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Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC Ausgabe 01/2012

Querspur: Das Zukunftsmagazin des ÖAMTC
Ausgabe 01/2012

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Wegemuster<br />

durch<br />

die Stadt<br />

FRAUEN LEGEN KOMPLEXERE STRECKEN ZURÜCK ALS MÄNNER.<br />

UND: EINHEIMISCHE KOMMEN PRO TAG AUF DURCHSCHNITTLICH<br />

12.000 METER STRECKE, MIGRANTEN HINGEGEN NUR AUF 8000.<br />

DIE SOZIOLOGIN ELLI SCAMBOR UND DER MEDIENKÜNSTLER FRÄNK ZIMMER<br />

UNTERSUCHTEN UND VISUALISIERTEN DIE ALLTAGSWEGE<br />

DER GRAZER BEVÖLKERUNG.<br />

Das Gespräch führte Ruth Reitmeier<br />

Frau Scambor, Sie leben in Graz, Sie<br />

sind Soziologin. Gibt es Erkenntnisse<br />

dieser Studie, die Sie dennoch richtig<br />

überrascht haben?<br />

Ja. Eine Sache war, dass sich die<br />

Mobilitäten von Männern und<br />

Frauen mit Kindern unter 14 Jahren<br />

so stark voneinander unterscheiden.<br />

Natürlich wissen wir, dass die Arbeitsteilungsmodelle<br />

in Österreich so<br />

aussehen, dass hauptsächlich Männer<br />

einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehen,<br />

und Frauen Teilzeit arbeiten<br />

und die Kinderbetreuung übernehmen.<br />

Wir hatten jedoch erwartet,<br />

dass sich in einer Stadt dieser Größe<br />

eine höhere Komplexität zeigen<br />

würde.<br />

Es hat sich jedenfalls gezeigt, dass<br />

an dem Vorurteil, dass Frauen<br />

nicht mobil seien, nichts dran ist.<br />

Richtig. Frauen sind hochmobil.<br />

Und Frauen mit Kindern unter 14<br />

weisen die komplexesten Mobilitäten<br />

von allen auf. Frauen und Mädchen<br />

werden ja für zwei Lebensbereiche<br />

sozialisiert, für die Erwerbsarbeit und<br />

für die Familie. Männer hingegen werden<br />

haupt sächlich für die Erwerbsarbeit<br />

sozia lisiert. Die Frage war also,<br />

ob sich dies in den Mobilitäten der<br />

Menschen zeigt. Nun, es zeigt sich,<br />

sobald Kinder da sind. Bei den Männern<br />

bleibt die Mobilität im Prinzip<br />

gleich. Die der Mütter hingegen wird<br />

viel komplexer und entspricht dieser<br />

doppelten Eingebundenheit in die<br />

Gesellschaft. Da werden viele Orte miteinander<br />

verknüpft, und viele dieser<br />

Punkte auf dem Weg verweisen auf<br />

die Familienarbeit: Das beginnt damit,<br />

dass Frauen morgens die Kinder<br />

in den Kindergarten oder in die Schule<br />

bringen, dann gehen sie arbeiten. Mittags<br />

werden die Kinder wieder abgeholt.<br />

Nachmittags geht es dann zum<br />

Flötenunterricht, zum Spielplatz, zum<br />

Supermarkt.<br />

Wenn man sich diese Muster ansieht,<br />

ist das „andere Geschlecht“ nicht die<br />

Frau, sondern die Mutter. Denn die<br />

Mobilität von Frauen ohne Kinder<br />

unterscheidet sich ja kaum von<br />

jenen der Männer.<br />

Erwerbstätige Frauen ohne Kinder<br />

haben entsprechend einfache Wege,<br />

ähnlich wie Männer.<br />

Gab es denn keine neuen Väter<br />

im Sample?<br />

Doch, die gab es. Wenn man die Daten<br />

im Detail ansieht, zeigt sich, dass<br />

vor allem Väter mit höherer Bildung<br />

komplexere Mobilität und Wegeketten<br />

haben als etwa Väter mit niedrigem<br />

Bildungsniveau. Es sind aber<br />

nicht sehr viele und über die gesamte<br />

Stichprobe von 1650 Menschen gerechnet,<br />

verschwinden sie.<br />

Denken Sie, dass etwa in Uppsala die<br />

Mobilitätsmuster von Eltern mit Kindern<br />

anders aussehen?<br />

Ich denke schon, dass die Mobilitäten<br />

in Ländern wie Schweden anders aus -<br />

sehen, weil ja auch die Arbeitsteilungsmodelle<br />

einer gerechten Aufteilung<br />

von Erwerbsarbeit und Familienarbeit<br />

entsprechen.<br />

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