wim – wir musizieren - Nordbayerischer Musikbund
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Vorzeichen richtig erkennen<br />
Bei einem großen Jubiläum blickt man normalerweise eher<br />
zurück auf das, was in den letzten Jahren und Jahrzehnten<br />
erreicht wurde. Aber es lohnt auch der Blick auf das, was vor<br />
uns liegt. Dabei kann der Rat von Antoine de Saint-Exupéry<br />
eine gute Richtung vorgeben. Denn der Autor des „Kleinen<br />
Prinzen“ rät in seinem Buch „Die Stadt in der Wüste“: „Die<br />
Zukunft soll man nicht voraussehen wollen, sondern möglich<br />
machen.“<br />
Vernetzte Räume für Bläsermusik<br />
Orte der Kommunikation haben sich in den letzten Jahren<br />
stark verändert. War noch vor einigen Jahrzehnten der Geburtsort<br />
auch der Ort, an dem man in der Freizeit aktiv war,<br />
so sind heute, durch die Zunahme an Mobilität und durch<br />
die elektronische Vernetzung, zahlreiche neue Räume hinzugekommen.<br />
So hat beispielsweise die Bedeutung des Internets<br />
bei Jugendlichen in den letzten Jahren sehr stark<br />
zugenommen. Im Jahr 2010 verfügten bereits 96 % (2002<br />
nur 66 %) der Jugendlichen zwischen 12 und 25 Jahren<br />
über einen Internetzugang. Zudem geben die Jugendlichen<br />
in diesem Alter an, dass das Surfen im Internet die häufigste<br />
Freizeitbeschäftigung mit durchschnittlich 13 Stunden in der<br />
Woche ist. Diese neuen Räume können auch von uns als Vereine<br />
und Verband genutzt werden. Sei es bei der ganz alltäglichen<br />
Kommunikation, aber auch für neue Projekte. Hierbei<br />
sind besonders auch Kooperationen und Projekte verschiedener<br />
Vereine in den Blick zu nehmen z. B. für gemeinsame<br />
Konzerte. Grundsätzlich dürfen <strong>wir</strong> nämlich feststellen, dass<br />
für Jugendliche der Verein (mit 47 %), neben dem Internet,<br />
der wichtigste Sozialraum in der Freizeit ist, in dem sie sich<br />
engagieren (2006 lag der Wert bei nur 40 %).<br />
Gemeinsam in die Zukunft<br />
Jeder zweite Deutsche ist heute bereits über 50 Jahre und<br />
diese Entwicklung <strong>wir</strong>d auch in absehbarer Zukunft noch zunehmen.<br />
Es gibt also immer weniger Kinder und Jugendliche<br />
in unserer Verbands- und Vereinsarbeit aber eine neue „50+<br />
Mehrheit“. Dies stellt uns bei unserer Arbeit vor die Herausforderung,<br />
die weniger werdenden jungen Musikerinnen und<br />
Musiker gut in die Vereine zu integrieren. Hierbei <strong>wir</strong>d es<br />
wohl darauf ankommen, in den Vereinen die verschiedenen<br />
Interessen zusammenzuführen, aber auch den jungen Musikerinnen<br />
und Musikern die Möglichkeit zu geben, mit anderen<br />
Kindern und Jugendlichen zu <strong>musizieren</strong>. Hier werden<br />
wahrscheinlich besonders gemeinsame Projekte z. B. auf<br />
Kreisebene gefragt sein. Zudem sagen Jugendliche (96 %),<br />
dass es für sie sehr wichtig ist, mit Menschen in Kontakt zu<br />
Zukunfts-musik<br />
sein, denen sie vertrauen können. Auch hier kann Vereinsarbeit<br />
einen positiven Beitrag leisten.<br />
Integration durch Musik<br />
Die Schere zwischen Arm und Reich geht in Deutschland<br />
immer weiter auseinander. Leider <strong>wir</strong>ken sich die sozialen<br />
Unterschiede bei Kindern besonders deutlich auf die Vereinsaktivität<br />
aus. So sind in Deutschland 89 % aller Kinder<br />
(von 8–12 J.) aus der sogenannten „Oberschicht“ in Vereinen,<br />
jedoch nur 47 % der Kinder aus der sogenannten „Unterschicht“.<br />
Auch Kinder mit Migrationshintergrund sind mit<br />
einer Differenz von 14 % seltener in Vereinen, als Kinder<br />
ohne Migrationshintergrund. Leider spitzt sich der Unterschied<br />
bei der Teilnahme an Musikgruppen noch zu. So sind<br />
nur 4 % (nur jedes 25. Kind) der Kinder aus der sogenannten<br />
„Unterschicht“ in Musikgruppen aktiv, jedoch 41 % aus<br />
der sogenannten „Oberschicht“ (jedes 2. bis 3. Kind). Genau<br />
hier können <strong>wir</strong> mit unserer Arbeit in der Zukunft einen guten<br />
Beitrag zur Verminderung dieser sozialen Unterschiede<br />
leisten. Es kann nicht sein, dass ein Kind ohne Musik aufwachsen<br />
muss, nur weil es in einer bestimmten Familie geboren<br />
wurde. Hier können Vereine, aber auch der Verband,<br />
durch gezielte Maßnahmen Veränderungen zum Positiven<br />
be<strong>wir</strong>ken. Zudem ist in diesem Bereich noch ein großes und<br />
weitgehend ungenutztes Potenzial für die musikalische Arbeit<br />
mit Kindern vorhanden.<br />
Als Verband können <strong>wir</strong> dennoch sehr positiv in die Zukunft<br />
blicken, denn das Interesse an Musik ist ungebrochen. Gerade<br />
bei Kindern zwischen 8–11 liegt das Musizieren (21 %)<br />
an zweiter Stelle der Freizeitaktivitäten. Jedoch gibt es für<br />
uns auch viel zu tun, um die richtigen Weichen zu stellen,<br />
damit auch in Zukunft Musik erklingen kann. Mit Franz Alt<br />
kann man daher zusammenfassend sagen: „Zukunft ist<br />
kein Schicksalsschlag, sondern die Folge der Entscheidungen,<br />
die <strong>wir</strong> heute treffen.“<br />
Roland Preußl<br />
Stellvertretender Bundesjugendgeschäftsführer<br />
Nordbayerische Bläserjugend e. V.<br />
Die Daten stammen aus folgenden Studien: Shell Deutschland Holding<br />
(Hg.), Jugend 2010. Eine pragmatische Generation behauptet sich,<br />
Frankfurt am Main 2010 und World Vision Deutschland e. V. (Hg.), Kinder in<br />
Deutschland 2007. 1. World Vision Kinderstudie, Frankfurt am Main 2007.