Die Arbeitslosigkeit erreicht Rekordhöhe
472.539 Menschen ohne Job – Osteuropäer strömen auf den Arbeitsmarkt
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4 Innenpolitik<br />
Neue Freie Zeitung<br />
„Nicht jeder, der Steine<br />
wirft, gilt als linksextrem!“<br />
Der Politikwissenschafter und Publizist Karsten Dustin Hoffmann<br />
ist einer der wenigen Linksextremismus-Experten. Von 2000 bis<br />
2011 war er in einer Einsatzhundertschaft der Hamburger Bereitschaftspolizei<br />
tätig. 2011 wurde er an der TU Chemnitz mit einer<br />
Arbeit über das Autonome Zentrum „Rote Flora“ (Hamburg) promoviert.<br />
Seit 2011 leitet er die Bibliographie zur Linksextremismus-<br />
Foto: KDH<br />
„Linke Militanz ist ein gesellschaftliches<br />
Problem.“<br />
<strong>Die</strong> Gegner des Balls sprechen<br />
von „zivilgesellschaftlichem“ oder<br />
„antifaschistischem“ Engagement,<br />
die Veranstalter von „Linksextremismus“.<br />
Welche Bezeichnung charakterisiert<br />
die auf Verhinderung<br />
gerichteten Kundgebungen besser<br />
Karsten Dustin Hoffmann:<br />
„Militanz“ wäre wohl ein Begriff,<br />
mit dem alle Seiten leben könnten.<br />
<strong>Die</strong> Aktivisten verstehen darunter<br />
die Bereitschaft,<br />
sich über die<br />
Rechtsordnung<br />
hinwegzusetzen.<br />
Das kann auch Gewalt gegen<br />
Menschen beinhalten. Der Verfassungsschutz<br />
zählt etwa 7.000 „gewaltbereite<br />
Linksextremisten“ in<br />
der Bundesrepublik Deutschland.<br />
Aber längst nicht jeder, der auf linken<br />
Demonstrationen Steine wirft,<br />
gilt nach staatlicher Definition als<br />
linksextrem. Wenn wir Militante<br />
als diejenigen verstehen, die sich an<br />
Straftaten beteiligen oder sich öffentlich<br />
mit Straftätern solidarisieren,<br />
dann dürfte deren Zahl um ein<br />
Vielfaches höher liegen. Ich gehe<br />
von etwa 30.000 Personen aus.<br />
Sind die Szene insgesamt und die<br />
von ihr ausgehende Gewaltbereitschaft<br />
im Wachsen begriffen<br />
Hoffmann: <strong>Die</strong> Gewaltbereit-<br />
Hoffmann fordert mehr<br />
Engagement gegen<br />
Linksextremismus.<br />
schaft linker Szenen ist heute längst<br />
nicht so ausgeprägt wie in den siebziger<br />
oder achtziger Jahren. Aber<br />
wir mussten in den letzten Jahren<br />
einen deutlichen Anstieg der Zahlen<br />
verzeichnen. <strong>Die</strong> Mobilisierungsfähigkeit<br />
der Szenen hat sich stark<br />
verbessert und die modernen Medien<br />
erleichtern den Informationsaustausch.<br />
Vor zwanzig Jahren musste<br />
man sich in einem linken Zentrum<br />
eine Szenezeitung<br />
wie die<br />
„radikal“ oder<br />
die „Interim“<br />
besorgen, um<br />
einen Brandsatz bauen zu können.<br />
Heute finden Sie Anleitungen im<br />
Internet – genauso wie Sie dort illegale<br />
Feuerwerkskörper erwerben<br />
können.<br />
In Wien ermittelt die Polizei jetzt<br />
wegen der Bildung einer kriminellen<br />
Vereinigung. Im Vorjahr wurde<br />
gegen hunderte Randalierer wegen<br />
„Landfriedensbruchs“ ermittelt.<br />
Sind solche Pauschal-Ermittlungen<br />
sinnvoll beziehungsweise wie sollten<br />
Polizei und Justiz Ihrer Meinung<br />
nach mit gewalttätigen Linksextremisten<br />
umgehen<br />
Hoffmann: Linke Militanz ist in<br />
erster Linie nicht ein polizeiliches,<br />
sondern ein gesellschaftliches Problem.<br />
