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Dialog - Franziskaner Mission

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<strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011 — <strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen<br />

<strong>Dialog</strong> mit anderen Religionen und Kulturen — <strong>Franziskaner</strong> <strong>Mission</strong> 3 | 2011<br />

Keine Wortgefechte<br />

Franziskanisch-muslimische Integrationsarbeit<br />

Werte vermitteln und bewahren<br />

Die Jugendlichen selbst, die zu ihm<br />

kommen, sind sehr unterschiedlich religiös:<br />

Die einen sind fromm und gehen<br />

in die Moschee, die anderen weniger.<br />

Das spielt im Alltag der Einrichtung<br />

jedoch keine Rolle. Bruder Jürgen und<br />

seinen Mitstreitern geht es um Werte,<br />

für die auch Franziskus steht: um Werte<br />

wie Frieden, Gerechtigkeit, Toleranz<br />

und um die Bewahrung der Schöpfung.<br />

8<br />

Bruder Jürgen Neitzert<br />

Dass Jürgen Neitzert <strong>Franziskaner</strong> ist,<br />

spielt für die muslimischen Jugendlichen<br />

im sozialen Brennpunkt von<br />

Köln-Vingst eigentlich keine Rolle.<br />

Wenn sie den Religionsdialog wollen,<br />

können sie kommen und ihn fragen.<br />

Ansonsten hält sich Bruder Jürgen an<br />

die Regel des heiligen Franziskus: »Eine<br />

Art (für die Brüder) unter Muslimen<br />

anwesend zu sein besteht darin, dass<br />

sie weder Streitgespräche noch Wortgefechte<br />

beginnen, sondern ›um Gottes<br />

Willen jeder menschlichen Kreatur‹<br />

Untertan sind und bekennen, dass<br />

sie Christen sind«.<br />

Die Beschäftigung mit dem Islam<br />

ist für Bruder Jürgen in seinem<br />

franziskanischen Leben zur Berufung<br />

geworden. Ein Brief von<br />

Brüdern aus muslimischen Ländern<br />

an den weltweiten Orden<br />

hat ihn zu Beginn seines Ordenslebens<br />

damals berührt. Diese<br />

Brüder trafen sich 1982 in Assisi<br />

zu einer Konferenz, um über<br />

die Verpflichtung zum <strong>Dialog</strong><br />

mit der muslimischen Welt zu<br />

sprechen, die Franziskus seinen<br />

Brüdern aufgegeben hatte.<br />

Ergebnis dieser Konferenz war<br />

die Aufforderung an die Brüder<br />

des <strong>Franziskaner</strong> ordens, dieses<br />

Erbe ernst zu nehmen und in den<br />

aktiven <strong>Dialog</strong> mit dem Islam<br />

einzutreten. Mit der Gruppe für<br />

Gerechtigkeit und Frieden seiner<br />

<strong>Franziskaner</strong>provinz suchte Jürgen<br />

Neitzert damals das Gespräch<br />

mit musli mischen Studenten und<br />

organisierte im Rheinland die<br />

ersten interreligiösen Gespräche<br />

und die ersten interreligiösen<br />

Friedensgebete. Seitdem ist<br />

er dabei geblieben, studierte<br />

Islamwissenschaft und interkulturelle<br />

Pädagogik, lernte Türkisch<br />

und Arabisch.<br />

Brüderliche Hilfe<br />

bei der Integration<br />

Bei seiner Arbeit mit türkischen<br />

Jugendlichen im Kölner Jugendtreff<br />

Vingst geht es weniger um<br />

interkulturellen und interreligiösen<br />

<strong>Dialog</strong> als vielmehr um Integration.<br />

Dabei hilft es Bruder Jürgen, die<br />

religiösen und kulturellen Wurzeln<br />

seiner Jugendlichen gut zu kennen.<br />

