DURCHBLICK
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OHNE HAND AM STEUER<br />
Autonome Fahrzeuge drängen ins Rampenlicht. Das Lenkrad kontrolliert kein Mensch, sondern ein Computer –<br />
und er bedient Schaltung, Bremse und Gaspedal gleich mit. Die heiße Phase im Wettrennen von Autoherstellern,<br />
Software-Firmen und Zulieferern beginnt, es locken hohe Gewinne. Auch Anleger können profitieren.<br />
TEXT: Peter Weißenberg<br />
Foto: Volvo Car Group<br />
Der Asphalt flimmert in der amerikanischen<br />
Mittagshitze über dem<br />
Lee Roy Selmon Expressway. Die<br />
teilweise sechsspurige Autobahn verbindet<br />
Tampa in Florida mit seinen Außenbezirken,<br />
aber heute kriecht der Verkehr wieder<br />
einmal lähmend langsam. Anrollen, bremsen,<br />
lenken, Gas geben – die Verkehrslage<br />
nervt. Und der Fahrer? Der tippt ganz entspannt<br />
auf seinem Tablet.<br />
Am Lenkrad hat unterdessen Kollege<br />
Computer alles im Griff. 22 Sensoren<br />
wachen über Steuer, Gas und Bremse.<br />
Science-Fiction? Nein. Science-Fact – und<br />
zukunftsweisend. Denn wenn der Fahrer<br />
„in monotonen Situationen unterfordert<br />
oder in komplexen Situationen überfordert<br />
ist, kracht es besonders häufig“, sagt<br />
Ulrich Hackenberg, Audi-Vorstand für<br />
technische Entwicklung. Um die Fehlerquelle<br />
Mensch auszuschalten und das Auto<br />
in die ultimative Komfortzone zu verwandeln,<br />
schickt sein Team den selbstfahrenden<br />
A7 seit Monaten über den Expressway.<br />
Eine Person auf dem Fahrersitz, die im<br />
Notfall das Steuer übernehmen könnte,<br />
fünf Millionen US-Dollar Versicherungssumme<br />
und Hightech unterm Blech: Das<br />
reicht den Gesetzgebern in den Bundesstaaten<br />
Florida, Nevada und Kalifornien<br />
seit Kurzem aus, um schon heute das sogenannte<br />
autonome Fahren für öffentliche<br />
Straßen freizugeben. „Das selbstständige<br />
Fahren ist neben der Verbrauchsreduzierung<br />
und dem vernetzten Auto einer der<br />
Megatrends in diesem Markt“, weiß Senta<br />
Graf, Analystin bei der Deka. Die USA gilt<br />
dabei als Hochburg. Denn hier beschleunigen<br />
drei Faktoren die Entwicklung der<br />
neuen Technologien: extrem viel Verkehr,<br />
liberale Gesetze und Fortschrittsglauben.<br />
Der US-Marktforscher IHS prophezeit,<br />
dass bereits in zehn Jahren allein in den<br />
USA jährlich 230.000 Käufer einen Selbstfahrer<br />
anmelden. Die Technik ist größtenteils<br />
serienreif – halbautonome Helfer wie<br />
ABS, ESP, Lenkassistent oder Geschwin<br />
ALLES IM BLICK<br />
Ein zentrales Steuergerät für alle Assistenzsysteme sammelt die sensorischen<br />
Informationen und setzt sie in Lenk-, Brems- oder Beschleunigungsbefehle um.<br />
10<br />
1 Frontkamera<br />
2 Ultraschallsensoren<br />
seitlich<br />
3 Ultraschallsensoren<br />
vorn<br />
8<br />
4 Infrarotkamera<br />
7<br />
9<br />
2<br />
5 Frontradar-Sensoren<br />
6 Differenzial-GPS und<br />
3D-Kamerasystem vorn<br />
und hinten<br />
7 Heckradar-Sensoren<br />
8 Crash-Sensoren<br />
digkeits- und Abstandsregler sind Routine.<br />
„Die Revolution ist längst im Gange“, konstatiert<br />
die Münchener Managementberatung<br />
Berylls – und prognostiziert diesem<br />
Bereich bis 2035 einen Anteil bei den Neuzulassungen<br />
von etwa 20 Prozent.<br />
Auf dem Genfer Auto-Salon präsentierte<br />
Mercedes bereits eine E-Klasse, die<br />
den menschlichen Fahrer im Stop-and-go-<br />
Verkehr zum Beobachter macht. Und VW<br />
und Mazda demonstrieren mit ihren<br />
Quellen: Audi, Continental; eigene Recherche<br />
1<br />
3<br />
6<br />
4<br />
5<br />
9 Front-, Rückfahr- und<br />
Top-View-Kameras<br />
10 Ultraschallsensoren<br />
hinten<br />
fondsmagazin 1.2015