Schule Heute 55
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
schule heute <strong>55</strong> neu.qxp 26.05.2010 10:28 Uhr Seite 22<br />
SCHULE HEUTE BEGABTENFÖRDERUNG<br />
MMag. Eva Ladstätter<br />
Psychologin, Sozial- und Theaterpädagogin,<br />
kinder- und jugendtherapeutische<br />
Zusatzausbildung Schulsozialarbeiterin<br />
des IfS - Institut für Sozialdienste Vorarlberg:<br />
„Dass hochbegabte Kinder keine<br />
Förderung brauchen, ist ein Vorurteil! Kinder<br />
mit einem hohen kognitiven Leistungspotential<br />
brauchen adäquate Förderung<br />
und Herausforderungen! Intelligenz und<br />
Begabung sind nicht stabil!“<br />
Nähere Infos zur vorliegenden Befindlichkeitsstudie<br />
bekommen Sie gerne bei der<br />
Verfasserin MMag. Eva Ladstätter.<br />
eva.ladstaetter@gmx.net<br />
22<br />
Hochbegabte Kinder und akzeleratorische Maßna<br />
Explorative Befindlichkeits<br />
Die Ergebnisse der im Jahr 2009 in Vorarlberg<br />
durchgeführten Studie sprechen eindeutig für<br />
akzeleratorische Maßnahmen. Viele Kinder und<br />
Eltern berichten, wie einfach oder sogar erlösend<br />
das Überspringen oder frühzeitige Einschulen<br />
war. Akzeleration als Maßnahme ist eine von vielen<br />
Möglichkeiten, die im Schulalltag relativ<br />
unbürokratisch und kostengünstig durchgeführt<br />
werden kann und sich unter den richtigen<br />
Rahmenbedingungen (siehe dazu auch Teil I in<br />
„<strong>Schule</strong> heute. Ausgabe 54“) emotional, sozial<br />
wie intellektuell positiv auf die Kinder auswirkt,<br />
was die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung<br />
untermauern.<br />
Lernen und Unterricht – Unterforderung und<br />
Förderung<br />
Leistungstechnisch verläuft die Integration der Kinder<br />
generell problemlos. Zwei Dritteln der hochbegabten<br />
Kinder ist nach der Maßnahme im Unterricht<br />
nicht (mehr) langweilig. Insgesamt ist die Konzentration<br />
im Unterricht bei den hochbegabten Früheinschulern<br />
und allen Überspringern gut bzw.<br />
besser. Bei einigen Kindern gibt es Hinweise auf<br />
weitere Unterforderung, was weitere spezifische Förderung<br />
bzw. weitere akzeleratorische Maßnahmen<br />
benötigt. So hat ein befragter früh eingeschulter<br />
hochbegabter Bub später die zweite Schulstufe noch<br />
zusätzlich übersprungen. Die Hälfte aller befragten<br />
hochbegabten Kinder muss in der Freizeit nicht (viel)<br />
lernen. Auch die Eltern beschreiben mehrfach, dass<br />
ihre Kinder ohne großen Lernaufwand zu den Besten<br />
der Klasse gehören. Dies könnten auch weitere Hinweise<br />
darauf sein, dass einige hochbegabte Kinder<br />
immer noch unter ihrem möglichen Leistungsniveau<br />
bleiben. Bei Kindern und Eltern ist ein starker<br />
Wunsch nach zusätzlichen individuellen bzw. herausfordernden<br />
Fördermaßnahmen im Unterricht<br />
bzw. zusätzlichen Aufgaben vorhanden, was aber<br />
nicht zu einer „Sonderstellung“ des Kindes führen<br />
soll. Eine Mutter eines früh eingeschulten hochbegabten<br />
Kindes bringt die Problematik ihres leistungsmäßig<br />
unterforderten hochbegabten Kindes<br />
auf den Punkt: „Das Kind geht gerne in die <strong>Schule</strong>.<br />
Der einstige Ehrgeiz ging jedoch verloren. Es sieht,<br />
dass Minimalaufwand genügt, um bei den Guten<br />
dabei zu sein.“<br />
Unterstützung von zuhause und Freiwilligkeit<br />
Fast alle Kinder werden von zuhause unterstützt, in<br />
die Entscheidung miteinbezogen und wollten von<br />
sich aus überspringen bzw. früher mit der <strong>Schule</strong><br />
beginnen.<br />
Zeitpunkt der Maßnahme<br />
Man kann davon ausgehen, dass bei fast allen Kindern<br />
der Zeitpunkt der Maßnahme gut gewählt war.<br />
Kein früh eingeschultes Kind hätte aus momentaner<br />
Sicht gerne später mit der <strong>Schule</strong> angefangen. Bei<br />
drei Überspringern kann man annehmen, dass ein<br />
noch früheres Überspringen wünschenswert gewesen<br />
wäre. Der „richtige Zeitpunkt“ für eine akzeleratorische<br />
Maßnahme spielt eine Rolle. Meist führt<br />
ein Verschieben oder Nichtbeachten der Notwendigkeit<br />
des Überspringens zu Demotivation und<br />
Schulmüdigkeit. Grob kann man sagen, je früher<br />
umso besser. Eine Mutter antwortet auf die Frage,<br />
wie es ihr jetzt mit der Entscheidung zum Überspringen<br />
ginge: „Es war die einzig richtige Entscheidung<br />
und klappte hervorragend! Im Nachhinein<br />
gesehen, hätte man meinen Sohn auch evtl. vorzeitig<br />
einschulen können.“<br />
Probespringen<br />
Generell wurde bei den Überspringern „Probespringen“<br />
praktiziert. Hier fehlen leider allerdings<br />
genauere Angaben zur Dauer und zum Ablauf des<br />
Überspringens. Allgemein wird ein längeres Probespringen<br />
von einem Monat für sinnvoll erachtet, unter<br />
anderem um zu überprüfen, ob die Maßnahme angebracht<br />
ist bzw. damit ein möglicher Verbleib in der<br />
alten Klasse nicht als „Versagen“ empfunden wird.<br />
Unbürokratischer Ablauf<br />
Fast alle Eltern geben an, dass ihre Kinder unbürokratisch<br />
überspringen bzw. frühzeitig einschulen<br />
konnten, was auch für die Durchführung der Maßnahme<br />
und deren häufigere Anwendung in der Praxis<br />
spricht.<br />
Beratung und Begleitung der Eltern<br />
Nicht ganz die Hälfte der Eltern der befragten Hochbegabten<br />
nahm eine Beratung seitens der Schulpsychologie<br />
in Anspruch bei Entscheidungen<br />
hinsichtlich der Durchführung der akzeleratorischen<br />
Maßnahme. Eine wichtige Rolle spielt laut Eltern die<br />
Unterstützung durch andere Betroffene, durch die<br />
KindergartenpädagogInnen und durch die Landeskoordinatorin<br />
für Hochbegabung Mag. Verena Chlumetzky-Schmid,<br />
die ausnahmslos sehr gut bewertet<br />
wurden. Ebenso wurde das Projekt „KLICK!“ mehrfach<br />
positiv erwähnt. Viele Eltern betonen aber auch