Neubau Krumbadstraße - GWG München
Neubau Krumbadstraße - GWG München
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Neubeginn nach 1945<br />
Den Zweiten Weltkrieg überstand die Siedlung zwar ohne<br />
Schäden, aber ihr Hauptbaumaterial „Iporit“, ein Leichtbetonstein<br />
der IG Farben aus aufgeschäumtem Sand, zeigte sich da<br />
bereits anfällig für Feuchte. Dennoch wurden 1949 zusätzlich<br />
48 Dachgeschosse mit je 37,5 Quadratmetern Wohnfläche<br />
ausgebaut, um auf die grassierende Wohnungsnot zu antworten,<br />
während an der Grundausstattung selbst nichts geändert<br />
wurde. Noch immer lebten die Bewohner in Wohnungen<br />
zwischen 36 und 59 Quadratmetern bei Raumhöhen um die<br />
2,20 Meter ohne Bad und mit einfachen Einzelöfen. Der<br />
Zustand der billig gebauten Siedlung verschlechterte sich weiter,<br />
seither nahm die Zahl der Bewohner kontinuierlich ab.<br />
Ende der Fünfziger Jahre zeigten sich bereits „gravierende<br />
Baumängel“, doch ein weiteres Jahrzehnt verging, bis über<br />
Sanierungsmaßnahmen diskutiert wurde, auch, weil die niedrigen<br />
Mieten kaum Rückstellungen über die „minimale“ Bauinstandhaltung<br />
hinaus zuließen und seit Kriegsende das Amt<br />
für Wohnungswesen der Landeshauptstadt <strong>München</strong> über die<br />
Belegung entschied.<br />
Inzwischen hatte sich die Bewohnerstruktur stark verändert.<br />
Neben Erstbeziehern, die ihre Wohnungen inzwischen selbst<br />
ausgebaut und verschönert hatten, lebten hier nun zahlreiche<br />
Studierende, die eine ebenso preiswerte wie zentrumsnahe<br />
Unterkunft suchten, sowie große Familien, die teils zwei Wohnungen<br />
angemietet hatten, um ihren Wohnbedarf zu decken.<br />
Dazu kamen Migranten, Randgruppen und Aussteiger, wie<br />
Armin Hagen, Abteilungsleiter Hausbewirtschaftung, <strong>GWG</strong><br />
<strong>München</strong>, in seiner Diplomarbeit zur Geschichte der Wohnsiedlung<br />
ausführt.<br />
1980 kam die U-Bahn mit zwei Haltestellen nach Berg am<br />
Laim: Innsbrucker Ring und Michaelibad, was den Druck auf<br />
Stadtplaner erhöhte, die Siedlung zu verdichten und zu sanieren.<br />
Ende der Achtziger Jahre wurden die Häuser aus der<br />
Sozialbindung entlassen. Nun konnte die <strong>GWG</strong> <strong>München</strong> wieder<br />
stärker auf die Entwicklung der Maikäfersiedlung Einfluss<br />
nehmen, auch wenn „eine gezielte Belegung der Wohnungen<br />
zur dauerhaften Verbesserung der Mieterstruktur“ aufgrund<br />
des „Alters und der Ausstattung kaum mehr möglich“ war,<br />
schließt Hagen. Substandard-Wohnungen waren nicht mehr<br />
gefragt. So reiften Pläne, die Siedlung über Abbruch und <strong>Neubau</strong><br />
einzelner Wohnblöcke an neue Standards heranzuführen.<br />
Die Achtziger Jahre wurden zum Jahrzehnt tiefgreifender<br />
Veränderungen. Widerstand regte sich gegen den bekannt<br />
gewordenen Umbau der Siedlung. Es formierte sich die MIG,<br />
die „Mieterinteressengemeinschaft zur Erhaltung der Maikäfersiedlung“.<br />
Sie organisierte zahlreiche Aktionen gegen den<br />
drohenden Verlust der Heimat.<br />
12<br />
Sanieren – oder neu bauen? Als im Dezember 1986 in einem<br />
Gebäude nach einem Wasserschaden ein Stück Kellerdecke<br />
einbrach, bestätigen Gutachter, dass zahlreiche dieser Decken<br />
voraussichtlich nur noch ein halbes Jahrzehnt halten werden.<br />
In einer groß angelegten Vergleichsmaßnahme an der St.-<br />
Michael-Straße wurde von 1988 bis 1992 ein Block komplett<br />
saniert, ein anderer abgerissen und im gleichen Stil neu errichtet.<br />
Eine anschließende Umfrage der <strong>GWG</strong> ergab, dass beide<br />
Modelle gut angenommen wurden. Natürlich wurden auch<br />
die Kosten verglichen: Für den <strong>Neubau</strong> entstanden Kosten in<br />
Höhe von 3.270 DM pro Quadratmeter Wohnfläche, bei der<br />
Modernisierung von 2.542 DM. Hagen brachte es auf den<br />
Punkt: „Ein aus wirtschaftlicher Sicht unakzeptabler Wert.<br />
Die Durchführbarkeit von Modernisierungen wurde bewiesen,<br />
jedoch nicht die sinnvolle Nachhaltigkeit“. Die modernisierten<br />
Wohnungen wiesen nach wie vor eine Raumhöhe von<br />
2,20 Metern auf – auf lange Sicht nicht tragbar. Die Waage<br />
neigte sich in Richtung <strong>Neubau</strong>, zumal auch noch eine Statistik<br />
über die Zusammensetzung der Bewohner der rund 800 Wohnungen,<br />
887 Menschen nachwies, darunter gerade noch fünf<br />
Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren.<br />
Zwei Jahre später fällt in Absprache mit der Stadt <strong>München</strong><br />
der Entschluss der <strong>GWG</strong>, den gesamten Innenbereich der Siedlung<br />
in vier Bauabschnitten neu zu bebauen. Die künftigen<br />
Gebäude sollten auf die Mietergärten Rücksicht nehmen<br />
und sich in ihrer Höhenentwicklung an die Proportionen der<br />
ursprünglichen Gebäude halten. Lediglich die Gebäudetiefe<br />
soll erhöht und damit das Gesamtvolumen vergrößert werden.<br />
Krönender Abschluss dieser bisherigen umfangreichen Revitalisierung<br />
der Siedlung war ein Städtebaulicher und Landschaftsplanerischer<br />
Ideen- und Realisierungswettbewerb zum<br />
Außenbereich der Siedlung an der Bad-Schachener-Straße,<br />
den das Münchner Architekturbüro Michael Ziller im städtebaulichen<br />
Teil für sich entschied. Bis Ende 2008 entstanden,<br />
als erster Teil der Umgestaltung, an der Ecke Bad-Schachenerund<br />
Echardinger Straße 58 geförderte Wohnungen von 39 bis<br />
113 Quadratmetern Größe, flankiert von einem siebengeschossigen<br />
Turm, und die Erneuerung der Siedlung geht weiter.<br />
Die Metamorphose einer Kolonie und ihrer Bewohner, in der<br />
Maikäfersiedlung ist sie zu erleben: vom ideologisch belasteten<br />
Familien-<strong>Neubau</strong>gebiet über eine lange Phase des Verfalls<br />
und der Auflösung alter Strukturen bis zu ihrer ganzheitlichen<br />
Erneuerung.