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The Red Bulletin Dezember 2014 - DE

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Ich verrate euch was, Leute:<br />

Technik<br />

macht euch vielleicht<br />

reich,<br />

aber<br />

niemals<br />

glücklich.<br />

Für mich ist Buddy der Größte. Ich bin ein<br />

Schulabbrecher aus Springfield, Virginia,<br />

ich habe keinen Abschluss und hatte kein<br />

Geld fürs College. Stattdessen habe ich<br />

in Jobs geschuftet, die harte körperliche<br />

Arbeit verlangten – und nebenbei Punkrock<br />

gespielt. Jetzt bin ich in der Rock<br />

and Roll Hall of Fame und plaudere mit<br />

dem Präsidenten der Vereinigten Staaten<br />

von Amerika über Musik. Das heißt nicht,<br />

dass ich so ein toller Kerl bin. Das heißt:<br />

Was ich erreicht habe, kann im Prinzip<br />

jeder erreichen.<br />

Verraten Sie uns, was man dafür tun<br />

muss.<br />

Die wichtigste Regel: Kümmere dich nicht<br />

um die Erwartungen anderer. Tu die Dinge<br />

so, wie du es selbst für richtig hältst.<br />

Das lässt sich durchziehen?<br />

Klar. Ich habe zum Beispiel keinen blassen<br />

Schimmer, wie man Regie führt. Ich mach<br />

es einfach, wie ich es für richtig halte.<br />

Dasselbe mache ich beim Schlagzeugspielen<br />

und beim Songschreiben. Ich bin<br />

mir sicher, dass das nach den Standards<br />

anderer Leute völlig daneben ist. Aber<br />

scheiß drauf. Das führt zu großen Sachen.<br />

Nur das!<br />

Haben Sie auch Präsident Obama den<br />

Tipp gegeben, auf die Meinung anderer<br />

zu scheißen?<br />

Ich glaube, er hat den beschissensten Job<br />

der Welt. An dem Tag, an dem ich ihn<br />

gesprochen habe, hatte er eine Pressekonferenz,<br />

bei der er ankündigte, mehr<br />

Truppen in den Irak zu schicken. Dann<br />

verlieh er eine Ehrenmedaille an einen<br />

Soldaten, der schlimm versehrt wurde,<br />

als er einen seiner Kameraden rettete.<br />

Dann hatte er noch die Wirtschaft und die<br />

internationalen Konflikte um die Ohren.<br />

Und dann saß er mit mir zusammen, um<br />

über Stevie Wonder zu reden.<br />

Also wird es vorerst keinen Präsident<br />

Grohl geben?<br />

Hahaha. Ich habe zu viel Blödsinn in<br />

meinem Leben gemacht, um je ein öffentliches<br />

Amt zu bekleiden. Und wer würde<br />

mich wählen?<br />

Mit der Brille, die Sie seit neuestem<br />

tragen, sehen Sie aber sehr seriös aus.<br />

Daran sieht man nur, dass ich alt werde.<br />

Ich bin taub, dumm und blind.<br />

Mit dem Weißen Haus wird’s also<br />

nichts, aber in die Rock and Roll Hall<br />

of Fame wurden Sie dieses Jahr aufgenommen<br />

– als Schlagzeuger von<br />

Nirvana. Warum habt ihr für den Auftritt<br />

bei der Zeremonie ausschließlich<br />

Sängerinnen aufgeboten?<br />

Weil Kurt Feminist war. Wir dachten nach,<br />

wer singen könnte. Und als jemand Joan<br />

Jett erwähnte, die First Lady des Rock ’n’<br />

Roll, war alles klar. Die finden wir alle toll.<br />

Dann war da noch der neuseeländische<br />

Jungstar Lorde …<br />

Lorde war meine Idee. Ihr Song „Royals“<br />

ist so etwas wie eine kleine Revolution –<br />

mitten in einem Haufen Pop-Bullshit.<br />

Sie nehmen sich ja kein Blatt vor den<br />

Mund, wenn es um Pop geht …<br />

… nicht um Pop im Allgemeinen. Um<br />

aktuelle amerikanische Popmusik. Die ist<br />

unglaublich trivial. Völlig bedeutungslos.<br />

Keine Substanz. Wenn der Nummer-eins-<br />

Hit in diesem Land von deinem Arsch<br />

handelt, haben wir ein verdammtes Problem.<br />

(Grohl bezieht sich auf „Anaconda“<br />

von Nicki Minaj; Anm.) Als ich „Royals“<br />

hörte, inmitten von all diesem Mist, dachte<br />

ich: „Gott sei Dank! Endlich jemand, der<br />

gegen den Strom schwimmt.“ Für mich ist<br />

das die Nirvana-Ästhetik. Es ist dasselbe<br />

wie damals, als wir populär wurden.<br />

Was ja auch für die Foo Fighters gilt<br />

– eine der letzten schweißtreibenden<br />

Rockbands in einer digitalisierten<br />

Welt …<br />

Leider wahr. Die Leute haben vergessen,<br />

was es heißt, richtig loszurocken. Weil sie<br />

zu viel vor dem Computer hocken. Weil<br />

sie die Technik für ein Wundermittel<br />

halten, das uns alle glücklich und reich<br />

macht. Aber ich verrate euch was, Leute:<br />

24 THE RED BULLETIN

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