30.01.2015 Aufrufe

Dialog - Franziskaner Mission

Dialog - Franziskaner Mission

Dialog - Franziskaner Mission

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />

<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />

<strong>Franziskaner</strong> in Thailand<br />

Gelebter <strong>Dialog</strong> in einer buddhistischen Gesellschaft<br />

Völkerkundemuseum Werl<br />

Begegnung mit fremden Kulturen<br />

24<br />

Der Name »Thailand« leitet sich ab<br />

von dem Wort »thai«, was soviel heißt<br />

wie »frei«. Thailand bedeutet also<br />

»Land der Freien«. Thailand hat etwa<br />

61 Millionen Einwohner, darunter<br />

rund neun Millionen Chinesen. Fast<br />

zwei Drittel der Bevölkerung leben<br />

auf dem Land, die meisten von ihnen<br />

sind Bauern.<br />

Die Religion spielt eine sehr wichtige<br />

Rolle im thailändischen Alltag. 95 % der<br />

Einwohner sind Buddhisten. Der Buddhismus<br />

ist Staatsreligion und wird von der<br />

Regierung überwacht, unterstützt und<br />

geschützt. Es gibt Religionsfreiheit, und<br />

alle größeren Religionen sind vertreten,<br />

wenn auch zum Teil mit einer kleinen<br />

Anhängerschaft. Zum Islam bekennen sich<br />

4 % der Inselbewohner, zum Christentum<br />

0,5 %, auch Hindus und Sikhs sind<br />

vertreten.<br />

Die ersten <strong>Mission</strong>are, die im 16. Jahrhundert<br />

nach Thailand – oder, wie man<br />

damals noch sagte, nach »Siam« – kamen,<br />

waren Kapläne an Bord von portugiesischen<br />

Schiffen. Die <strong>Franziskaner</strong> kamen<br />

1582 nach Thailand und wirkten dort<br />

bis zur Zerstörung von Ayutthaya im<br />

Jahr 1767. Im Jahr 1985 nahmen sie<br />

ihre <strong>Mission</strong> auf Einladung von Kardinal<br />

Michai Kitbunchu wieder auf und siedelten<br />

sich in der Provinz Pathumthani an.<br />

Zurzeit gibt es neben den einheimischen<br />

Brüdern, Postulanten und Kandidaten<br />

sieben <strong>Mission</strong>are aus drei Ländern<br />

in Thailand. Wir haben vier Häuser: in<br />

Bangkok, Lamsai, Khirikhan und Sampran.<br />

Die Ziele der franziskanischen <strong>Mission</strong><br />

in Thailand bestehen in der Förderung<br />

des einheimischen Ordensnachwuchses,<br />

im christlich-buddhistischen <strong>Dialog</strong>, im<br />

Dienst an den Armen und an der Förderung<br />

des kontemplativen Lebens.<br />

Der interreligiöse <strong>Dialog</strong> gehört also<br />

zu unseren wichtigsten Aufgaben. Dabei<br />

geht es weniger um spezielle Treffen oder<br />

Veranstaltungen als vielmehr um die Art<br />

und Weise, wie wir miteinander leben,<br />

das heißt: wie wir im täglichen Leben<br />

miteinander umgehen. Hierbei verfolgen<br />

wir folgende Ziele:<br />

Bruder Arvind Kerketta mit buddhistischem Mönch<br />

1. Wir versuchen, uns anzupassen:<br />

Thailand ist ein buddhistisches<br />

Land. Die thailändische Kultur, die<br />

Sprache des Landes, der Lebensstil<br />

der Menschen – all das hat mit ihrer<br />

Religion zu tun. Wir bemühen uns,<br />

ihre Sprache zu lernen, ihre Kultur<br />

zu verstehen und ihre Bräuche und<br />

ihren Lebensstil zu respektieren.<br />

2. Wir sind Diener: Wir haben ein<br />

HIV-/Aids-Zentrum eingerichtet.<br />

Die meisten der Kranken, die zu<br />

uns kommen, sind Buddhisten.<br />

Unsere Liebe, unser Respekt und<br />

unsere Fürsorge diesen Patienten<br />

gegenüber wird von den Menschen<br />

geschätzt. Jeden Tag kommen<br />

Besucher zu unseren Patienten und<br />

zu uns. Auch buddhistische Mönche<br />

besuchen unsere Krankenstation. Ich<br />

weiß, dass zwei unserer ehemaligen<br />

Patienten später Mönche wurden.<br />

3. Wir fördern das kontemplative<br />

Leben: Wir haben ein Einkehr-<br />

Zentrum in Lamsai eingerichtet.<br />

Auch Menschen anderer Glaubensrich<br />

tungen, darunter viele buddhistische<br />

Gruppen, kommen hierhin,<br />

um zu meditieren.<br />

4. Wir nehmen Anteil: Wir arbeiten<br />

mit den benachteiligten Stämmen<br />

im Norden und mit anderen armen<br />

Bevölkerungsgruppen in ganz<br />

Thailand.<br />

5. Wir sind präsent: Wir nehmen<br />

an interreligiösen Treffen und<br />

Gebeten teil.<br />

6. Wir hören zu: Wir besuchen die<br />

buddhistischen Mönche in ihren<br />

Tempeln.<br />

7. Wir gehören dazu: Wir sind oft zu<br />

buddhistischen Zeremonien wie<br />

Hochzeiten, Beerdigungen, der<br />

Ordination von Mönchen oder<br />

Tempelfesten eingeladen und<br />

nehmen hieran teil.<br />

8. Wir beten zusammen: Wir<br />

medi tieren zusammen mit den<br />

