42 LESENSWERT Ende der Festpreise 3,49 € 0,49 € 6,99 € 3,99 € 2,19 € 1,49 € 3,99 € 2,49 € 1,49 € 2,49 € 3,99 € 2,49 € 4,49 € 2,89 € 2,49 € 2,19 € eines Tages das Bier vor einem Champions- League-Finale etwas mehr kostet als sonst. Aber das große Flattern kommt wohl erst noch – zumal sich die Preise nicht nur im Zeitverlauf verändern. Das Dynamic Pricing kennt als weitere Spielart die Variationen von Kunde zu Kunde. Statt ein Produkt, ein Preis gilt dann: ein Produkt, drei Interessenten, drei verschiedene Preise! Dieses Prinzip ist ebenfalls nicht neu, beim Kauf einer Einbauküche etwa einigt man sich fast immer individuell. Auch Rabattcoupons bescheren Einzelnen Preisvorteile. Doch bald könnten viel feinere Unterschiede gemacht werden, und zwar nicht immer zugunsten des Kunden. Wiederum ist die Onlinewirtschaft der Vorreiter dieser Entwicklung: Internetnutzer hinterlassen – meist unwissentlich – permanent Informationen, die Händlern 1,49 € 3,29 € 1,99 € 4,49 € 2,99 € 2,49 € Rückschlüsse erlauben, wie zahlungskräftig und interessiert sie an einem Produkt oder einer Dienstleistung sind. „Dazu reicht es schon, einfach nur im Web zu surfen“, sagt Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern. ANALYSE DER ONLINEKÄUFER Hat ein Tabletnutzer zum Beispiel das GPS aktiviert, kann der Onlinehändler erkennen, wo sich sein potenzieller Kunde befindet. Handelt es sich um eine Villenlage, ist er sicher spendabel, so der Rückschluss. Nutzt er noch dazu ein iPad, was sich ebenfalls feststellen lässt, umso besser. Denn von Apple-Nutzern weiß man aus Datenanalysen, dass sie kauffreudiger sind als andere. Und wenn diese Person dann zum dritten Mal auf der Shoppingseite nach Sportschuhen sucht (das verraten dem Verkäufer kleine Textdateien, sogenannte Cookies): Volltreffer, maximales Kaufinteresse, ein höherer Preis wird angezeigt! Klingt nach Science-Fiction? In einer Stichprobe hat Marketingprofessor Stahl festgestellt, dass Flüge von Frankfurt nach Wien auf einem iPad teurer angeboten wurden als zur selben Zeit auf einem Notebook. Immerhin erlebt er auch den umgekehrten Fall: „Wenn ich mich auf einem Hotelbuchungsportal mit meinen Kundendaten einlogge, bietet es mir bessere Preise als ohne Login.“ Eine Vielzahl an Kategorisierungen der Kunden hat im vergangenen Jahr auch eine Studie der Northeastern University in den USA mit mehr als 300 Testern gezeigt. Die Forscher prüften unter anderem Giganten wie Walmart und Expedia. Ergebnis: Je nach Kundenprofil landeten die Anfragen bei verschiedenen Servern, was unterschiedliche Preise zur Folge hatte. Nach welchen Kriterien dies geschah, blieb bisweilen schleierhaft – die Händler wollten zur Aufklärung nicht beitragen. Kein Wunder, sagt Stahl: „Wenn man so will, zahlt jeder einen anderen Preis für ein und dasselbe.“ Und zwar ohne es zu wissen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte die Sicherheitseinstellungen an seinem Rechner oder Mobilgerät hochfahren und regelmäßig die Cookies löschen. Mit offenen Karten hingegen spielt Kaiser’s seinen neuesten Preispoker. In Berlin testet die Supermarktkette die Extra-Karte, mit der Kunden auf sie zugeschnittene Angebotcoupons ausdrucken können. Sie müssen dafür keine persönlichen Daten hergeben, es reicht die Analyse der bisher gespeicherten Einkäufe. Der Rabatt wird nach wissenschaftlichen Erkenntnissen gerade so hoch gewählt, dass der Käufer motiviert ist zuzuschlagen – und dennoch genug Gewinn in der Kasse hängen bleibt. Offenbar geht die Rechnung auf, die Extra-Karte soll bald in weiteren Filialen erhältlich sein. fondsmagazin 1.2015
43 PERSÖNLICHE ANSICHTEN ZU VERÄNDERUNGEN BEMERKENSWERT „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde“ Henry Ford (1863–1947), Gründer der Ford Motor Company und Wegbereiter der Fließbandfertigung in der Autoindustrie Foto: dpa Picture-Alliance / CSU Archives/Everett fondsmagazin 1.2015