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Spiele, die es nicht zu kaufen gibt -

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Seite 1<br />

Ulrike Widdek<br />

<strong>Spiele</strong>, <strong>die</strong> <strong>es</strong> <strong>nicht</strong> <strong>zu</strong> <strong>kaufen</strong> <strong>gibt</strong> -<br />

Über Planung, Herstellung und Einsatz<br />

spezieller Lernspiele und Unterrichtsmaterialien<br />

für meine mehrfachbehinderten Schüler


Thema:<br />

Seite 2<br />

HAUSARBEIT<br />

für <strong>die</strong> Lehramtsprüfung der Sparte:<br />

Sonderschule für körperbehinderte Kinder<br />

<strong>Spiele</strong>, <strong>die</strong> <strong>es</strong> <strong>nicht</strong> <strong>zu</strong> <strong>kaufen</strong> <strong>gibt</strong> -<br />

Über Planung, Herstellung und Einsatz<br />

spezieller Lernspiele und Unterrichtsmaterialien<br />

für meine mehrfachbehinderten Schüler<br />

Themensteller: Annemarie Doubek<br />

Name der Verfasserin: Ulrike Widdek<br />

Adr<strong>es</strong>se: Grillparzerstraße 84, A - 2380 Perchtoldsdorf<br />

Geburtsdatum: 21. September 1969<br />

Ich habe <strong>die</strong>se Hausarbeit eigenständig verfaßt und dabei ausschließlich <strong>die</strong> angeführten<br />

Hilfsmittel verwendet.


INHALT<br />

Seite 3<br />

1. TEIL THEORETISCHER HINTERGRUND 3<br />

Gedankensplitter 3<br />

Wie sieht <strong>die</strong> Spielsituation von geistig behinderten Kindern aus? 4<br />

Schülerb<strong>es</strong>chreibungen: Barbara - Birgit - Philipp - Nermin - Ömer - Bülent - Michi - Spielverhalten 5<br />

Die Bedeutung der Gruppe für das Lernen 9<br />

Spezielle Lernspiele - Was muß ich berücksichtigen? 10<br />

Von der ersten Idee bis <strong>zu</strong>r Verwirklichung 12<br />

2. TEIL BESCHREIBUNG DER LERNSPIELE 13<br />

FARBSPIEL MIT LEITERN UND RUTSCHEN 13<br />

Wie <strong>es</strong> <strong>zu</strong>r Entwicklung d<strong>es</strong> Spiels kam 13<br />

Kurzb<strong>es</strong>chreibung 13<br />

Überlegungen und Gedanken <strong>zu</strong> dem Spiel 14<br />

Materialien und Maße; Spielbrett - Farben - Würfel - Spielfiguren 14<br />

Erfahrungen in der Praxis 15<br />

DAS MENSCHENPUZZLE 17<br />

Wie <strong>es</strong> <strong>zu</strong>r Entwicklung d<strong>es</strong> Spiels kam 17<br />

Kurzb<strong>es</strong>chreibung 17<br />

Überlegungen und Gedanken <strong>zu</strong> dem Spiel; Kinder aller Welt - Körperschema 18<br />

Mögliche Spielvariationen 18<br />

Materialien und Maße; Puzzl<strong>es</strong> - Würfel 19<br />

Erfahrungen in der Praxis 19<br />

DAS JAHRESZEITENSPIEL 20<br />

Wie <strong>es</strong> <strong>zu</strong>r Entwicklung d<strong>es</strong> Spiels kam 20<br />

Kurzb<strong>es</strong>chreibung; Spielverlauf 20<br />

Überlegungen und Gedanken <strong>zu</strong> dem Spiel; Die vier Situationsbilder - Die Bildkärtchen - 21<br />

"Zweiseitig betrachtbar" - Die Rahmen um <strong>die</strong> Situationsbilder und um <strong>die</strong> Plätze der Bilder im Raster<br />

...Damit sind wir eigentlich schon bei der Differenzierung angekommen 22<br />

Materialien und Maße; Spielbrett - Jahr<strong>es</strong>zeitenbilder, Rahmen, Raster und Kärtchen - Farben 22<br />

Erfahrungen in der Praxis 23<br />

Mögliche Spielvariationen 23<br />

Das Spiel-Ende 24<br />

DER LESEFERNSEHER 25<br />

Wie <strong>es</strong> <strong>zu</strong>r Entwicklung d<strong>es</strong> Spiels kam 25<br />

Kurzb<strong>es</strong>chreibung 25<br />

Überlegungen und Gedanken <strong>zu</strong> dem Spiel; Der Fernseher - Die L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen 26<br />

Differenzierung 27<br />

Materialien und Maße; Kartonbild - L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen - Farben 27<br />

Erfahrungen in der Praxis - und andere Möglichkeiten, das Material <strong>zu</strong> verwenden 28


Seite 4<br />

STEHEN - SITZEN - LIEGEN 29<br />

Wie <strong>es</strong> <strong>zu</strong>r Entwicklung d<strong>es</strong> Spiels kam 29<br />

Kurzb<strong>es</strong>chreibung 29<br />

Überlegungen und Gedanken <strong>zu</strong> dem Spiel; Das Spielbrett - Der Würfel - 30<br />

Wir nehmen selbst <strong>die</strong> verschiedenen Körperhaltungen ein<br />

Materialien und Maße; Spielbrett - Farben - Würfel - Spielsteine 32<br />

Das Spiel-Ende 33<br />

Zusätzlich<strong>es</strong> Material: Bildkärtchen 33<br />

MENSCH ÄRGERE DICH NICHT 34<br />

Wie <strong>es</strong> <strong>zu</strong>r Entwicklung d<strong>es</strong> Spiels kam 34<br />

Kurzb<strong>es</strong>chreibung 34<br />

Überlegungen und Gedanken <strong>zu</strong> dem Spiel 35<br />

Materialien und Maße; Spielbrett - Farben - Spielfiguren - Würfel 36<br />

Erfahrungen in der Praxis 37<br />

3. TEIL BESCHREIBUNG DER UNTERRICHTSMATERIALIEN 38<br />

STUNDENPLAN - in Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Kurt Rammerstorfer 38<br />

Wie <strong>es</strong> <strong>zu</strong>r Entwicklung d<strong>es</strong> Materials kam 38<br />

Kurzb<strong>es</strong>chreibung 38<br />

Überlegungen und Gedanken <strong>zu</strong> dem Material; Plan l<strong>es</strong>en - Begriffsbildung - 39<br />

Die Karten für <strong>die</strong> Unterrichtsstunden - Zusatzkarten für Pause - Zusatzkarten für Religion -<br />

Zusatzkarten für Therapie<br />

Materialien und Maße; Brett - Karten - Farben 41<br />

Erfahrungen in der Praxis 41<br />

DAS RECHENGITTER 42<br />

Wie <strong>es</strong> <strong>zu</strong>m Einsatz d<strong>es</strong> Materials kam und Kurzb<strong>es</strong>chreibung 42<br />

So setze ich das Unterrichtsmaterial ein; Muster - Rhythmische Reihen - 42<br />

Zahldarstellungen - Rechnungen darstellen - Als 100er Tafel<br />

Materialien und Maße 45<br />

Tips 46<br />

Literaturliste 47


Seite 5<br />

1. TEIL<br />

THEORETISCHER<br />

HINTERGRUND<br />

GEDANKENSPLITTER<br />

"Bei allen Säugetieren ist<br />

spielerisch<strong>es</strong> Verhalten bei<br />

den Jungen <strong>zu</strong> beobachten.<br />

Sie tollen herum, sie<br />

probieren aus, sie machen<br />

eindeutig 'Quatsch', werden<br />

gelegentlich von ihren Eltern<br />

<strong>zu</strong>rechtgewi<strong>es</strong>en, wenn sie<br />

<strong>es</strong> <strong>zu</strong> toll treiben.“ (1)<br />

„"Das Kinderspiel ist eine <strong>zu</strong> auffällige<br />

Erscheinung aller Zeiten und aller Kulturen,<br />

als daß <strong>die</strong> Menschen <strong>es</strong> <strong>nicht</strong> von jeher<br />

beachtet und sich darüber Gedanken<br />

gemacht hätten. Kinderspiele sind in der<br />

Literatur b<strong>es</strong>chrieben, in der bildenden Kunst<br />

darg<strong>es</strong>tellt worden. Schon <strong>die</strong> frühsten Bilder<br />

d<strong>es</strong> alten Reichs der Ägypter zeigen Puppen,<br />

Spieltiere, Bälle und Wagen <strong>zu</strong>m Ziehen; sie<br />

zeigen Kinder, <strong>die</strong> tanzen und hüpfen,<br />

übereinander wegspringen und sich balgen,<br />

ja sogar theatralische Szenen spielen und<br />

dabei Masken tragen.“ (2)<br />

Flitner (2) spricht vom Spieltrieb, einem<br />

ererbten Instinkt, "der bei Tieren und<br />

kleinen Kindern deutlich <strong>zu</strong>tage liegt,<br />

während er bei heranwachsenden<br />

Menschen von vernünftigem Handeln<br />

überformt und allmählich <strong>zu</strong>rückgedrängt<br />

wird, jedoch als Spielvergnügen in<br />

mancherlei B<strong>es</strong>chäftigungen auch d<strong>es</strong><br />

Erwachsenenlebens noch wirksam<br />

bleibt “<br />

"In der vorindustriellen<br />

G<strong>es</strong>ellschaft haben <strong>die</strong><br />

Kinder auch unmittelbarer an<br />

den eigenen <strong>Spiele</strong>n der<br />

Erwachsenen teilgenommen<br />

(Ari<strong>es</strong> 1975), so wie ihr<br />

ganz<strong>es</strong> Kinderleben noch in<br />

das Leben und Arbeiten der<br />

Erwachsenen eingefügt war.<br />

Erst das Industriezeitalter<br />

zerstörte <strong>die</strong>se<br />

Gemeinsamkeit. Erst an<br />

seiner Schwelle entstand<br />

d<strong>es</strong>halb <strong>die</strong> moderne<br />

pädagogische Reflexion,<br />

welche <strong>die</strong> Theorie und<br />

Erforschung d<strong>es</strong> Kinderspiels<br />

ermöglichte: Die Lehre von<br />

der Eigenbedeutung jeder<br />

kindlichen Entwicklungsstufe<br />

bei J. J. Rousseau;<br />

Untersuchungen über <strong>die</strong><br />

sozialen Bedürfnisse der


Seite 6<br />

Le<br />

"Gerade in Deutschland <strong>gibt</strong> <strong>es</strong> eine lange und auch gute Tradition d<strong>es</strong><br />

Spielzeug<strong>es</strong>. Schon früh wurde begonnen, <strong>die</strong> große Welt im Kleinen<br />

a b<strong>zu</strong>bilden, um so den Kindern ung<strong>es</strong>tört Erfahrungsmöglichkeiten an<strong>zu</strong>bieten.<br />

N atürlich stehen auch hinter Spielzeugen g<strong>es</strong>ellschaftliche Inter<strong>es</strong>sen, aber<br />

solche Inter<strong>es</strong>sen lassen sich aus keiner G<strong>es</strong>ellschaft fortdenken. Mit dem<br />

Spielzeug versuchen wir, unsere Kinder auf <strong>die</strong> Übernahme der Aufgaben in der<br />

nächsten Generation vor<strong>zu</strong>bereiten. Die Eisenbahn, der Märklinkasten, das<br />

go, <strong>die</strong> Puppen, all <strong>die</strong>s sind kleine Abbilder späterer Erwachsenenwirklichkeit,<br />

"Spiel ist eine<br />

symbolische Abbildung<br />

und eine Verfremdung<br />

der Realität <strong>zu</strong>r<br />

Sozialisation und<br />

Unterhaltung.“ (3)<br />

"Schulisch<strong>es</strong> Lernen auf der einen Seite und<br />

<strong>Spiele</strong>n auf der anderen Seite wurden lange Zeit<br />

als unversöhnliche Gegensätze ang<strong>es</strong>ehen. Vor<br />

allem <strong>die</strong> Schule d<strong>es</strong> 19. Jahrhunderts verband<br />

Lernen mit einer strengen Arbeitsethik und mit<br />

harter äußerer Disziplinierung; <strong>Spiele</strong>n<br />

betrachtete man dagegen als nutzlosen und <strong>nicht</strong><br />

ganz ernst <strong>zu</strong> nehmenden Zeitvertreib.“ (4)<br />

"Die postulierte 'Unabhängigkeit' d<strong>es</strong> Spiels erweist sich<br />

schnell als scheinbare, wenn <strong>die</strong> genannten Merkmale auf ihren<br />

Realitätsgehalt hin geprüft werden. Für Kinder ist <strong>Spiele</strong>n der<br />

natürliche Weg, sich und ihre Umwelt kennen<strong>zu</strong>lernen, sich mit<br />

der Umwelt auseinander<strong>zu</strong>setzen; im Spiel stellen Kinder ihren<br />

altersspezifischen Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong>r Wirklichkeit her. Bei ihnen sind<br />

di B i h S i l d A b it/L h i ht t t di<br />

WIE SIEHT DIE SPIELSITUATION VON GEISTIG BEHINDERTEN<br />

KINDERN AUS?<br />

"Lange Zeit haben wir Pädagogen, genauso wie unsere Kollegen Therapeuten für Kinder mit<br />

einer Beeinträchtigung auch gar keine Notwendigkeit <strong>zu</strong>m <strong>Spiele</strong>n g<strong>es</strong>ehen. Wir haben sie<br />

gefördert und therapiert, wir haben Vorgaben gemacht, unter denen <strong>die</strong> Kinder ihre<br />

Erfahrungs- und Lerndefizite aufholen sollten. Training stand im Vordergrund... Von extrem<br />

schwerbehinderten Kindern, <strong>die</strong> eigentlich ‚gar <strong>nicht</strong>s‘ konnten, haben wir dann <strong>zu</strong>sammen<br />

gelernt, daß <strong>Spiele</strong>n sehr wohl auch dann nötig ist, wenn <strong>es</strong> keine Vorbereitung auf ein<br />

‚sinnvoll<strong>es</strong> Arbeiten‘ ist. Menschen brauchen Bewegung, brauchen Abwechslung, brauchen<br />

Anregung. Sie müssen etwas spüren, müssen befühlen können, müssen in Bewegung<br />

setzen können, müssen riechen und sehen dürfen. Wenn wir Menschen <strong>die</strong>s vorenthalten,<br />

berauben wir sie der sinnlichen Welt (= sensorische Deprivation). Di<strong>es</strong>e Verarmung oder<br />

Beraubung aus<strong>zu</strong>gleichen benötigt <strong>es</strong> Phantasie, denn gerade <strong>die</strong> Welt ein<strong>es</strong> sehr schwer<br />

beeinträchtigten Kind<strong>es</strong> ist für uns nur mit sehr viel Phantasie vorstellbar, <strong>die</strong> Bedürfnisse<br />

und Inter<strong>es</strong>sen ein<strong>es</strong> solchen Kind<strong>es</strong> nach<strong>zu</strong>empfinden ist <strong>nicht</strong> leicht, gerade dann, wenn<br />

man recht f<strong>es</strong>te Vorstellung hat, was ein Kind sein soll, was <strong>es</strong> tun soll.“ (1)<br />

Ausgehend von den Gedanken aus der Literatur und der theoretischen Abhandlung der<br />

Situation von schwer beeinträchtigten Kindern, möchte ich nun einen Sprung <strong>zu</strong> meinen


Seite 7<br />

eigenen schwerstbehinderten Schülern machen und ihre Situation kurz erläutern. Der L<strong>es</strong>er<br />

soll dadurch eine Vorstellung über Fähigkeiten, Inter<strong>es</strong>sen, Spielverhalten und Probleme<br />

meiner Schüler gewinnen.<br />

SCHÜLERBESCHREIBUNGEN<br />

Die Schüler sind im Alter von 12 bis 18 Jahren, <strong>die</strong> meiste Zeit unterrichten wir <strong>die</strong> Klasse im<br />

Team-Teaching.<br />

Barbara leidet an einer cerebralen Schädigung mit erheblicher geistiger Retar<strong>die</strong>rung und<br />

Bewegungsstörung, sowie einer leichten spastischen Hemiplegie rechts.<br />

Wie bei allen anderen sprechenden Kindern meiner Klasse ist auch Barbaras Sprache stark<br />

dysgrammatisch. Barbara kann sich aber in Mehrwortsätzen recht gut ausdrücken. Das<br />

Mädchen erzählt gern und viel von <strong>zu</strong> Hause oder alle möglichen anderen Dinge und zeigt<br />

reg<strong>es</strong> Inter<strong>es</strong>se an seinen Mitmenschen.<br />

Barbara kann alle Buchstaben d<strong>es</strong> Alphabets l<strong>es</strong>en und schreiben, auch gelingt <strong>es</strong> ihr,<br />

Wörter und sehr einfache Texte d<strong>es</strong> alltäglichen Lebens <strong>zu</strong> l<strong>es</strong>en, etwa 40 Wörter kann sie<br />

frei aus dem Gedächtnis schreiben.<br />

Barbara schafft <strong>es</strong>, Plus- und Minusrechnungen im Zahlenraum 100 <strong>zu</strong> lösen, benötigt da<strong>zu</strong><br />

aber immer Veranschaulichungsmaterial. Das Mädchen handarbeitet gern und ist an vielen<br />

Themen d<strong>es</strong> Sachunterricht<strong>es</strong> inter<strong>es</strong>siert.<br />

Bei Birgit liegt auf Grund einer Nabelschnurumwicklung eine schwere geistige und<br />

körperliche Behinderung vor.<br />

Birgit kann Mitteilungen, Wünsche und Bedürfnisse sprachlich ausdrücken, meistens ist sie<br />

jedoch eher schweigsam und redet nur, wenn <strong>es</strong> etwas Wichtig<strong>es</strong> <strong>zu</strong> sagen <strong>gibt</strong>.<br />

Das Mädchen kennt einige Buchstaben, etwa 12 Wörter kann <strong>es</strong> ganzheitlich „l<strong>es</strong>en“. Auf<br />

Grund ihrer großen Ung<strong>es</strong>chicklichkeit im feinmotorischen Bereich kann Birgit weder<br />

Buchstaben noch zeilenführende Übungen schreiben. Im Rechnen ist der Zahlenraum 1


Seite 8<br />

gef<strong>es</strong>tigt, hier kann sie etwa rhythmische Reihen im Rhythmus 1-1 legen, stecken bzw.<br />

anmalen. Es gelingt ihr, zwischen eins und vielen <strong>zu</strong> unterscheiden.<br />

Birgit kann <strong>die</strong> Grundfarben unterscheiden und <strong>zu</strong>ordnen, kann sich aber ihre Namen <strong>nicht</strong><br />

merken.<br />

Sie hört sehr gern Musik und liebt <strong>es</strong>, da<strong>zu</strong> lauthals mit<strong>zu</strong>singen.<br />

Philipp leidet an einer massiven mentalen und körperlichen Entwicklungsretar<strong>die</strong>rung mit<br />

leichter Spastizität im Bereich der vier Extremitäten. Er sitzt im Rollstuhl, kann aber kurze<br />

Strecken gehen.<br />

Philipp kann <strong>nicht</strong> sprechen, trotzdem nimmt er oft und gern Kontakt <strong>zu</strong> seinen Mitmenschen<br />

auf. Es gelingt ihm erstaunlich gut, sich mit Hilfe zahlreicher, teilweise recht origineller<br />

G<strong>es</strong>ten und Zeichen aus<strong>zu</strong>drücken.<br />

Er kennt etwa 20 Buchstaben und kann ca. 60 Wörter ganzheitlich erkennen. Beim<br />

Schreiben oder Legen von Wörtern gelingt <strong>es</strong> Philipp meist <strong>nicht</strong>, <strong>die</strong> Reihenfolge der<br />

Buchstaben ein<strong>zu</strong>halten. Wie Birgit arbeitet auch Philipp im Zahlenraum 1.<br />

In den meisten schulischen und lebenspraktischen Bereichen verweigert Philipp oft sehr<br />

vehement das Arbeiten, daher fehlt ihm <strong>die</strong> Übung, Sicherheit und Geläufigkeit, bei<br />

zahlreichen Tätigkeiten auch <strong>die</strong> Fingerfertigkeit.<br />

Philipp liebt Musik und schlägt gern und ganz präzise mit Rhythmusinstrumenten den Takt<br />

da<strong>zu</strong>. Am liebsten gräbt Philipp mit den Händen im Sand, <strong>die</strong>se Tätigkeit kann er<br />

stundenlang und mit Begeisterung ausführen.<br />

Bei Nermin kam <strong>es</strong> in Folge einer Meningitis <strong>zu</strong> einer erheblichen geistigen Behinderung,<br />

einem Hydrocephalus, einer spastischen Hemiplegie links und einem epileptischen<br />

Anfallsleiden. Nermin ist trotz ständiger medikamentöser Behandlung <strong>nicht</strong> anfallsfrei.<br />

Nermin kann Mitteilungen und Wünsche in etwa Dreiwortsätzen ausdrücken. Sie hat einen<br />

sehr geringen Wortschatz und kann sich <strong>die</strong> Namen vieler Dinge d<strong>es</strong> täglichen Lebens <strong>nicht</strong><br />

merken. Nermin hat keinen Zahlbegriff und kennt <strong>die</strong> Namen und Formen der Buchstaben<br />

<strong>nicht</strong>. Aus <strong>die</strong>sem Grund versuchen wir, Nermin auf anderen Bereichen <strong>zu</strong> fördern und


Seite 9<br />

lassen <strong>die</strong> Kulturtechniken beiseite. Das Mädchen schneidet, klebt und handarbeitet gern,<br />

auch das Anmalen, Fädeln und Legen von Puzzl<strong>es</strong> machen ihm Freude.<br />

Nermin kann <strong>die</strong> Grundfarben erkennen und <strong>zu</strong>ordnen, sie kennt aber <strong>nicht</strong> ihre Namen.


