Distanz
Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC Ausgabe 01/2012
Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC
Ausgabe 01/2012
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Öffentliche Verkehrsmittel<br />
werden zum<br />
mobilen Arbeitsplatz.<br />
Foto: Lukas Ilgner<br />
Entscheidend ist dabei weniger die Mentalität<br />
einer Nation als ihre Besiedelungsdichte.<br />
Thurner: „Wenn nur alle paar hundert Kilometer<br />
eine Stadt ist, steigt die Bereitschaft,<br />
größere <strong>Distanz</strong>en zurückzulegen. Eine berufliche<br />
Mobilität, wie wir sie aus Amerika kennen,<br />
wo sehr oft nicht nur gependelt, sondern für<br />
den Job komplett der Standort gewechselt<br />
wird, gibt es bei uns erst in den letzten Jahren.“<br />
Auf den Geschmack kommt die Generation<br />
Praktikum durch Studentenaustauschprogramme<br />
wie Erasmus – und auch hier wandelt sich<br />
unsere Wahrnehmung: Vor 20 Jahren bedurften<br />
Auslandssemester noch einer gewissen<br />
Rechtfertigung vor Verwandtschaft und<br />
Freundeskreis, heute muss man sich fast<br />
rechtfertigen, wenn man keines absolviert.<br />
KOPPLUNG VON ARBEIT<br />
UND ARBEITSWEG IST NEU<br />
„Ändert sich unser <strong>Distanz</strong>empfinden auch<br />
durch neue Medien?“, wollen wir wissen.<br />
„Stand früher die Fahrt mit all ihren Beschwernissen<br />
im Mittelpunkt, während sie<br />
heute, iPad und Netbook sei Dank, zusehends<br />
zur Nebentätigkeit wird?“ – Nein, meint die<br />
Forscherin. Schon der Landvermesser Sven<br />
Hedin hätte auf seinem Kamel immer gelesen,<br />
weil ihm die Reise durch die Steppe so langweilig<br />
war. Er hatte bloß noch keinen iPod,<br />
aber dass Reisen nicht Selbstzweck ist, ist<br />
nicht neu.<br />
Neu ist hingegen die Kopplung von Arbeit<br />
und Arbeitsweg: E-Mails in der Schnellbahn<br />
beantworten, den Präsentationen im Flieger<br />
den letzten Feinschliff verpassen. Wir erledigen<br />
das on the go! <strong>Distanz</strong>en werden so nicht nur<br />
schneller überwunden, sie werden auch effizient<br />
genutzt. Leerläufe sind out – bezahlt wird<br />
uns das allerdings nicht [siehe Info-Kasten,<br />
S. 22]. Warum tun wir’s uns dann an?<br />
Spätestens durch die Zwangspause, die der<br />
Eyjafjallajökull vor zwei Jahren der Überholspur-Gesellschaft<br />
verpasst hat, ist in Europa<br />
eine Art „Entschleunigungs-Diskurs“ entbrannt:<br />
Leben wir unnatürlich schnell?<br />
Kommt die Seele, in ihrem Kameltempo<br />
noch mit? Eine Studie der Stanford University<br />
prophezeit uns einen „Peak Travel“, analog<br />
zum „Peak Oil“. Demnach bremsen wir uns<br />
erstmals seit der Industrialisierung wieder<br />
ein wenig ein. Bis 2030 sollte das auch an<br />
geringeren Emissionen messbar werden.<br />
Warten wir’s ab. <br />
<strong>Distanz</strong><br />
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