CZYHLARZ (1833-) Ordinarius in Prag,<br />
ab 1892 in Wien, verfasste beliebteste Institutionenlehrbuch<br />
in Österreich.<br />
August UBBELOHDE (1833-1898), ab 1865 Ordinarius<br />
in Marburg, strenger Anhänger der historischen<br />
Schule, verfasste eine Reihe von gr<strong>und</strong>legenden<br />
Monographien.<br />
Fortsetzung <strong>und</strong> Weiterführung des Werkes zeigen<br />
die Entwicklungsphasen der Pandektenrechtswissenschaft.<br />
Nach dem 49. Band ging<br />
man zur Buchzählung der Digesten über, weil<br />
man die Aufträge teils parallel vergab, um eine<br />
Vollendung zu erreichen, was gleichwohl, wie wir<br />
heute wissen, nicht zustande kam.<br />
Daß dieser Kommentar eine nicht zu überbietende<br />
F<strong>und</strong>grube für die Justinianischen Pandekten<br />
darstellen, ist von solcher Gewissheit, dass man<br />
sich der Erwähnung beinahe schämt. Glücks Pandektenkommentar<br />
folgt der Legalordnung der Digesten.<br />
Zu den einzelnen Bänden sind jeweils in<br />
Klammern das jeweilige Liber Digestorum angefügt.<br />
Glück unterteilte nochmals das Werk in Paragraphen.<br />
Zunächst die §§ 1 bis 1528, danach<br />
springen die Zahlen, weil das Werk nicht mehr<br />
nach fortlaufender Bandzahl, sondern nach<br />
Band 49 nach den Büchern der Digesten fortgesetzt<br />
wurde.