Seite 10<br />

Bei Ömer liegt eine erhebliche geistige und psychomotorische Entwicklungsstörung mit<br />

leichter Ataxie und Microcephalus vor.<br />

Ömer nimmt oft und gern Kontakt <strong>zu</strong> seinen Mitschülern und Lehrern auf. Er kennt fast alle<br />

Buchstaben d<strong>es</strong> Alphabets und kann Wörter selbständig abschreiben. Nur ganz wenige<br />

Wörter kann Ömer l<strong>es</strong>en oder frei aus dem Gedächtnis schreiben. Der Bub rechnet sehr<br />

gern. Ömer kann Plus- und Minusrechnungen im Zahlenraum 15 mit Hilfe von<br />

Veranschaulichungsmaterial lösen.<br />

Handwerklich ist Ömer sehr g<strong>es</strong>chickt, <strong>die</strong>se Tätigkeiten machen ihm auch viel Spaß,<br />

ebenso wie das Kochen und viele andere lebenspraktische Aufgaben.<br />

Bülent hat eine geistige und motorische Behinderung und leidet an einer<br />

Koordinationsstörung, <strong>die</strong> vor allem <strong>die</strong> Hände betrifft.<br />

Bülent ist sehr auf seinen b<strong>es</strong>ten Freund Ömer fixiert, beide spielen oft miteinander und in<br />

ungewohnten Situationen <strong>gibt</strong> ihm Ömers Anw<strong>es</strong>enheit große Sicherheit.<br />

Im Schreiben, L<strong>es</strong>en und Rechnen ist Bülent mit Ömer vergleichbar, nur rechnet Bülent im<br />

Zahlenraum 20. Aufgrund seiner massiven Koordinationsstörung ist Bülent im<br />

feinmotorischen Bereich sehr ung<strong>es</strong>chickt. Bülent zeigt sich an vielen Themen d<strong>es</strong><br />

Sachunterrichts sehr inter<strong>es</strong>siert, er liebt auch <strong>die</strong> Musikstunden, in denen er immer sehr für<br />

Stimmung sorgt.


Seite 11<br />

Michi ist geistig und psychomotorisch deutlich retar<strong>die</strong>rt. 1989 erlitt er auf Grund ein<strong>es</strong><br />

Unfalls schwere Verbrennungen. Durch Narbenschrumpfung ist <strong>die</strong> Bewegungsmöglichkeit<br />

d<strong>es</strong> rechten Schultergelenks stark eing<strong>es</strong>chränkt. Er hat eine leichte Skoliose, Michi muß<br />

stundenweise ein Mieder tragen.<br />

Michis Sprache ist für ungeübte Zuhörer nur sehr schwer verständlich, da sie hauptsächlich<br />

aus Selbstlauten b<strong>es</strong>teht. Hat man sich aber dann etwas eingehört, versteht man doch einen<br />

Großteil seiner Mitteilungen.<br />

Michi kennt ein paar Buchstaben, <strong>die</strong> er teilweise schreiben kann. Die einzigen Wörter, <strong>die</strong><br />

Michi l<strong>es</strong>en kann, sind MAMA und PAPA. Michi arbeitet im Rechnen im Zahlenraum 3. Er hat<br />

große Probleme, sich länger als 2 Minuten auf eine Tätigkeit <strong>zu</strong> konzentrieren und läßt sich<br />

bereitwillig von allen anderen Dingen ablenken.<br />

Michi hat einen enormen Bewegungsdrang, daher ist er, wenn immer sich <strong>die</strong> Möglichkeit<br />

bietet, „auf Achse“. An allen neuen und ungewohnten Dingen zeigt Michi groß<strong>es</strong> Inter<strong>es</strong>se<br />

und ist mit Feuereifer dabei.<br />

Spielverhalten<br />

Um dem L<strong>es</strong>er <strong>nicht</strong> nur einen Einblick in <strong>die</strong> schulischen Leistungen der Schüler, sondern<br />

auch in ihr Spiel <strong>zu</strong> verschaffen, möchte ich nun kurz das Spielverhalten meiner Klasse<br />

b<strong>es</strong>chreiben.<br />

In <strong>die</strong>sem Zusammenhang meine ich das freie Spiel in den Pausen. Wie ich bereits bei den<br />

Schülerb<strong>es</strong>chreibungen erwähnt habe, sind Ömer und Bülent gute Freunde und spielen oft<br />

miteinander. Michi spielt auch hie und da mit Ömer, meistens aber spielt er mit einem Buben<br />

aus der Nebenklasse, mit der wir uns den Pausenraum teilen. Barbara spielt hie und da mit<br />

Ömer, sie hat aber im Grunde keine Mitschüler, mit denen sie sich austauschen kann, vor<br />

allem <strong>die</strong> anderen Mädchen sind geistig einfach auf einem ganz anderem Niveau und<br />

können ihre Inter<strong>es</strong>sen gar <strong>nicht</strong> teilen. So b<strong>es</strong>chäftigt sich Barbara in den Pausen meist<br />

allein, oft kümmert sie sich aber auch sehr liebevoll um ein sowohl geistig als auch körperlich<br />

weit schwächer<strong>es</strong> Mädchen aus der Nachbarklasse.<br />

Birgit, Nermin und Philipp nehmen zwar immer wieder Kontakt <strong>zu</strong> ihren Mitschülern auf, sie<br />

spielen aber immer allein.<br />

Gerade weil meine Schüler relativ wenig gemeinsam tun (können), möchte ich das geleitete<br />

Spiel immer wieder einsetzen, vielleicht kommen einige der Kinder doch einmal so weit, den<br />

Wert d<strong>es</strong> Spiels - auch ohne <strong>die</strong> Leitung ein<strong>es</strong> Lehrers - <strong>zu</strong> erkennen.


Seite 12<br />

DIE BEDEUTUNG DER GRUPPE FÜR DAS LERNEN<br />

Wie bereits aus den Schülerb<strong>es</strong>chreibungen hervorgeht, haben <strong>die</strong> Kinder meiner Klasse<br />

sehr unterschiedliche Leistungsniveaus. Um jeden Schüler auf seinem Level <strong>zu</strong> fördern (und<br />

dabei sowohl Über- als auch Unterforderung <strong>zu</strong> vermeiden), differenziere ich sehr viel. So<br />

arbeiten <strong>die</strong> meisten Schüler in zahlreichen Bereichen d<strong>es</strong> Deutsch-, Mathematik- und<br />

Werkunterricht<strong>es</strong> auf verschiedenen Niveaus und daher ganz unterschiedliche Dinge.<br />

Einerseits erachte ich <strong>die</strong>se Differenzierung als außerordentlich wichtig und notwendig, auf<br />

der anderen Seite finde ich <strong>es</strong> aber doch schade, daß <strong>es</strong> kaum gemeinsame Erarbeitungs-<br />

Übungs- und Wiederholungsstunden <strong>gibt</strong>. Die Kinder haben wenig Gelegenheit, <strong>die</strong> Gruppe<br />

in be<strong>zu</strong>g auf das Lernen <strong>zu</strong> erleben. Dadurch kommen viele Dinge, <strong>die</strong> <strong>zu</strong> einer normalen,<br />

alltäglichen Unterrichtssituation automatisch da<strong>zu</strong>gehören, <strong>zu</strong> kurz.<br />

Di<strong>es</strong>e sind unter anderem:<br />

• <strong>die</strong> gegenseitige Anerkennung, aber auch der Druck der Gruppe – sei <strong>es</strong> hinsichtlich der<br />

Leistung oder auch d<strong>es</strong> Verhaltens; manche meiner Schüler verweigern viel eher und<br />

häufiger das (Weiter)Arbeiten, wenn sie sich in einer Einzelsituation befinden, wo „nur“<br />

der Lehrer auf ihre Leistung bzw. Verweigerung reagiert. Durch <strong>die</strong> Reaktion der Gruppe<br />

hingegen, durch den Ansporn, <strong>die</strong> Ermutigung oder auch <strong>die</strong> Kritik an ihrem Verhalten, ist<br />

das Weiterarbeiten für <strong>die</strong> Kinder oft ganz selbstverständlich;<br />

• das Sehen und Einschätzen der Leistung anderer Klassenkameraden; ich glaube, <strong>es</strong> ist<br />

auch für meine Schüler inter<strong>es</strong>sant, manchmal "Lehrer <strong>zu</strong> spielen“ und dabei <strong>die</strong><br />

Leistung der anderen kritisch <strong>zu</strong> beurteilen;<br />

• das Ausredenlassen d<strong>es</strong> anderen, das Zuhören, das Warten, bis man selbst an der<br />

Reihe ist, aber auch <strong>die</strong> Freude und der Mut, vor der Klasse <strong>zu</strong> sprechen oder etwas <strong>zu</strong><br />

tun (Ömer ist oft sehr nervös, wenn er vor anderen sprechen oder etwas vorzeigen soll);<br />

• das Anpassen der Sprechlautstärke (Birgit spricht meistens so leise, daß selbst ihre<br />

direkten Sitznachbarn sie nur mit Mühe verstehen können).<br />

Es sind einfach zwei ganz unterschiedliche Unterrichtssituationen, ob jeder Schüler für sich ,<br />

arbeitet oder <strong>die</strong> Klasse gemeinsam etwas tut. Daher plante ich bewußt immer wieder<br />

gemeinsame Einheiten in den Unterricht ein.<br />

Da <strong>die</strong> Kinder auf verschiedenen Leistungsniveaus arbeiten, bieten sich <strong>Spiele</strong> für <strong>die</strong>se<br />

gemeinsamen Stunden b<strong>es</strong>onders an. "<strong>Spiele</strong>rischen Übungsformen kommt wegen der<br />

motivierenden Wirkung b<strong>es</strong>ondere Bedeutung <strong>zu</strong>" (5)<br />

Es zeigte sich aber, daß viele der im normalen Handel erhältlichen (Brett)<strong>Spiele</strong> für einen<br />

Teil meiner Klasse <strong>nicht</strong> geeignet sind. So scheiden etwa sämtliche Würfelspiele mit<br />

Augenwürfeln von vornherein aus, weil vier meiner Kinder den Zahlenraum sechs <strong>nicht</strong><br />

erreicht haben. Viele meiner Schüler kommen auch mit den Spielbrettern <strong>nicht</strong> <strong>zu</strong>recht: Sie<br />

sind <strong>zu</strong> verwirrend, <strong>zu</strong> kompliziert, <strong>nicht</strong> eindeutig genug; <strong>die</strong> Spielfelder und Spielfiguren<br />

sind <strong>zu</strong> klein, <strong>die</strong> Kinder werfen immer wieder unabsichtlich <strong>die</strong> Männchen um und wissen<br />

<strong>nicht</strong>, wie und in welche Richtung sie auf den Spielfeldern weiterziehen müssen.<br />

Ich überlegte <strong>Spiele</strong> <strong>zu</strong> entwerfen, <strong>die</strong> speziell für <strong>die</strong> Bedürfnisse meiner Schüler<br />

<strong>zu</strong>g<strong>es</strong>chnitten sind.


Seite 13<br />

SPEZIELLE LERNSPIELE - WAS MUSS ICH BERÜCKSICHTIGEN?<br />

• Als Grundvorausset<strong>zu</strong>ng für mich galt, daß alle Kinder meiner Klasse mitmachen können;<br />

<strong>die</strong> <strong>Spiele</strong> sollten alle Schüler ansprechen und inter<strong>es</strong>sieren.<br />

Das folgende Zitat aus der Literatur (6) gefällt mir in <strong>die</strong>sem Zusammenhang sehr gut:<br />

"In unserer Auffassung von Spiel und <strong>Spiele</strong>n steht der Mensch im Mittelpunkt.<br />

Das bedeutet:<br />

- daß das Kind Ausgangspunkt und Richtschnur ist;<br />

- daß Spielformen, Aktivitäten und Aufgaben als Mittel betrachtet werden müssen, und<br />

<strong>nicht</strong> als Zweck;<br />

- daß <strong>die</strong> ein<strong>zu</strong>setzenden Mittel dem Kind nutzen müssen, und <strong>nicht</strong> umgekehrt.<br />

Eine Spielform sollte folgende Bedingungen erfüllen:<br />

- Sie muß dem Kind angepaßt sein, daß heißt, seine körperlichen und geistigen<br />

Fähigkeiten müssen ein Mitmachen ermöglichen ...;<br />

- Sie muß jedem Kind <strong>die</strong> Möglichkeit <strong>zu</strong>r Teilnahme bieten und <strong>es</strong> f<strong>es</strong>seln können;<br />

- Sie muß ansprechend und spannend sein;<br />

- Sie muß vor<strong>zu</strong>gsweise im Gruppenverband stattfinden ...“<br />

• Ich bemühte mich, einfache, logische, für <strong>die</strong> Kinder einsichtige Spielregeln <strong>zu</strong> finden.<br />

Carol Wilcox (7) bemerkt über das Spielverhaltern von geistig behinderten Kindern:<br />

"Beim <strong>Spiele</strong>n kann bei <strong>die</strong>sen Kindern Frustration leicht aufkommen, wenn sie mit <strong>zu</strong><br />

vielen Regeln oder mit rasch wechselnden Spielsituationen konfrontiert werden.“<br />

• Das Spielbrett soll relativ groß sein, seine G<strong>es</strong>taltung einfach, eindeutig und für <strong>die</strong><br />

Schüler logisch. Bei Überlegungen bezüglich der Größe d<strong>es</strong> Spielbretts muß auch <strong>die</strong><br />

Armlänge und Bewegungsfähigkeit der Schüler berücksichtigt werden, denn bei vielen<br />

<strong>Spiele</strong>n müssen <strong>die</strong> Kinder quer über das Spielbrett greifen können. Die einzelnen<br />

Spielfelder, auf denen <strong>die</strong> Spielfiguren ziehen, müssen recht groß und deutlich begrenzt<br />

sein, der Weg vom Start <strong>zu</strong>m Ziel klar ersichtlich.<br />

Andererseits wollte ich <strong>die</strong> <strong>Spiele</strong> aber auch <strong>nicht</strong> nüchtern und unpersönlich machen. Ich<br />

weiß, daß <strong>die</strong> Kinder schöne Bilder und kräftige Farben lieben.<br />

A. Fröhlich (1) b<strong>es</strong>chreibt, wie Spielzeug für behinderte Kinder sein soll: "Gut<strong>es</strong><br />

Spielzeug für Kinder mit einer Beeinträchtigung verwirrt <strong>nicht</strong>, <strong>es</strong> ist eindeutig, klar<br />

strukturiert ohne simpel <strong>zu</strong> sein.“<br />

• Die Oberflächen von Spielbrett, Kärtchen usw. müssen mit transparenter Plastikfolie<br />

überzogen werden, damit sie unempfindlich gegenüber Feuchtigkeit (Speichel) sind. Mir<br />

persönlich gefällt <strong>die</strong> matte Folie b<strong>es</strong>ser als <strong>die</strong> glänzende, aber das ist<br />

G<strong>es</strong>chmacksache. Sowohl Spielbrett als auch Kärtchen b<strong>es</strong>tehen aus <strong>nicht</strong> <strong>zu</strong> dünnem<br />

Karton. Man kann dickere Kärtchen b<strong>es</strong>ser von einer ebenen Fläche aufheben,<br />

außerdem sind sie <strong>nicht</strong> so leicht <strong>zu</strong> knicken.<br />

• Meine Spielbretter sind ziemlich groß und <strong>nicht</strong> <strong>zu</strong>sammenklappbar. Das hat den Vorteil,<br />

daß sie keinen Knick in der Mitte haben, auf dem <strong>die</strong> Spielfiguren wackelig stehen und<br />

der auch <strong>nicht</strong> schön aussieht. Es ist jedoch etwas umständlich, <strong>die</strong>se großen <strong>Spiele</strong> <strong>zu</strong>


Seite 14<br />

transportieren, und <strong>die</strong> Aufbewahrung in einer Lade oder einem Kasten ist aufgrund ihrer<br />

überdimensionalen Ausmaße meist <strong>nicht</strong> möglich.<br />

• Es ist mir sehr wichtig, <strong>die</strong> Inhalte der <strong>Spiele</strong> so aus<strong>zu</strong>wählen, daß dabei Lernbereiche<br />

ang<strong>es</strong>prochen werden, <strong>die</strong> geübt, bzw. gef<strong>es</strong>tigt werden sollen. So überlegte ich mir etwa<br />

ein Farbspiel, ein Spiel bezüglich der vier Jahr<strong>es</strong>zeiten, ein L<strong>es</strong><strong>es</strong>piel usw. Da meine<br />

Schüler gewöhnlich sehr, sehr viele Übungen und Wiederholungen benötigen, um neue<br />

Inhalte <strong>zu</strong> lernen, lohnte sich <strong>die</strong> aufwendige Arbeit wirklich.<br />

Hier tritt natürlich wieder das altbekannte Problem d<strong>es</strong> Leistungsgefäll<strong>es</strong> in meiner<br />

Klasse auf, glücklicherweise ergaben sich aber bei den meisten <strong>Spiele</strong>n recht akzeptable<br />

Lösungsmöglichkeiten. Bei manchen <strong>Spiele</strong>n bietet <strong>es</strong> sich auch an, während der<br />

Durchführung bei den verschiedenen Schülern <strong>zu</strong> differenzieren.<br />

• Die von mir entwickelten <strong>Spiele</strong> sind Lernspiele und ich empfinde <strong>es</strong> als außerordentlich<br />

wichtig, das schulische Lernspiel <strong>nicht</strong> mit dem eigentlichen Spielbegriff gleich<strong>zu</strong>setzen,<br />

da <strong>es</strong> in mancher Hinsicht stark vom eigentlichen Spiel abweicht.<br />

Der Begriff Spiel ist ein Sammelbegriff; <strong>es</strong> <strong>gibt</strong> viele verschiedene Arten von <strong>Spiele</strong>n. Im<br />

Gegensatz <strong>zu</strong> den freien, für mich typischen Spielarten, wie <strong>es</strong> etwa Bewegungsspiele,<br />

Rollenspiele, aber auch Regelspiele sein können, sind schulische Lernspiele von außen<br />

– d.h. vom Lehrer – initiiert und extrem zielgerichtet. Meiner Meinung nach stellt sich<br />

beim schulischen Lernspiel sowi<strong>es</strong>o immer <strong>die</strong> Frage, wo das <strong>Spiele</strong>n aufhört und das<br />

(schulische) Lernen beginnt. Annemarie Doubek (8) schreibt in <strong>die</strong>sem Zusammenhang:<br />

"Ich meine, daß man Kinder <strong>nicht</strong> betrügen soll, indem man ihnen Arbeit (auch wenn sie<br />

noch so gern getan wird) als Spiel verkauft. Ein Deklarieren von Arbeit und Entspannung<br />

gehört in meinen Augen <strong>zu</strong> einem ehrlichen pädagogischen Umgang mit dem Kind.“<br />

Es ist mir wichtig <strong>zu</strong> versuchen, etwas Spaß und Spannung, also Dinge, <strong>die</strong> bei freieren<br />

Spielformen ganz selbstverständlich dabei sind, auch in <strong>die</strong> schulischen Lernspiele <strong>zu</strong><br />

bringen. Jedoch sowohl der Lehrer als auch <strong>die</strong> Schüler wissen, daß <strong>es</strong> bei Lernspielen<br />

auch ums Lernen, d.h. Arbeiten geht, <strong>nicht</strong> nur ums Spiel, und das ist auch gut so.<br />

• Die Spieldauer darf <strong>nicht</strong> länger als 25-30 Minuten betragen, denn manche Kinder<br />

können sich einfach <strong>nicht</strong> länger konzentrieren. Wenn <strong>es</strong> den Schülern Spaß gemacht<br />

hat, kann man ja noch einmal spielen, und <strong>die</strong> Kinder, <strong>die</strong> <strong>nicht</strong> mehr wollen, tun etwas<br />

ander<strong>es</strong>.<br />

Bei der Berechnung der Spieldauer muß ich auch bedenken, daß manche meiner<br />

Schüler eine relativ lange Reaktionszeit haben; so dauert <strong>es</strong> eine gewisse Zeit, bis sie<br />

realisieren, daß sie an der Reihe sind, auch das Würfeln, Finden der eigenen Spielfigur,<br />

Überlegen, was <strong>zu</strong> tun ist und Ziehen mit dem Männchen dauert eine Weile.<br />

• Das Würfeln - eine ganz schön schwierige Sache für meine Schüler<br />

Philipp, der im feinmotorischen Bereich große Probleme hat, hat beim Würfeln immer<br />

wieder Schwierigkeiten, den Würfel los<strong>zu</strong>lassen. Birgit wiederum, beherrscht zwar den<br />

motorischen Vorgang d<strong>es</strong> Würfelns, erfaßt aber manchmal <strong>nicht</strong>, daß das Würfelbild das<br />

Ausschlaggebende ist und würfelt dann wieder und wieder.<br />

Für manche Kinder ist <strong>es</strong> auch gar <strong>nicht</strong> so einfach, <strong>die</strong> Kraft beim Würfeln richtig <strong>zu</strong><br />

dosieren. Nermin würfelt so vorsichtig, daß sie den Würfel oft nur hinlegt, Michi passiert<br />

<strong>es</strong> hingegen immer wieder, daß er den Würfel quer über den Tisch auf den Boden<br />

schießt.<br />

• <strong>Spiele</strong>, bzw. Brettspiele beinhalten zahlreiche Aspekte, <strong>die</strong> für meine Schüler <strong>nicht</strong><br />

selbstverständlich sind Ich finde <strong>es</strong> wichtig, daß man auch <strong>die</strong>sen Dingen Beachtung<br />

schenkt:<br />

- Viele meiner Schüler haben Schwierigkeiten, Reihenfolgen <strong>zu</strong> begreifen. Sie wissen<br />

nie, wann sie "dran" sind. Meiner Meinung nach ist <strong>es</strong> gut, sie immer wieder damit <strong>zu</strong><br />

konfrontieren, etwas reihum <strong>zu</strong> tun.


