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Rituale - Erzdiözese Salzburg

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20<br />

INFORMATION<br />

„Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott,<br />

ob es ihm klar ist oder nicht.“ Edith Stein 1<br />

Nach Studientagen zur Qualität<br />

der LehrerInnenbildung und zu<br />

Bachelorarbeiten hatte das Rektorat<br />

auch zu einem Studientag über die<br />

Namensgeberin der Hochschule ein-<br />

geladen. Üblicherweise haben die<br />

Pädagogischen Hochschulen in<br />

Österreich eine geografische Bezeichnung.<br />

Unsere Kirchliche Pädagogische<br />

Hochschule (KPH) trägt<br />

den Namen einer Person. Damit ist<br />

die konkrete Lebensgeschichte einer<br />

Prophetin unserer Zeit verbunden, die<br />

bei diesem Studientag im Mittelpunkt<br />

stand. Insgesamt vierzig Lehrende<br />

von allen Standorten der KPH haben<br />

daran teilgenommen.<br />

Als Referentin konnte Sr. Waltraud<br />

Herbstrith gewonnen werden, Mitbegründerin<br />

des Edith-Stein-Karmels<br />

in Tübingen. Sie ist bekannt durch<br />

zahlreiche Veröffentlichungen zur<br />

Ordensspiritualität und zu Edith Stein.<br />

Die vitale Karmelitin (geb. 1929), die<br />

mit ihrer Kritik an der Kirche und<br />

an fragwürdigen gesellschaftlichen<br />

Entwicklungen nicht zurückhält,<br />

hat an diesem Tag auch viel von<br />

ihrer eigenen Biografie einfließen<br />

lassen. Ihr Herzensanliegen ist die<br />

Aussöhnung mit dem Judentum. Auf<br />

diesem Hintergrund ist es ihr wichtig,<br />

dass Edith Stein nicht einseitig<br />

„vereinnahmt“ wird. Im Anschluss<br />

an den Studientag hat sie in einem<br />

Gespräch ihre wichtigsten Aussagen<br />

zusammengefasst, die im Folgenden<br />

auszugsweise zitiert werden:<br />

Edith Stein – eine Suchende<br />

„Edith Stein hat viele Impulse des II.<br />

Vatikanischen Konzils bereits zu ihrer<br />

Zeit vorweggenommen und gelebt.<br />

Sie war in der Weimarer Republik als<br />

Lehrerin und Dozentin tätig und als<br />

Gesprächspartnerin und Beraterin<br />

viel gesucht. Ihre Briefe zeigen in<br />

besonderer Weise ihre Fähigkeit, mit<br />

philosophischen, pädagogischen und<br />

K i r c h l i c h e Pä d a g o g i s c h e ho c h s c h u l e<br />

i n s t i t u t f ü r re l i g i o n s P ä d a g o g i s c h e Bi l d u n g<br />

