FINE Das Weinmagazin - 04/2010
FINE Das Weinmagazin ist in der Welt der großen Weine zu Hause. Hauptthema dieser Ausgabe: SÜSSWEIN-IKONEN
FINE Das Weinmagazin ist in der Welt der großen Weine zu Hause. Hauptthema dieser Ausgabe: SÜSSWEIN-IKONEN
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Fine-Herausgeber Ralf Frenzel, Initiator dieser<br />
einzigartigen Verkostung, begrüßte die<br />
Gäste – und schon begann das »Eintrinken« mit<br />
einem exquisiten Flight von elf Jahrgängen Kiedricher<br />
Gräfenberg Riesling Erstes Gewächs: ein<br />
Aufmarsch (2009 bis 1999), der überzeugend<br />
Klarheit und Helligkeit der Weilschen Qualitätsphilosophie<br />
formulierte. Pierre Lurton nannte<br />
gleich seinen Favoriten: 2006 – aber »was dazu<br />
essen«. Da schien er ratlos, auch wenn er seine<br />
Sprachlosigkeit (grundlos) seinem Konversations-<br />
Englisch zuschob – »wenn ich französisch spreche,<br />
hat alles mehr Poesie!«<br />
Lurton beantwortete den eleganten Riesling-<br />
Flight mit einer nicht minder großartigen zweiten<br />
Runde: Sieben Jahrgänge (2008 bis hinunter<br />
zu 1980) von Yquems sagenhaftem »Y« (I grec),<br />
die Wilhelm Weil sogleich begeistert feierte:<br />
»Ein Kraftkerl, der sich in die Brust wirft – hier<br />
bin ich!« Freilich, »Y« vor dem Ablauf von fünfzehn<br />
Jahren zu trinken, sei Frevel. Hier hörte man<br />
in der Runde schon divergierende Meinungen,<br />
von »hinreißende trockene Süße« bis »muss ich<br />
nicht haben«. Christian Volbracht aber brachte<br />
ohne diplomatische Hintergedanken diese beiden<br />
ersten Flights auf die schöne Formel, der Vergleich<br />
beider Weine zeige nichts Geringeres als die<br />
Unvergleichbarkeit des Wundervollen.<br />
Nun aber ertönten die spirituellen Fanfaren<br />
für das Hauptstück der Verkostung, jenem schwelgerischen<br />
Teil, der mit einundzwanzig Jahrgängen<br />
in drei Siebener-Flights und ebensolchen<br />
einundzwanzig Jahrgängen Gräfenberg Riesling<br />
Trockenbeerenauslese die große Stunde der<br />
Botrytis cinerea, die Stunde der Wahrheit für die<br />
beiden herrlichsten Süßweine der Welt schlagen<br />
ließ. Wie würden Semillon und Riesling einander<br />
begegnen, wie sich zueinander verhalten Und<br />
wie steht eine Jahresproduktion von immerhin<br />
einhundertdreißigtausend Flaschen d’Yquem<br />
neben einer mit unendlicher Mühe und Sorgfalt<br />
hergestellten Flaschenausbeute nur im dreistelligen<br />
Bereich Nur etwa zehn Prozent der Riesling-Produktion<br />
entfallen bei Weil auf die großen<br />
Aus- und süßen Spätlesen, neunzig Prozent gehören<br />
den trockenen Weinen; bei Château d’Yquem<br />
ist es genau umgekehrt: neunzig Prozent der Produktion<br />
wird Yquem, zehn Prozent gehen in den<br />
trockenen »Y«.<br />
Nach sieben Jahrgängen Yquem (2007 bis<br />
1995) findet Wilhelm Weil als erster wieder<br />
Worte. Einmalig und absolut großartig sei, was er<br />
hier trinken dürfe, Yquem sei ein Wein wunder; er<br />
empfinde es als große Ehre, seine Weine dazu in<br />
Vergleich setzen zu dürfen. Ja, sekundiert Pierre<br />
Lurton, Yquem sei ein Wein wie Kaschmir, exotisch<br />
und klassisch zugleich, ein orgasmisches<br />
Ereignis. Später, nach einundzwanzig und einem<br />
(1921) Jahrgang, wird er noch hinzufügen, dass<br />
eine solche Vertikale wie eine Zeitreise sei – und<br />
mit Yquem zu reisen, sei sicherlich die eleganteste<br />
Reise, die man sich vorstellen könne.<br />
Freilich, nach dem zweiten Yquem-Flight<br />
(1990 bis 1970) halten sich verzücktes Kosten und<br />
erste Ermüdung in der Kenner-Runde die Waage.<br />
»Mir schmeckt das alles inzwischen gleich«, bekennen<br />
einige, und einer wagt gar den gottes lästerlichen<br />
Satz, das sei nun »Langeweile auf höchstem<br />
Niveau«. Aber da zeigen sich wohl eher erste<br />
individuelle Grenzen der geschmacklichen Differenzierungsfähigkeit:<br />
Denn wenn Yquem auch<br />
ein Wein ist, der Jahrgang für Jahrgang bestimmte<br />
sensorische Erwartungen zu erfüllen hat und in<br />
der Tat auf das köstlichste erfüllt, so ist der Reichtum<br />
der Jahrgangs-Nuancen doch erheblich und<br />
beglückend, wie Caro Maurer beim intensiven, nie<br />
erlahmenden Nachschmecken der Weine bis hin<br />
zum grandiosen Yquem-Finale mit dem 1937-er,<br />
einem Wein von historischer Statur, erspürt und<br />
in ihren Notaten festhält.<br />
»Eine Flasche Yquem trinke ich an einem<br />
Abend für mich allein«, leitet Wilhelm Weil zum<br />
nächsten, mit um so größerer Spannung erwarteten<br />
Trockenbeerenauslese-Komplex über –<br />
»aber eine Flasche TBA Dafür brauche ich zehn<br />
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F I N E 4 / <strong>2010</strong>