Seite 15<br />

- Manche Kinder sind sehr auf sich selbst bezogen, auch nehmen sie eher Kontakt <strong>zu</strong><br />

einem Lehrer auf als <strong>zu</strong> Mitschülern. Für ihr Kommunikationsverhalten ist <strong>es</strong><br />

sicherlich förderlich, wenn sie manchmal gezwungen sind, sich ihren<br />

Klassenkameraden verständlich <strong>zu</strong> machen, z.B. bei <strong>Spiele</strong>n, bei denen man von<br />

anderen etwas erfragen oder erbitten muß, oder sei <strong>es</strong> auch nur, einen Kollegen <strong>zu</strong><br />

bitten, den Würfel weiter<strong>zu</strong>geben.<br />

• Ich bemühe mich, <strong>die</strong> <strong>Spiele</strong> sprachlich <strong>zu</strong> begleiten und versuche auch, <strong>die</strong> Schüler<br />

da<strong>zu</strong> <strong>zu</strong> bringen, sich immer wieder sprachlich aus<strong>zu</strong>drücken. In <strong>die</strong>sem Punkt bietet sich<br />

das Differenzieren gerade<strong>zu</strong> an: Manche Kinder sprechen ganze Sätze, andere hingegen<br />

drücken sich in nur einem Wort aus usw.<br />

• Das Spiel-Ende<br />

Bei manchen <strong>Spiele</strong>n schenken wir dem Ergebnis noch ein wenig Aufmerksamkeit. So<br />

lasse ich <strong>die</strong> Kinder etwa aufzählen, welche Spielkärtchen sie am Schluß haben. Das ist<br />

auch gleich eine Übung, ganze Sätze <strong>zu</strong> sprechen und den Wortschatz <strong>zu</strong> erweitern.<br />

Auch das Einräumen mancher <strong>Spiele</strong> kann fast <strong>zu</strong> einem Spiel werden.<br />

• Viele meiner <strong>Spiele</strong> enden damit, daß <strong>es</strong> einen – oder mehrere – Gewinner <strong>gibt</strong>. Das<br />

Verlieren-Können ist auch für viele <strong>nicht</strong> behinderten Kinder schwer. Ich glaube aber, daß<br />

<strong>es</strong> eine Sache ist, <strong>die</strong> alle Kinder lernen sollten. Ich habe darauf geachtet, daß ein<br />

Großteil meiner <strong>Spiele</strong> auf Glück und <strong>nicht</strong> auf Können basiert, damit <strong>nicht</strong> immer <strong>die</strong><br />

gleichen Kinder gewinnen oder verlieren.<br />

Bei vielen <strong>Spiele</strong>n, <strong>die</strong> damit enden könnten, daß der Erste ins Ziel kommt, legen meine<br />

Schüler großen Wert darauf, so lange <strong>zu</strong> spielen, bis alle "drin“ sind.<br />

VON DER ERSTEN IDEE BIS ZUR VERWIRKLICHUNG<br />

Für <strong>die</strong> Herstellung ein<strong>es</strong> Spiels benötigte ich etwa ein bis zwei Wochen, Gedanken darüber<br />

habe ich mir jedoch oft schon Monate vorher gemacht. So trug ich <strong>die</strong> erste grundlegende<br />

Idee mancher <strong>Spiele</strong>, z.B. ein Mensch ärgere dich <strong>nicht</strong> passend für meine Schüler <strong>zu</strong><br />

entwerfen, ein Spiel bezüglich der Jahr<strong>es</strong>zeiten <strong>zu</strong> entwickeln..., monatelang mit mir herum<br />

und überlegte dann und wann, in welcher Form ich <strong>die</strong>se Idee verwirklichen könnte, welche<br />

Grundg<strong>es</strong>taltung und Form das Spielbrett, welche Regeln das Spiel haben sollte, auf Grund<br />

welcher Hilfen und Merkmale <strong>die</strong> Schüler wohl begreifen können, was sie tun müssen, wo<br />

und wie sie mit ihren Spielfiguren ziehen sollen, wie ich das Spiel inter<strong>es</strong>sant und spannend<br />

machen könnte usw.<br />

Erst wenn ich eine konkrete Vorstellung davon hatte, wie ich meine Idee <strong>zu</strong> meiner<br />

Zufriedenheit umsetzen könnte, begann ich das Spiel her<strong>zu</strong>stellen.<br />

In der Folge möchte ich nun meine <strong>Spiele</strong> b<strong>es</strong>chreiben.<br />

Ich stelle <strong>die</strong> <strong>Spiele</strong> in der gleichen Reihenfolge vor, in der ich sie entwickelt habe. Denn ich<br />

versuchte bei der Planung der <strong>Spiele</strong>, <strong>die</strong> ich später herg<strong>es</strong>tellt habe, verb<strong>es</strong>serungsfähige<br />

Teilaspekte meiner ersten <strong>Spiele</strong> (<strong>die</strong> mir erst beim Einsatz der <strong>Spiele</strong> aufgefallen waren) <strong>zu</strong><br />

vermeiden. Aus <strong>die</strong>sem Grund nehme ich auch immer wieder be<strong>zu</strong>g auf vorhergehende<br />

<strong>Spiele</strong>.


Seite 16<br />

2. TEIL<br />

BESCHREIBUNG DER<br />

LERNSPIELE<br />

Farbspiel mit Leitern und<br />

Rutschen<br />

Entstehungsjahr: Herbst 1992<br />

WIE ES ZUR ENTWICLUNG DES SPIELS KAM<br />

Viele Kinder meiner Klasse konnten <strong>die</strong> Grundfarben zwar unterscheiden und <strong>zu</strong>ordnen,<br />

konnten sich aber ihre Namen <strong>nicht</strong> merken. Ich überlegte, <strong>die</strong> Farbnamen auf spielerische<br />

Weise <strong>zu</strong> üben und schaute mich daher in den <strong>Spiele</strong>vorräten unserer Schule nach<br />

geeigneten Farbspielen um. Es gab einige Farbspiele mit Farbwürfeln, und <strong>die</strong>se basierten<br />

durchwegs, gemäß der sechs Würfelflächen, auf sechs verschiedenen Farben. Es war mir<br />

jedoch klar, daß meine schwer geistig behinderten Schüler sicherlich total überfordert wären,<br />

böte ich ihnen sechs verschiedene Farben auf einmal an. So b<strong>es</strong>chloß ich, selbst ein Spiel<br />

her<strong>zu</strong>stellen, das nur drei Farben anbietet und so trotzdem mit einem Farbwürfel <strong>zu</strong> spielen<br />

ist.<br />

KURZBESCHREIBUNG<br />

• Brettspiel<br />

• Farbwürfel<br />

• 1 Spielfigur pro <strong>Spiele</strong>r<br />

• Anzahl der <strong>Spiele</strong>r: 2 bis etwa 7<br />

• Lernziel: Die Farben rot, blau und gelb sollen unterschieden und <strong>zu</strong>geordnet werden;<br />

durch oftmalig<strong>es</strong> Hören und (Nach)Sprechen der Farbnamen sollen sich <strong>die</strong> Schüler<br />

<strong>die</strong>se allmählich merken.


Seite 17


Seite 18<br />

Bei <strong>die</strong>sem Spiel geht <strong>es</strong> darum, <strong>die</strong> Strecke vom Start <strong>zu</strong>m Ziel möglichst schnell<br />

<strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>legen, indem man reihum würfelt und mit seiner Spielfigur <strong>zu</strong>m nächsten Feld der<br />

gewürfelten Farbe zieht. Wer <strong>zu</strong>erst das Ziel erreicht hat, ist Sieger.<br />

Um das Spiel inter<strong>es</strong>santer <strong>zu</strong> g<strong>es</strong>talten, b<strong>es</strong>chloß ich, Leitern und Rutschen in <strong>die</strong><br />

<strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>legende Strecke ein<strong>zu</strong>bauen. Kommt man nun also auf einem Feld <strong>zu</strong> stehen, auf<br />

dem eine Leiter steht, so darf man hinaufsteigen. Damit kürzt man einen Teil d<strong>es</strong> <strong>zu</strong><br />

bewältigenden Weg<strong>es</strong> ab und kommt dem Ziel beträchtlich näher. (Bei <strong>die</strong>sem Spiel werden<br />

Leitern ausschließlich <strong>zu</strong>m Hinauf-, nie <strong>zu</strong>m Hinuntersteigen benutzt.) Landet man hingegen<br />

auf einem Spielfeld, von dem aus eine Rutsche hinunterführt, muß man seine Spielfigur <strong>die</strong><br />

Rutsche hinunterrutschen lassen und entfernt sich somit wieder vom Ziel.<br />

Die Idee mit den Leitern und Rutschen habe ich von einem Brettspiel, das ich als Kind<br />

b<strong>es</strong><strong>es</strong>sen und leidenschaftlich gern g<strong>es</strong>pielt habe.<br />

ÜBERLEGUNGEN UND GEDANKEN ZU DEM SPIEL<br />

Ich wählte einen Berg als Hintergrund für das Spiel um das Spiel als eine Art Wanderung<br />

dar<strong>zu</strong>stellen. Der Start ist am Fuße d<strong>es</strong> Berg<strong>es</strong>. Damit <strong>die</strong> Kinder gleich wissen, wo sie ihre<br />

Spielfiguren <strong>zu</strong> Beginn d<strong>es</strong> <strong>Spiele</strong>s aufstellen sollen, habe ich an den Start eine<br />

Zwergenfamilie gezeichnet, <strong>die</strong>, ausgerüstet mit Rucksack und Korb, sichtlich einen Ausflug<br />

machen möchte.<br />

Der <strong>zu</strong>rück<strong>zu</strong>legende Weg b<strong>es</strong>teht aus runden roten, blauen und gelben Feldern und führt in<br />

Serpentinen den Berg hinauf. Auf der Spitze d<strong>es</strong> Berg<strong>es</strong> ist das Ziel, <strong>es</strong> ist ein klein<strong>es</strong> Haus -<br />

vielleicht eine Jausenhütte.<br />

Durch <strong>die</strong> Wahl d<strong>es</strong> Berg<strong>es</strong> als Spielhintergrund wird ein Höhengefälle darg<strong>es</strong>tellt, das den<br />

Einsatz von Leitern und Rutschen verständlich und logisch macht. Die Schüler sollen<br />

begreifen, daß man sich mit Glück durch das Hinaufsteigen einer Leiter ein Stück d<strong>es</strong><br />

Serpentinenweg<strong>es</strong> abkürzen kann, bei den Rutschen tritt natürlich der umgekehrte Fall ein.<br />

Es ist sehr wichtig, daß das Bild klar und einfach strukturiert ist.<br />

Für <strong>die</strong> Kinder muß eindeutig ersichtlich sein, wo oben und unten ist bei dem Berg, wo sich<br />

Start und Ziel befinden und wie <strong>die</strong> Serpentinenstrecke verläuft. Die Serpentinen dürfen <strong>nicht</strong><br />

<strong>zu</strong> eng sein, weil sich <strong>die</strong> Schüler sonst leicht in der „Zeile“ irren. Auch <strong>die</strong> Richtung, in der<br />

sich <strong>die</strong> Spielfiguren weiterbewegen sollen, muß immer klar sein. Ich verband daher <strong>die</strong><br />

Spielfelder mit Richtungspfeilen. Manche meiner Schüler konnten zwar ursprünglich mit<br />

Richtungspfeilen <strong>nicht</strong>s anfangen, aber ich meine, daß man in öffentlichen Gebäuden und im<br />

Straßenverkehr oftmals solchen Richtungsweisern begegnet, und <strong>es</strong> ist sicherlich vorteilhaft<br />

für <strong>die</strong> Schüler, ihre Bedeutung <strong>zu</strong> kennen.<br />

Auch <strong>die</strong> Funktion von Leitern und Rutschen als Mittel sich hinauf- bzw. hinunter<strong>zu</strong>bewegen,<br />

muß eindeutig darg<strong>es</strong>tellt werden. So ließ ich, als Beispiel für <strong>die</strong> Spielfiguren der Kinder,<br />

gezeichnete Zwerge <strong>die</strong> Leitern hinaufsteigen und <strong>die</strong> Rutschen hinunterrutschen. Ich<br />

versuchte auch, möglichst wenig Platz der roten, blauen und gelben Spielfelder mit Leitern,<br />

Rutschen und Zwergen <strong>zu</strong> verdecken, damit <strong>es</strong> <strong>nicht</strong> <strong>zu</strong> unübersichtlich wird.<br />

Die Zeichnungen am Rand d<strong>es</strong> Bild<strong>es</strong>, also der Turm, der Apfelbaum und der Wald <strong>die</strong>nen<br />

da<strong>zu</strong>, das Oben und Unten d<strong>es</strong> Bild<strong>es</strong> <strong>zu</strong> verdeutlichen, sie können <strong>die</strong> Kinder auch <strong>zu</strong><br />

sprachlichen Aussagen anregen.<br />

MATERIALIEN UND MASSE<br />

Spielbrett<br />

Das Spielbrett ist 65 cm lang und 50 cm breit.<br />

Ich habe das Bild auf einen dünnen weißen Karton gezeichnet und <strong>die</strong>sen <strong>zu</strong>r Verb<strong>es</strong>serung<br />

der Stabilität noch auf einen zweiten Karton geklebt. Das Spiel ist mit Plastikfolie überzogen


Seite 19<br />

und <strong>die</strong> Kanten habe ich mit ca. 4 cm breitem, blauen Gewebeband umklebt. Das verdeckt<br />

<strong>die</strong> beiden aufeinandergeklebten Kartonkanten und <strong>gibt</strong> einen schönen Rahmen.<br />

Farben<br />

Die Konturen der roten, blauen und gelben Spielfelder, der Leitern, Rutschen, Zwerge,<br />

Häuser usw. habe ich mit schwarzem dünnen Filzstift gezeichnet. Sämtliche Flächen, auch<br />

<strong>die</strong> große grüne Grasfläche d<strong>es</strong> Berg<strong>es</strong>, habe ich mit Buntstiften angemalt. Die einzige<br />

Ausnahme ist der Himmel, der weiß geblieben ist. Die roten, blauen und gelben Spielfelder<br />

sind ebenfalls mit Buntstiften angemalt, hier drückte ich aber weit f<strong>es</strong>ter auf, um <strong>die</strong> Intensität<br />

der Farben <strong>zu</strong> erhöhen. Die Spielfelder haben einen Durchm<strong>es</strong>ser von 3 cm und sind etwa 3<br />

cm voneinander entfernt.<br />

Würfel<br />

Ich kaufte einen Holzwürfel mit 3 cm Seitenlänge, den ich mit je zwei roten, blauen und<br />

gelben, runden und möglichst großen und farbintensiven Aufklebern beklebte.<br />

Spielfiguren<br />

Für <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Farbspiel wollte ich kein<strong>es</strong>falls einfarbige Spielfiguren in rot, blau und gelb<br />

verwenden, denn ich weiß, daß <strong>es</strong> meinen Schülern kaum begreiflich <strong>zu</strong> machen wäre, ein<br />

rot<strong>es</strong> Männchen auf ein blau<strong>es</strong> Feld <strong>zu</strong> stellen, auch wenn der Farbwürfel blau zeigt. Die<br />

Spielfiguren sollten auch größer sein als <strong>die</strong> normalen, herkömmlichen.<br />

Im Bastelg<strong>es</strong>chäft kaufte ich ca. 4 cm große Holzfiguren <strong>zu</strong>m Bemalen. In <strong>die</strong>sem Spiel<br />

wollte ich mich ausschließlich auf <strong>die</strong> Farben rot, blau und gelb konzentrieren, daher sollten<br />

<strong>die</strong> Spielfiguren statt Farben Gegenstände als Erkennungsmerkmal haben. Ich malte also <strong>die</strong><br />

Holzfiguren recht menschlich mit G<strong>es</strong>ichtern, Haaren und Kleidung und malte jeder einen<br />

anderen Gegenstand in <strong>die</strong> Hand, z.B. eine Eisenbahn, einen Drachen, eine Puppe usw.<br />

Zum Bemalen der Figuren verwendete ich Deckfarben, dann überzog ich sie mit Klarlack.<br />

ERFAHRUNGEN IN DER PRAXIS<br />

Ich freue mich sehr, daß das Spiel bei meinen Schülern sehr beliebt ist, b<strong>es</strong>onders Bülent<br />

hat viel Spaß daran.<br />

Die Idee mit dem Berg, den Leitern und Rutschen, leuchtete den Kindern ein. Es ist nur<br />

schade, daß immer einige Schüler den Berg von der Seite, bzw. auf dem Kopf stehend,<br />

sehen, weil wir ja um das Spielbrett herumsitzen. Manchmal drehte ich das Spielbrett, damit<br />

jed<strong>es</strong> Kind das G<strong>es</strong>chehen von der richtigen Seite sehen kann, aber das bringt Unruhe ins<br />

Spiel und ist auch keine optimale Lösung.<br />

Was mich an der G<strong>es</strong>taltung d<strong>es</strong> Spiels stört, ist, daß von der Zeichnung her <strong>nicht</strong> klar ist,<br />

wann genau man das Ziel erreicht hat. Wir spielen zwar so, daß man im Ziel ist, sobald man<br />

das letzte rote Feld erreicht hat, aber vom Bild her ist <strong>es</strong> <strong>nicht</strong> logisch darg<strong>es</strong>tellt.


Seite 20<br />

B<strong>es</strong>ser gefallen würde mir etwa eine Lösung, bei der am Ziel (=Haus) etwas Rot<strong>es</strong>, Blau<strong>es</strong><br />

und/oder Gelb<strong>es</strong> deutlich sichtbar wäre – z.B. eine Fahne –, so könnte man das Ziel durch<br />

Würfeln direkt und eindeutig erreichen.<br />

Meine Schüler geben sich übrigens nie damit <strong>zu</strong>frieden, wenn der erste <strong>Spiele</strong>r das Ziel<br />

erreicht hat, sie b<strong>es</strong>tehen immer darauf, weiter<strong>zu</strong>spielen, bis alle Männchen im Haus sind.<br />

Da <strong>es</strong> bei <strong>die</strong>sem Spiel nur drei Würfelfarben <strong>gibt</strong>, spielt sich <strong>zu</strong> Beginn all<strong>es</strong> auf den ersten<br />

Feldern ab und <strong>es</strong> ist schon vorgekommen, daß sich bis <strong>zu</strong> fünf Spielfiguren auf einem Feld<br />

befanden. Durch Platzmangel auf den Feldern war <strong>es</strong> dann manchmal <strong>nicht</strong> mehr klar<br />

ersichtlich, auf welche Spielfelder welche Männchen gehören. Im späteren Verlauf d<strong>es</strong><br />

Spiels verteilen sich <strong>die</strong> Spielfiguren auf Grund von Glück und Pech mit Leitern und<br />

Rutschen ganz automatisch.<br />

Man könnte in Erwägung ziehen, bei einem ähnlichen Spiel <strong>die</strong> ersten Felder größer <strong>zu</strong><br />

machen und <strong>die</strong> folgenden dann allmählich auf <strong>die</strong> Normalgröße <strong>zu</strong> verkleinern.<br />

Bei der Fertigung d<strong>es</strong> Spiels habe ich ohne viel nach<strong>zu</strong>denken <strong>die</strong> Spielfelder rot, blau und<br />

gelb angemalt; und so haben nun manche Felderpaare, <strong>die</strong> durch eine Leiter oder Rutsche<br />

verbunden sind, <strong>die</strong> gleiche Farbe, manche aber auch <strong>nicht</strong>.<br />

Würde ich das Spiel ein zweit<strong>es</strong> Mal machen, achtete ich sicherlich darauf, daß Anfangs-<br />

und Endfelder von Leitern und Rutschen <strong>die</strong>selbe Farbe haben. Es ist nämlich kein<strong>es</strong>wegs<br />

logisch, daß man sich, wenn man blau gewürfelt hat, und <strong>die</strong> Leiter, <strong>die</strong> am blauen Feld<br />

beginnt, hinaufsteigt, plötzlich auf einem roten Feld wiederfindet.


Seite 21<br />

DAS MENSCHENPUZZLE<br />

Entstehungsjahr: Frühling 1993<br />

WIE ES ZUR ENTWICKLUNG DES SPIELS KAM<br />

Mit einigen Schülern meiner Klasse führte ich einmal einen Entwicklungst<strong>es</strong>t durch. Eine<br />

Aufgabe d<strong>es</strong> T<strong>es</strong>ts überprüfte, ob <strong>die</strong> Schüler eine menschliche Figur, b<strong>es</strong>tehend aus sechs<br />

Bildern, <strong>die</strong> Kopf, Rumpf, Arme und Beine zeigten, richtig <strong>zu</strong>sammensetzen können. Ich war<br />

sehr überrascht <strong>zu</strong> sehen, daß mehrere Schüler große Probleme bei <strong>die</strong>ser T<strong>es</strong>taufgabe<br />

hatten und das Männchen nur mit meiner Hilfe <strong>zu</strong>sammenfügen konnten.<br />

Eine derartige Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit der menschlichen G<strong>es</strong>talt schien <strong>es</strong> mir jedoch wert,<br />

beachtet und weiter vertieft <strong>zu</strong> werden, und so b<strong>es</strong>chloß ich, ein Spiel daraus <strong>zu</strong> entwickeln.<br />

KURZBESCHREIBUNG<br />

• 6 Menschenpuzzl<strong>es</strong>; jed<strong>es</strong> b<strong>es</strong>teht aus je 6 Teilen (Kopf, Rumpf, Arme, Beine)<br />

• Würfel mit den Abbildungen der Körperteile<br />

• 1 - 6 <strong>Spiele</strong>r<br />

• Lernziel: Die Schüler sollen <strong>die</strong> Körperteil-Bilder einer menschlichen Figur <strong>zu</strong> einem<br />

Männchen <strong>zu</strong>sammensetzen sowie <strong>die</strong> verschiedenen Körperteile benennen können.<br />

Eventuell sollen sie, wenn alle Bilder verstreut liegen, <strong>die</strong> Teile einer b<strong>es</strong>timmten Figur<br />

heraussuchen können.


Seite 22<br />

ÜBERLEGUNGEN UND GEDANKEN ZU DEM SPIEL<br />

Kinder aller Welt<br />

Für das Menschenpuzzle wollte ich sechs verschiedene Figuren herstellen. Damit <strong>die</strong><br />

Schüler leichter aus den vielen Körperteilen <strong>die</strong>jenigen heraussuchen können, <strong>die</strong> sie für den<br />

Bau ihrer Figur benötigen, überlegte ich, Kinder aller Welt dar<strong>zu</strong>stellen. So können <strong>die</strong> Teile<br />

der Figuren nach logischen G<strong>es</strong>ichtspunkten <strong>zu</strong>sammeng<strong>es</strong>ucht werden und gleichzeitig<br />

bieten sich konkrete Bezeichnungen der verschiedenen Kinderdarstellungen an (z.B.<br />

Indianer, Eskimo usw).<br />

Körperschema<br />

Meiner Ansicht nach ist <strong>die</strong> Konfrontation mit dem Körperschema für meine<br />

körperbehinderten Schüler von großer Wichtigkeit. Zwei Schüler haben eine Hemiplegie,<br />

daher nehmen sie ihre gelähmten Extremitäten anders wahr, als ihre g<strong>es</strong>unde Körperhälfte.<br />

Einige meiner Schüler - Birgit, Philipp und Michi - leiden auch unter einer<br />

Wahrnehmungsstörung; d.h. sie können g<strong>es</strong>pürte Informationen nur un<strong>zu</strong>reichend<br />

aufnehmen und verarbeiten. Aus <strong>die</strong>sem Grund haben sie Defizite bei allem, was mit dem<br />

Spüren <strong>zu</strong>sammenhängt und sicherlich auch ein ander<strong>es</strong> Körpergefühl als Menschen ohne<br />

<strong>die</strong>se Störung.<br />

Die Auseinanderset<strong>zu</strong>ng mit dem Aufbau d<strong>es</strong> Körpers soll den behinderten Kindern dabei<br />

helfen, auch ihren eigenen Körper bewußter und detaillierter wahr<strong>zu</strong>nehmen. Um <strong>die</strong>s noch<br />

<strong>zu</strong> vertiefen, sollte das Spiel sprachlich begleitet werden, und manchmal fordere ich meine<br />

Schüler während d<strong>es</strong> Spiels auf, <strong>die</strong> betreffenden Körperteile an sich <strong>zu</strong> zeigen, bzw. <strong>zu</strong><br />

bewegen.<br />

MÖGLICHE SPIELVARIATIONEN<br />

Das Menschenpuzzle kann sowohl - wie ein herkömmlich<strong>es</strong> Puzzle - von nur einem <strong>Spiele</strong>r,<br />

als auch in der Gruppe als Würfelspiel eing<strong>es</strong>etzt werden.<br />

Verwenden wir <strong>es</strong> als Würfelspiel, so darf jeder Schüler eine Figur auswählen. Er sucht auch<br />

gleich <strong>die</strong> sechs Körperteile sein<strong>es</strong> Männchens aus der Menge der Bilder, fügt sie aber noch<br />

<strong>nicht</strong> aneinander. (Meine Schüler wären überfordert, während d<strong>es</strong> Spiels auch noch <strong>die</strong><br />

B<strong>es</strong>tandteile ihrer Figur aus der Menge der anderen Bilder heraus<strong>zu</strong>finden.)<br />

Nun beginnt das eigentliche Spiel: Es wird reihum gewürfelt, jeder Schüler benennt den<br />

erwürfelten Körperteil, eventuell zeigt er ihn an sich oder bewegt ihn. Er sucht das<br />

betreffende Bild aus seiner Schachtel und legt <strong>es</strong> vor sich auf den Tisch, bzw. fügt <strong>es</strong> an<br />

andere, bereits erwürfelte Puzzleteile.<br />

Würfelt ein Schüler einen Körperteil, den sein Männchen bereits in ausreichender Anzahl<br />

hat, so kommt der nächste <strong>Spiele</strong>r an <strong>die</strong> Reihe. Gewonnen hat, w<strong>es</strong>sen Männchen <strong>zu</strong>erst<br />

komplett ist.<br />

Beim Spiel mit meiner Klasse unterscheide ich <strong>nicht</strong> zwischen rechtem und linken Bein und<br />

rechtem und linken Arm. Di<strong>es</strong>e Differenzierung ist für meine Schüler <strong>zu</strong> komplex. Bei der<br />

G<strong>es</strong>taltung d<strong>es</strong> Würfels habe ich auf <strong>die</strong>sen Unterschied jedoch Rücksicht genommen und<br />

rechte und linke Extremitäten gezeichnet, denn sollte ich das Menschenpuzzle einmal für<br />

eine leistungsstärkere Klasse brauchen, könnte <strong>es</strong> gleichzeitig als Lateralitätsübung <strong>zu</strong>m<br />

Einsatz kommen.


