26 Beruf & Karriere „Klare Ziele.“ Shahin Shokohi 20 Jahre, Ausbildung zum Metallbauer Iran Ich bin eigentlich sehr hilfsbereit, freundlich und komme gut mit Menschen klar. Geboren bin ich in Teheran. Die deutsche Mentalität ist kälter als die südländische. Ich vermisse das Temperament, das Verhalten und die Wärme. Heimat ist das Land, in dem ich das Licht der Welt erblickt habe. Ich habe mich für den Beruf des Metallbauers entschieden, weil ich Maschinenbau-Ingenieur werden möchte und praktische Erfahrungen sammeln will. Am liebsten arbeite ich an Drehbänken. Die größte Herausforderung ist, meine Ziele auch zu erreichen. Mein schönstes Erlebnis war, als mein kleiner Bruder zur Welt kam. Meine Hobbys sind Singen, Black-Musik und die Musikproduktion. Von der Zukunft erwarte ich, dass ich weiterhin Musik mache, meine beruflichen Ziele erreiche und Kinder in die Welt setze, sobald ich in der Lage bin, sie auch zu versorgen.
Der Gewinn: die Vielfalt Wolfgang Fehl, 58 Jahre, Koordinator des Netzwerkes „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) und Gründer der ersten Beratungsstelle zur Qualifizierung von Nachwuchskräften mit Migrationshintergrund – kurz BQN, eine Idee, die bereits bundesweit Nachahmer gefunden hat. www.intqua.de www.pro-qualifizierung.de Herr Fehl, seit vielen Jahren setzen Sie sich für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland ein. Sie halten Vorträge, knüpfen Netzwerke, führen Studien durch und sprechen vor allem mit denjenigen, die Ihnen so am Herzen liegen: Menschen, mit den unterschiedlichsten kulturellen Wurzeln. Warum das alles, woher kommt Ihr Engagement? Ein italienischer Kollege hat mir bei meinem ersten Semesterferienjob auf dem Bau gezeigt, was ich tun muss und wer auf der Baustelle „das Sagen“ hat. Er war kompetent und hilfsbereit. Gelernt hatte er alles nebenbei, „Papiere“ konnte er nicht vorweisen. Ihm und vielen seiner Kollegen wollte ich dann etwas zurückgeben – und habe Deutschkurse an der Volkshochschule, Vorbereitungsklassen an Grund- und Hauptschulen und berufsvorbereitende Lehrgänge für ausländische Jugendliche in Bergisch Gladbach und Köln organisiert. In vielen Zeitungsberichten heißt es, Menschen mit Migrationshintergrund hätten es oft schwerer, eine Lehrstelle zu finden. Dabei haben wir seit August 2006 ein entsprechendes Gesetz (AGG). Hat die Presse Unrecht oder funktioniert das Gesetz nicht richtig? Der Fehler liegt meiner Meinung nach im Vorgehen: Die Fähigkeit, Menschen gleich behandeln zu können und zu wollen, kann nicht per Gesetz verordnet werden. Sie können doch auch niemanden zwingen, den Sitznachbarn in der Schule zu mögen und zwar bitte ab dem 31.12.06. Deshalb ist das Gesetz nicht falsch, denn Diskriminierung aufgrund von Rasse, Geschlecht oder Alter darf nicht sein. Wenn aber einerseits ein Gesetz als notwendig erachtet wird, dann muss das auf der andern Seite auch begleitet werden. Wer Vorurteile abbauen soll, muss erleben, dass sein Urteil nicht richtig war. Für den Vergleich mit dem Mitschüler bedeutet das: Wenn der Schulnachbar akzeptiert werden soll, dann muss die Möglichkeit geboten werden, ihn einmal aus einem anderen Blickwinkel, in einem andern Licht kennen zu lernen – beim Sport, in Extremsituationen, in anderen ungewöhnlichen Bedingungen. Zurück zum Gesetz: Es sind Angebote erforderlich zur Überprüfung von Auswahlverfahren. Es gilt, so genannte Kompetenzfeststellungsverfahren zum Einsatz zu bringen, die auch Begabungen erfassen, die