.gazette 01/04 - Verband der Deutsch-Amerikanischen Clubs
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Trotzdem führte <strong>der</strong> kleine<br />
Kissinger Club zu einem<br />
handfesten Skandal: Eine<br />
amerikanische Journalistin<br />
hatte von <strong>der</strong> Sache gehört,<br />
und ihre Veröffentlichung<br />
in <strong>der</strong> New Yorker<br />
Presse hatte dramatische<br />
Folgen: Der Club wurde verboten, Captain<br />
Potter seines Postens enthoben – und ihm<br />
drohte nun ein Kriegsgerichtsverfahren.<br />
(Potter: Zeigt sich selbst an wegen Verletzung<br />
<strong>der</strong> Or<strong>der</strong>, wonach er <strong>der</strong> deutschen<br />
Bevölkerung erlaubt hat, amerikanischen<br />
Kaffeesatz – wie damals üblich – zu übernehmen<br />
und ihn wie<strong>der</strong> aufzubrühen).<br />
Potters Vorgesetzte sahen sich also in<br />
einer sehr peinlichen Lage – und reichten<br />
die Sache nach Berlin weiter.<br />
Captain Merle A. Potter 1946<br />
So landete sie auf dem Schreibtisch von<br />
General Lucius D. Clay, damals stellvertreten<strong>der</strong><br />
Militärgouverneur in <strong>Deutsch</strong>land.<br />
Er erkannte, dass die Initiative von<br />
Bad Kissingen genau in die richtige, nämlich<br />
zukunftweisende Richtung ging, was<br />
auch bald die Aufhebung <strong>der</strong> Non-<br />
Fraternization Or<strong>der</strong> bestätigte. Captain<br />
Merle Potter wurde in Clay’s Stab berufen<br />
und damit beauftragt, innerhalb <strong>der</strong><br />
amerikanischen Zone deutsch-amerikanische<br />
<strong>Clubs</strong> zu gründen.<br />
Im Jahr 1947 bestanden bereits 12 <strong>Clubs</strong>,<br />
wobei die Mitgliedschaft sich aus interessierten<br />
<strong>Deutsch</strong>en und aus amerikanischen<br />
Offizieren zusammensetzte, die<br />
<strong>Clubs</strong> unterstanden also <strong>der</strong> amerikanischen<br />
Militärregierung.<br />
Im Jahr 1948 organisierten sich diese<br />
<strong>Clubs</strong> zu einem <strong>Verband</strong>, es war <strong>der</strong><br />
Tag, an dem in Berlin die Luftbrücke<br />
begann. Bei <strong>der</strong> Gründungssitzung in<br />
Heidelberg wurde eine ganz spezielle<br />
Frage diskutiert: „Sollen Frauen als<br />
Mitglie<strong>der</strong> zugelassen werden o<strong>der</strong><br />
nicht!!“ Ohne zu ahnen, dass sie dem<br />
<strong>Verband</strong> damit die Zukunft gesichert<br />
hatten, entschlossen sich die Herren zu<br />
einer fortschrittlichen Entscheidung:<br />
Sie gestatteten die Aufnahme von<br />
Frauenclubs in den <strong>Verband</strong>, denn viele<br />
amerikanische Offiziersfrauen hatten<br />
sich bereits zusammen mit deutschen<br />
Damen in sozialen Projekten engagiert<br />
wie Klei<strong>der</strong>pakete aus Amerika und<br />
March of Dimes (<strong>der</strong> Ursprung <strong>der</strong><br />
Pfennigbasare) u.a..<br />
Die 50-er Jahre waren geprägt von Aufschwung<br />
und Amerikabegeisterung, überall<br />
entstanden neue <strong>Clubs</strong>, die wichtigen<br />
Gemeinschaftsprojekte entstanden:<br />
<strong>Deutsch</strong>-Amerikanisches Studentenaustausch-Programm,<br />
Jugendarbeit,<br />
<strong>Deutsch</strong>-Amerikanische Freundschaftswoche<br />
und zahlreiche soziale Programme<br />
u.a. die Tuberkulose-Bekämpfung.<br />
Wie klug und weitsichtig <strong>der</strong> Heidelberger<br />
Entschluss von damals war, zeigt ein Blick<br />
in die Liste <strong>der</strong> <strong>Verband</strong>sclubs: Von den<br />
<strong>der</strong>zeit 35 Mitglie<strong>der</strong>clubs des <strong>Verband</strong>es<br />
sind 15 Frauenclubs, 17 Familienclubs,<br />
zwei Men´s <strong>Clubs</strong>, ein Studentenclub und<br />
seit 2003 ein Jugendclub. Und was das<br />
Spendenaufkommen für den Studentenaustausch<br />
und die Jugendarbeit betrifft,<br />
so sind es in erster Linie die Frauenclubs,<br />
die mit ihren fundraising activities die<br />
Hauptstützen <strong>der</strong> <strong>Verband</strong>sprogramme<br />
sind.<br />
Die 70er und 80er Jahre waren zeitweise<br />
von massivem Antiamerikanismus in<br />
<strong>Deutsch</strong>land (Vietnam-Krieg, Nachrüstungsdebatte,<br />
Terrorismus und Anschläge<br />
gegen amerikanische Einrichtungen) gezeichnet.<br />
Es gab auch damals Zeiten, in<br />
denen amerikanische Eltern Angst hatten,<br />
ihre Kin<strong>der</strong> als Austauschstudenten nach<br />
<strong>Deutsch</strong>land reisen zu lassen.<br />
Dennoch - o<strong>der</strong> gerade deshalb - hat<br />