MATERIALIEN UND MASSE<br />

Seite 23<br />

Puzzl<strong>es</strong><br />

Jed<strong>es</strong> der sechs Puzzl<strong>es</strong> ist 33,5 cm lang und 25,5 cm breit.<br />

Ich habe <strong>die</strong> Figuren mit Deckfarben gemalt, der Hintergrund ist weiß.<br />

Die Puzzleteile b<strong>es</strong>tehen aus weißem, relativ dünnen Karton und sind mit PVC-Folie<br />

überzogen.<br />

Würfel<br />

Der Würfel hat 3 cm Seitenlänge. Mit schwarzem Overhead-Stift habe ich <strong>die</strong> Körperteile<br />

daraufgezeichnet und den Würfel anschließend lackiert.<br />

ERFAHRUNGEN IN DER PRAXIS<br />

Meine Schüler spielen das Menschenpuzzle recht gern und ich bin <strong>zu</strong>frieden, daß <strong>die</strong><br />

Anforderungen d<strong>es</strong> Spiels dem Leistungsvermögen der Schüler entsprechen.<br />

Eine Sache würde ich aber bei einer nochmaligen Herstellung anders machen: Der Karton,<br />

aus dem <strong>die</strong> Puzzleteile sind, ist relativ dünn, und daher passiert <strong>es</strong> beim Legen d<strong>es</strong> Puzzl<strong>es</strong><br />

leicht, daß <strong>die</strong> Teile etwas übereinander rutschen. Einige meiner Schüler schaffen <strong>es</strong> kaum,<br />

<strong>die</strong> Puzzleteile exakt aneinander <strong>zu</strong> legen. Das Bild wirkt daher immer etwas unordentlich,<br />

obwohl <strong>es</strong> richtig <strong>zu</strong>sammengefügt ist.<br />

In einem G<strong>es</strong>chäft für Bodenbeläge fand ich ein etwa 0,5 cm stark<strong>es</strong>, aufg<strong>es</strong>chäumt<strong>es</strong><br />

Material. Es ist recht weich und greift sich sehr angenehm an. Ich habe <strong>es</strong> bereits für <strong>die</strong><br />

Herstellung von Dominospielen verwendet und f<strong>es</strong>tg<strong>es</strong>tellt, daß meine Schüler <strong>die</strong>se Teile<br />

viel leichter exakt aneinanderlegen können, denn durch <strong>die</strong> Dicke d<strong>es</strong> Materials können <strong>die</strong><br />

Teile <strong>nicht</strong> übereinander rutschen.<br />

Di<strong>es</strong><strong>es</strong> Material wäre auch für das Menschenpuzzle ideal. Man muß jedoch beachten, daß<br />

man das Material <strong>nicht</strong> gut bemalen kann. Daher müßten <strong>die</strong> Bilder auf ein Papier gemalt<br />

werden und <strong>die</strong>s<strong>es</strong> dann mit Hilfe von PVC-Folie - <strong>die</strong> man sowi<strong>es</strong>o benötigt - auf <strong>die</strong><br />

Kunststoffstücke geklebt werden.


Seite 24<br />

DAS JAHRESZEITENSPIEL<br />

Entstehungsjahr: Frühling 1994<br />

WIE ES ZUR ENTWICKLUNG DES SPIELS KAM<br />

Wieder einmal <strong>zu</strong>r Jahr<strong>es</strong>wende sprach ich mit meinen Schülern über <strong>die</strong> vier Jahr<strong>es</strong>zeiten<br />

und ihre Charakteristika. Auf Kärtchen hatte ich typische Gegenstände bzw.<br />

Naturveränderungen für <strong>die</strong> Jahr<strong>es</strong>zeiten gezeichnet, <strong>die</strong>se Bilder sollten nun <strong>zu</strong>geordnet<br />

werden. Ich bemerkte jedoch, daß <strong>die</strong> Namen Frühling, Sommer, Herbst und Winter für<br />

meine Schüler leere Worthüllen waren. Sie hatten sie natürlich schon oft gehört, hatten aber<br />

keine Vorstellung, kein Bild davon, was sie wirklich bedeuten und brachten sie ständig<br />

durcheinander.<br />

Kurz überlegte ich, Plakate der vier Jahr<strong>es</strong>zeiten her<strong>zu</strong>stellen, um den Schülern dadurch das<br />

Gewinnen von Vorstellungen <strong>zu</strong> erleichtern. Ich verwarf <strong>die</strong>se Idee jedoch wieder, weil ich<br />

dachte, daß wir <strong>die</strong> Plakate doch <strong>nicht</strong> so oft verwenden würden. Statt d<strong>es</strong>sen b<strong>es</strong>chloß ich,<br />

ein Spiel bezüglich der Jahr<strong>es</strong>zeiten <strong>zu</strong> entwerfen, das den Schülern mit Hilfe von<br />

Situationsbildern das Verknüpfen der Jahr<strong>es</strong>zeiten mit Vorstellungen und Bildern erleichtern<br />

soll.<br />

KURZBESCHREIBUNG<br />

• Brettspiel<br />

• 2 – 6 <strong>Spiele</strong>r<br />

• Kärtchen mit Attributen der vier Jahr<strong>es</strong>zeiten<br />

• Lernziel: Die Schüler sollen allmählich begriffliche Vorstellungen von den vier<br />

Jahr<strong>es</strong>zeiten gewinnen sowie Frühling, Sommer, Herbst und Winter mit einigen typischen<br />

Naturveränderungen und Gegenständen verbinden.<br />

In der Mitte d<strong>es</strong> Spielbretts sind in vier Situationsbildern <strong>die</strong> Jahr<strong>es</strong>zeiten charakterisiert.<br />

Darum herum sind an den Rändern d<strong>es</strong> Spielbretts insg<strong>es</strong>amt sechs Rastersysteme<br />

gezeichnet - für jeden <strong>Spiele</strong>r ein<strong>es</strong>. Jed<strong>es</strong> Rastersystem b<strong>es</strong>teht aus acht umrahmten<br />

Feldern, so hat jeder <strong>Spiele</strong>r in seinem Raster Platz für acht Bildkärtchen, zwei Kärtchen für<br />

jede Jahr<strong>es</strong>zeit.


Seite 25<br />

Spielverlauf<br />

Jeder <strong>Spiele</strong>r bekommt ein Rastersystem <strong>zu</strong>gewi<strong>es</strong>en, <strong>die</strong> Spielkärtchen sind in einem<br />

Stoffsack. Reihum zieht jeder Schüler ein Kärtchen aus dem Sack, nennt den Namen d<strong>es</strong><br />

Gegenstand<strong>es</strong> auf dem Kärtchen und überlegt, <strong>zu</strong> welcher Jahr<strong>es</strong>zeit er paßt. Der <strong>Spiele</strong>r<br />

legt nun das Bildchen auf den für <strong>die</strong> betreffende Jahr<strong>es</strong>zeit entsprechenden Platz sein<strong>es</strong><br />

Rastersystems. Gewonnen hat, wer <strong>zu</strong>erst mit allen acht Bildern sein Raster komplett hat.<br />

Gegen Ende d<strong>es</strong> Spiels kommt <strong>es</strong> dann sehr auf Glück an, denn hat man beispielsweise<br />

bereits zwei Frühlingsbildchen auf seinem Raster liegen und zieht nun ein dritt<strong>es</strong>, so muß<br />

man <strong>es</strong> wieder in den Sack <strong>zu</strong>rücklegen und der nächste kommt dran.<br />

Jeder <strong>Spiele</strong>r <strong>gibt</strong> den Stoffsack dem nächsten weiter; auch das Weitergeben von<br />

Gegenständen ist für manche meiner Schüler <strong>nicht</strong> selbstverständlich, sie sind <strong>es</strong> eher<br />

gewöhnt, daß ihnen <strong>die</strong> Dinge gegeben werden.<br />

ÜBERLEGUNGEN UND GEDANKEN ZU DEM SPIEL<br />

Die vier Situationsbilder<br />

Bei der Wahl der Bildinhalte der Jahr<strong>es</strong>zeitenbilder orientierte ich mich hauptsächlich am<br />

Erlebnishintergrund der Kinder. Ich wollte keine Gegenstände zeichnen, <strong>die</strong> meine Schüler<br />

<strong>nicht</strong> kennen und keine Tätigkeiten, <strong>die</strong> sie niemals ausführen. Das Schifahren kennen<br />

meine Schüler wenigstens vom Fernsehen gut, aber Tätigkeiten wie etwa Ostern<strong>es</strong>t suchen,<br />

Blumen pflücken, baden gehen, im Sand spielen, Drachen basteln - wenn auch <strong>nicht</strong> steigen<br />

lassen -, rodeln und Schneemann bauen, all das kennen meine Schüler wirklich aus eigener<br />

Erfahrung. Als sehr wichtig empfinde ich auch, daß den Schülern <strong>die</strong> Veränderungen der<br />

Natur, b<strong>es</strong>onders <strong>die</strong> der Laubbäume im Jahr<strong>es</strong>kreis, bewußt werden, d<strong>es</strong>wegen zeigt jed<strong>es</strong><br />

Situationsbild einen Baum.<br />

Die Bildkärtchen<br />

Für <strong>die</strong> Kärtchen wählte ich ebenfalls Dinge täglicher Erlebnisbereiche der Kinder. Die<br />

meisten gezeichneten Gegenstände der Karten sind gleichzeitig Bildelemente der<br />

Situationsbilder. Das bietet eine gute Suchübung für einige meiner Schüler, <strong>die</strong> sonst <strong>die</strong><br />

Zuordnung <strong>zu</strong> den Jahr<strong>es</strong>zeiten-Situationsbildern rein vom Verständnis her <strong>nicht</strong> schaffen<br />

würden.<br />

"Zweiseitig" betrachtbar<br />

Bei <strong>die</strong>sem Spiel wollte ich vermeiden, daß das Spielbrett nur von einer Seite aus "richtig"<br />

an<strong>zu</strong>sehen ist, wie etwa beim Farbspiel mit Leitern und Rutschen. So zeichnete ich zwei der<br />

Jahr<strong>es</strong>zeiten-Situationsbilder <strong>zu</strong> einer Seite gerichtet und <strong>die</strong> anderen beiden Bilder <strong>zu</strong>r<br />

gegenüberliegenden Seite.<br />

Die Rahmen um <strong>die</strong> Situationsbilder und um <strong>die</strong> Plätze der Bilder im Raster<br />

Um jed<strong>es</strong> Jahr<strong>es</strong>zeiten-Situationsbild habe ich einen Rahmen gezeichnet. Ich wählte <strong>die</strong><br />

Farben der Rahmen passend <strong>zu</strong> den Jahr<strong>es</strong>zeiten, und so ist <strong>die</strong> Umrahmung d<strong>es</strong><br />

Frühlingsbild<strong>es</strong> grün, d<strong>es</strong> Sommerbild<strong>es</strong> gelb, d<strong>es</strong> Herbstbild<strong>es</strong> rot und <strong>die</strong> d<strong>es</strong> Winterbild<strong>es</strong><br />

blau.


Seite 26<br />

Immer zwei Bildplätze jed<strong>es</strong> Rasters haben ebenfalls einen grünen, gelben, roten und blauen<br />

Rahmen. Di<strong>es</strong> <strong>die</strong>nt als Kennzeichnung der Stellen, auf <strong>die</strong> <strong>die</strong> Frühlings-, Sommer-, Herbst-<br />

, und Winterbildchen gelegt werden sollen. Die Kinder müssen sich nur von den Farben<br />

leiten lassen - und das Erkennen und Zuordnen der Grundfarben beherrschen alle meine<br />

Schüler.<br />

Und so kann etwa auch Nermin, <strong>die</strong> in be<strong>zu</strong>g auf Verständnisaufgaben schwächste<br />

Schülerin meiner Klasse, ein Bildchen aus dem Sack nehmen, den gezeichneten<br />

Gegenstand auf einem der vier Jahr<strong>es</strong>zeitenbildern suchen, <strong>die</strong> Farbe d<strong>es</strong> Rahmens um das<br />

Situationsbild auf ihrem Raster finden und <strong>die</strong> Karte auf ihren Platz legen. Sie braucht bei<br />

<strong>die</strong>sem für sie komplexen Handlungsvorgang immer wieder ein wenig verbale Unterstüt<strong>zu</strong>ng,<br />

aber sie kann all<strong>es</strong> alleine tun.<br />

...DAMIT SIND WIR EIGENTLICH SCHON BEI DER<br />

DIFFERENZIERUNG ANGEKOMMEN<br />

Das Jahr<strong>es</strong>zeitenspiel eignet sich ausgezeichnet <strong>zu</strong>m Differenzieren und zwar sowohl in<br />

be<strong>zu</strong>g auf das Lernen, Wiederholen und Üben der Jahr<strong>es</strong>zeiten, als auch der sprachlichen<br />

Ausdrucksmöglichkeiten.<br />

Ich möchte das an ein paar Beispielen meiner Schüler zeigen:<br />

Barbara zieht eine Karte und benennt den abgebildeten Gegenstand mühelos, sie zeigt das<br />

passende Jahr<strong>es</strong>zeitenbild und kann den Namen der Jahr<strong>es</strong>zeit nennen. Auf meine<br />

Aufforderung hin sagt sie einen Satz, der den Namen der Jahr<strong>es</strong>zeit und d<strong>es</strong><br />

Bildgegenstand<strong>es</strong> auf dem Kärtchen beinhaltet. Hat sie das Bild d<strong>es</strong> Schneemanns gezogen,<br />

so sagt sie etwa: "Im Winter baue ich einen Schneemann."<br />

Ömer kennt alle auf den Kärtchen abgebildeten Dinge, er weiß aber manche Namen <strong>nicht</strong>.<br />

Meistens kann ihm da ein ander<strong>es</strong> Kind helfen; manchmal ist <strong>es</strong> Birgit, <strong>die</strong> den Namen<br />

nennen kann. Das freut mich dann immer sehr für sie, weil Birgit in vielen anderen Bereichen<br />

weitaus schwächer ist als Ömer. Ömer weiß immer, <strong>zu</strong> welchem Jahr<strong>es</strong>zeitenbild das<br />

Bildkärtchen paßt, aber mit der Benennung der Jahr<strong>es</strong>zeit hat er Probleme. Ich versuche,<br />

ihm <strong>zu</strong>mind<strong>es</strong>t <strong>die</strong> Namen Sommer und Winter geläufig und vertraut <strong>zu</strong> machen, <strong>die</strong> Namen<br />

Frühling und Herbst nenne ich lediglich, wenn Ömer ein dementsprechend<strong>es</strong> Bild gezogen<br />

hat, mit dem Wiederholen und Nachsprechen <strong>die</strong>ser Namen lasse ich ihn aber in Ruhe.<br />

Das Orientieren an den Farben und Finden d<strong>es</strong> richtigen Platz<strong>es</strong> auf dem Raster bereitet<br />

Ömer, ebenso wie Barbara, Bülent und Birgit keine Schwierigkeiten, <strong>die</strong> anderen Schüler<br />

benötigen ein wenig verbale Unterstüt<strong>zu</strong>ng dabei.<br />

Nermin kann einige der auf den Karten darg<strong>es</strong>tellten Gegenstände benennen. Nach dem<br />

Namen der Jahr<strong>es</strong>zeit frage ich sie erst gar <strong>nicht</strong>, aber das Suchen d<strong>es</strong> Gegenstand<strong>es</strong> auf<br />

den großen Bildern und das Orientieren an den Farben ist sicher eine gute Übung für sie,<br />

und das Üben und Wiederholen der Gegenstandsbezeichnungen der Kärtchen sehe ich als<br />

Wortschatzübung.<br />

MATERIALIEN UND MASSE<br />

Spielbrett<br />

Das Spielbrett ist 65 cm lang und 50 cm breit. Wie beim Farbspiel mit Leitern und Rutschen<br />

habe ich zwei dünne, weiße Kartons aufeinandergeklebt, das Spielbrett mit Plastikfolie<br />

überzogen und <strong>die</strong> Kanten mit Gewebeband umklebt.<br />

Jahr<strong>es</strong>zeitenbilder, Rahmen, Raster und Kärtchen<br />

Jed<strong>es</strong> Jahr<strong>es</strong>zeitenbild hat eine Größe von 18,5 mal 11 cm, <strong>die</strong> Rahmen rundherum sind 1<br />

cm breit.


Seite 27<br />

Es <strong>gibt</strong> 48 Kärtchen, 12 für jede Jahr<strong>es</strong>zeit, und jede Karte zeigt ein ander<strong>es</strong> Bild. Die<br />

Kärtchen sind quadratisch und haben eine Seitenlänge von 4 cm. Sie sind aus weißem<br />

Karton und mit Plastikfolie überzogen.<br />

Farben<br />

Sämtliche Konturen habe ich mit schwarzem dünnen Filzstift gezogen, alle ausgemalten<br />

Flächen sind mit Buntstift ausgemalt, b<strong>es</strong>onders kräftig habe ich <strong>die</strong> Farbrahmen gemalt.<br />

ERFAHRUNGEN IN DER PRAXIS<br />

Mit dem Jahr<strong>es</strong>zeitenspiel bin ich im großen und ganzen sehr <strong>zu</strong>frieden; <strong>die</strong> Kinder spielen<br />

<strong>es</strong> gern und und sein Schwierigkeitsniveau ist so variabel, daß <strong>es</strong> für alle meine Schüler<br />

geeignet ist.<br />

Es <strong>gibt</strong> nur eine Sache, <strong>die</strong> ich bei einer nochmaligen Herstellung anders machen würde: Die<br />

Aufteilung der Rahmenpaare bei den Rastersystemen an den Ecken. Ich habe den Eindruck,<br />

daß für <strong>die</strong> Schüler <strong>die</strong> regelmäßig angeordneten Rahmenpaare (wie bei den Rastern an den<br />

Längsseiten d<strong>es</strong> Spielbretts) übersichtlicher sind. Würde ich das Spiel ein zweit<strong>es</strong> Mal<br />

herstellen, ordnete ich bei den Rastern in den Ecken das vierte Rahmenpaar in <strong>die</strong> gleiche<br />

Richtung an wie <strong>die</strong> drei anderen.<br />

MÖGLICHE SPIELVARIATIONEN<br />

Es <strong>gibt</strong> bei <strong>die</strong>sem Spiel verschiedene Spielmöglichkeiten, vor allem unterschiedliche<br />

Methoden, an <strong>die</strong> Kärtchen <strong>zu</strong> kommen.<br />

Die Karten können aufgelegt werden<br />

Liegen <strong>die</strong> Kärtchen mit der Bildseite nach oben und jeder Schüler nimmt sich reihum eine<br />

Karte, so ist das eine Zuordnungsübung, <strong>es</strong> <strong>gibt</strong> aber keinen Gewinner und alle sind in der<br />

gleichen Runde fertig.<br />

Wenn <strong>die</strong> Kärtchen verdeckt liegen, ist das Zufallsmoment wieder gegeben. Das<br />

Inter<strong>es</strong>sante an <strong>die</strong>ser Möglichkeit ist, daß <strong>es</strong> für <strong>die</strong> anderen Schüler von Vorteil sein kann,<br />

acht<strong>zu</strong>geben, was der Schüler, der gerade an der Reihe ist, tut. Nimmt etwa ein <strong>Spiele</strong>r eine<br />

Karte, <strong>die</strong> er <strong>nicht</strong> braucht, weil er bereits zwei Bilder <strong>die</strong>ser Jahr<strong>es</strong>zeit hat und legt <strong>die</strong>se<br />

folglich <strong>zu</strong>rück, so kann sie sich danach ein anderer holen, der <strong>die</strong> Karte benötigt und sich<br />

gemerkt hat, wo sie liegt.<br />

Das Problem beim Auflegen der Karten kann jedoch der Platzmangel sein. Das Spielbrett<br />

allein ist schon recht groß, und wenn daneben noch <strong>die</strong> Kärtchen liegen, haben <strong>die</strong> Kinder<br />

möglicherweise Probleme, all<strong>es</strong> <strong>zu</strong> erreichen. Es hängt also von der Mobilität und<br />

Beweglichkeit der Kinder ab, ob das Auflegen der Karten günstig ist oder <strong>nicht</strong>, in meiner<br />

Klasse wäre <strong>es</strong> sicherlich keine geeignete Spielvariante.<br />

Eine andere Möglichkeit ist, daß der Spielleiter eine Karte nach der anderen hochhält und<br />

fragt: "Wer braucht ein Ostern<strong>es</strong>t? Wer braucht Kastanien?..." Di<strong>es</strong>e Variante ist natürlich nur<br />

dann sinnvoll, wenn <strong>die</strong> Reaktions- und Verständnisleistungen der Schüler <strong>nicht</strong> all<strong>zu</strong><br />

unterschiedlich sind.<br />

Das Jahr<strong>es</strong>zeitenspiel dauert manchmal relativ lang, vor allem "zieht <strong>es</strong> sich" gegen Ende,<br />

wenn jeder Kärtchen ganz b<strong>es</strong>timmter Jahr<strong>es</strong>zeiten benötigt, aber immer wieder <strong>die</strong> falschen<br />

aus dem Sack zieht. So kam ich auf <strong>die</strong> Idee, daß jeder seine unbrauchbare Karte dem<br />

nächsten <strong>Spiele</strong>r anbietet. Der kann sie dann nehmen, wenn er sie braucht, wenn <strong>nicht</strong>, so<br />

zieht er selber eine aus dem Sack - und <strong>die</strong> bietet er, falls er sie <strong>nicht</strong> benötigt, wieder dem<br />

nächsten Schüler an...


