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LIZA LI - Handfest-Online

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Wasserwelten<br />

Christin Börner – Mit 13 erfolgreiche Kanutin, mit 19 erfolgreiche Bootsbauerin<br />

Mit 6 Jahren hat sie das erste Mal in einem Boot gesessen, gemerkt,<br />

wie das Wasser auf Einschläge reagiert, wie man Richtungen ändert<br />

und Fahrt aufnimmt und wie anstrengend es bisweilen sein kann,<br />

gegen den Strom voranzukommen. Als sie mit 13 Jahren deutsche<br />

Vizemeisterin im 4er-Kajak wurde, wurde die renommierte Friedrich<br />

Ludwig Jahn Sportschule in Potsdam auf sie aufmerksam und lud sie<br />

zu Aufnahmetests ein. Eine wirkliche Hürde war das nicht, sie wurde<br />

aufgenommen, in den Kreis der Begabten, derjenigen, die die<br />

Medaillen und den Ruhm mit nach Hause bringen. Weit größer war<br />

die Hürde, als 13-Jährige den Heimatort verlassen zu müssen, die<br />

Familie und das gewohnte Umfeld, die Wege, Wälder und Wiesen, die<br />

sie doch von klein auf kannte. Aber der Ehrgeiz hatte sie schon längst<br />

gepackt, sie wollte das machen, Erfahrungen sammeln und Grenzen<br />

testen, wollte wissen, wie weit ihr Körper gehen kann und wie er sich<br />

anfühlt, der Hochleistungssport, mit all seinen Facetten. Also<br />

Potsdam, ein Internat mit 500 Schülern, die alle ähnlich talentiert<br />

und leistungsorientiert waren, Konkurrenten, aber auch Freunde fürs<br />

Leben, wie sich später rausstellte. „Das war schon eine harte Zeit, die<br />

Trainer und Lehrer haben einen ganz schön rangenommen, aber<br />

irgendwie war es auch wie eine Familie. Und nicht mehr unter den<br />

Fittichen der Eltern zu stehen, hatte auch etwas mit Freiheit zu tun.“<br />

Gleichwohl diese Freiheit in einem straffen Zeitplan reglementiert<br />

wurde. Von 8 bis 10 Uhr Training, von 10 Uhr 30 bis 15 Uhr 30 Schule<br />

und von 16 bis mindestens 18 Uhr wieder Training. Dazwischen die<br />

Mahlzeiten und danach die Hausaufgaben. Am Ende des Tages war<br />

dann nicht mehr viel mit Party, der Körper brauchte Ruhe, kaum verwunderlich,<br />

bei 100 Kilo, die mit jedem Schlag ins Wasser bewegt<br />

werden. Freundschaften aber wurden geschlossen und gepflegt, man<br />

hat die gleichen Interessen, die gleichen Ziele, den gleichen Alltag.<br />

„Eine Freundin“, sagt Christin mit ihrem gewinnenden Lächeln „war<br />

all die Jahre immer besser als ich, bis ich 15 wurde und eine super<br />

Wintersaison hatte, danach lag sie hinter mir. Auf dem Wasser haben<br />

wir uns gehasst, aber auf dem Land geliebt.“<br />

Die Kehrtwende<br />

Die Zukunft war also fest verplant, das Leben geregelt, doch dann,<br />

ganz plötzlich, kam alles anders. Mit Rückenschmerzen fing es an, der<br />

Trainer ging mit ihr zum Arzt und der stellte dann ganz nüchtern fest,<br />

dass sich die Bandscheibe verschoben hatte. Vom einen auf den anderen<br />

Tag war es aus, aus mit dem Traum von einer Sportlerkarriere, aus<br />

mit internationalen Wettbewerben und auch aus mit dem Sportinternat<br />

in Potsdam. Die 12. Klasse durfte Christin noch abschließen,<br />

danach musste sie ihr Leben in neue Bahnen lenken. „Es war ein<br />

Schlag ins Gesicht, aber man findet sich damit ab und nach vier<br />

Wochen habe ich mich dann wieder aufgerappelt und neue Pläne<br />

geschmiedet.“ Etwas Handwerkliches wollte sie schon immer machen,<br />

Tischler vielleicht oder Steinmetz, kurzzeitig dachte sie auch über ein<br />

Psychologie-Studium nach, verwarf die Idee jedoch ganz flugs wieder,<br />

denn: „Irgendwann dachte ich, Mensch, du bist doch blöd, da hast du<br />

sechs Jahre in einem Paddelboot gesessen, warum baust du dann<br />

nicht einfach selbst Boote.“ Über 50 Bewerbungen hat sie geschrieben,<br />

deutschlandweit, vom Bodensee bis rauf nach Flensburg, doch<br />

einige Betriebe meldeten sich gar nicht erst, andere sagten ab. Drei<br />

Betriebe aber bissen an und das Rennen machte ein kleiner<br />

Familienbetrieb in Wetzlar, zwischen Frankfurt und Gießen gelegen,<br />

nicht unbedingt eine Hochburg des Schiffbaus, geschweige denn des<br />

Wassersports. Aber Christin hat sich gleich wohl gefühlt, bei dem Chef<br />

und den vier Mitarbeitern, die alle ebenfalls Sportler sind, man verstand<br />

sich sofort, und mit weiblichen Auszubildenden hatte man auch<br />

schon gute Erfahrungen gemacht. „Die verstehen auch, dass Frauen<br />

mal zickig sein können oder eine Woche lang nur schwer ansprechbar<br />

sind.“<br />

Steuerbord voraus<br />

Im zweiten Lehrjahr ist sie jetzt, „und es macht mir wirklich großen<br />

Spaß“, sagt sie, mit diesem leichten Berliner Slang, der in Sätzen<br />

immer mal wieder ein „dit“ oder „nischt“ einschmuggelt, der ihre offe-<br />

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