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Schüler lernen den Bootsbau von kleinauf Mast- und Schotbruch Text: Stefan Rensch | Fotos: Katja Früh Gottfried Murko und Götz Sambale Vielleicht ist Köln-Chorweiler mit seinen architektonischen Sünden nicht unbedingt die schönste Ecke der Stadt, manche sprechen gar von „Brennpunkt“ oder „Problemviertel“, ganz sicher aber ist es ein Stadtteil, der Engagement und Ideen braucht. Und diese finden sich wie so oft nicht unbedingt in der großen Politik, sondern in den kleinen Nischen, in denen Menschen zusammenfinden und etwas bewirken, etwas tun wollen. Seit Frühjahr 1996 werden in den geräumigen Werkstätten der Waldorfschule, handwerklich-künstlerische Kurse für Kinder und Jugendliche aus dem Stadtteil Chorweiler angeboten. In der professionell ausgestatteten Tischlerei fanden in den letzten Jahren in Kooperation mit benachbarten Schulen eine Vielzahl von Kursen mit unterschiedlichen Schwerpunkten statt, wie z.B. eine „Offene Holzwerkstatt“, ein Tischlerkurs mit berufsorientierendem Charakter und der Kurs „Herstellung eines Segelschiffes“. Zwei der Kursleiter sind Gottfried Murko (53) und Götz Sambale (39). Der eine Werklehrer, der andere Bildhauer. Gemeinsam ist beiden, dass sie eine Tischlerlehre absolviert haben und wissen, wovon sie reden. Gottfried Murko war selbst einmal Waldorfschüler und wollte eigentlich nie Lehrer werden, wie er sagt, und nun, wie das Leben manchmal so spielt, ist er es seit über 20 Jahren. Und man merkt ihm an, dass er den Spaß daran nicht verloren hat. Ein ruhiger Mensch ist er, freundlich, und wenn die kleinen und etwas größeren Falten in seinem Gesicht sich zu einem Lachen verqueren, dann spürt man die Ausgeglichenheit, dieses Beruhigende, das Lehrer, so sie denn Pädagogen sind, mit an den Tag bringen, wenn sie gut sind. Der andere, das ist der Künstler, der studierte Bildhauer, Götz Samable, redegewandt, bisweilen freundlich, und mit einer Motivation versehen den Schülern etwas beizubringen, die sich als ehrgeizig bezeichnen lässt. „Ich habe mich zwar auf meine künstlerische Arbeit im Atelier konzentriert, aber da dreht man sich meistens nur um sich selbst. Der Kurs mit den Schülern ist auch mein Draht zur Welt, hier setzt man sich mit den Dingen des gesellschaftlichen Lebens auseinander, und ich sehe es als absolute Bereicherung.“ Der Kurs „Herstellung eines Segelschiffes“, den der Lehrer und der Künstler „Der Kurs mit den Schülern ist auch mein Draht zur Welt, hier setzt man sich mit den Dingen des gesellschaftlichen Lebens auseinander, und ich sehe es als absolute Bereicherung“ Götz Sambale, Bildhauer anbieten, richtet sich insbesondere an Jugendliche ansässiger Haupt-, Real- und Gesamtschulen, die in den Werkstätten der Waldorfschule ihr handwerkliches Geschick erproben können. Ziel des Kurses ist, dass jeder Schüler innerhalb eines Jahres sein eigenes kleines Segelschiff baut. Zwei mal 60 Minuten in der Woche müssen dafür ausreichen, um Mast, Segel und Steuerruder aufeinander abzustimmen, damit letzten Endes das Bötchen auch tatsächlich fahrtüchtig wird. Zehn Schüler sind es im Schnitt pro Kurs, die mit Klüpfel und Schnitzeisen an die unbehandelten Stämme, die vom Grünflächenamt zur Verfügung gestellt werden, werken. Der Unterricht Langsam trudeln die Schüler ein, schon vor Unterrichtsbeginn, begleitet von ihrem Lehrer und Berufswahlkoordinator Bernhard Meyer (47), der immer ein Auge auf seine Schüler hat. Nur einer fehlt heute und Aziz Bakir (14), der sich gleich mal als der Lebendigste der Gruppe präsentiert, weiß auch warum: „Mustafa kommt heute nicht, der ist zu müde, der hat Kraft-Training gemacht.“ Die anderen Schüler sind dafür umso motivierter, sie haben hier etwas handfestes, an dem sie arbeiten können, an dem sie alles selbst machen, das sie stolz 13