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DURCHBLICK

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Fotos: Niko Schmid-Burgk/jalag-syndication, privat<br />

hen die Deutschen mit 28,2 Prozent ablehnender<br />

gegenüber als US-Bürger (18 Prozent) und Briten<br />

(18,4 Prozent). Für die deutsche Gesellschaft scheint<br />

die Geldanlage nur ein Randthema zu sein.<br />

Am Sparwillen scheitert es keineswegs: Die durchschnittliche<br />

Sparquote in Deutschland zwischen 2008<br />

und 2012 liegt bei 11 Prozent und damit signifikant<br />

höher als in den USA (6 Prozent) und Großbritannien<br />

(2 Prozent). Doch die geringe Aktienquote hierzulande<br />

drückt auf die Rendite. Wenn dadurch der<br />

Vermögensaufbau misslingt, kann im Alter die Rente<br />

knapp werden. Die Autoren der Studie warnen vor<br />

„großen Herausforderungen für Rentensystem und<br />

Gesamtvermögensentwicklung“. Schlimmer noch: Da<br />

vor allem Menschen mit geringerem Einkommen und<br />

weniger Bildung lieber ein Sparbuch eröffnen, Vermögendere<br />

und besser Gebildete aber mehr Aktien<br />

oder Investmentfonds kaufen, werde sich die Schere<br />

zwischen Arm und Reich in Deutschland weiter öffnen,<br />

befürchten die Wissenschaftler.<br />

Interessant: 53 Prozent der deutschen Studienteilnehmer<br />

glauben, die Mentalität der Bevölkerung hemme<br />

Wertpapieranlagen. In Großbritannien und in den<br />

USA vertritt nur jeder Fünfte diese Ansicht. Zudem<br />

berichten die deutschen Medien selten über Wirtschaftsthemen<br />

und wenn, eher negativ: Als Schlagzeile<br />

dienen meist Skandale oder Schreckensmeldungen.<br />

Dass Investmentfonds ein gutes Instrument für<br />

die private Vorsorge sind, hat sich allerdings herumgesprochen.<br />

Sie schnitten bei der Frage nach geeigneten<br />

Produkten für den Vermögensaufbau am besten ab.<br />

31 Prozent nannten Fonds, nur 23 Prozent das Sparbuch.<br />

Warum die Deutschen aus dieser Erkenntnis<br />

keine Konsequenzen ziehen – dafür finden die Forscher<br />

gleich ein Bündel von Antworten: Da ist Furcht<br />

vor Verlusten und mangelnde Risikobereitschaft<br />

zu beobachten. Zudem fehle es an Erfahrung mit<br />

Aktien. Anders als die angelsächsischen Länder war<br />

unser Wirt schafts sys tem bislang nicht auf die Börse<br />

angewiesen. Die Unternehmen finanzierten sich über<br />

Banken, unsere Altersvorsorge kam vom Staat.<br />

Das wird in Zukunft nicht mehr funktionieren.<br />

Ein grundlegendes Umdenken sei nötig, lautet die<br />

Empfehlung der Studie. Zeit also für einen Tapetenwechsel<br />

im Sparbuchland Deutschland.<br />

Weitere Zahlen, Grafiken und Analysen zur Wertpapierkultur in<br />

Deutschland finden Sie auf www.fondsmagazin.de.<br />

KURZINTERVIEW<br />

„LANGSAM FINDET EIN<br />

UMDENKEN STATT“<br />

Jens Kleine<br />

Professor für Finanzdienstleistungen an der Steinbeis-Hochschule Berlin<br />

Ihre Studie zeigt: Die Deutschen sind Aktienmuffel. Glauben<br />

Sie, dass sich daran je etwas ändern wird?<br />

Wir sehen, dass mit den extrem niedrigen Zinsen langsam ein Umdenken<br />

stattfindet, aber die Wertpapierkultur wandelt sich nicht<br />

über Nacht. Das Ziel unserer Studie war es, ein Problembewusstsein<br />

zu schaffen und zu zeigen: Was sind die Konsequenzen, wenn<br />

sich das Anlageverhalten der Deutschen nicht ändert? Denn langfristig<br />

sind Wertpapieranlagen, trotz aller Krisen, die beste Option.<br />

Und was sind die Konsequenzen?<br />

Für den Einzelnen bedeutet die Börsenabstinenz im aktuellen<br />

Zinsumfeld, dass das angelegte Geld an Kaufkraft verlieren kann.<br />

Angesichts der zunehmenden Notwendigkeit zur privaten Altersvorsorge<br />

ist das von großer Bedeutung. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung<br />

entstehen dadurch auch Probleme für die Volkswirtschaft.<br />

Zum einen hat ein geringeres Vermögenswachstum national<br />

langfristig negative Auswirkungen auf die Wirtschaft. Zum anderen<br />

entstehen im internationalen Vergleich mit Ländern, deren<br />

Bürger „besser“ anlegen, Wettbewerbsnachteile.<br />

Sie sagen auch eine zunehmende Ungleichheit der Vermögen<br />

voraus, da die Wertpapierkultur bei den weniger gebildeten<br />

Bevölkerungsgruppen noch geringer ausgeprägt ist.<br />

Ja, je höher die Bildung, desto besser ist im Schnitt auch das Wissen<br />

über Kapitalanlagen. Hinzu kommt, dass die Finanzinstitute für<br />

kleine Vermögen vielfach kaum mehr Beratung anbieten können.<br />

Durch die veränderten regulatorischen Rahmenbedingungen ist<br />

der Aufwand für die Beratungsgespräche deutlich gestiegen. Dieser<br />

Kostenblock rechnet sich erst ab einer gewissen Anlagesumme.<br />

Sind diese strengen Regulierungen kontraproduktiv?<br />

Regulierung ist per se nicht schlecht, denn in der Regel ist sie eine<br />

Reaktion auf Fehlentwicklungen. Folglich muss nicht weniger<br />

reguliert werden, sondern nur besser, um einen sinnvollen Vermögensaufbau<br />

zu fördern.<br />

fondsmagazin 1.2015

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