Seite 28<br />

Mir gefällt <strong>die</strong>se Möglichkeit gut, weil <strong>die</strong> Kinder Kontakt <strong>zu</strong>einander aufnehmen müssen und<br />

einfache Satzschemata sprechen wie etwa: "Brauchst du <strong>die</strong> Badehose?"<br />

DAS SPIEL-ENDE<br />

Wie auch das Farbspiel mit Leitern und Rutschen spielen wir auch das Jahr<strong>es</strong>zeitenspiel<br />

meist so lange, bis alle <strong>Spiele</strong>r fertig sind und ihr Raster komplett ist. Dann darf jeder <strong>Spiele</strong>r<br />

aufzählen, welche Bilder er in seinem Raster hat. "Ich hab einen Wasserball, ich hab eine<br />

Rodel..."<br />

Meine Schüler sprechen einfache Satzreihen <strong>die</strong>ser Art recht gern. Manche Schüler, z.B.<br />

Birgit und Ömer, sind oft ängstlich und sehr <strong>zu</strong>rückhaltend, wenn sie vor der Klasse<br />

sprechen sollen. Bei den Satzreihen müssen sie sich hauptsächlich auf das sich ändernde<br />

Wort konzentrieren, der R<strong>es</strong>t läuft fast automatisch. Das ist entspannender für <strong>die</strong> Schüler<br />

und sie sind stolz, ganze Sätze ohne Hilfe sprechen <strong>zu</strong> können.<br />

Beim Einräumen der Karten darf sich ein Schüler eine Jahr<strong>es</strong>zeit wünschen, und alle <strong>Spiele</strong>r<br />

müssen ihre Karten <strong>die</strong>ser Jahr<strong>es</strong>zeit in den Sack geben; dann darf ein ander<strong>es</strong> Kind eine<br />

Jahr<strong>es</strong>zeit sagen.


Entstehungsjahr: Herbst 1994<br />

Seite 29<br />

DER LESEFERNSEHER<br />

WIE ES ZUR ENTWICKLUNG DES SPIELS KAM<br />

Um meinen Deutschunterricht auf<strong>zu</strong>möbeln, wollte ich öfter Übungen und <strong>Spiele</strong> einsetzen,<br />

bei denen <strong>die</strong> ganze Klasse mitmachen kann.<br />

So ungefähr ist <strong>die</strong> Situation meiner Klasse bezüglich d<strong>es</strong> Deutschunterricht<strong>es</strong>:<br />

Ömer und Bülent kennen fast alle Buchstaben, um <strong>die</strong>se <strong>zu</strong> üben, lasse ich sie öfters Wörter<br />

abschreiben, was sie auch sehr gut können. Sie können <strong>die</strong>se Wörter meist aber <strong>nicht</strong> l<strong>es</strong>en<br />

und wissen daher gar <strong>nicht</strong>, was sie schreiben. Natürlich wiederholen wir <strong>die</strong> Wörter immer<br />

wieder und <strong>die</strong> Buben sollen vorl<strong>es</strong>en, was sie g<strong>es</strong>chrieben haben.<br />

Birgit, Philipp und Michi kennen einige Buchstaben, sie haben aber derart massive Probleme<br />

im feinmotorischen Bereich und bei der Erfassung von Reihenfolgen, daß <strong>es</strong> für sie<br />

unmöglich ist, Wörter <strong>zu</strong> schreiben oder mit Buchstaben <strong>zu</strong> legen. Beim L<strong>es</strong>en sind Birgit<br />

und Philipp ungefähr mit Bülent und Ömer vergleichbar, wobei Philipp sicher <strong>die</strong> meisten<br />

Wörter von allen "l<strong>es</strong>en" kann.<br />

Mit Ömer, Bülent, Philipp, Birgit und Michi trainiere ich immer wieder <strong>die</strong> gleichen Wörter. Ich<br />

ging von den Namen einer L<strong>es</strong>efamilie aus, mit der Zeit kamen auch einige andere einfache<br />

Hauptwörter da<strong>zu</strong>.<br />

Barbara macht im Deutschunterricht gänzlich ihr eigen<strong>es</strong> Programm: Sie schreibt<br />

Lateinschrift und li<strong>es</strong>t mit Unterstüt<strong>zu</strong>ng einfache G<strong>es</strong>chichten. Bei Nermin haben wir, wie<br />

bereits erwähnt, den Bereich d<strong>es</strong> L<strong>es</strong>ens und Schreibens aufgegeben und konzentrieren uns<br />

auf andere Dinge.<br />

Es ist also gar <strong>nicht</strong> einfach, meine Schüler im Deutschunterricht "unter einen Hut" <strong>zu</strong><br />

bekommen, um gemeinsame Dinge <strong>zu</strong> tun. Buchstabenspiele, bei denen alle mitmachen<br />

können, kommen bei meinen Schülern recht gut an und scheinen auch mir recht geeignet.<br />

Ich stellte mir vor, daß ein L<strong>es</strong><strong>es</strong>piel, das inter<strong>es</strong>sant aufgemacht ist, den Schülern Spaß<br />

machen könnte, auch wenn immer wieder <strong>die</strong> gleichen Wörter trainiert werden.<br />

KURZBESCHREIBUNG<br />

• Karton mit aufgemaltem Fernseher<br />

• L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen<br />

• Anzahl der <strong>Spiele</strong>r: 2 - unbegrenzt<br />

• Lernziele: Die Schüler sollen <strong>die</strong> einzelnen Buchstaben erkennen und benennen;<br />

Sie sollen, wenn alle Buchstaben gezeigt worden sind, das g<strong>es</strong>uchte Wort nennen<br />

können


Seite 30<br />

Die grundlegende Idee <strong>die</strong>s<strong>es</strong> L<strong>es</strong><strong>es</strong>piels ist altbekannt:<br />

Man macht in einen Karton zwei senkrechte Schlitze und schiebt von der Rückseite d<strong>es</strong><br />

Kartons aus einen Papier- oder Kartonstreifen durch beide Schlitze, so daß Anfang und<br />

Ende d<strong>es</strong> Streifens hinter dem Karton verschwinden, und nur ein kleiner Bereich d<strong>es</strong><br />

Streifens - so breit, wie der Abstand zwischen den beiden Schlitzen ist - vor dem Karton<br />

sichtbar ist. Zieht man nun langsam an dem Streifen, so kann man stückchenweis durch das<br />

Sichtfenster im Karton all<strong>es</strong> sehen, was auf den Streifen g<strong>es</strong>chrieben oder gezeichnet ist.<br />

ÜBERLEGUNGEN UND GEDANKEN ZU DEM SPIEL<br />

Der Fernseher<br />

Die G<strong>es</strong>taltung d<strong>es</strong> Kartons ist selbstverständlich jedem selbst überlassen. Ich entschied<br />

mich für einen Fernseher, weil meine Schüler gern fernsehen, man könnte aber genauso gut<br />

eine Theaterbühne, ein Fenster, eine Zirkusmanege oder ähnlich<strong>es</strong> darstellen.<br />

Auf jeden Fall muß <strong>die</strong> Kartonfläche recht breit sein, vor allem rechts neben den beiden<br />

Schlitzen, denn sonst würde man ja <strong>die</strong> Buchstaben sehen können, bevor sie durch das<br />

Sichtfenster erscheinen.<br />

Um das Inter<strong>es</strong>se der Schüler an dem Spiel <strong>zu</strong> wecken wollte ich mir eine für <strong>die</strong> Kinder<br />

schöne und ansprechende G<strong>es</strong>taltung der großen Fläche um den Fernseher einfallen<br />

lassen. Weil <strong>die</strong> Kinder Tiere lieben entschloß ich mich, Tiere um den Fernseher herum <strong>zu</strong><br />

zeichnen. Alle Tierfiguren schauen inter<strong>es</strong>siert auf den Fernsehbildschirm, so wie ich <strong>es</strong> mir<br />

auch von meinen Schülern erhoffe.<br />

Den Fernseher selbst zeichnete ich <strong>nicht</strong> <strong>zu</strong> klein, er sollte ein gut<strong>es</strong> Stück größer sein als<br />

das Sichtfenster, damit das G<strong>es</strong>amtbild für <strong>die</strong> Schüler klar und übersichtlich ist.<br />

Die L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen<br />

Auf jeden L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen habe ich in Blockschrift ein Wort g<strong>es</strong>chrieben (Birgit, Philipp und Michi<br />

arbeiten ausschließlich in Blockschrift, Bülent und Ömer kennen auch einige<br />

Kleinbuchstaben, Barbara schreibt Lateinschrift). Vor dem ersten Buchstaben jed<strong>es</strong> Wort<strong>es</strong><br />

habe ich sichtfensterfüllend ein Augenpaar gezeichnet. Das soll so viel sagen wie: "Achtung,<br />

Augen auf, alle herschauen!" und soll damit <strong>die</strong> Aufmerksamkeit der Schüler auf das<br />

Sichtfenster lenken.<br />

Die Buchstaben sind so groß und so weit voneinander entfernt g<strong>es</strong>chrieben, daß immer nur<br />

einer durchs Fenster <strong>zu</strong> sehen ist. Die Schüler sollen den ersten Buchstaben benennen,<br />

dann ziehe ich den L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen ein Stück weiter um den nächsten <strong>zu</strong> zeigen usw. Nach dem<br />

letzten Buchstaben jed<strong>es</strong> Wort<strong>es</strong> ließ ich etwa eine Sichtfensterbreite d<strong>es</strong> Streifens leer, so<br />

sieht man, wenn das Wort <strong>zu</strong> Ende ist, eine weiße Fernseherfläche. Die Schüler sollen nun<br />

überlegen, wie das Wort heißen könnte. Sagt ein Schüler den richtigen Wortnamen, so ziehe<br />

ich den Streifen ein Stück weiter und das entsprechende Bild erscheint auf dem Bildschirm.<br />

Die L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen sind links neben der Schrift gerade so lang, daß der Streifenanfang etwa ein<br />

bis zwei Zentimeter links neben dem Kartonbild hervorschaut, wenn <strong>die</strong> erste Position, das<br />

Augenpaar, eing<strong>es</strong>tellt ist. Daher ist der L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen leicht an<strong>zu</strong>greifen und weiter<strong>zu</strong>ziehen.<br />

Jeden Streifenanfang habe ich deutlich mit einem Pfeil markiert, um mir so das Einfädeln <strong>zu</strong><br />

erleichtern und um mich dabei mehr auf meine Schüler konzentrieren <strong>zu</strong> können.<br />

Bis jetzt habe ich etwa 20 L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen herg<strong>es</strong>tellt. Ich begann mit den Namen unserer<br />

L<strong>es</strong>efamilie, also MAMA, PAPA, OMA, OPA, SUSI, OTTO, MIA, AMI und TITI, später kamen<br />

mehr und mehr andere Wörter da<strong>zu</strong>, <strong>die</strong> wir im Laufe der Zeit übten und ein paar<br />

Lieblingswörter meiner Schüler: Als Dinosaurier gerade sehr "in" waren, freuten sich <strong>die</strong><br />

Kinder sehr über den DINO und für Bülent, den Fußballfan, entstand der L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen TOR.


DIFFERENZIERUNG<br />

Seite 31<br />

Wir spielen das L<strong>es</strong><strong>es</strong>piel meistens so, daß der Schüler, der das richtige Wort nennen kann,<br />

den L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen haben darf. Am Ende d<strong>es</strong> Spiels hat dann jeder Schüler seine gel<strong>es</strong>enen<br />

Wörter vor sich liegen. Ein Schüler nach dem anderen darf nun erzählen, welche Wörter er<br />

hat: "Ich habe MAMA, ich habe MIA..."<br />

Di<strong>es</strong><strong>es</strong> Spiel ist auf <strong>die</strong> Leistung d<strong>es</strong> L<strong>es</strong>ens ausgelegt, bzw. auf <strong>die</strong> d<strong>es</strong> Erkennens oder<br />

Erratens von Wörtern anhand ihrer Buchstaben, wie <strong>es</strong> bei meinen Schülern wohl eher der<br />

Fall ist. Es basiert <strong>nicht</strong> auf Glück, und so haben meine schwächeren Schüler wenig<br />

Chancen, ebenfalls L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen <strong>zu</strong> bekommen. Aus <strong>die</strong>sem Grund kündige ich beim<br />

Einspannen b<strong>es</strong>timmter L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen (solcher mit Wörtern, von denen ich weiß, daß sie das<br />

betreffende Kind gut kennt) an, daß <strong>die</strong>s nun ein "Rätsel" speziell für Michi oder Nermin ist.<br />

Die anderen Schüler haben im Laufe der Zeit gelernt, <strong>nicht</strong> vor<strong>zu</strong>rufen.<br />

Ömer und Bülent sind immer sehr angetan von dem Spiel und wissen viele Wörter, auch<br />

Birgit kann immer wieder richtige Wörter sagen. Philipp, der zahlreiche Wörter mit Hilfe von<br />

G<strong>es</strong>ten und (Laut)Zeichen ausdrücken kann, sammelt ebenfalls bei jedem Spiel einige<br />

L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen. Nermin kann <strong>zu</strong>mind<strong>es</strong>t MAMA l<strong>es</strong>en, so ist ihr auf jeden Fall ein Wort sicher,<br />

und bei dem lautstarken Benennen jed<strong>es</strong> einzelnen Buchstabens macht auch sie begeistert<br />

mit.<br />

Wenn auch <strong>die</strong> L<strong>es</strong>eleistung der Schüler durch das Spiel wenig Fortschritte macht und das<br />

Erkennen der Wörter oft <strong>zu</strong>m Rat<strong>es</strong>piel wird, so sehe ich doch das Erkennen und Benennen<br />

der einzelnen Buchstaben als gute Buchstabenübung an, <strong>zu</strong>mal <strong>es</strong> den Kindern viel Spaß<br />

macht.<br />

Für Barbara, <strong>die</strong> ihren Mitschülern im L<strong>es</strong>en weit überlegen ist, ist <strong>die</strong>se Übung natürlich ein<br />

Kinderspiel. Daher habe ich <strong>es</strong> bei <strong>die</strong>sem Spiel so eingerichtet, daß Barbara in <strong>die</strong><br />

Lehrerrolle schlüpfen darf. Dabei ist das Einfädeln der L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen das einzige, was ich tue.<br />

(Es ist nämlich gar <strong>nicht</strong> so einfach, den Streifen richtig durch <strong>die</strong> beiden Schlitze <strong>zu</strong> stecken,<br />

ohne daß <strong>die</strong> neugierigen Schüler das Bild darauf erkennen können.) Barbara zeigt sich als<br />

gewissenhafte Lehrerin: Sie achtet darauf, daß ihre Mitschüler aufmerksam auf den<br />

Bildschirm schauen, sobald dort das Augenpaar <strong>zu</strong> sehen ist, sie zieht den L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen nur<br />

dann weiter, wenn ihre Kollegen den Buchstaben richtig benannt haben und zeigt auch das<br />

jeweilige Bild erst dann, wenn das richtige Wort g<strong>es</strong>agt wurde.<br />

All <strong>die</strong>se Dinge <strong>zu</strong> beurteilen und vor allem richtig darauf <strong>zu</strong> reagieren ist für Barbara<br />

kein<strong>es</strong>wegs einfach, und d<strong>es</strong> öfteren muß ich sie fragen, ob der Buchstabe bzw. das Wort<br />

richtig benannt wurden, damit sie weiß, was sie <strong>zu</strong> tun hat.<br />

Das stückchenweise Weiterziehen d<strong>es</strong> Streifens erfordert Gefühl und fällt dem Mädchen<br />

<strong>nicht</strong> leicht. Trotzdem ist Barbara stolz, Lehrerin spielen <strong>zu</strong> dürfen und ich bin froh, auch sie<br />

mit <strong>die</strong>sem Spiel fordern <strong>zu</strong> können - wenn auch <strong>nicht</strong> im L<strong>es</strong>en.<br />

MATERIALIEN UND MASSE<br />

Kartonbild<br />

Das Kartonbild ist 50,5 cm lang und 20 cm breit.<br />

Auf der linken Hälfte d<strong>es</strong> Bild<strong>es</strong> befindet sich der Fernseher, d<strong>es</strong>sen Bildfläche 7,5 cm lang<br />

und 5,5 cm breit ist. Die beiden Schlitze sind gute 4 cm lang, ihr Abstand voneinander<br />

beträgt etwa 3 cm.<br />

Das Bild ist auf einen weißen, relativ dünnen Karton gezeichnet, der mit Plastikfolie<br />

überzogen ist. Für <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Spiel wählte ich einen <strong>nicht</strong> <strong>zu</strong> dicken Karton und klebte auch<br />

keinen zweiten dahinter, damit <strong>die</strong> L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen beim Durchziehen durch <strong>die</strong> beiden Schlitze<br />

<strong>nicht</strong> verbogen werden.<br />

L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen<br />

Die L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen sind je nach Wortlänge etwa 40 bis 45 cm lang, ihre Breite beträgt 4 cm. Am<br />

linken Ende jed<strong>es</strong> Streifens ist ein roter Pfeil aufgemalt; etwa 12 cm vom linken Ende


Seite 32<br />

entfernt habe ich das Augenpaar gezeichnet. Die Buchstaben sind gute 2 cm hoch, der<br />

Abstand zwischen den Buchstaben beträgt etwa 1,5 cm.<br />

Farben<br />

Bei <strong>die</strong>sem Spiel habe ich <strong>nicht</strong> nur alle Konturen, also <strong>die</strong> d<strong>es</strong> Fernsehers, <strong>die</strong> der Tiere und<br />

der Bilder auf den L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen, mit schwarzem Filzstift gezogen, sondern auch Teile der<br />

Tiere mit dem Stift schraffiert, z.B. <strong>die</strong> Flecken der Giraffe und <strong>die</strong> Streifen der Tigerkatze;<br />

auch das Augenpaar auf den L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen ist damit gezeichnet.<br />

Alle Flächen habe ich mit Buntstiften angemalt, der Hintergrund bleibt weiß.<br />

Für <strong>die</strong> Buchstaben auf den L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen habe ich schwarzen, dicken Edding-Stift und für <strong>die</strong><br />

Pfeile roten Edding-Stift verwendet.<br />

ERFAHRUNGEN IN DER PRAXIS - UND ANDERE MÖGLICHKEITEN,<br />

DAS MATERIAL ZU VERWENDEN<br />

Der L<strong>es</strong>efernseher ist bei meinen Schülern sehr beliebt, worüber ich mich sehr freue. Ich<br />

selbst bin ebenfalls mit der G<strong>es</strong>taltung und Ausführung d<strong>es</strong> Spiels sehr <strong>zu</strong>frieden.<br />

Dann und wann verwende ich <strong>die</strong> L<strong>es</strong><strong>es</strong>treifen auch ohne das große Kartonbild als Vorlage<br />

<strong>zu</strong>m Abschreiben für Ömer und Bülent. Da auf jedem Streifen gleich neben dem Wort das<br />

betreffende Bild gezeichnet ist, ist den Buben auch immer klar, was sie schreiben.<br />

Ich denke, so ein "Fernseher" kann sich auch für andere Unterrichtssituationen als<br />

praktisch<strong>es</strong> Hilfsmittel erweisen, z.B. mit Rechenaufgaben als Einstieg oder Zwischenübung<br />

einer Mathematikstunde. Wenn man weiß, daß man <strong>die</strong> Streifen nur kurzfristig braucht, kann<br />

man ja auch normal<strong>es</strong> Papier dafür verwenden und auf <strong>die</strong> Plastikfolie verzichten; dann ist<br />

eine rasche Herstellung der Streifen sicher kein Problem.


Seite 33<br />

STEHEN-SITZEN-LIEGEN<br />

Entstehungsjahr: Herbst 1996<br />

WIE ES ZUR ENTWICKLUNG DES SPIELS KAM<br />

Immer wieder bin ich auf der Suche nach lustbetonten Sprachübungen oder Sprachspielen,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Schüler da<strong>zu</strong> anregen, ganze Sätze <strong>zu</strong> sprechen. Einige einfache Satzschemata sind<br />

meine Schüler bereits gewöhnt, das sind Sätze wie: "Das ist...", "Ich habe...", "... ist im...",<br />

doch nun wollte ich mit meiner Klasse Sätze darüber üben, was jemand tut. Mir kam <strong>die</strong><br />

Idee, <strong>die</strong> drei Körperhaltungen stehen, sitzen und liegen für ein Sprachspiel <strong>zu</strong> verwenden.<br />

Ich stellte mir dafür Zeichnungen sitzender, stehender und liegender Figuren vor. Damit das<br />

Spiel eine Übungsfunktion hat, sind mehrere Figuren jeder Körperhaltung nötig.<br />

Die Figuren sollten sich auf einem Situationsbild tummeln, vorerst plante ich nur, ein Blatt<br />

Papier dafür <strong>zu</strong> nehmen. Nach einigen Überlegungen kam ich aber <strong>zu</strong> dem Entschluß, daß<br />

das Spiel mit seinen zahlreichen Figuren von der Arbeit her doch aufwendiger sein würde,<br />

als ursprünglich angenommen. Außerdem sollte das Bild klar und übersichtlich sein, und das<br />

ist nur möglich, wenn genügend Platz ist zwischen den einzelnen Figuren. Also wuchs meine<br />

Vorstellung von dem Blatt Papier, aus DIN A4 wurde DIN A3 und dann, so dachte ich, könne<br />

ich gleich ein Kartonplakat machen - und erst einmal mit PVC-Folie überzogen, wäre <strong>es</strong><br />

dann auch nahe<strong>zu</strong> unverwüstlich.<br />

KURZBESCHREIBUNG<br />

• Brettspiel<br />

• 2 - 6 <strong>Spiele</strong>r<br />

• Spielsteine in 6 verschiedenen Farben<br />

• Würfel mit Symbolen für stehen, sitzen und liegen<br />

• Lernziele: Die Schüler sollen anhand der Figuren auf dem Situationsbild und dem Würfel<br />

<strong>die</strong> drei Körperhaltungen stehen, sitzen und liegen erkennen, unterscheiden und<br />

benennen können sowie Sätze damit bilden können.<br />

Sie sollen <strong>die</strong> drei Körperhaltungen mit ihrem Körper nachmachen können.