Gesellschaft und Politik haben<br />
es zu verantworten, dass ein<br />
erheblicher Teil der Bevölkerung<br />
es offenbar als legitim betrachtet,<br />
legale Veranstaltungen zu stören<br />
oder zu verhindern. Ich betrachte<br />
das als sehr gefährliche Entwicklung.<br />
Polizei und Justiz können daran<br />
nichts ändern. Wir müssen ein<br />
Bewusstsein schaffen für die Gefahr,<br />
die von linker Militanz ausgeht.<br />
Dafür braucht es empirische<br />
Forschungsarbeiten und gesellschaftliche<br />
Initiativen. Wenn sich<br />
Bundes- und Landesregierungen<br />
bereit erklären würden, nur 10 Prozent<br />
dessen, was sie für die Rechtsextremismusprävention<br />
ausgeben,<br />
in die Linksextremismusprävention<br />
zu investieren, wäre viel gewonnen.<br />
Foto: Andreas Ruttinger<br />
Thema<br />
der<br />
Woche<br />
2.500 Polizisten hi<br />
NoWKR-Kundgebung untersagt – 54 Festnahmen<br />
<strong>Die</strong> Demos gegen den 3. Wiener Akademikerball verliefen am Freitag<br />
weniger gewalttätig als in den vergangenen Jahren. Das lag<br />
freilich nicht an den Teilnehmern, die sich generalstabsmäßig auf<br />
größtmögliche Randale vorbereitet hatten, sondern an der exzellenten<br />
Arbeit der Wiener Polizei.<br />
Zwei Tage vor dem Ball untersagte<br />
Polizeipräsident Gerhard Pürstl<br />
die wohl gefährlichste der Kundgebungen:<br />
jene der NoWKR-Bewegung<br />
und des kommunistischen<br />
Bündnisses „...ums Ganze!“, das<br />
aus Deutschland busweise Demo-Touristen<br />
ankarrte. Bei einer<br />
Pressekonferenz weigerten sich die<br />
Sprecher der beiden Organisationen,<br />
sich von Gewalt zu distanzieren.<br />
Eingeschlagene Schaufenster in<br />
der Innenstadt seien angesichts des<br />
Flüchtlingselends an den EU-Außengrenzen<br />
das geringere Problem,<br />
ließen sie wissen.<br />
Ziele markiert<br />
Schon Tage vor dem Ball waren<br />
in Wien verstärkt linke Schmieraktionen<br />
zu beobachten. Häuser von<br />
Studentenverbindungen wurden<br />
ebenso mit Leucht-Graffiti markiert<br />
wie der Gehsteig vor dem<br />
Wohnhaus des Ball-Organisators<br />
Udo Guggenbichler. Offensichtlich<br />
sollte so den nicht ortskundigen<br />
Randaliereren angezeigt werden,<br />
wo sich lohnende Ziele befinden.<br />
Wie erwartet, ließen sich die gewaltbereiten<br />
Demonstranten von<br />
der Absage ihrer Kundgebung<br />
nicht abhalten. <strong>Die</strong> 2.500 eingesetzten<br />
Polizisten hatte alle Hände<br />
voll zu tun, die sichere Anreise der<br />
Ballgäste zu gewährleisten. Immer<br />
wieder kam es zu Angriffen auf Taxis,<br />
mindestens zwei Wagen wurden<br />
die Reifen aufgestochen. 54<br />
Personen wurden festgenommen,<br />
es kam zu rund 150 Anzeigen wegen<br />
strafrechtlicher und verwaltungsstrafrechtlicher<br />
Delikte.<br />
HC Strache dankte der Polizei<br />
FPÖ-Obmann HC Strache sprach<br />
den Polizisten „Dank, Respekt und<br />
Anerkennung“ aus und bedauerte<br />
zugleich, dass bei den Ausschreitungen<br />
zumindest sechs Polizisten<br />
verletzt wurden. Es sei heuer<br />
jedoch gelungen, „die meisten<br />
Linksextremen, die Gewalttaten in<br />
Planung hatten, dingfest zu machen<br />
und den Herrschaften auch ihre<br />
Waffen abzunehmen“. Tatsächlich<br />
klickten für manche Randalierer<br />
schon im Vorfeld die Handschel-