sich <strong>der</strong> <strong>Verband</strong> in diesen Jahren hervorragend<br />
entwickelt, Ende <strong>der</strong> 80er Jahre<br />
gehörten dem <strong>Verband</strong> aus 59 <strong>Clubs</strong> an,<br />
1988/89 nahmen 70 Austauschstudenten<br />
am Austauschprogramm teil, im<br />
Jugendprogramm konnten pro Jahr rund<br />
10 Seminare mit hoher Beteiligung durchgeführt<br />
werden, an den Eröffnungsfeiern<br />
<strong>der</strong> Freundschaftswochen nahmen oft<br />
<strong>Verband</strong>svorstand 1955 in Bremerhaven, vorne<br />
(sitzend) Prinzessin Kira von Preußen<br />
mehr als 1000 Mitglie<strong>der</strong> und Gäste teil,<br />
in den <strong>Clubs</strong> wurden im Laufe <strong>der</strong> Freundschaftswoche<br />
Hun<strong>der</strong>te von Veranstaltungen<br />
durchgeführt.<br />
Und dann kam das Wun<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />
.<br />
Die Bil<strong>der</strong> vom Fall <strong>der</strong> Mauer und von<br />
<strong>der</strong> Freude <strong>der</strong> Menschen haben auch die<br />
Amerikaner bis heute im Gedächtnis,<br />
doch nach dem herrlichen <strong>Deutsch</strong>land-<br />
Boom folgte Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre <strong>der</strong><br />
Desert Storm und in seinem Gefolge <strong>der</strong><br />
massive Truppenabzug aus <strong>Deutsch</strong>land.<br />
Viele <strong>Clubs</strong> haben sich von dem Verlust<br />
ihrer vertrauten amerikanischen Mitglie<strong>der</strong><br />
nicht mehr erholt und gaben auf,<br />
beson<strong>der</strong>s herb waren die Verluste in<br />
Süddeutschland, aber auch in den ande-<br />
Title<br />
ren Teilen <strong>der</strong> Alten Bundesrepublik und in<br />
Berlin hat die Umstrukturierung tiefe<br />
Wunden hinterlassen. Doch <strong>der</strong> Zusammenhalt<br />
im <strong>Verband</strong> war ungebrochen,<br />
zwar zahlenmäßig reduziert, aber verlässlich<br />
und stark.<br />
Reduziert wurden die Kontakte zu den<br />
Offiziellen Stellen auf beiden Seiten, zu<br />
verschiedenen finanziellen Hilfen für<br />
<strong>Verband</strong>sprojekte o<strong>der</strong> die Einbeziehung<br />
des <strong>Verband</strong>es in große Ereignisse mit<br />
deutsch-amerikanischem Bezug, z.B. bei<br />
hohen Staatsbesuchen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Einladung<br />
zur feierlichen Verabschiedung <strong>der</strong> Alliierten<br />
Truppen aus Berlin im September<br />
1994. Es war vorbildlich, wie die <strong>Verband</strong>sclubs<br />
die einschneidenden Verän<strong>der</strong>ungen<br />
in ihrem eigenen Umfeld bewältigt haben<br />
und wie sie sich pragmatisch und rasch<br />
auf die neuen Anfor<strong>der</strong>ungen eingestellt<br />
haben.<br />
Nur einige Beispiele möchte ich hier<br />
anführen: Nach dem Abbau <strong>der</strong> amerikanischen<br />
Truppenpräsenz war sehr rasch<br />
klar, dass <strong>der</strong> <strong>Verband</strong> - unsere gemeinsame<br />
Organisation - in seiner Existenz<br />
gefährdet war.<br />
In <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> <strong>Clubs</strong> war <strong>der</strong> Kern<br />
<strong>der</strong> Motivation und <strong>der</strong> Schwerpunkt <strong>der</strong><br />
Aktivität die Begegnung zwischen Amerikanern<br />
und <strong>Deutsch</strong>en vor Ort, die<br />
Kontaktpflege in vielen Gruppen mit gemeinsamen<br />
Interessen und das soziale<br />
Engagement.<br />
Was Anfang <strong>der</strong> 90er<br />
Jahre plötzlich hereingebrochen<br />
war, setzte<br />
aber auch sofort neue<br />
Kräfte frei!<br />
Unsere gemeinsamen<br />
Programme Studentenaustausch<br />
und<br />
Jugendarbeit erhielten<br />
schnell eine entscheidende Bedeutung<br />
für den Fortbestand des <strong>Verband</strong>es.<br />
Nie zuvor hatten die Spenden <strong>der</strong> <strong>Clubs</strong><br />
für den Studentenaustausch eine solche<br />
Höhe erreicht wie in den Jahren 1992/93.<br />
Es war eine wun<strong>der</strong>bare Leistung, nicht<br />
nur finanziell, dahinter steckte vor allem<br />
eine starke ideelle Haltung und eine eindeutige<br />
Botschaft: „Wir machen weiter!“<br />
General Lucius D. Clay 1947<br />
JUGENDARBEIT UND STUDENTEN-<br />
AUSTAUSCH<br />
Mit dem Abzug <strong>der</strong> amerikanischen Familien<br />
entstand für die Jugendarbeit eine<br />
schwierige Situation, an den Seminaren<br />
nahmen immer weniger amerikanische<br />
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