Seite 34<br />

Das Situationsbild auf dem Spielbrett zeigt insg<strong>es</strong>amt 21 Figuren, von denen jeweils sieben<br />

sitzen, stehen und liegen. Es <strong>gibt</strong> Spielsteine in sechs verschiedenen Farben. Jeder <strong>Spiele</strong>r<br />

hat fünf Steine seiner Farbe vor sich liegen. Nun wird reihum gewürfelt und jeder <strong>Spiele</strong>r<br />

schaut, ob <strong>die</strong> Figur auf seinem Würfelbild steht, sitzt oder liegt. Er sucht eine Figur in<br />

gleicher Körperhaltung auf dem Situationsbild, erzählt in einem Satz, was das Schwein tut,<br />

und legt einen seiner Spielsteine darauf.<br />

Ist im Laufe d<strong>es</strong> Spiels dann ein Großteil der Figuren mit Spielsteinen b<strong>es</strong>etzt, so <strong>gibt</strong> <strong>es</strong><br />

zwar noch immer einige freie Figuren, aber <strong>nicht</strong> mehr in jeder Körperhaltung. Daher<br />

entscheidet dann das Würfelglück, wie viele seiner Spielsteine man noch auf das Spielbrett<br />

legen darf, denn wenn alle sieben Figuren der gewürfelten Körperhaltung bereits b<strong>es</strong>etzt<br />

sind, darf der nächste <strong>Spiele</strong>r sein Glück versuchen.<br />

Das Spiel ist <strong>zu</strong> Ende, wenn alle Figuren mit Spielsteinen bedeckt sind.<br />

ÜBERLEGUNGEN UND GEDANKEN ZU DEM SPIEL<br />

Das Spielbrett<br />

Längere Zeit überlegte ich, welche Art Figuren ich auf das Spielfeld stehend, sitzend und<br />

liegend zeichnen sollte. Bald war mir klar, daß <strong>es</strong> immer <strong>die</strong> gleiche Figur sein muß, damit<br />

sich <strong>die</strong> Kinder auf nur eine wechselnde Komponente, nämlich <strong>die</strong> Körperhaltungen,<br />

konzentrieren müssen und <strong>nicht</strong> auch noch auf <strong>die</strong> unterschiedlichen Namen der Figuren.<br />

Auf <strong>die</strong> Idee, ausgerechnet Schweine für mein Spiel <strong>zu</strong> verwenden, hat mich ein Cartoon von<br />

Uli Stein gebracht. Ich mag <strong>die</strong> Tierfiguren d<strong>es</strong> deutschen Cartoonisten sehr und habe daher<br />

seine Schweine als Anregung für meine Figuren genommen.<br />

Mein gezeichnet<strong>es</strong> Schwein habe ich Lilli genannt und so lauten <strong>die</strong> einfachsten<br />

Satzschemata: "Lilli steht"; "Lilli sitzt"; "Lilli liegt"<br />

Ich plazierte meine Schweine auf unterschiedlichen Untergrund, bzw. verschiedene Möbel,<br />

Spiel- oder Sportgeräte, um dadurch das Spiel inter<strong>es</strong>santer <strong>zu</strong> machen und den<br />

leistungsstärkeren Schülern Gelegenheit <strong>zu</strong> bieten, längere und komplexere Sätze <strong>zu</strong> bilden.<br />

Das sind Sätze wie: "Lilli sitzt auf dem Schaukelstuhl" oder "Lilli liegt auf der Luftmatratze".<br />

Auf <strong>die</strong>se Weise kann jed<strong>es</strong> Schwein eindeutig b<strong>es</strong>chrieben werden, denn <strong>es</strong> <strong>gibt</strong><br />

beispielsweise nur eine Zeichnung, <strong>die</strong> Lilli sitzend auf der Wi<strong>es</strong>e zeigt.<br />

Bei der Wahl der Untergründe, bzw. der Spiel-, Sportgeräte und Möbel, auf denen sich <strong>die</strong><br />

Schweine befinden, berücksichtigte ich den Erfahrungshintergrund meiner Schüler. Ich wollte<br />

den Kindern keine ihnen unbekannten Sachen vorsetzen. Dinge wie Sand, Wi<strong>es</strong>e, Mauer,<br />

Wagen, Brücke, Schaukel, Teppich und Zelt kennen sie gut, auch wenn sie sich manchmal<br />

ihre Namen <strong>nicht</strong> so gut merken können.<br />

Bei den Abbildungen der Schweine habe ich sehr darauf geachtet, daß vor allem ihre Beine<br />

immer gut <strong>zu</strong> sehen sind. Sie sollen also <strong>nicht</strong> verdeckt sein durch irgendwelche Dinge, denn<br />

dann wäre <strong>es</strong> sicher schwieriger <strong>zu</strong> unterscheiden, ob das Schwein sitzt oder steht. Aus<br />

<strong>die</strong>sem Grund zeichnete ich auch sämtliche sitzende Tiere im Profil, oder <strong>zu</strong>mind<strong>es</strong>t im<br />

Halbprofil. Die liegenden Schweine bekamen ganz bewußt weit offene Augen, damit <strong>die</strong><br />

Schüler liegen <strong>nicht</strong> so leicht mit schlafen verwechseln.<br />

Der Würfel<br />

Jeweils zwei Würfelseiten zeigen stehende, sitzende bzw. liegende Schweine. Ich stellte mir<br />

vor, daß <strong>die</strong> Schüler Probleme dabei haben könnten, <strong>die</strong> verschiedenen Körperhaltungen der<br />

Schweine auf den Würfelbildern <strong>zu</strong> unterscheiden. Vor allem das stehende Schwein wäre<br />

leicht mit dem liegenden <strong>zu</strong> verwechseln. Aus <strong>die</strong>sem Grund zeichnete ich auf dem Boden<br />

jeder Würfelseite eine Wi<strong>es</strong>e und oben eine Sonne.


Seite 35<br />

Obwohl bei <strong>die</strong>sem Würfel jeweils zwei Figuren stehen, sitzen und liegen, ist jede<br />

Würfelseite anders: Von den sitzenden und liegenden Schweinen schaut immer jeweils ein<strong>es</strong><br />

nach rechts und das andere nach links, während bei den stehenden ein<strong>es</strong> von vorn und das<br />

andere von hinten <strong>zu</strong> sehen ist.<br />

So wie ich das Spiel mit meiner Klasse verwende, kommen <strong>die</strong>se Unterschiede <strong>nicht</strong> <strong>zu</strong>m<br />

Tragen, und ich hätte genauso gut immer zwei Würfelbilder vollkommen gleich machen<br />

können. Ich wollte mir aber <strong>die</strong> Möglichkeit offen lassen, noch andere G<strong>es</strong>ichtspunkte<br />

mitein<strong>zu</strong>beziehen, sollte ich das Spiel einmal mit einer anderen Klasse spielen. In <strong>die</strong>sem<br />

Fall können <strong>die</strong> Begriffe rechts, links, vorne und hinten <strong>zu</strong>m Einsatz kommen.<br />

Wir nehmen selbst <strong>die</strong> verschiedenen Körperhaltungen ein<br />

Meistens spielen wir so, daß der <strong>Spiele</strong>r, der an der Reihe ist, <strong>die</strong> erwürfelte Körperhaltung<br />

<strong>zu</strong> benennen und auf dem Bild <strong>zu</strong> suchen, <strong>die</strong>se Haltung selbst kurz einnimmt und den<br />

anderen Schülern sagt, was er tut: "Ich stehe".<br />

Für manche meiner Schüler ist <strong>es</strong> nämlich gar <strong>nicht</strong> einfach, <strong>die</strong> drei Körperhaltungen auf<br />

dem Bild <strong>zu</strong> erkennen und richtig <strong>zu</strong> benennen. Zum einen liegt das möglicherweise daran,<br />

daß <strong>die</strong> Schüler Probleme dabei haben, sich <strong>die</strong> Wörter stehen, sitzen und liegen <strong>zu</strong> merken.<br />

Ich habe jedoch den Eindruck, daß <strong>die</strong>se Begriffe für meine schwerbehinderten Schüler sehr<br />

abstrakt bleiben, wenn sie sie nur auf Bildern sehen. Sie können <strong>es</strong> sich vielleicht gar <strong>nicht</strong><br />

vorstellen, welch<strong>es</strong> Körpergefühl sie beim Liegen hätten, solange sie sitzen. B<strong>es</strong>onders <strong>die</strong><br />

Schüler meiner Klasse, <strong>die</strong> unter einer Wahrnehmungsstörung leiden, spüren ihren Körper<br />

sicherlich anders als Menschen ohne <strong>die</strong>se Störung und haben daher in allen Bereichen, <strong>die</strong><br />

mit dem Spüren <strong>zu</strong>sammenhängen, Defizite. Gerade wahrnehmungsg<strong>es</strong>törte Menschen<br />

sollten immer wieder Gelegenheit da<strong>zu</strong> haben, Spürerfahrungen machen <strong>zu</strong> können und <strong>die</strong><br />

Koppelung <strong>die</strong>ser Empfindungen mit Bildern und der Klangg<strong>es</strong>talt der Wörter soll <strong>zu</strong>r<br />

Erfassung und Sicherung der Begriffe beitragen.<br />

Jeder Schüler nimmt also kurz seine erwürfelte Körperhaltung ein und sagt, was er tut.<br />

Hierbei ist mir wichtig, daß er von seinen Klassenkameraden gut g<strong>es</strong>ehen wird, d<strong>es</strong>halb<br />

stelle ich einige Meter neben dem Spieltisch einen S<strong>es</strong>sel auf. Hier wird das Sitzen<br />

demonstriert, das Liegen und Stehen wird auf dem Fußboden gezeigt. Die anderen Schüler<br />

sollen das vorzeigende Kind beobachten und seine Körperhaltung mit dem Würfelbild<br />

vergleichen. Manchmal frage ich auch ein<strong>es</strong> der <strong>zu</strong>schauenden Kinder: "Was macht Ömer?"<br />

- "Ömer liegt."<br />

Einigen Schülern meiner Klasse fällt <strong>es</strong> <strong>nicht</strong> leicht, <strong>die</strong> verschiedenen Körperhaltungen<br />

ein<strong>zu</strong>nehmen.<br />

Philipp, der <strong>die</strong> meiste Zeit im Rollstuhl sitzt, kann zwar aufstehen und kurze Strecken<br />

gehen, er kann sich aber <strong>nicht</strong> allein auf den Boden legen und wieder aufstehen. Dafür<br />

benötigt er viel Hilfe und Zeit und das würde den Rahmen d<strong>es</strong> Spiels sprengen. Philipp darf<br />

sich daher einen anderen Schüler aussuchen, der statt ihm das Liegen vorzeigt.<br />

Bei Nermin dauert <strong>es</strong> immer ein Weilchen, bis sie liegt und wieder steht, aber sie kann <strong>es</strong>, <strong>es</strong><br />

dauert <strong>nicht</strong> all<strong>zu</strong> lang und ich sehe <strong>es</strong> als gute Bewegungsübung für sie an. Nermin ist<br />

nämlich oft sehr träge, wenn sie <strong>nicht</strong> ausdrücklich aufgefordert wird, sich <strong>zu</strong> bewegen.<br />

Michi, der sowi<strong>es</strong>o einen sehr ausgeprägten Bewegungsdrang hat, tut <strong>es</strong> auch ganz gut,<br />

manchmal zwischendurch aufstehen <strong>zu</strong> dürfen.


Seite 36<br />

Nur selten zeigen <strong>die</strong> Schüler während der g<strong>es</strong>amten Spieldauer nach jedem Würfeln <strong>die</strong><br />

Körperhaltung vor, denn das würde - <strong>zu</strong>mind<strong>es</strong>t bei meinen Schülern - <strong>zu</strong> lange dauern und<br />

langweilig werden. Daher setze ich <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Nachspielen d<strong>es</strong> Würfelbild<strong>es</strong> meist nur während<br />

einiger Spielrunden ein, das bringt eine neue Komponenete ins Spiel und lockert <strong>es</strong> auf.<br />

MATERIALIEN UND MASSE<br />

Spielbrett<br />

Das Spielbrett ist 60,5 cm lang und 44,5 cm breit.<br />

Wie bei den anderen Spielbrettern habe ich auch bei <strong>die</strong>sem das Bild auf einen weißen<br />

Karton gemalt, einen zweiten Karton als Verstärkung dahintergeklebt, <strong>die</strong> Vorderseite mit<br />

Plastikfolie überzogen und <strong>die</strong> Kanten mit Gewebeband umklebt.<br />

Die Schweine haben eine Größe von etwa 5 - 7 cm. Absichtlich zeichnete ich sie ungefähr<br />

gleich hoch und paßte ihre Größe <strong>nicht</strong> den unterschiedlichen Entfernungen <strong>zu</strong>m Betrachter<br />

d<strong>es</strong> Bild<strong>es</strong> an, denn ich meine, daß <strong>es</strong> so für <strong>die</strong> Schüler ein einheitlicher<strong>es</strong> Bild <strong>gibt</strong>.<br />

Farben<br />

Im Nachhinein empfand ich <strong>die</strong> Lösung, vor allem große Flächen mit Buntstift an<strong>zu</strong>malen,<br />

wie ich <strong>es</strong> bei meinen ersten Brettspielen getan hatte, <strong>nicht</strong> als optimal. Schöner stellte ich<br />

mir Flächen vor, <strong>die</strong> mit Deckfarben angemalt wären.<br />

Ich zeichnete <strong>die</strong> Figuren mit Bleistift vor, zog sie mit schwarzem Filzstift nach und malte sie<br />

mit Deckfarbe an. Anschließend malte ich den Hintergrund rundherum, ebenfalls mit<br />

Deckfarben, und weil man dabei sehr genau arbeiten muß, dauerte das geraume Zeit.<br />

(In umgekehrter Reihenfolge wollte ich das Bild <strong>nicht</strong> malen, denn wenn erst einmal der<br />

Hintergrund mit Deckfarbe angemalt ist, ist <strong>es</strong> unmöglich, beim Vorzeichnen der Figuren<br />

einen falschen Bleistiftstrich weg<strong>zu</strong>ra<strong>die</strong>ren)<br />

Bei der Strukturierung von Flächen ging ich aber dann doch umgekehrt vor: Erst nachdem<br />

<strong>die</strong> Farbe von Mauer, Turm und Sandboden trocken war, zeichnete ich mit schwarzem<br />

Overhead-Stift <strong>die</strong> Ziegelsteine bzw. Sandkörner. Die mit Deckfarbe gemalten Flächen<br />

nahmen <strong>die</strong> Farbe d<strong>es</strong> Stift<strong>es</strong> teilweise sehr schlecht auf - erst beim zweiten oder dritten<br />

Drüberfahren -, b<strong>es</strong>ondere Schwierigkeiten hatte ich bei Stellen, wo ich mit viel Deckweiß<br />

gearbeitet hatte. Overhead-Stifte stellten sich dafür als noch am b<strong>es</strong>ten geeignet heraus, mit<br />

Filzstiften und Faserschreibern ging <strong>es</strong> noch weniger.<br />

Für das Malen dí<strong>es</strong><strong>es</strong> Spielbretts benötigte ich wohl doppelt so viel Zeit, wie ich für das<br />

Malen mit Bleistift gebraucht hätte; mit dem Ergebnis bin ich aber sehr <strong>zu</strong>frieden und nach<br />

meinem Empfinden hat sich der größere Aufwand durchaus gelohnt.<br />

Würfel<br />

Ich kaufte einen Holzwürfel mit 3 cm Seitenlänge, auf den ich mit wasserf<strong>es</strong>ten Overhead-<br />

Stiften <strong>die</strong> Schweine, Wi<strong>es</strong>en und Sonnen zeichnete. Leider verlief <strong>die</strong> Farbe teilweise ein<br />

wenig in <strong>die</strong> Maserung d<strong>es</strong> Holz<strong>es</strong>, aber man kann <strong>die</strong> Figuren nach wie vor gut erkennen.


Seite 37<br />

Spielsteine<br />

Für <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Spiel verwende ich "Muggelsteine", das sind runde, etwas gewölbte Spielsteine<br />

aus Plastik mit einem Durchm<strong>es</strong>ser von etwa 3 cm. Wir haben <strong>die</strong>se Steine in der Schule<br />

vorrätig, <strong>es</strong> <strong>gibt</strong> sie in sechs verschiedenen Farben (rot, blau, gelb, grün, schwarz, weiß),<br />

und weil sie <strong>nicht</strong> so flach wie Plättchen sind, können auch meine feinmotorisch<br />

ung<strong>es</strong>chickteren Schüler gut mit ihnen umgehen.<br />

DAS SPIEL-ENDE<br />

Das Spiel ist <strong>zu</strong> Ende, wenn auf jedem Schweinchen ein Spielstein liegt. Wir spielen dann<br />

meistens so, daß jeder <strong>Spiele</strong>r noch einmal seine Schweine zeigt; d.h. er nimmt einen seiner<br />

Spielsteine von einem Schwein, sagt den passenden Satz, z.B.: "Lilli sitzt", bzw. "Lilli sitzt auf<br />

der Mauer", und <strong>gibt</strong> den Stein in <strong>die</strong> Schachtel <strong>zu</strong>rück.<br />

Wenn <strong>die</strong> Schüler <strong>es</strong> wollen, kann man <strong>die</strong> Steine auch zählen, um so den Gewinner <strong>zu</strong><br />

ermitteln. Meine Schüler, <strong>die</strong> großteils <strong>nicht</strong> so weit zählen können, könnte ich anleiten, ihre<br />

Steine von den Schweinen <strong>zu</strong> nehmen, daraus eine Schlange <strong>zu</strong> legen und dann <strong>die</strong> Längen<br />

der Schlangen <strong>zu</strong> vergleichen. Die meisten meiner Schüler haben aber wenig Inter<strong>es</strong>se<br />

daran, weil sie nur Ansätze ein<strong>es</strong> Mengenbegriffs haben und mit dem Länger und Kürzer<br />

einer Schlange nehmen sie <strong>es</strong> <strong>nicht</strong> so genau.<br />

Was sie statt d<strong>es</strong>sen immer tun, ist, ihre übriggebliebenen Steine auf andere<br />

Bildgegenstände <strong>zu</strong> legen, auf <strong>die</strong> Sonne, <strong>die</strong> Wolken, <strong>die</strong> Bäume... Das war ihre eigene<br />

Idee und ich finde sie sehr nett.<br />

ZUSÄTZLICHES MATERIAL: BILDKÄRTCHEN<br />

Als ich bei der Herstellung d<strong>es</strong> Spiels gerade <strong>die</strong> Konturen der Schweine mit schwarzem<br />

Filzstift gezogen hatte, kam ich auf <strong>die</strong> Idee, das Bild Stück für Stück <strong>zu</strong> kopieren, um so <strong>die</strong><br />

Figuren vielleicht einmal anderwertig verwenden <strong>zu</strong> können.<br />

Nachdem ich das Schweinchenspiel bereits einige Zeit in Verwendung hatte, schnitt ich <strong>die</strong><br />

kopierten Schweine aus, malte sie, <strong>die</strong>smal mit Buntstiften, an und klebte sie je mit einem<br />

Stück PVC-Folie auf neutrale Spielkarten von Piatnik. Di<strong>es</strong>e Karten mit weißer Vorderseite<br />

kann man kiloweis und in unterschiedlichen Größen direkt bei der Firma Piatnik <strong>kaufen</strong>. Ich<br />

verwendete Karten in der Größe von 10 mal 6,5 cm. Die Kärtchen zeigen <strong>nicht</strong> nur <strong>die</strong><br />

Schweine, sondern auch den verschiedenen Untergrund, bzw. <strong>die</strong> Möbel, Spiel- und<br />

Sportgeräte, worauf sie sich befinden.<br />

Nermin mag <strong>die</strong>se Karten sehr gern. Es macht ihr Spaß, sie an<strong>zu</strong>sehen, <strong>die</strong> einzelnen<br />

Figuren auf dem Spielbrett <strong>zu</strong> suchen und <strong>die</strong> Karten darauf<strong>zu</strong>legen.<br />

Die Karten kamen auch schon, in Verbindung mit Zettelchen, worauf ich <strong>die</strong> Sätze<br />

g<strong>es</strong>chrieben hatte, als L<strong>es</strong>e- Zuordnungs- und Abschreibübung für Barbara, Bülent und<br />

Ömer in Einsatz.


