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36 <strong>Internet</strong> <strong>World</strong> BUSINESS TOOLS & TECHNIK<br />
USABILITY REMOTE TESTS<br />
Usability im Supermarkt<br />
Mit neuen Plattformen können Website-Betreiber selbst günstige Usability-Tests realisieren<br />
Suchmaschinen, die Tippfehler nicht<br />
verzeihen, Call-to-Action-Buttons, die<br />
nicht halten, was sie versprechen, verwirrende<br />
Formulare und unnötige Navigationsmenüs:<br />
Es gibt viele klassische Beispiele<br />
für Usability-Fehler im <strong>Internet</strong>,<br />
und häufig kosten sie den Seitenbetreiber<br />
Umsatz und Konversion. Deshalb ist dieser<br />
bemüht, die Fehler mithilfe von Usability-Tests<br />
aufzuspüren.<br />
Neue Testverfahren<br />
Viele Site-Betreiber verlassen sich auf A/Boder<br />
Multivariat-Tests, bei denen verschiedene<br />
Alternativen einander gegenübergestellt<br />
werden. Die Variante mit der besseren<br />
Performance (Conversion, Klickrate)<br />
gewinnt. Das Problem bei A/B-Tests ist,<br />
dass zunächst festgestellt werden muss,<br />
was genau getestet werden soll: Vielleicht<br />
ist die Farbe des Bestell-Buttons gar nicht<br />
das Problem, sondern eine unglückliche<br />
Formulierung. Das findet man nur mit<br />
echten Nutzern heraus – etwa mit Probanden,<br />
die nichts mit der Site zu tun haben.<br />
Beim sogenannten Hausfrauentest testen<br />
zum Beispiel nicht mit der Site vertraute<br />
Frauen, ob das Angebot so erklärt ist, dass<br />
es jeder Nutzer versteht. Das Problem: Wie<br />
findet man genügend „Hausfrauen“, die<br />
zur Zielgruppe der Seite gehören und diese<br />
möglichst schnell und billig testen?<br />
In den USA erprobt man derzeit ein<br />
neues Testverfahren – das Online Panel.<br />
Auf Websites wie Usertesting.com schreiben<br />
Site-Betreiber eine Testaufgabe aus,<br />
die Website vermittelt dann den Auftrag an<br />
Probanden. Der Proband erhält zwischen<br />
15 bis 150 Dollar; das Resultat liegt rasend<br />
schnell vor: Aufgrund der großen Nutzerbasis<br />
bringen viele dieser Plattformen<br />
schon über Nacht erste Ergebnisse.<br />
Etablierte Usability-Dienstleister wie<br />
eResult oder Sirvaluse unterhalten ähnliche<br />
Probanden-Pools, auf die sie bei Bedarf<br />
auch online zugreifen können. Sie fungieren<br />
dabei gleichsam als Gatekeeper und<br />
Qualitätssicherer, wollen allerdings auch<br />
mitverdienen. Die neuen Werkzeuge sind<br />
dagegen Selbstbedienungsläden im Netz:<br />
Sie sind unschlagbar günstig, der Test-<br />
Auftraggeber muss aber auch selbst entscheiden,<br />
welches die passende Zielgruppe<br />
ist. Ohne profundes Vorwissen und eine<br />
gute Strategie wird es zudem schwer, die<br />
Klickanalyse: Das Video von Usertesting zeigt ein klassisches<br />
Screencam-Video vom Benutzerbildschirm<br />
Usability-Tests werden erst durch die sinnvolle Interpretation der Ergebnisse zielführend<br />
Nutzerdaten erfolgreich auszuwerten und<br />
aus den Ergebnissen Handlungsanweisungen<br />
abzuleiten.<br />
Die neuen Plattformen<br />
www.usertesting.com Der Test wird mit<br />
Video und Textzusammenfassung geliefert.<br />
Ein Video kostet 39 US-Dollar (das erste als<br />
