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Heft - Landwirtschaft in Sachsen - Freistaat Sachsen

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Fi@cherei hi]ori@ch erstellt von Matthias Pfeifer<br />

Segen gereichen. Welche unendlich traurigen wirtschaftlich ru<strong>in</strong>ösen Folgeersche<strong>in</strong>ungen<br />

das strikte Alkoholverbot <strong>in</strong> Amerika nach sich gezogen hat, ersehen wir aus e<strong>in</strong>er Statistik<br />

der verbotenen Alkoholschenken, der Morph<strong>in</strong>isten, welche statt Alkohol das Morphium<br />

gewählt haben, und anderem mehr. Es liegt daher nicht im Interesse e<strong>in</strong>es Kulturvolkes, den<br />

Alkohol gänzlich aus se<strong>in</strong>er Mitte zu verbannen. Vielmehr kann hier e<strong>in</strong>e gesetzgeberische<br />

Entscheidung nur dann stattf<strong>in</strong>den, wenn alle Kultur- und Wirtschaftszweige sich zuerst<br />

darüber schlüssig werden, ob der Alkohol zu ihrem Schaden oder zu ihrem Nutzen<br />

ausgebeutet werden kann. Danach muß die Entscheidung sich sachlich richten.<br />

Es ist ja bekannt, daß der Seefahrer, der Schiffer überhaupt, e<strong>in</strong>en guten Tropfen liebt. Und<br />

der Fischer ist mit diesem dermaßen verwandt, daß bei ihm das Nämliche zutrifft. Das<br />

kommt nicht etwa daher, weil diese Leute „Schlemmer“ s<strong>in</strong>d. Im Gegenteil betrachtet der<br />

Schiffer und Fischer als solcher den Alkohol als Medikament, wenn man auch nicht <strong>in</strong> Abrede<br />

stellen darf, daß e<strong>in</strong> guter Tropfen zu Zeiten gut zu munden vermag. Wer Alkohol besonders<br />

als Mediz<strong>in</strong>, welche e<strong>in</strong>e stärkende Wirkung auf den Organismus ausüben soll, zu sich<br />

nehmen zu dürfen oder zu müssen glaubt, der darf nur guten Alkohol <strong>in</strong> Anwendung br<strong>in</strong>gen.<br />

Fusel ist dem Organismus stets schädlich. Erstklassiges Bier, guter We<strong>in</strong> und prima Likör<br />

alte<strong>in</strong>geführter Marken, nicht allen möglichen Branntwe<strong>in</strong> aus unbekannten Erzeugerhänden,<br />

das sei das Material, mit welchem man zu arbeiten sich gewöhne. Das muß sich der Fischer<br />

vor allem sagen. Ferner muß er nachprüfen, warum er den Alkohol <strong>in</strong> manchen Lagen gerne<br />

zu sich nimmt. Dies tut er wegen se<strong>in</strong>er Wirkung, und über diese muß er sich zunächst klar<br />

werden, um den Wert, den der Alkohol für ihn besitzen kann, klar zu erfassen.<br />

Die chemische Zusammensetzung des Alkohols ruft fast momentan e<strong>in</strong>en sehr energischen<br />

Verbrennungsprozeß im Organismus hervor. Dadurch wird der Stoffwechsel beschleunigt<br />

und verstärkt. Es entsteht Wärme im Körper, und die Muskeln vermögen, so lange diese<br />

Ersche<strong>in</strong>ung anhält, um so <strong>in</strong>tensiver zu arbeiten. Besonders wenn die Witterung kalt ist, ist<br />

die Wärmeerzeugung von großer physiologischer Wichtigkeit. Diese die Körperkraft hebende<br />

Wirkung hält jedoch nur so lange an, bis der Alkohol umgesetzt ist und die Wärmewirkung<br />

aufhört. Dann erfolgt e<strong>in</strong>e Reaktion der Erschlaffung, die um so größer ist, je größer die<br />

stärkende Wirkung des Alkohols gewesen, je größer die Portion des aufgenommenen<br />

Alkohols.<br />

Wenn der Fischer diese Wirkung des Alkohols <strong>in</strong> wirtschaftlicher Beziehung betrachtet, so<br />

wird er f<strong>in</strong>den, daß dieselbe zu Zeiten ihm hochwillkommen se<strong>in</strong> wird. Er ist sehr oft der<br />

Nässe und dadurch der Kälte ausgesetzt, so daß e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>nerliche Erwärmung <strong>in</strong> vielen Fällen<br />

alle<strong>in</strong> die Gesundheit erhalten kann. Ferner ist se<strong>in</strong> Beruf gewöhnlich körperlich<br />

anstrengend, so daß sehr oft nur e<strong>in</strong>e außerordentliche Auffrischung se<strong>in</strong>er Körperkräfte ihn<br />

noch das Ziel erreichen lassen, welches fischereitechnisch bis zu diesem Zeitpunkte - der<br />

Abend des Tages - noch erreicht werden sollte. E<strong>in</strong> guter Tropfen hebt auch nach<br />

anstrengender Fischereiarbeit die Lebensgeister des Fischers und läßt diesen sich<br />

wohlfühlen. Welche physiologische Rolle aber das seelische Moment <strong>in</strong> der Lebenspraxis zu<br />

spielen fähig ist, hat jeder wohl schon an sich selbst zur Genüge ausprobiert - Aber nicht nur<br />

im eigenen Interesse wird der Fischer die Wirkung des Alkohols willkommen heißen und als<br />

fördernd ansehen müssen. Auch im Samariterdienste zum Nutzen des Nächsten hat e<strong>in</strong><br />

guter Schluck aus der Feldflasche oft schon Großes gewirkt. Beim Befahren von Gewässern<br />

kommen häufiger denn je Unfälle vor, bei denen e<strong>in</strong> Mensch über Bord kommt. Bewußtlose<br />

rasch zum Leben zurückzurufen, dafür sorgt der Alkohol, und Entkräftete wieder<br />

aufzurichten, auch das besorgt der Alkohol. Erstarrte zu erwärmen, ist ebenfalls Sache des<br />

Alkohols als Mediz<strong>in</strong>. Und auch der edle Retter, der unerschrocken <strong>in</strong> das nasse Element zu<br />

tauchen sich anschickt, um den Nächsten se<strong>in</strong>em nassen Wellengrabe zu entreißen, kann<br />

sich vorher durch e<strong>in</strong>en Schluck aus der Feldflasche wappnen gegen Entkräftung, Nässe<br />

und Kälte. Vor allem, wenn es gilt, momentan e<strong>in</strong>e nicht lange andau-ernde Kraftleistung<br />

auszuführen, ist Alkohol das e<strong>in</strong>zige Mittel, das Ziel zu erreichen.<br />

Daraus erkennt der Fischer ohne Zweifel, daß der Alkohol als Medikament, als<br />

wirtschaftlicher Faktor für ihn unabschätzbare Dienste leistet. Er muß sich nun nur noch<br />

fragen, ob er durch den ihm wirtschaftlich nützenden Alkohol sich nicht desto mehr reaktionär<br />

wirtschaftlich schädigt, <strong>in</strong>dem er dadurch die Gesundheit se<strong>in</strong>es Körpers schwächt.<br />

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