Seite 38<br />

MENSCH ÄRGERE DICH NICHT<br />

Entstehungsjahr: Herbst 1996<br />

WIE ES ZUR ENTWICKLUNG DES SPIELS KAM<br />

Mehrere meiner Kollegen hatten mir erzählt, daß ihre Schüler in den Pausen leidenschaftlich<br />

gern Mensch ärgere dich <strong>nicht</strong> spielten. Ich dachte mir, daß <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Spiel vielleicht auch<br />

meinen Schülern Spaß machen könnte - wenn <strong>es</strong> auf ihr Leistungs <strong>zu</strong>g<strong>es</strong>chnitten wäre.<br />

Natürlich müßte da<strong>zu</strong> das Mensch ärgere dich <strong>nicht</strong>, wie <strong>es</strong> allgemein bekannt ist, stark<br />

verändert werden. Die charakteristischen Aspekte <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Spiels aber, daß jeder <strong>Spiele</strong>r<br />

seinen eigenen Start und sein Ziel hat und das Wichtigste, das Hinauswerfen der fremden<br />

Spielfigur, wenn man auf ein bereits b<strong>es</strong>etzt<strong>es</strong> Spielfeld kommt, wollte ich selbstverständlich<br />

beibehalten.<br />

Längere Zeit überlegte ich, wie ich das Spiel für meine Schüler möglichst einfach und<br />

verständlich aufbereiten könnte, auch <strong>die</strong> Planung d<strong>es</strong> Spielbretts bereitete mir einig<strong>es</strong><br />

Kopfzerbrechen. So spielte ich mit dem Gedanken, ein rund<strong>es</strong> oder sechseckig<strong>es</strong> Spielbrett<br />

an<strong>zu</strong>fertigen, auch kam mir <strong>die</strong> Idee, <strong>die</strong>smal Holz dafür <strong>zu</strong> verwenden. Schließlich entschied<br />

ich mich aber, der einfacheren Herstellung wegen, für ein quadratisch<strong>es</strong> Spielbrett und für<br />

<strong>die</strong> Verwendung von Karton.<br />

KURZBESCHREIBUNG<br />

• Brettspiel<br />

• Würfel mit 6 verschiedenen Symbolen<br />

• 1 Spielfigur pro <strong>Spiele</strong>r<br />

• 2 - 6 <strong>Spiele</strong>r<br />

• Lern- und Verhaltensziele: Die Schüler sollen <strong>die</strong> verschiedenen Symbole unterscheiden<br />

und <strong>zu</strong>ordnen können.<br />

Sie sollen mit dem Hinauswerfen anderer Spielfiguren, und vor allem mit dem<br />

Hinausgeworfen werden <strong>zu</strong>rechtkommen.<br />

Um ins Ziel <strong>zu</strong> kommen, muß jeder <strong>Spiele</strong>r mit seiner Spielfigur eine Runde auf dem<br />

Spielbrett <strong>zu</strong>rücklegen. Da viele meiner Schüler mit einem Augenwürfel <strong>nicht</strong> umgehen und<br />

<strong>nicht</strong> bis sechs zählen können, malte ich auf jed<strong>es</strong> Spielfeld, worauf <strong>die</strong> Spielfiguren ziehen,


Seite 39<br />

ein<strong>es</strong> von insg<strong>es</strong>amt sechs verschiedenen Symbolen. Die selben sechs Symbole sind auch<br />

auf <strong>die</strong> Würfelflächen gezeichnet.<br />

Es wird also reihum gewürfelt und jeder <strong>Spiele</strong>r zieht mit seinem Männchen bis <strong>zu</strong>m<br />

nächsten Feld, das das erwürfelte Symbol zeigt. Wie beim echten Mensch ärgere dich <strong>nicht</strong><br />

muß jede hinausgeworfene Spielfigur <strong>zu</strong>rück <strong>zu</strong>m Start, und wer <strong>zu</strong>erst seine Runde<br />

<strong>zu</strong>rückgelegt hat und das Ziel erreicht, ist Sieger.<br />

ÜBERLEGUNGEN UND GEDANKEN ZU DEM SPIEL<br />

Ich b<strong>es</strong>chloß, <strong>die</strong> Spielsituation ins Wasser <strong>zu</strong> verlegen, <strong>die</strong> einzelnen Spielfelder können so<br />

als Steine, <strong>die</strong> aus dem Wasser ragen, erklärt werden, und jede Spielfigur hüpft folglich von<br />

Stein <strong>zu</strong> Stein, bis sie das Ziel erreicht. Kommt ein Männchen auf ein bereits b<strong>es</strong>etzt<strong>es</strong><br />

Spielfeld, so ist klar ersichtlich, daß auf dem Stein nur Platz für einen ist und das<br />

hinausgeworfene Männchen <strong>zu</strong>rück "schwimmen" muß.<br />

Als Startplätze überlegte ich mir Dinge, <strong>die</strong> sich tatsächlich im Wasser befinden könnten:<br />

Boote, eine Luftmatratze, ein aufblasbar<strong>es</strong> Krokodil und eine kleine Insel. Jed<strong>es</strong> <strong>die</strong>ser<br />

insg<strong>es</strong>amt sechs Dinge ist in einer anderen Farbe angemalt und <strong>die</strong> Spielfiguren haben <strong>die</strong><br />

gleichen Farben (rot, blau, gelb, grün, schwarz und weiß). Die Boote und anderen<br />

Ausgangspunkte berühren je an einer Stelle ein Spielfeld um den Schülern <strong>zu</strong> zeigen, wo<br />

genau ihre Runde beginnt.<br />

Zu Spielbeginn machen wir <strong>es</strong> anders, als <strong>es</strong> <strong>die</strong> originalen Spielregeln d<strong>es</strong> Mensch ärgere<br />

dich <strong>nicht</strong> vorschreiben: Mit meinen Schülern spiele ich so, daß man, egal, was man würfelt,<br />

seinen Startplatz verlassen und seine Spielfigur auf das nächste Feld d<strong>es</strong> erwürfelten<br />

Symbols stellen darf, anstatt erst auf einen "Sechser", oder ein ander<strong>es</strong> b<strong>es</strong>timmt<strong>es</strong><br />

Würfelsymbol warten <strong>zu</strong> müssen.<br />

Di<strong>es</strong>e Regel kommt natürlich auch dann <strong>zu</strong>m Tragen, wenn eine Spielfigur hinausgeworfen<br />

wurde und so neuerlich den Start verlassen muß. Vor allem in <strong>die</strong>ser, sowi<strong>es</strong>o schon<br />

unangenehmen Situation, wäre <strong>es</strong> für meine Schüler sehr frustrierend, wenn sie<br />

möglicherweise mehrere Spielrunden lang darauf warten müßten, wieder ihren Weg<br />

beginnen <strong>zu</strong> können.<br />

Es sind sechs verschiedene Tiere, <strong>die</strong> ich auf <strong>die</strong> einzelnen Spielfelder und auf <strong>die</strong><br />

Würfelflächen gezeichnet habe: Einen Frosch, eine Schnecke, einen Hasen, einen Käfer,<br />

einen Igel und eine Schlange. Alle Tiere schauen in <strong>die</strong> Richtung, in <strong>die</strong> <strong>die</strong> Spielfiguren<br />

(weiter)ziehen sollen, das stellt eine Hilfe für <strong>die</strong> Schüler dar, <strong>die</strong> Laufrichtung ein<strong>zu</strong>halten.<br />

Wie beim echten Mensch ärgere dich <strong>nicht</strong> spielen wir, daß man noch einmal würfeln darf,<br />

wenn man ein b<strong>es</strong>timmt<strong>es</strong> Symbol gewürfelt hat. Di<strong>es</strong><strong>es</strong> Glückssymbol ist bei mir der Hase,<br />

mit der Begründung, daß er von allen sechs Tieren am schnellsten laufen kann, und so ist <strong>es</strong><br />

sicher leicht vorstellbar, daß man mit seiner Hilfe selbst auch schneller vorwärts kommt.<br />

Das Ziel ist eine große runde Insel in der Mitte d<strong>es</strong> Spielfeld<strong>es</strong>; auf ihr stehen sechs<br />

Elefanten, wieder in den gleichen Farben. Jeder <strong>die</strong>ser Dickhäuter berührt mit seinem Rüssel<br />

ein Spielfeld.<br />

Hat nun eine Spielfigur fast eine ganze Runde <strong>zu</strong>rückgelegt und das Feld, das der Elefant<br />

ihrer Farbe mit dem Rüssel berührt, erreicht, so darf sie den Elefantenrüssel hinaufklettern<br />

und von dort auf den Rücken d<strong>es</strong> Tier<strong>es</strong> steigen - und ist im Ziel.<br />

Wir spielen <strong>es</strong> so, daß man das Feld, auf dem man von seinem Elefant erwartet wird, <strong>nicht</strong><br />

direkt anwürfeln muß. Steht etwa ein Männchen kurz vor dem betreffenden Feld und der<br />

<strong>Spiele</strong>r würfelt ein Tiersymbol, das nach dem ersehnten Feld liegt, so darf das Männchen,


Seite 40<br />

sobald <strong>es</strong> bei seinem Hüpfen von Stein <strong>zu</strong> Stein auf <strong>die</strong>sem Feld landet, seinem Elefanten<br />

auf den Rücken klettern.<br />

Für meine Schüler habe ich <strong>die</strong>se Art von Mensch ärgere dich <strong>nicht</strong> so überlegt, daß jeder<br />

<strong>Spiele</strong>r nur eine Spielfigur hat. Ich bin mir sicher, daß <strong>es</strong> für <strong>die</strong> schwer behinderten Kinder<br />

viel <strong>zu</strong> komplex und unübersichtlich wäre, zeitweise zwei oder noch mehr eigene<br />

Spielfiguren im Spiel <strong>zu</strong> haben. Sie wären auch überfordert <strong>zu</strong> entscheiden, mit welcher<br />

Figur <strong>es</strong> am vorteilhaft<strong>es</strong>ten wäre, weiter<strong>zu</strong>ziehen.<br />

Da ich keine eigenen Plätze für <strong>die</strong> Spielfiguren in <strong>die</strong> Start- und Zielorte eingezeichnet habe,<br />

wie <strong>es</strong> beim originalen Mensch ärgere dich <strong>nicht</strong> der Fall ist, kann ich jederzeit mehrere<br />

Männchen pro <strong>Spiele</strong>r einsetzen. Das könnte inter<strong>es</strong>sant sein, falls ich das Spiel einmal für<br />

eine andere Klasse adaptieren will.<br />

MATERIALIEN UND MASSE<br />

Spielbrett<br />

Das Spielbrett ist quadratisch und hat eine Seitenlänge von 66 cm. Ich habe das Bild auf<br />

einen weißen Karton gemalt, einen zweiten, recht dicken Karton, dahintergeklebt, <strong>die</strong><br />

Vorderfläche mit PVC-Folie überzogen und <strong>die</strong> Kanten mit Gewebeband umklebt.<br />

Die Elefanteninsel in der Mitte d<strong>es</strong> Spielbretts hat einen Durchm<strong>es</strong>ser von etwa 37 cm, <strong>die</strong><br />

Elefanten haben eine Rückenhöhe von etwa 9 cm.<br />

Es sind 30 Felder, auf denen <strong>die</strong> Spielfiguren ziehen, und sie haben einen Durchm<strong>es</strong>ser von<br />

3,2 cm.<br />

Farben<br />

Das Spielbrett d<strong>es</strong> Elefantenspiels malte ich mit Deckfarben an. Da das Elefantenbild lang<br />

<strong>nicht</strong> so viele Bildelemente hat wie das Spiel bezüglich Stehen, Sitzen und Liegen, und somit<br />

großflächiger angemalt werden kann, empfand ich in <strong>die</strong>sem Fall das Malen mit Deckfarben<br />

als sehr angenehm.<br />

Die Konturen der großen Insel, der Elefanten, der Boote und anderen Ausgangspunkte d<strong>es</strong><br />

Spiels zeichnete ich mit schwarzem Overhead-Stift.<br />

Um beim Anmalen d<strong>es</strong> Wassers <strong>die</strong> Formen der Spielfelder <strong>nicht</strong> präzise aussparen <strong>zu</strong><br />

müssen, klebte ich weiße runde Aufkleber als Spielfelder auf. Die Konturen der Tiersymbole<br />

auf den Spielfeldern habe ich mit schwarzem Filzstift gezogen und <strong>die</strong> Tiere mit Buntstiften<br />

angemalt.<br />

Würfel<br />

Auch für <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Spiel verwende ich einen Holzwürfel mit 3 cm Seitenlänge. Die Tiersymbole<br />

zeichnete ich mit schwarzem wasserf<strong>es</strong>ten Overhead-Stift darauf.


Seite 41<br />

Spielfiguren<br />

Im Gegensatz <strong>zu</strong>m Farbspiel mit Leitern und Rutschen benötigte ich für mein Mensch ärgere<br />

dich <strong>nicht</strong> Spielfiguren, <strong>die</strong> sich durch ihre Farben unterscheiden. Wieder kaufte ich ca. vier<br />

cm hohe Holzfiguren, <strong>die</strong> ich mit G<strong>es</strong>icht, Haaren und je einem persönlichen Merkmal, wie<br />

etwa Aktentasche, Regenschirm, Rucksack und Schal, ausstattete. Wichtig war mir, daß <strong>die</strong><br />

Kleidung jed<strong>es</strong> Männchens einfärbig ist. Das weiße Männchen machte ich <strong>zu</strong> einem Bäcker,<br />

das schwarze <strong>zu</strong> einem Rauchfangkehrer.<br />

Die Spielfiguren malte ich mit Deckfarben an, <strong>die</strong> Konturen der Gegenstände, <strong>die</strong> sie bei sich<br />

haben, zog ich mit schwarzem wasserf<strong>es</strong>ten Overhead-Stift. Zum Schluß b<strong>es</strong>prühte ich <strong>die</strong><br />

Figuren mit Klarlack.<br />

ERFAHRUNGEN IN DER PRAXIS<br />

Im großen und ganzen bin ich mit der Planung und Ausführung d<strong>es</strong> Spiels sehr <strong>zu</strong>frieden<br />

und freue mich, daß meine Schüler <strong>es</strong> gerne spielen.<br />

Rundum betrachtbar:<br />

An dem Spiel gefällt mir sehr gut, daß alle <strong>Spiele</strong>r, <strong>die</strong> um das Spiel herumsitzen, sowohl<br />

ihren Startpunkt, als auch ihren Zielelefanten von der richtigen Seite sehen können.<br />

Beim <strong>Spiele</strong>n <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Mensch ärgere dich <strong>nicht</strong> war ich positiv überrascht <strong>zu</strong> sehen, daß<br />

meine Schüler keine <strong>zu</strong> großen Schwierigkeiten dabei haben, hinausgeworfen <strong>zu</strong> werden.<br />

Selbst Barbara, <strong>die</strong> bei ähnlichen Situationen eine recht geringe Frustrationstoleranz hat, ist<br />

d<strong>es</strong>wegen <strong>nicht</strong> in Tränen ausgebrochen.<br />

Eine Sache, <strong>die</strong> mich etwas stört, ist <strong>die</strong>, daß man, sobald eine Figur auf einem Spielfeld<br />

steht, das Tiersymbol <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Feld<strong>es</strong> kaum mehr erkennen kann. Für <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Problem fällt mir<br />

keine brauchbare Lösungsmöglichkeit ein, <strong>die</strong> einzige Idee, <strong>die</strong> ich hatte, nämlich <strong>die</strong><br />

Spielfeldränder farbig <strong>zu</strong> g<strong>es</strong>talten und jedem Tiersymbol eine Farbe <strong>zu</strong><strong>zu</strong>ordnen, fällt flach,<br />

da ich bereits sechs verschiedene Farben für Startpositionen, Zielorte und Spielfiguren<br />

einsetze, und wieder andere Farbco<strong>die</strong>rungen wären sicher <strong>zu</strong> verwirrend und<br />

unübersichtlich.<br />

Mit Absicht ordnete ich <strong>die</strong> Tiersymbole der Spielfelder in gleichbleibender Reihenfolge an.<br />

So kann man sich an den vorhergehenden oder nachfolgenden Tierreihen orientieren, wenn<br />

ein Feld durch ein Männchen abgedeckt ist. Di<strong>es</strong>en "Trick" kann ich aber meinen Schülern<br />

sicherlich <strong>nicht</strong> begreiflich machen, er ist <strong>zu</strong> komplex. Beim Spiel mit einer anderen Klasse<br />

könnte er jedoch hilfreich sein.


Seite 42<br />

3. TEIL<br />

BESCHREIBUNG DER<br />

UNTERRICHTSMATERIALIEN<br />

STUNDENPLAN<br />

- in Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Kurt Rammerstorfer<br />

Entstehungsjahr: Herbst 1994<br />

In allen anderen Kapiteln <strong>die</strong>ser Arbeit schreibe ich von meiner Klasse und meinen Schülern,<br />

als wäre ich der einzige Lehrer, der <strong>die</strong>se Klasse unterrichtet. In <strong>die</strong>sem Kapitel schreibe ich<br />

jedoch von uns Lehrern in der Mehrzahl und daher von unserer Klasse und unseren<br />

Schülern. Da<strong>zu</strong> entschied ich mich, weil der Stundenplan auch von meinen Kollegen<br />

verwendet wird, <strong>die</strong> anderen <strong>Spiele</strong> und Materialien hingegen ausschließlich von mir<br />

eing<strong>es</strong>etzt werden.<br />

WIE ES ZUR ENTWICKLUNG DES MATERIALS KAM<br />

Bereits in meinem ersten Dienstjahr hatte ich einen großen Stundenplan für meine Klasse<br />

herg<strong>es</strong>tellt, doch <strong>die</strong>ser war <strong>nicht</strong> auf Dauer einsetzbar. Ich hatte den Stundenplan auf einen<br />

großen Karton gezeichnet, <strong>die</strong> einzelnen Unterrichtsstunden waren durch Bilder und<br />

Stichworte charakterisiert. Der große Nachteil <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Stundenplans war, daß er nur ein<br />

Schuljahr lang verwendet werden konnte, auch konnten keine Stundenplanänderungen<br />

während d<strong>es</strong> Schuljahr<strong>es</strong> berücksichtigt werden. Aus <strong>die</strong>sen Gründen blieb <strong>die</strong>se Art<br />

Stundenplan eine einmalige Sache. In den folgenden Jahren bastelte ich keine<br />

Stundenpläne mehr und dachte auch <strong>nicht</strong> mehr darüber nach, bis mein Kollege Kurt im<br />

Herbst 94 das Thema wieder <strong>zu</strong>r Sprache brachte und - in Erinnerung an den alten<br />

Stundenplan - vorschlug, wieder einen neuen her<strong>zu</strong>stellen. Wir waren uns darüber einig, daß<br />

wir den neuen Stundenplan so entwerfen wollten, daß er jederzeit verändert werden kann.<br />

Dadurch könnte <strong>die</strong>ser Stundenplan viele Jahre hindurch verwendet werden und der größere<br />

Arbeitsaufwand würde sich lohnen.<br />

Es stand für uns außer Zweifel, daß der Bedarf ein<strong>es</strong> Stundenplans von Seiten der Schüler<br />

durchaus gegeben war. Mehrmals täglich wurden wir von unseren Schülern, hauptsächlich<br />

von Birgit, Ömer und Bülent, gefragt, ob wir an dem Tag turnen gehen, wann Zeit <strong>zu</strong>m<br />

Mittag<strong>es</strong>sen ist, welcher Lehrer <strong>die</strong> Nachmittagsbetreuung macht, usw.<br />

KURZBESCHREIBUNG<br />

Als System für unseren Stundenplan entschieden wir uns für ein Nagelbrett, an das man<br />

Lochkarten hängen kann. Jede Unterrichtsstunde ist auf einer Karte darg<strong>es</strong>tellt und ebenso<br />

jeder Wochentag. Die einzelnen Karten können jederzeit umgehängt, ausgetauscht oder,<br />

sollte im neuen Schuljahr ein neuer Unterrichtsgegenstand da<strong>zu</strong>kommen, durch neue Karten<br />

ergänzt werden.


Seite 43<br />

Die g<strong>es</strong>amte didaktische Planung d<strong>es</strong> Stundenplans erfolgte in Zusammenarbeit von<br />

meinem Kollegen Kurt und mir. Die Arbeitsaufteilung bezüglich der Herstellung d<strong>es</strong> Materials<br />

ergab sich von selbst: Kurt war für <strong>die</strong> Herstellung d<strong>es</strong> Nagelbretts <strong>zu</strong>ständig, ich für <strong>die</strong><br />

Bildkarten.<br />

ÜBERLEGUNGEN UND GEDANKEN ZU DEM MATERIAL<br />

Plan l<strong>es</strong>en<br />

Durch <strong>die</strong>sen Stundenplan wurden sicher viele unserer Schüler <strong>zu</strong>m ersten Mal in ihrem<br />

Leben mit einem, wenn auch recht einfachen, Plan konfrontiert. Kurt und mir gefiel der<br />

Gedanke, daß <strong>die</strong> Kinder mit Hilfe d<strong>es</strong> Stundenplans allmählich lernen können, einen<br />

einfachen Plan <strong>zu</strong> l<strong>es</strong>en.<br />

Die Zweidimensionalität d<strong>es</strong> Plans war für <strong>die</strong> Schüler vollkommen neu. Es war für sie <strong>nicht</strong><br />

einfach, <strong>zu</strong>erst am linken Rand d<strong>es</strong> Stundenplans den betreffenden Wochentag <strong>zu</strong> finden<br />

und dann eine Unterrichtsstunde nach der anderen an<strong>zu</strong>schauen, ohne dabei <strong>die</strong> "Zeile" <strong>zu</strong><br />

verlieren. Einige Schüler brauchen dabei nach wie vor <strong>die</strong> Hilfe ein<strong>es</strong> Lehrers, andere<br />

hingegen können sich mittlerweile ganz allein auf dem Plan orientieren.<br />

Um den Schülern das Zurechtfinden auf dem Stundenplan <strong>zu</strong> erleichtern, haben wir anfangs<br />

manchmal nur <strong>die</strong> Karten d<strong>es</strong> betreffenden Wochentag<strong>es</strong> aufgehängt und alle anderen<br />

heruntergenommen. Der Plan b<strong>es</strong>teht dann aus nur einer Zeile und <strong>die</strong> Kinder werden durch<br />

<strong>die</strong> anderen Karten <strong>nicht</strong> irritiert.<br />

Begriffsbildung<br />

Wenn wir Lehrer mit einem oder mehreren Schülern den Stundenplan l<strong>es</strong>en, verwenden wir<br />

meist ganz automatisch Begriffe wie vorher, nachher, <strong>zu</strong>erst, und dann. Di<strong>es</strong>e und ähnliche<br />

Wörter, <strong>die</strong> Zeitabläufe näher b<strong>es</strong>chreibenden, sind für meine Schüler sehr abstrakt und<br />

schwer verständlich. Der Stundenplan bietet sich als lebensnahe, <strong>die</strong> Schüler selbst<br />

betreffende Übung <strong>die</strong>ser Zusammenhänge gerade<strong>zu</strong> an; und da <strong>die</strong> Schüler wirklich wissen<br />

wollen, ob heute Turnen ist, fällt <strong>es</strong> ihnen leichter, sich auf <strong>die</strong>se Tätigkeit <strong>zu</strong> konzentrieren,<br />

als etwa auf eine Bildg<strong>es</strong>chichte, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Begriffe ebenfalls verdeutlichen könnte.<br />

Ganz selbstverständlich kommen auch <strong>die</strong> Begriffe Stunde, Tag und Woche immer wieder<br />

vor und werden den Schülern dadurch vertrauter, ebenso <strong>die</strong> Namen der Wochentage.<br />

Die Karten für <strong>die</strong> Unterrichtsstunden<br />

Die Bilder, <strong>die</strong> <strong>die</strong> einzelnen Unterrichtsstunden charakterisieren, sind relativ einfach<br />

gehalten. Ich bemühte mich, Gegenstände und Materialien ab<strong>zu</strong>bilden, <strong>die</strong> wir in den<br />

betreffenden Unterrichtsgegenständen vorwiegend verwenden. Das soll den Schülern helfen,<br />

<strong>die</strong> Bildkarten mit den tatsächlichen Unterrichtsstunden in Zusammenhang <strong>zu</strong> bringen. Um<br />

<strong>die</strong> Verknüpfung mit dem Wortbild <strong>zu</strong> ermöglichen, schrieb ich <strong>die</strong> von uns verwendeten<br />

Bezeichnungen der Unterrichtsstunden deutlich l<strong>es</strong>bar an den unteren Rand der Karten.