nicht per Zeugnis nachgewiesen werden können. Bewerber müssen darin geschult werden, sich ihrer Fähigkeiten bewusst zu werden und dies gegenüber Arbeitgebern auch rüber zu bringen. Und es gilt, mit entsprechenden interkulturellen Trainings in Unternehmen dazu beizutragen, dass immer mehr Menschen lernen, Kollegen zu akzeptieren und zu schätzen – auch, wenn sie anders sind als sie selbst. Das sind nur einige Vorschläge zu Maßnahmen, die bereits vorhanden sind. Gute Ideen zu weiteren Möglichkeiten sind zudem gefragt und willkommen. Und was können die Jugendlichen selbst unternehmen bzw. wie können auch ihre Eltern sie auf dem Weg in die passende Ausbildung unterstützen? Vorab möchte ich einmal klarstellen, dass Eltern mit Migrationshintergrund inzwischen durchaus um die Bedeutung einer beruflichen Ausbildung wissen. Viel viel schwieriger ist es aber für sie, ihre Kinder dabei zu unterstützen, einen Ausbildungsplatz zu finden, weil sie die Zugänge nicht kennen und das Vitamin „B“ fehlt. Und wenn diese Unterstützung ausbleibt, dann ist es in den meisten Fällen kein Migrantenproblem, sondern ein Problem von bildungsfernen Familien, das gibt es in „deutsch“ ganz genauso, wenn auch nicht so oft. Meine Tipps an die Jugendlichen sind folgende: Frühzeitig mit der Bewerbung beginnen, das heißt mindestens ein Jahr vor dem Schulabschluss. Praktika machen – je mehr je besser. Alle verfügbare Unterstützung zum Verfassen von guten Bewerbungen in Anspruch nehmen – hier gibt es viele Stellen die Bewerbungstrainings machen, eine Internetrecherche ist da aufschlussreich. Sich einmal hinsetzen und überlegen, wo die eigenen Stärken liegen und ruhig auch mal mit Freunden, Eltern, Lehrern darüber sprechen. Sollte es Probleme mit der deutschen Sprache geben: lernen, lernen, lernen, und, last but not least, sich über mögliche Berufe informieren, denn es gibt jenseits von den Berufshits Kfz-Mechatroniker für Jungs und Friseurin für Mädels, viele interessante und zukunftsträchtige Ausbildungen – man muss sie nur kennen. Integration heißt: Herstellung eines Ganzen. Wann ist für Sie genau dies erreicht? Für mich ist berufliche Integration dann gelungen, wenn das Thema kein Thema mehr ist. Wenn Jugendliche, Lehrer, Eltern, Arbeitgeber begriffen haben, dass junge Menschen immer ein Schatz sind, vollkommen egal, woher sie kommen. Es werden zwar oft die Aussagen getan; bei uns kommt es nur auf die Leistung an. Aber ich denke, dies ist oft ein Lippenbekenntnis und in den Hinterköpfen spielt sich noch etwas anderes ab. Manchmal muss an jungen Menschen – also unseren Schätzen – halt noch ein wenig geschliffen werden, damit sie glänzen können. Aber das Entscheidende ist: der Wert und die Einsatzmöglichkeiten des Schatzes sind nicht von der Herkunft (dem Fundort) abhängig. Was kann jeder einzelne Schüler tun, damit Integration gelingt? Junge Menschen sollten ihre Schulzeit nutzen, um Vielfalt als Gewinn zu entdecken, zum Beispiel bei Gruppenarbeiten, gemeinsamen Referaten oder Team im Sport einfach mal über ihren Schatten springen und mit den Mitschülern ein Team bilden, die ganz anders sind, die nicht in der Clique sind, mit denen sie bislang nichts zu tun hatten. Gebt einander Chancen, lernt einander kennen. Das ist viel verlangt, aber ich traue es Jugendlichen durchaus zu, dass sie den Erwachsenen hier etwas vormachen. Und stellen Sie sich einmal vor, was es für die Arbeitswelt bedeutet, wenn solche flexiblen, offenen Menschen in die Unternehmen kommen. 27