Schnupperangebot nur 29 Dollar). Die<br />
Plattform zählt sehr renommierte Unternehmen<br />
wie Disney, Zappos oder HP als<br />
Referenzen auf. Eigenen Angaben zufolge<br />
rekrutiert die Plattform 85 Prozent der<br />
Probanden aus den USA und 15 Prozent<br />
überwiegend aus Kanada und England<br />
und ist damit eher zum Testen des internationalen<br />
Shops oder Web-Auftritts<br />
geeignet. Der Testleiter kann<br />
detaillierte Parameter für die Zusammenstellung<br />
der Nutzer vorgeben,<br />
bis hin zur Web-Erfahrung.<br />
Die Plattform darf auch mit eigenen<br />
Testpersonen, etwa Newsletter-<br />
Empfängern, genutzt werden.<br />
www.userlytics.com Noch einen<br />
Schritt weiter geht Userlytics. Dort<br />
wird in das Video vom User-Bild-<br />
schirm auch noch ein Bild von der<br />
Webcam eingespeist, sodass der Gesichtsausdruck<br />
des Nutzers verfolgt<br />
werden kann.Auf diese Weise gehen<br />
auch die Profi-Labs vor. Userlytics „verkauft“<br />
einzelne Probanden für 47 US-Dollar,<br />
verlangt aber als Minimum den Abschluss<br />
einer kleinen „Studie“ mit fünf<br />
Probanden. Dafür werden 299 Dollar berechnet.Die<br />
erste Studie für neue Nutzer ist<br />
kostenlos. Nach dem Test kann der Testleiter<br />
fünf Fragen an die Teilnehmer<br />
stellen. Die Resultate stehen nach<br />
48 Stunden zur Verfügung und bei<br />
Bedarf rekrutiert der Dienst „besondere“<br />
Probanden mithilfe von<br />
Social Media Tools.<br />
www.trymyui.com Der Dienst<br />
verspricht das Gleiche wie Usertesting.com<br />
zum Preis von 25 US-<br />
Dollar pro Proband. Über die<br />
Quelle für die Probandenrekrutierung<br />
schweigt sich der Dienst aus.<br />
Es darf nach Geschlecht, Einkommen,<br />
PC-Erfahrung und Her-<br />
kunftsland selektiert werden. Zur<br />
Ergebnislieferung gehört auch die<br />
Beantwortung von fünf Fragen,<br />
die der Testleiter den Probanden stellt.<br />
Auch hier ist der erste Einzeltest kostenlos.<br />
www.easyusability.com Der Billigheimer<br />
unter den Plattformen ist Easyusability.com.<br />
Dort kostet der einzelne Proband nur 15<br />
US-Dollar. Dafür gibt’s kein Video, sondern<br />
nur einen Testbericht. Easyusability<br />
rekrutiert über Amazons Crowdsourcing-<br />
Plattform MTurk. Das erhöht die Chance,<br />
an deutsche Tester zu kommen, von denen<br />
es dort bereits einige gibt.<br />
www.feedbackarmy.com Auch Feedbackarmy<br />
arbeitet mit MTurk und verlangt 15<br />
US-Dollar, allerdings nicht für einen Bericht,<br />
sondern für zehn Kurzberichte, die<br />
im Wesentlichen die Antworten auf vom<br />
Mimikanalyse: Userlytics baut auch noch das Bild einer<br />
Webcam in das fertige Video vom Usability-Test ein<br />
Testleiter gestellte Fragen enthalten. Das<br />
hat eher die Qualität einer schnellen Umfrage,<br />
kann aber helfen, Zweifel bezüglich<br />
einzelner Seitenelemente auszuräumen.<br />
www.loop11.com Wer sich fit genug<br />
fühlt, gute Fragen zu stellen und die Antworten<br />
der Nutzer auszuwerten, der kann<br />
versuchen, den Test komplett allein durchzuführen.<br />
Loop11 ist die offene Plattform<br />
für genau das: Der Testaufbau wird selbst<br />
bestimmt und die Nutzerschar auch. Es<br />
stehen jede Menge fertiger Tools und<br />
