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Das Regionale Patientenmagazin - Pieks 06/2015

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DAS REGIONALE PATIENTENMAGAZIN | WISSEN Seite 12<br />

Batterie mit Flügeln<br />

Auf dem Reißbrett nimmt das Elektroflugzeug Gestalt an – 2035 sollen Passagiermaschinen fliegen<br />

Mit viel Enthusiasmus basteln<br />

Ingenieure heute an<br />

Elektroflugzeugen. Doch die<br />

Herausforderungen sind immens.<br />

Wenn alles klappt,<br />

könnten in zwei Jahrzehnten<br />

erste Regionaljets mit 60<br />

Passagieren abheben.<br />

Nachdem der Elektroantrieb<br />

am Boden Fuß gefasst hat,<br />

soll er nun auch die Lüfte erobern.<br />

Ähnlich wie beim Auto<br />

stehen die Ingenieuren vor<br />

der Herausforderung, den<br />

Flug verbrauchsarm, emissionsfrei<br />

und leise zu gestalten.<br />

Gerade Letzteres hat seinen<br />

Charme. „<strong>Das</strong> Nachtflugverbot<br />

könnte fallen“, schwärmt<br />

Walter Schoefer, Geschäftsführer<br />

des Flughafens Stuttgart.<br />

Doch das kann noch<br />

dauern. Frühestens 2035 sollen<br />

nach den Szenarien von<br />

Flugzeugbauern wie Airbus<br />

oder Zulieferern wie Siemens<br />

größere Maschinen elektrisch<br />

fliegen. Dennoch<br />

herrscht in der Forscherszene<br />

Aufbruchstimmung.<br />

1000 Kilometer<br />

Reichweite<br />

Zum ersten europäischen<br />

Symposium zum elektrischen<br />

Fliegen versammelten<br />

sich am Flughafen Stuttgart<br />

kürzlich rund hundert<br />

Pioniere des Elektrofluges.<br />

Ingenieure wie Josef Kallo<br />

vom Deutschen Zentrum für<br />

Luft- und Raumfahrt und<br />

Len Schumann vom Institut<br />

für Flugzeugbau der Uni<br />

Stuttgart wollen mehr erreichen<br />

als Bertrand Piccard,<br />

der mit seinem experimentellen<br />

Elektroflugzeug mit<br />

durchschnittlich 70 Kilometern<br />

pro Stunde um die Welt<br />

segelt. In drei Jahren soll eine<br />

Elektromaschine zwei bis<br />

vier Personen nonstop über<br />

eine Strecke von 1000 Kilometern<br />

transportieren können,<br />

hat Airbusmanager Detlef<br />

Müller-Wiesner angekündigt.<br />

Airbus plant 2017 eine<br />

So sieht ein Modell eines elektrisch angetriebenen Flugzeugs des Deutschen Zentrums für<br />

