22 F I N E 4 / <strong>2010</strong>
wovon ich etwas verstehe«, räumt Jauch freimütig ein und schließt die Frage an: »Hätte ich irgendein anderes Weingut gekauft Hätte sich diese Frage überhaupt gestellt Nein, sicher nicht«, sagt Jauch und fährt fort: »Aber umgekehrt, wenn es nun kein Weingut, sondern ...«, er sucht kurz nach einem passenden Bild, »... eine, sagen wir, Sockenfabrik gewesen wäre, die seit zweihundert Jahren in der Familie war, die hätte ich wahrscheinlich auch gekauft.« <strong>Das</strong> war natürlich nur so eine Gedankenspielerei, um zu unterstreichen, wie sehr es um Tradition und wie wenig es um Ich-kauf-mir-malein-Weingut geht. Jedenfalls ist den Jauchs hier im gepflegten Park am Fuß der Weinberge die Erleichterung anzumerken, dass erfreulicherweise im Hintergrund keine Sockenfabrik steht. Also nun noch ein Weingut. Dabei ist das Leben der Familie Jauch bisher schon keineswegs langweilig. Da ist die Familie mit vier Kindern in Potsdam, Jauchs TV-Produktionsfirma in Köln mit mehr als sechzig Mitarbeitern, dann natürlich RTL und »jetzt steht noch die ARD vor der Tür«, sagt Jauch und schaut seine Frau an. Deshalb sei die zweite Conditio für die Übernahme des Weinguts gewesen, »dass meine Frau mitmacht. Hätte sie gesagt«, fährt Jauch fort, »das ist deine Verwandtschaft, das sind deine Erinnerungen, aber für mich ist das nichts, hätte ich es nicht gemacht. Sie sagte aber, sie steigt mit ein, und nun teilen wir uns das ein«. Natürlich wüssten Barth und die Mannschaft, wie es geht, das Gut zu betreiben, und insofern könne man es auch so arrangieren, dass man nur bei schönem Wetter und zu Qualität als Verpflichtung: Andreas Barth wird als Kellermeister die VDP-Winzerfamilie Jauch begleiten. festlichen Weinproben an die Saar kommt. »Aber es geht nicht, ohne dass wir hier sind und mitmachen«, ist sich Dorothea Jauch sicher, »das ist eine ganz eigene Welt mit eigenen Veranstaltungen, die wir uns erobern müssen. Ein neues Feld, nicht nur lifestylig, sondern auch hart.« Lernen, hineinfinden, herantasten sind die Tätigkeitsworte, die dem Ehepaar Jauch häufig über die Lippen kommen, wenn man danach fragt, in welche Richtung sie das elf Hektar große Weingut mit seinen Lagen im Kanzemer Altenberg, der Wiltinger Kupp und dem Ockfener Bockstein führen wollen. »Ich möchte, dass das ein Erfolg wird«, beginnt Jauch und sieht eine gute Basis dafür gelegt, da er einerseits einen Trend zu Weißwein ausmacht und andererseits eine immer positivere Sicht im In- und Ausland auf deutschen Wein. Allerdings, unter Renditegesichtspunkten sei »es ganz schwierig, dieses Gut wettbewerbsfähig zu halten«. <strong>Das</strong> liege vor allem an den hohen Produktionskosten durch die Steillagen. Und man müsse sich auch damit befassen, ob die Betriebsgröße stimmt oder ob drei Hektar mehr oder weniger nicht zu erwägen wären. In einem ist sich Jauch aber ganz sicher. <strong>Das</strong> VDP-Weingut von Othegraven soll ein reines Rieslingweingut bleiben. Natürlich habe er darüber nachgedacht, ob man mal probiert, Rotwein zu machen oder »was ganz Verrücktes«, aber schlussendlich sei er zu dem Ergebnis gekommen: »Wir geben hier nicht den Bajazzo und machen mal dreihundert Flaschen von diesem oder vierhundert Flaschen von jenem«. So wollen die Jauchs folgerichtig einen neu hinzugepachteten halben Hektar im Altenberg denn auch bald mit Riesling bestocken. Seit den Gesprächen im Gutspark und gerade auch angesichts des schwierigen Jahrgangs <strong>2010</strong> habe ich bei vielen der Einschätzungen, Sorgen und Hoffnungen, die die Jauchs beschäftigen, sehr lebendige Déjà-Vu-Erlebnisse, schließlich steckt man im Weinbau auch nach fünf Jahren noch in den Anfängen, und das wenig erfreuliche Jahr 2006 war mein erster Jahrgang. Eines aber hat mich dann doch besonders gefreut. Als nämlich Günther Jauch schließlich noch von seiner Entdeckung der Kabinettweine, der Spät- und Auslesen schwärmte: »Überall hört man: Weißwein, aber trocken bitte. <strong>Das</strong> steht für eine gewisse Ignoranz«. Die feinherben und restsüßen Rieslinge seien »von Vorurteilen überlagert, und die Menschen bringen sich selbst um ein Geschmackserlebnis«. Willkommen an der Saar, Familie Jauch, dem ist gar nichts mehr hinzuzufügen. > F I N E S a a r 23