Er kennt sich auch in ihrer Welt aus<br />

und ist so für sie wie ein großer<br />

Bruder, der sie ernst nimmt. Klar<br />

spricht er auch über Religion und<br />

über sein Leben als <strong>Franziskaner</strong>.<br />

Aber nur, wenn er explizit gefragt<br />

wird. Die Jugendlichen wissen,<br />

dass er aus Überzeugung Christ<br />

und <strong>Franziskaner</strong> ist: »Das wird respektiert<br />

– die Jugendlichen haben<br />

grundsätzlich großen Respekt vor<br />

Religiosität, sie haben keine Vorbehalte<br />

– und ich will ihnen ihre<br />

Religion auch nicht nehmen«,<br />

sagt Bruder Jürgen.<br />

Gemeinsam lernen, spielen, reisen<br />

»Wir möchten die muslimischen<br />

Jugendlichen, die zwischen zehn und<br />

28 Jahre alt sind und in der Mehrzahl<br />

türkische Wurzeln haben, in die Lage<br />

versetzen, ein aktives Leben in unserer<br />

offenen Gesellschaft zu führen: Unser<br />

Angebot hat etwas pfadfinderhaftes«,<br />

sagt Bruder Jürgen und lacht. Er<br />

berichtet, wie er und seine Mitstreiter,<br />

die muslimischen bzw. alevitischen<br />

Glaubens sind, schon seit den 1990er<br />

Jahren Hausaufgabenhilfe geben, Kurse<br />

und Veranstaltungen zur Prüfungs- und<br />

Bewerbungsvorbereitung anbieten,<br />

mit den Jugendlichen Sport machen,<br />

kochen oder Plan- und Rollenspiele<br />

veranstalten. Regelmäßig werden<br />

Fußballturniere angeboten, um auch<br />

die nationalen Gruppen im Stadtviertel,<br />

die in der Regel unter sich bleiben, in<br />

Kontakt zu bringen. Durch Gruppenreisen<br />

nach Berlin, Paris, Hamburg,<br />

Rom und Istanbul öffnet Bruder Jürgen<br />

den Jugendlichen den Horizont.<br />

Bruder Jürgen mit Mädchen aus dem Jugendtreff<br />

Bruder Jürgen mit Jungen aus dem Jugendtreff<br />

Angebote aus übergreifenden<br />

Kooperationen<br />

Auch mit städtischen Einrichtungen,<br />

den Dachorganisationen der Moscheegemeinden<br />

oder der katholischen<br />

Pfarrgemeinde hat der Jugendtreff<br />

guten Kontakt. Hier gibt es immer<br />

wieder Kooperationen, z.B. bei dem<br />

Angebot, kostenfrei Gabelstaplerführerscheine<br />

zu machen.<br />

Engagement über Landesgrenzen<br />

hinaus<br />

Doch Bruder Jürgens Engagement in<br />

Sachen Kultur- und Religionsdialog<br />

bezieht sich nicht nur auf die Arbeit<br />

mit Jugendlichen in Köln: Er gehört<br />

auch zu einer internationalen Gruppe<br />

von Brüdern, die regelmäßig im<br />

internationalen <strong>Franziskaner</strong>konvent<br />

in Istanbul leben. Darüber hinaus<br />

leitet er eine kleine Hilfsorganisation,<br />

die humanitäre Projekte in der Türkei<br />

unterstützt, und setzt sich immer<br />

wieder auch im politischen Bereich<br />

für Gerechtigkeit und Frieden ein.<br />

Vorbild sein im Sinne Franziskus<br />

In seiner Arbeit versucht Bruder Jürgen,<br />

die Regel des heiligen Franziskus tagtäglich<br />

umzusetzen: als Christ, der die<br />

Werte des Evangeliums lebt und der<br />

den Jugendlichen dadurch ein Vorbild<br />

im Sinne von Franziskus ist.<br />

Thomas Martin Schimmel<br />

leitet das Berliner Büro der <strong>Mission</strong>szentrale der<br />

<strong>Franziskaner</strong>.<br />

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