buddhistischen Mönchen.<br />

Kurz: Wir reden nicht soviel über<br />

Religion, wir praktizieren sie. Bekehrung<br />

ist etwas, das tief innen in<br />

einer Person geschieht. Das ist eine<br />

Erfahrung, ein Geheimnis, das nicht<br />

in Worte gefasst werden kann. Aber<br />

ich habe erlebt, wie Menschen durch<br />

unsere Art zu leben und zu beten<br />

zum Glauben gefunden haben.<br />

Manipadath Varkey Johnson ofm<br />

Pater Manipadath Varkey ist Franzis kaner-<br />

<strong>Mission</strong>ar in Sampran, Thailand.<br />

Seit 50 Jahren gibt es in Werl ein<br />

Museum, das sich mit Fragen und<br />

Problemen der Einen Welt befasst.<br />

1962 wurde es als »<strong>Mission</strong>smuseum<br />

der <strong>Franziskaner</strong>« eröffnet.<br />

In die ersten Jahre des Museums<br />

fiel die Zeit des Zweiten Vatikanischen<br />

Konzils (1962 bis 1965),<br />

währenddessen das Verhältnis<br />

der katholischen Kirche zu den<br />

anderen Religionen eine bis<br />

dahin nicht gekannte Öffnung<br />

erfuhr. Dieser Entwicklung<br />

galt es auch mit dem Museum<br />

Rechnung zu tragen. Aus dem<br />

»<strong>Mission</strong>smuseum« wurde 1983<br />

das »Forum der Völker«. Erweiterungsbauten<br />

zu den Themenbereichen<br />

Papua-Neuguinea,<br />

West-Afrika, Ostasien und Ostafrikanische<br />

Hirtenvölker haben<br />

dazu geführt, dass sich hinter der<br />

schmalen Fassade das inzwischen<br />

größte Völkerkundemuseum<br />

Westfalens mit mehr als 12.000<br />

Exponaten aus aller Welt befindet.<br />

Anliegen und Ziel<br />

Ziel des Hauses ist es, die Begegnung<br />

und Auseinandersetzung<br />

mit fremden Völkern, Kulturen<br />

und Religionen zu fördern. Die<br />

verschiedenen Aktivitäten sollen<br />

der Fremdenfeindlichkeit entgegenwirken,<br />

ein tieferes Verständnis<br />

für andere Religionen<br />

wecken, über fremde Lebensweisen<br />

informieren und dadurch<br />

Frieden stiftend wirken.<br />

Unser Anliegen ist der <strong>Dialog</strong><br />

zwischen den Religionen, Völkern<br />

und Kulturen. Die Kirche hat<br />

allzu lange gemeint, sie sei allein<br />

im Besitz der Wahrheit. Heute<br />

entdecken wir Wahrheit auch<br />

in anderen Religionen. Diese<br />

zu respektieren und ernst zu<br />

nehmen, ist die Voraussetzung<br />

für den Frieden auf der Welt.<br />

Das Forum der Völker möchte<br />

aller Fremdenfeindlichkeit, allem<br />

Fremdenhass entgegentreten<br />

und so der Völkerverständigung<br />

dienen.<br />

Seidenbatik aus dem Forum der Völker mit Muttergottheiten<br />

aus verschiedenen Religionen: der Grünen Tara<br />

aus Nepal, der chinesischen Fee Ma Gu, der ägyptischen<br />

Göttin Isis und der Göttin Guanyin mit Buddha als Kind<br />

(von links oben im Uhrzeigersinn). Im Zentrum: Göttin<br />

von der Elfenbeinküste.<br />

Franziskanische Aspekte<br />

des <strong>Dialog</strong>s<br />

Ich denke, gerade im heutigen<br />

Weltkontext ist es eine besondere<br />

franziskanische Herausforderung,<br />

die Spiritualität Jesu und unseres<br />

Bruders Franziskus zu leben. Viele<br />

Menschen, nicht nur Christen,<br />

sehen in Franziskus den Prototypen<br />

eines »dialogischen Christen«,<br />

der sich nicht selber zum<br />

Maßstab macht, sondern auf den<br />

einen Herrn und das freie Wirken<br />

seines Geistes verweist. Wir brauchen<br />

heute in der interkonfessionellen<br />

Ökumene und im <strong>Dialog</strong><br />

mit den anderen Religionen<br />

dringend Vorbilder und Haltungen,<br />

die ich bei dem Mann aus<br />

Assisi sehe: auf der einen Seite ein<br />

klares eigenes Profil, aber ohne<br />

Fundamentalismus und Rechthaberei;<br />

auf der anderen Seite<br />

eine bedingungslose Bereitschaft<br />

zur Begegnung, zum Abbau von<br />

Vorurteilen und Feindbildern. Nur<br />

so kann das Trennende überwunden<br />

und das Verbindende immer<br />

stärker werden.<br />

<strong>Dialog</strong> und Frieden<br />

Religionen haben immer zu<br />

Intoleranz, Hass und Krieg geführt<br />

– aber Religionen haben auch<br />

immer Toleranz, Mitmenschlichkeit<br />

und Frieden vorgelebt.<br />

Der Friede unter den Völkern<br />

hängt zu einem guten Teil vom<br />

Frieden unter den Religionen ab.<br />

Schon deswegen ist der <strong>Dialog</strong><br />

zwischen ihnen unerlässlich.<br />

Reinhard Kellerhoff ofm<br />

Pater Reinhard ist Leiter des Museums<br />

Forum der Völker.<br />

www.forum-der-voelker.de<br />

25

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!