Seite 44<br />

Bei den Karten für Turnen und Schwimmen zeichnete ich <strong>die</strong> Turn- bzw. Schwimmbeutel<br />

da<strong>zu</strong>, damit <strong>die</strong> Kinder daran erinnert werden, <strong>die</strong>se Dinge mit in den Turnsaal oder <strong>die</strong><br />

Schwimmhalle <strong>zu</strong> nehmen.<br />

Wir b<strong>es</strong>chlossen, für <strong>die</strong> Karten der Nachmittagsstunden <strong>die</strong> Fotos der anw<strong>es</strong>enden Lehrer<br />

<strong>zu</strong> verwenden. Die Nachmittagsbetreuung läuft <strong>nicht</strong> so streng nach Plan wie <strong>die</strong><br />

Unterrichtsstunden am Vormittag. Was am Nachmittag gemacht wird, hängt stark vom<br />

Wetter ab und von den Arbeiten oder Basteleien, <strong>die</strong> noch vom Vormittag fertigg<strong>es</strong>tellt<br />

werden sollen. Unsere Schüler wollen vor allem wissen, welcher Lehrer am Nachmittag da<br />

ist, und so gefiel uns <strong>die</strong>se Lösung recht gut.<br />

Zusatzkarten: Pause<br />

Die einzige Pause, <strong>die</strong> wir während d<strong>es</strong> Vormittags machen, ist eine lange Eßpause nach<br />

der zweiten Unterrichtsstunde. Wir diskutierten lange, auf welche Weise wir <strong>die</strong>se für <strong>die</strong><br />

Schüler sehr wichtige Unterrichtsunterbrechung auf unserem Stundenplan anzeigen<br />

könnten. Schließlich entschieden wir uns, schmale dreieckige Karten mit der Aufschrift<br />

JAUSE und dem passenden Bild zwischen <strong>die</strong> zweite und dritte Unterrichtsstunden-Karte <strong>zu</strong><br />

hängen. So scheint <strong>die</strong> Pause im Stundenplan auf, und durch <strong>die</strong> schmale Form der Karten<br />

ist ersichtlich, daß sie kürzer ist als eine Unterrichtsstunde.<br />

Zusatzkarten: Religion<br />

In unserer Klasse <strong>gibt</strong> <strong>es</strong> keine einheitlichen Religionsstunden, statt d<strong>es</strong>sen werden <strong>die</strong><br />

Schüler von den katholischen bzw. islamischen Religionslehrern meist paarweise aus dem<br />

Unterricht geholt. Für <strong>die</strong>se Stunden benötigen wir daher eine Karte, <strong>die</strong> den normalen<br />

Unterrichtsgegenstand anzeigt, <strong>zu</strong>sätzlich aber noch eine Information darüber, welche<br />

Schüler <strong>zu</strong>r gleichen Zeit Religionsunterricht haben.<br />

Wir überlegten uns, kleine dreieckige Karten an <strong>die</strong> gleichen Nägel der betreffenden<br />

Stundenkarten <strong>zu</strong> hängen. So sind <strong>die</strong> kleinen Zusatzkarten ganz, und <strong>die</strong> quadratischen<br />

Karten der Unterrichtsstunden doch <strong>zu</strong>m Großteil sichtbar.<br />

Die dreieckigen Religions-Zusatz-Kärtchen zeigen eine Kirche bzw. eine Moschee und <strong>die</strong><br />

Namen der jeweiligen Schüler.<br />

Zusatzkarten: Therapie<br />

Einige Schüler unserer Klasse bekommen Physio- bzw. Sprachtherapie. Da <strong>es</strong> sowohl für<br />

<strong>die</strong> Kinder, als auch für uns Lehrer wichtig ist <strong>zu</strong> wissen, wann welch<strong>es</strong> Kind <strong>zu</strong>r Therapie<br />

geholt wird, wollten wir <strong>die</strong>sbezügliche Informationen auf unserem Stundenplan<br />

miteinbeziehen.<br />

Ebenso wie für <strong>die</strong> Religionsstunden verwenden wir auch hierfür flache, dreieckige Kärtchen,<br />

<strong>die</strong> wir, <strong>zu</strong>sammen mit der betreffenden Unterrichtsstunden-Karte aufhängen.<br />

Als Symbol für <strong>die</strong> Physiotherapie <strong>die</strong>nen uns zwei Füße, ein Mund ist das Zeichen für <strong>die</strong><br />

Sprachtherapie.<br />

Auf den Zusatzkarten für Therapie steht neben dem Therapi<strong>es</strong>ymbol auch der Name d<strong>es</strong><br />

betreffenden Schülers. Anfangs haben wir <strong>die</strong> Schülernamen direkt auf <strong>die</strong> Therapie- und<br />

Religionskarten g<strong>es</strong>chrieben. Da <strong>es</strong> aber immer wieder <strong>zu</strong> Änderungen der<br />

Schülerkombinationen kommt, sind wir da<strong>zu</strong> übergegangen, kleine bunte Aufkleber mit den


Seite 45<br />

Namen der Schüler auf den Plastikfolien-Über<strong>zu</strong>g der Kärtchen <strong>zu</strong> kleben. Die Pickerl lassen<br />

sich jederzeit ablösen und durch neue ersetzen.<br />

MATERIALIEN UND MASSE<br />

Brett<br />

Das Brett ist 106 cm lang, 62 cm breit und 1 cm dick.<br />

Kurt hat <strong>es</strong> lackiert und insg<strong>es</strong>amt 50 Nägel eing<strong>es</strong>chlagen: 5 Nägel <strong>zu</strong>m Aufhängen der<br />

Wochentagskarten, 40 für <strong>die</strong> Karten der Unterrichtsstunden und 5 <strong>zu</strong>r Bef<strong>es</strong>tigung der<br />

Pausenkarten.<br />

Karten<br />

Die Karten für <strong>die</strong> Wochentage und Unterrichtsstunden sind quadratisch und haben eine<br />

Seitenlänge von 10 cm.<br />

Die Pausenkarten sind dreieckig und spitz <strong>zu</strong>laufend und werden mit der langen Spitze nach<br />

unten aufgehängt. Die ebenfalls dreieckigen Karten für Religion und Therapie haben einen<br />

rechten Winkel und zeigen, wenn sie hängen, mit <strong>die</strong>sem Winkel nach unten.<br />

Sämtliche Karten sind aus weißem Karton und mit Plastikfolie überzogen. Mit einer<br />

gewöhnlichen Papierlochmaschine habe ich <strong>die</strong> Löcher in <strong>die</strong> Karten g<strong>es</strong>tanzt.<br />

Farben<br />

Für <strong>die</strong> Wörter und <strong>die</strong> Konturen der Bilder auf den Karten habe ich schwarzen<br />

Faserschreiber verwendet. Die Bilder sind mit Buntstiften angemalt. Die Fotos der Lehrer<br />

habe ich kopiert und <strong>die</strong> Kopien auf <strong>die</strong> Karten für den Nachmittagsunterricht geklebt.<br />

ERFAHRUNGEN IN DER PRAXIS<br />

Der Stundenplan ist bei uns nun bereits seit einigen Jahren im Einsatz, wir ergänzen ihn bei<br />

Bedarf mit neuen Unterrichtgegenstands-Karten und sind recht <strong>zu</strong>frieden mit <strong>die</strong>sem<br />

Material.<br />

Es ist gut, daß <strong>die</strong> Karten leicht auf<strong>zu</strong>hängen und herunter<strong>zu</strong>nehmen sind, so können das<br />

auch <strong>die</strong> feinmotorisch ung<strong>es</strong>chickteren Schüler unserer Klasse - mit etwas Mühe - und tun<br />

<strong>es</strong> gern. Für sie stellt das eine gute Übung der Auge-Hand-Koordination dar.<br />

Auch <strong>zu</strong>m Üben der Wochentage ließen wir <strong>die</strong> Schüler manchmal <strong>die</strong> Wochentags-Karten<br />

abnehmen und wieder in der richtigen Reihenfolge aufhängen.<br />

Wir werden zwar nach wie vor fast täglich von unseren Schülern danach gefragt, ob heute<br />

Turnen ist, welcher Lehrer <strong>die</strong> Nachmittagsbetreuung macht usw., aber nun verweisen wir<br />

<strong>die</strong> Kinder an den Stundenplan. Wenn nötig, helfen wir ihnen, sich darauf <strong>zu</strong> orientieren und<br />

<strong>die</strong> Antworten auf ihre Fragen heraus<strong>zu</strong>finden. Natürlich dauert das mitunter beträchtlich<br />

länger, als wenn wir den Schülern eine schnelle Antwort auf ihre Anfrage geben würden,<br />

aber wir meinen, daß beim Umgang mit dem Stundenplan viele für unsere Schüler wichtige<br />

Lernbereiche ang<strong>es</strong>prochen werden.


Entstehungsjahr: 1995<br />

Seite 46<br />

DAS RECHENGITTER<br />

WIE ES ZUM EINSATZ DES MATERIALS KAM UND<br />

KURZBESCHREIBUNG<br />

Die Idee, Plastikgitter, <strong>die</strong> normalerweise als Einlage der Küchenabwasch <strong>die</strong>nen, als<br />

Rechenmaterial <strong>zu</strong> verwenden, ist <strong>nicht</strong> neu. Auch ich wollte <strong>die</strong>se Gitter in meinem<br />

Mathematikunterricht einsetzen und überlegte, daß <strong>es</strong> ideal wäre, ein Material auf<strong>zu</strong>treiben,<br />

das möglichst genau in <strong>die</strong> Gitteröffnungen paßt. Mit Hilfe <strong>die</strong>ser Stecksteine könnte man,<br />

wenn sie in verschiedenen Farben verfügbar wären, Rechnungen darstellen oder Muster<br />

stecken.<br />

Ich hatte also ein Gitter gekauft, und nach einigem Stöbern in den Schulvorräten hatte ich<br />

das geeignete Steckmaterial gefunden: Quadratische Legosteine; sie lassen sich gut in <strong>die</strong><br />

Gitteröffnungen stecken und fallen auch dann <strong>nicht</strong> heraus, wenn man das Plastikgitter in <strong>die</strong><br />

Hand nimmt und von der Unterlage abhebt. Trotzdem kann man <strong>die</strong> Steine wieder mühelos<br />

aus den Gitterlöchern drücken. Die Farben der Steine sind intensiv und ansprechend, wir<br />

haben Legosteine in rot, weiß, gelb und blau.<br />

Alle meine Schüler schaffen <strong>es</strong>, Legosteine in <strong>die</strong> Löcher <strong>zu</strong> stecken und sie wieder<br />

heraus<strong>zu</strong>nehmen. Ich sehe bereits <strong>die</strong>se Tätigkeit, vor allem bei den Schülern mit Problemen<br />

in der Feinmotorik, als gute Übung d<strong>es</strong> Handg<strong>es</strong>chicks an.<br />

Mittlerweile habe ich mind<strong>es</strong>tens fünf <strong>die</strong>ser Plastikgitter gekauft und <strong>zu</strong> unterschiedlichsten<br />

Rechenhilfen zerschnitten. Mit einer gewöhnlichen Schere läßt sich das relativ weiche Plastik<br />

gut schneiden. Mit der Zeit fand ich eine ganze Reihe von Einsatzmöglichkeiten d<strong>es</strong><br />

Materials und so kann jeder meiner Schüler auf seinem Leistungsniveau gefördert werden.<br />

Zum gemeinsamen Arbeiten eignet sich <strong>die</strong>s<strong>es</strong> Unterrichtsmaterial in meiner Klasse auf<br />

Grund d<strong>es</strong> starken Leistungsgefäll<strong>es</strong> der Schüler jedoch nur bedingt.<br />

SO SETZE ICH DAS UNTERRICHTSMATERIAL EIN<br />

Muster<br />

Für das Stecken von Mustern setze ich quadratische Gitter verschiedener Größe ein.<br />

Die kleinen Gitter mit neun Löchern eignen sich gut <strong>zu</strong>m mehrmaligen Üben und<br />

Wiederholen ein<strong>es</strong> Musters.<br />

Auf <strong>die</strong>sem Foto sieht man, wie Birgit <strong>die</strong> Legosteine wieder aus dem Gitter herausdrückt.


Seite 47<br />

Auch <strong>zu</strong>m gemeinsamen Arbeiten im Gruppenverband verwende ich <strong>die</strong>se kleinen Gitter<br />

recht gern. Der Lehrer - oder ein Schüler - läßt sich ein Muster einfallen, das <strong>die</strong> anderen<br />

nachstecken sollen. Es ist wichtig, <strong>die</strong>se Übungen sprachlich <strong>zu</strong> begleiten, da <strong>die</strong> Schüler so<br />

automatisch mit Begriffen wie Ecke, Mitte, rundherum, oben, unten, rechts und links<br />

konfrontiert werden.<br />

Auch <strong>die</strong> großen Gitter kommen <strong>zu</strong>m Stecken von Mustern in Einsatz. Sie haben zehn mal<br />

zehn Löcher und lassen sich vielseitig verwenden. So machen Nermin und Birgit etwa<br />

einfache Streifenmuster, indem sie zeilenweise Steine der gleichen Farben verwenden, Birgit<br />

gelingt <strong>es</strong> manchmal auch, Schachbrettmuster <strong>zu</strong> stecken. Barbara und Ömer macht <strong>es</strong><br />

Spaß, schwierige vorgezeichnete Muster nach<strong>zu</strong>stecken oder sich gegenständliche<br />

Abbildungen einfallen <strong>zu</strong> lassen. Sind <strong>die</strong>se Muster oder Bilder b<strong>es</strong>onders gut gelungen,<br />

können sie auf ein kariert<strong>es</strong> Blatt übertragen werden.<br />

Di<strong>es</strong>e Gitter nutze ich auch für Symmetrieübungen, <strong>die</strong> Symmetrieachse kennzeichne ich<br />

dann mit Hilfe ein<strong>es</strong> Band<strong>es</strong>.<br />

Rhythmische Reihen<br />

Eine rhythmische Reihe ist eine Sequenz von Symbolen, Zeichen oder Elementen, <strong>die</strong>, sich<br />

ständig wiederholend, in eine Zeile gezeichnet, gelegt, g<strong>es</strong>tempelt, geklebt oder g<strong>es</strong>teckt<br />

wird. Nermin, Birgit und Philipp haben beim Schreiben und Legen von Buchstaben enorme<br />

Probleme mit der Einhaltung der L<strong>es</strong>erichtung und der Orientierung im Heft. Die Arbeit mit<br />

rhythmischen Reihen nimmt für sie einen zentralen Platz im Bereich der Kulturtechniken ein:<br />

"Somit ist das Bilden von Reihen eine ganz w<strong>es</strong>entliche Vorausset<strong>zu</strong>ng für das Erwerben<br />

von Kulturtechniken und daher ein wichtiger Lerninhalt" Doubek S.78<br />

Die Plastikgitter und Legosteine eignen sich gut für <strong>die</strong> Herstellung von rhythmischen<br />

Reihen. Ich habe <strong>die</strong> Gitter in Streifen und längere Schlangen g<strong>es</strong>chnitten und setze sie je


Seite 48<br />

nach verfügbarer Zeit und Durchhaltevermögen d<strong>es</strong> jeweiligen Schülers ein. (Bei Philipp<br />

dauert <strong>es</strong> oft 20 Minuten, bis er zehn Steine in <strong>die</strong> Gitterreihe g<strong>es</strong>teckt hat, Nermin ist in der<br />

gleichen Zeit mit einer langen Schlange fertig.) Natürlich variiert der Schwierigkeitsgrad der<br />

Sequenzen mit den unterschiedlichen Leistungsniveaus der Schüler.<br />

Die Doppelreihen bringen etwas Zweidimensionalität ins Spiel und bieten wieder andere<br />

G<strong>es</strong>taltungsmöglichkeiten.<br />

Bei der Arbeit mit rhythmischen Reihen ist unbedingt darauf <strong>zu</strong> achten, daß <strong>die</strong> L<strong>es</strong>erichtung<br />

eingehalten wird, daher sollen sie von links nach rechts aufgebaut werden!<br />

Zahldarstellungen<br />

Für Michi, der im Zahlenraum drei arbeitet, habe ich Plastikgitter in kleine Stücke<br />

g<strong>es</strong>chnitten, <strong>die</strong> ein, zwei, bzw. drei Löcher haben. Di<strong>es</strong><strong>es</strong> Bild zeigt Michi, der in alle Einser-<br />

Gitter gelbe, in alle Zweier-Gitter blaue und in alle Dreier-Gitter weiße Legosteine steckt.<br />

Die übrigen Zahlen bis zehn habe ich ebenfalls aus den Plastikgittern g<strong>es</strong>chnitten und in<br />

Kombination mit den Zehner-Gittern lassen sich so <strong>die</strong> Zahlen bis 20 darstellen. Gemäß der<br />

Born'schen oder Kühnel'schen Zahlenbilder sind <strong>die</strong> Elemente in Zweierreihen angeordnet.<br />

Was mir an der Zahldarstellung mit <strong>die</strong>sem Material b<strong>es</strong>onders gefällt, ist, daß <strong>die</strong> Schüler<br />

<strong>die</strong> Zahlen wirklich be-greifen können. Sie können <strong>die</strong> Zahlen angreifen und in <strong>die</strong> Hand<br />

nehmen, ohne daß <strong>die</strong> einzelnen Steine herausfallen.<br />

Die mit Gittern und Legosteinen abgebildeten Zahlen von eins bis zehn verwende ich auch<br />

gelegentlich für Tastübungen. Hierbei ist <strong>es</strong> ratsam, <strong>die</strong> Zahlen auf einen Tisch <strong>zu</strong> legen und


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mit einem Karton oder einem Tuch <strong>zu</strong> bedecken, denn wenn sie in einem Tastsack<br />

herumkugeln und von den tastenden Schülerhänden etwas grob angegriffen werden, können<br />

doch recht leicht Steine herausfallen.<br />

Rechnungen darstellen<br />

Das Material eignet sich sehr gut für <strong>die</strong> Darstellung von Rechnungen. Ömer und Bülent, <strong>die</strong><br />

beim Rechnen immer auf Veranschaulichung angewi<strong>es</strong>en sind, verwenden <strong>es</strong> häufig, um<br />

ihre Rechenaufgaben lösen <strong>zu</strong> können. Ich schreibe dann <strong>die</strong> Rechnungen bereits in den<br />

Farben der Legosteine (für weiße Steine verwende ich schwarz).<br />

Als 100er Tafel<br />

Das Plastikgitter mit den zehn mal zehn Löchern verwende ich auch als Zahlensuchübung<br />

für Barbara. Ich schreibe ihr einige Zahlen auf, deren Plätze sie auf dem 100er Raster<br />

suchen und mit Steinen markieren soll. Ganz ohne Anhaltspunkte kann sie sich auf dem<br />

leeren Gitter jedoch <strong>nicht</strong> <strong>zu</strong>rechtfinden. D<strong>es</strong>halb setze ich weiße Legofli<strong>es</strong>en ein, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

gleiche Größe wie <strong>die</strong> Steine haben. Sie sind flach und haben eine glatte Oberfläche. Auf<br />

<strong>die</strong>se Fli<strong>es</strong>en habe ich mit schwarzem Overhead-Stift <strong>die</strong> Zahlen 1, 10, 11, 20, 21 ... 91,100<br />

g<strong>es</strong>chrieben und jede Fli<strong>es</strong>e auf einen Legostein g<strong>es</strong>teckt. Noch bevor Barbara <strong>die</strong> erste<br />

Zahl ihrer Liste sucht, plaziert sie <strong>die</strong>se Markierungspunkte auf dem 100er Raster. Die<br />

Zahlen, deren Plätze Barbara suchen soll, setzt sie dann aus jeweils zwei Legosteinen und<br />

Fli<strong>es</strong>en, <strong>die</strong> halb so groß sind, wie <strong>die</strong> quadratischen Steine, <strong>die</strong> ich sonst einsetze,<br />

<strong>zu</strong>sammen. Auf <strong>die</strong>sen kleinen, rechteckigen Fli<strong>es</strong>en stehen <strong>die</strong> Zahlen von eins bis neun<br />

und so lassen sich beliebige Zahlen d<strong>es</strong> Zahlenraums 100 bilden.<br />

MATERIALIEN UND MASSE<br />

Ein Plastikgitter ist 29 mal 35 cm groß und hat 10 mal 12 Löcher. Es ist aus rotem, relativ<br />

weichem Plastik und läßt sich biegen und <strong>zu</strong>sammenrollen; daher b<strong>es</strong>teht keine Gefahr, daß<br />

<strong>es</strong> brechen könnte. Ebenso wie <strong>die</strong> Legosteine sind auch <strong>die</strong> Gitterlöcher quadratisch und<br />

haben eine Seitenlänge von 1,7 cm. Ein Legostein ist 1 cm hoch.


TIPS<br />

Seite 50<br />

Sollten Arbeiten, <strong>die</strong> mit <strong>die</strong>sem Material herg<strong>es</strong>tellt wurden, <strong>nicht</strong> gleich wieder zerlegt,<br />

sondern noch einige Zeit ausg<strong>es</strong>tellt werden, so kann man <strong>die</strong> Werke ganz leicht mit Hilfe<br />

von Stecknadeln an einer Pinnwand bef<strong>es</strong>tigen.<br />

Falls man Schüler in der Klasse hat, <strong>die</strong> Probleme dabei haben, <strong>die</strong> Legosteine in <strong>die</strong> Löcher<br />

<strong>zu</strong> stecken und wieder heraus<strong>zu</strong>bekommen, kann man immer zwei Steine aufeinander<br />

stecken; mit <strong>die</strong>sen doppelt so hohen Steinen können ung<strong>es</strong>chickte Schüler leichter<br />

umgehen.<br />

Man kann <strong>die</strong>se Doppelsteine aber auch als <strong>zu</strong>sätzlich<strong>es</strong> Unterscheidungsmerkmal beim<br />

Bau von rhythmischen Reihen oder Mustern einsetzen.


LITERATURLISTE<br />

Seite 51<br />

1. Andreas Fröhlich in "Ästhetisch<strong>es</strong> Spiel und Anregungsmaterial für Behinderte",<br />

herausgegeben vom Service Civil International; Skript Verlag 1992<br />

2. Andreas Flitner: "<strong>Spiele</strong>n - Lernen; Praxis und Deutung d<strong>es</strong> Kinderspiels", Verlag Piper<br />

1972<br />

3. Ulrich Baer: "Spielpraxis; eine Einführung in <strong>die</strong> Spielpädagogik", Kallmeyersche<br />

Verlagsbuchhandlung 1995<br />

4. Wolfgang Einsiedler: "Das Spiel der Kinder; Zur Pädagogik und Psychologie d<strong>es</strong><br />

Kinderspiels", Verlag Julius Klinkhardt 1991<br />

5. Lehrplan der Sonderschulen, Österreichischer Bund<strong>es</strong>verlag, Wien 1986<br />

6. "Zusammenspiel - Band 2: Sozial<strong>es</strong> Lernen über Bewegungs- Kreis- und Rollenspiele,<br />

herausgegeben vom Kultur<strong>die</strong>nst, postbus 19211; 3501, DE<br />

Utrecht 1994<br />

7. Carol Wilcox: "<strong>Spiele</strong> für körperbehinderte Kinder; ein praktischer Weg <strong>zu</strong>r Integration",<br />

Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH 1991<br />

8. Annemarie Doubek: "Elementarunterricht anders; neue Konzepte für den Einstieg in <strong>die</strong><br />

Kulturtechniken bei unterschiedlichen Vorausset<strong>zu</strong>ngen", Verlag modern<strong>es</strong> Lernen -<br />

Dortmund 1996

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