Dashboards in 40 Sprachen zur Verfügung,<br />
die das Geleistete analysieren. Eine<br />
Einbindung von Code in die eigene Site<br />
wird nicht benötigt. Der Preis pro Test beläuft<br />
sich auf 350 Dollar, egal, wie viele<br />
Probanden eingeladen werden. ❚<br />
Frank Puscher<br />
Weitere Infos unter www.internetworld.de/webcode<br />
WEBCODE 1114036<br />
❚ Weitere Anbieter von Usability Remote Tests<br />
11. Juli 2011 14/11<br />
Interview<br />
Maximal 20 Minuten<br />
Martin Beschnitt<br />
leitet die Hamburger<br />
Niederlassung von<br />
eResult.<br />
❚ www.eresult.de<br />
Der Einsatz von Remote Testing verlangt viel<br />
Know-how vom Testleiter und eine umfassende<br />
Qualitätssicherung. Für limitierte Aufgaben<br />
eignen sich die Tools jedoch gut,<br />
meint Usability-Experte Martin Beschnitt.<br />
Was halten Sie von Remote Testing?<br />
Martin Beschnitt: Alle Remote-Lösungen<br />
zeichnen sich dadurch aus, dass<br />
sie sehr schnell eine große Stichprobe<br />
erreichen können, international<br />
betrachtet sogar rund um die Uhr. Da<br />
erreicht man auch berufstätige Probanden,<br />
die sonst vielleicht schwer zu<br />
greifen sind. Ein Nachteil ist die Zeit.<br />
Während wir bei Lab-Tests Probanden<br />
bis zu 75 Minuten testen lassen,<br />
verlieren Onliner schon nach 20 Minuten<br />
die Energie. Zudem ist ein<br />
Nachfassen des Interviewers wie im<br />
Lab nicht möglich, ebenso wenig wie<br />
eine Blickverlaufsanalyse.<br />
Ist die Intransparenz der unmoderierten<br />
Remote-Lösungen ein Ausschlusskriterium?<br />
Beschnitt: Nein. Jeder Test ist besser als<br />
kein Test. Unmoderierte Remote-Lösungen<br />
bereichern das Repertoire der<br />
Usability-Methoden. Es ist immer<br />
spannend zu sehen, wie Nutzer mit<br />
einer Seite interagieren, vor allem,<br />
wenn man Gefahr läuft, zu sehr die<br />
„interne Brille“ aufzuhaben. Man<br />
sollte jedoch wissen, wann es sinnvoll<br />
ist remote zu testen und ob man wirklich<br />
eine große Stichprobe benötigt.<br />
Wie setzt man solche Tools richtig ein?<br />
Beschnitt: Man wählt als Betrachtungsgegenstand<br />
kleine, isolierte<br />
Prozesse. Bei richtiger Planung sind<br />
diese Plattformen im Preis-Leistungs-Verhältnis<br />
praktisch unschlagbar;<br />
jedoch ermöglichen diese Tests<br />
keine umfangreiche Beurteilung der<br />
gesamten Website. Hier sollten professionellere<br />
Tools wie Userzoom,<br />
Webeffective oder Leotrace zum Einsatz<br />
kommen. Besonders wenn es darum<br />
geht, ein kontinuierliches Monitoring<br />
in Ergänzung zu vorhandenen<br />
Web-Analyse-Daten zu erhalten.<br />
Wie sichert man die Qualität?<br />
Beschnitt: Die Auswahl der Probanden<br />
ist schon das A und O. Da sollte man<br />
sich Gedanken machen, ob man zum<br />
Beispiel die eigenen Newsletter-Kunden<br />
zu solchen Tests einlädt. Dann<br />
bekomme ich aber nur die Sichtweise<br />
der Bestandskunden. Bei der Auswertung<br />
setzen die etwas professionelleren<br />
Werkzeuge auf einen Fragebogen<br />
und erlauben sogar die direkte Kontaktaufnahme<br />
für Nachfragen. Ich<br />
denke, eine Plattform wir Loop11<br />
oder hierzulande Userfeedback HQ<br />
sollte man beobachten.