s a l z B u r g<br />

theologischen Argumenten Rat zu<br />

geben.<br />

Als hochbegabte Philosophin hat sie<br />

nur langsam erkennen können, dass<br />

auch tiefere Werte – wie Glaube, Vertrauen<br />

in eine göttliche Macht, die alles<br />

trägt – die Welt verwandeln können.<br />

Sie war lange Zeit eine Suchende. Sie<br />

selbst nannte sich sogar eine Atheistin.<br />

Sie hat eine Wandlung durchgemacht.<br />

Wichtig für ihren Glaubensweg waren<br />

dann Vorbilder …“<br />

Ihre jüdischen Wurzeln<br />

„Die Initiativen ihrer jüdischen<br />

Verwandten in Südamerika und die<br />

ihrer Priorin im Kölner Karmel, sie<br />

vor den Nationalsozialisten zu retten,<br />

scheiterten. Sie wurde zusammen mit<br />

ihrer (leiblichen) Schwester Rosa von<br />

Holland nach Auschwitz deportiert<br />

und 1942 ermordet. Unsere jüdischen<br />

Freunde sagen, alle Juden – auch die<br />

Kinder -, die in der Shoah vernichtet<br />

wurden, waren Märtyrer im Sinn des<br />

Judentums. Edith Stein war nicht<br />

Märtyrerin für Christus; vielmehr<br />

war sie – wenn sie Märtyrerin war –<br />

auch Märtyrerin mit den Juden in der<br />

Shoah.“ Sr. Waltraud weist darauf hin<br />

und betont, „dass man oft abhängig<br />

ist von einer historischen Quellenlage<br />

und oft einseitig eine Sache darstellt<br />

und man selbst später durch<br />

Forschung neue Inhalte erkennt (vgl.<br />

Wolf, Forschungen in den päpstlichen<br />

Archiven über Pius XII.)“.<br />

Als Frau in der<br />

wissenschaftlichen Arbeit<br />

„In der Frauenfrage hat sie bahnbrechende<br />

Ideen gehabt. 2 Sie war<br />

eine der ersten Frauen, die in Breslau<br />

studieren durften. Gegen ihren<br />

Doktorvater Husserl und gegen<br />

Dilthey betont sie, dass die Frau<br />

genauso eine Persönlichkeit ist wie der<br />

Mann… Für sie war es schon damals<br />

selbstverständlich, dass Frauen einen<br />

Beruf ausüben konnten, der bisher<br />

g Mitteilungen 2 - 2009<br />

Bildungszentrum Borromäum, 5020 SALZBURG, Gaisbergstrasse 7/I<br />

Tel 0662 / 8047 / 4200, -4209<br />

Edith Stein – eine Prophetin unserer Zeit<br />

Nachlese zum KPH-Studientag am 7.11.2008/ÖKUM 2009/1 von Günther Bader<br />

www.kph-es.at<br />

nur von Männern ausgeübt wurde…“<br />

„Die von Husserl geprägte Philosophin<br />

setzte sich auch mit Thomas von<br />

Aquin und dessen Lehre auseinander,<br />

der nicht nur ihr philosophisches<br />

Denken beeinflusste, sondern auch<br />

ihr geistliches Leben. Bei ihm hat<br />

sie einen wichtigen Gedanken<br />

gefunden, nämlich ´Wissenschaft als<br />

Gottesdienst´ 3 zu betreiben…“<br />

Die Bedeutung ihrer Werke<br />

„Die wichtigsten Werke von Edith<br />

Stein sind ihre philosophischen<br />

Studien über Phänomenologie in den<br />

Husserl-Jahrbüchern - ein ganzer<br />

Band ist ihr gewidmet – und die große<br />

Ontologie „Endliches und ewiges Sein“<br />

gegen Ende ihres Lebens. Sie hatte<br />

keine Fixierung auf das Kreuzesleiden<br />

Christi, sondern lebte aus der Freude<br />

des Hl. Geistes. Sie war eine Frau, die<br />

die Freude gelebt hat…“<br />

Impulse für heute<br />

„Sie kann uns für unsere heutige<br />

gesellschaftliche und kirchliche<br />

Situation gute Impulse geben, sodass<br />

wir wirklich als freie Demokratinnen<br />

und Demokraten leben und wirken<br />

und die Politik im Sinn einer<br />

Friedensordnung gestalten.“<br />

- „Sie hat im kirchlichen Bereich vor<br />

allem das christlich-jüdische Gespräch<br />

angeregt. Es ist wichtig, dass<br />

vor allem die Kirchen erkennen,<br />

dass sie durch das Hinwegsehen bei<br />

der Shoah Schuld auf sich geladen<br />

haben und nicht geholfen haben.<br />

Viele Größen in der Kirche neigten<br />

mehr zu Pazifismus als dazu, sich<br />

selbst einzusetzen, auch wenn es<br />

unter Bedrohung des eigenen Lebens<br />

wäre…“ Sr. Waltraud Herbstrith<br />

erzählt, dass es im Edith-Stein-<br />

Karmel in Tübingen im Sinn einer<br />

Versöhnung mit dem Judentum jedes<br />

Jahr eine Gebetswache in der Nacht<br />

von 8. auf 9. August (dem Todestag<br />

von Edith Stein) gibt… „Was wir von

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