Luft- und Raumfahrt aus.<br />

Grafik: DLR<br />

Kleinserie (50 pro Jahr) eines<br />

Zweisitzers mit reinem<br />

Elektroantrieb und eines<br />

Viersitzers mit Elektro- plus<br />

Verbrennungsmotor. Auch<br />

Josef Kallo hat einen Viersitzer<br />

auf dem Reißbrett.<br />

1000 Kilometer in zwei bis<br />

vier Flugstunden zu überwinden,<br />

ist aus heutiger Sicht<br />

für die Elektrofliegerei rekordverdächtig.<br />

Flugzeugund<br />

Autoingenieure müssten<br />

sich eigentlich derzeit bestens<br />

verstehen. Die Probleme,<br />

mit denen sie zu kämpfen<br />

haben, ähneln sich frappierend.<br />

Die Batterien sind<br />

zu schwach, zu schwer und zu<br />

teuer. Auf einem Standardflug<br />

braucht ein Mittelstreckenflugzeug<br />

wie der Airbus<br />

A319 rund 30 Kilogramm Kerosin<br />

pro Person. Voll elektrisch<br />

müsste er pro Person eine<br />

Tonne Batterien mitschleppen,<br />

so Peter Rostek<br />

von Airbus in Hamburg. Wie<br />

soll der Antrieb des Flugzeugs<br />

der Zukunft aussehen?<br />

Rein elektrisch über eine<br />

Batterie, mit Strom aus der<br />

Brennstoffzelle, hybrid als<br />

Elektro-plus Verbrennungsmotor?<br />

Ingenieur Kallo gibt<br />

diese Prognose: Kleine und<br />

mittelgroße Flugzeuge könnten<br />

vollelektrisch fliegen, 40-<br />

bis 60-Sitzer mit Hybridantrieb.<br />

Hersteller wie Airbus<br />

und Zulieferer für Elektrik<br />

und E-Motoren wie Siemens<br />

forschen derzeit an 60- bis<br />

90-sitzigen elektrischen Regionaljets<br />

fürs Jahr 2035.<br />

Renaissance<br />

des Propellers<br />

Der slowenische Flugzeugbauer<br />

Pipistrel hat bereits einen<br />

ultraleichten Elektroflieger<br />

zur Serienreife gebracht.<br />

„Die Flugzeit beträgt 45 bis<br />

60 Minuten mit einer Reserve<br />

von 30 Minuten“, erklärt<br />

Tine Tomacic von Pipistrel.<br />

Auch der von Airbus bald<br />

produzierte E-Fan zielt zunächst<br />

auf Flugschulen. Die<br />

Flugzeiten des Modells liegen<br />

ebenfalls bei 45 bis 60<br />

Minuten, die Geschwindigkeit<br />

soll 160 km/h betragen.<br />

„<strong>Das</strong> ist für uns zunächst eine<br />

Testflotte, um auch die Zertifizierung<br />

größerer Flugzeuge<br />

anzustoßen“, erläutert Müller-Wiesner.<br />

Und schließlich<br />

gehe es auch um die Passagiere:<br />

„Man muss die Menschen<br />

daran gewöhnen, elektrisch<br />

zu fliegen.“<br />

Die Elektromobilität der<br />

Luftfahrt könnte ein Comeback<br />

des klassischen Propellers<br />

bringen, da ein kompakter<br />

Elektromotor mehr Möglichkeiten<br />

beim Einbau lässt.<br />

Beim elektrischen Motorsegler<br />

e-Genius, einem Konzeptflugzeug<br />

des Instituts für<br />

Flugzeugbau der Universität<br />

Stuttgart, arbeitet der Propeller<br />

beispielsweise vor dem<br />

Heckleitwerk. „Die Luft kann<br />

dadurch den Propeller besser<br />

an- und dann weiterströmen“,<br />

erklärt Martin Hepperle<br />

vom DLR in Braunschweig.<br />

„Wir müssen uns auch darauf<br />

einstellen, dass Flugzeuge<br />

in Zukunft anders aussehen“,<br />

sagt Len Schumann von<br />

der Universität Stuttgart. Ein<br />

Beispiel zeigt Mark Moore<br />

von der Weltraumbehörde<br />

Nasa. Der Ingenieur verteilt<br />

zum Beispiel bis zu 18 Elektromotoren<br />

und Propeller<br />

über die gesamte Spannweite<br />

eines Flugzeugflügels und<br />

kann so den Schub exakt dosieren.<br />

Konventionelle Düsentriebwerke<br />

sind dagegen<br />

auf die besonders energiezehrenden<br />

Start- und Aufstiegsphasen<br />

ausgelegt. Für<br />

den Reiseflug sind diese Aggregate<br />

überdimensioniert.<br />

Mark Moore will die nicht benötigten<br />

Elektromotoren im<br />

Flug abschalten oder in den<br />

Flügel einziehen. <strong>Das</strong> erhöht<br />

die Effizienz. Während der<br />

Reisephase reichten dann die<br />

Elektromotoren an den Flügelspitzen<br />

für den Antrieb.<br />

Martin Schäfer

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