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R atloses<br />
Kopfschütteln war wohl<br />
die häufigste Reaktion der ver-<br />
gangenen Tage auf den Entwurf<br />
niederländischer Politiker: Um die<br />
im Jahr 2009 beschlossene E-Privacy-<br />
Richtlinie der EU in nationales Recht<br />
umzusetzen, schossen die holländischen<br />
Parlamentarier weit am Ziel<br />
vorbei und sprachen sich Ende Juni<br />
für ein Opt-in beim Third-Party-<br />
Cookie-Tracking aus. Bereits nach<br />
den Sommerferien könnte es vom<br />
niederländischen Oberhaus als Gesetz<br />
beschlossen werden. Die Auswirkungen<br />
für die prosperierende Online-Marketing-Branche<br />
wären nicht<br />
nur für unser Nachbarland fatal.<br />
„Sollte das holländische Beispiel<br />
Schule machen, würde dies einen klaren Standortnachteil<br />
für Europa bedeuten“, sagt Stephan<br />
Noller. Der CEO des Targeting-Anbieters Nugg<br />
Ad engagiert sich als Chairman des Policy Committee<br />
im Interactive Advertising Bureau (IAB)<br />
Europe für eine europäische Umsetzung der EU-<br />
Richtlinie, die auch im Interesse der werbungtreibenden<br />
Wirtschaft ist. „Wenn die Opt-in-Regelung<br />
für das Cookie-Tracking vom niederländischen<br />
Oberhaus als Gesetz verabschiedet wird,<br />
wäre dies für die Vermarkter in unserem Nachbarland<br />
eine Katastrophe“, sagt Noller.<br />
Aber nicht nur Vermarkter wären betroffen.<br />
Auch Werbungtreibende müssten umdisponie-<br />
ren. Tracking-Kampagnen wären in Holland den<br />
Nutzern kaum noch zuzumuten und die Online-<br />
Wirtschaft würde technologisch um Jahre zurückfallen.<br />
Zwar sieht die EU-Regelung vor, dass der<br />
User auf einer Website nur einmalig sein Opt-in<br />
für das Cookie-Tracking aller dort werbenden<br />
Unternehmen geben soll, aber eine solche Lösung<br />
ist laut Noller momentan technisch gar nicht<br />
machbar und aufgrund der wechselnden Cookies<br />
auch nicht sinnvoll.<br />
Online-Werbemarkt droht Schwächung<br />
Das gesamte Ausmaß einer holländischen Opt-in-<br />
Regelung ist nicht absehbar. Ein solches Gesetz<br />
hätte Marktbeobachtern zufolge in<br />
den Niederlanden in jedem Fall existenziellen<br />
Einfluss auf <strong>Internet</strong>-Nutzung<br />
und Online Marketing. „Man<br />
muss dort von einer massiven Abschwächung<br />
des Online-Werbemarktes<br />
ausgehen. Die Tatsache, dass Besucher<br />
von Websites ihre explizite Zustimmung<br />
für die Nutzung von Third<br />
Party Cookie Tracking geben müssen,<br />
sorgt für hohe Komplexität in der Verbindung von<br />
rechtlich einwandfreier Kommunikation und<br />
technischer Einbindung des Opt-in-Prozesses“,<br />
sagt Torsten Engelken, Geschäftsführer von Ad<br />
Pepper Media Deutschland. Der Online-Werbevermarkter<br />
ist unter anderem in den Niederlanden<br />
aktiv. Laut Engelken würden Publisher, die<br />
sich vorwiegend über Werbung finanzieren, die<br />
MARKETING & WERBUNG<br />
E-PRIVACY-RICHTLINIE DER EU<br />
Cookies: Holland steigt aus<br />
Die Niederlande stehen kurz davor, ein Opt-in für Tracking-Cookies einzuführen<br />
Abgelehnt: Holländer<br />
machen Online-Marketers<br />
das Leben schwer<br />
„Man muss von einer<br />
massiven Abschwächung des<br />
Online-Werbemarkts ausgehen.“<br />
Torsten Engelken<br />
Geschäftsführer Ad Pepper<br />
Verlierer sein. „Am härtesten wird es kleinere<br />
Websites treffen, denen allein die Angst vor Verfehlungen<br />
bezüglich dieses Gesetzes und damit<br />
verbundenen rechtlichen Anschuldigungen zusetzt<br />
und die somit auf die Einnahmequelle Online-Werbung<br />
verzichten werden. Man denke nur<br />
an die vielen Websites des Long Tail, die Google<br />
Adwords nutzen“, so Engelken.<br />
Effizienzmessung<br />
Für Philipp Justus, CEO von Zanox, wirft die Gesetzesinitiative<br />
in den Niederlanden mehr Fragen<br />
auf, als sie beantwortet. „Ein flächendeckendes<br />
Opt-in zu einzelnen Cookies würde aus Konsumentensicht<br />
das Surfen und Einkau-<br />
fen im <strong>Internet</strong> dramatisch erschweren<br />
und aus Unternehmenssicht eines<br />
der wichtigsten Instrumente zur Effizienzmessung<br />
im Online Marketing<br />
außer Kraft setzen.“ Erst vor wenigen<br />
Wochen hatte das Berliner Unternehmen<br />
das holländische Affiliate-Marketing-Netzwerk<br />
M4N übernommen.<br />
Aber nicht nur die Mediaaussteuerung,<br />
sondern der größte Teil der im <strong>Internet</strong> angebotenen<br />
Dienste und Services nutzt inzwischen<br />
Cookies. Sie sind das Steuerungsinstrument für<br />
die Web-Nutzung schlechthin.„Ein generelles Optin<br />
hätte teilweise verheerende Folgen für die bedarfsgerechte<br />
Steuerungen des <strong>Internet</strong>s, die das<br />
Cookie automatisiert für Nutzer leistet“, sagt Matthias<br />
Ehrlich, Vorstand der United <strong>Internet</strong> Media<br />
AG. Ehrlich hält daher eine transparente Selbstkontrolle<br />
mit einer vom Nutzer selbst steuerbaren<br />
Datenverwendung auf marktübergreifender Optout-Basis<br />
für die beste Lösung. „Die bei der Online-Werbung<br />
zum Einsatz kommenden Steuerungsinstrumente<br />
auf Zielgruppenebene arbeiten<br />
„Es besteht keine<br />
Notwendigkeit für explizite,<br />
extrem aufwendige Opt-ins.“<br />
Philipp Justus<br />
CEO von Zanox<br />
in der Regel voll anonymisiert und sind nicht auf<br />
die Nutzung personenbezogener oder -beziehbarer<br />
Daten ausgelegt oder angewiesen. Damit besteht<br />
keine Notwendigkeit von expliziten, extrem<br />
aufwendigen Opt-ins“, sagt Ehrlich. Die Opt-out-<br />
Regel habe sich an dieser Stelle sowie in anderen<br />
Bereichen der Online-Nutzung bewährt. ❚<br />
Karsten Zunke<br />
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Foto: Fotolia / Sandra van der Steen