Von Titisee-Neustadt geht es rüber zum Schluchsee. Der zugefrorene Stausee bietet im Sonnenschein, bei klarster Luft ein überwältigendes Schauspiel. In allen Spektralfarben glitzert und funkelt es über der Eisfläche, durchbrochen von Schollen, die von Unterströmungen hochgeschoben und übereineinander geschichtet wurden. Eine Fahrt über die Höhen des Südschwarzwalds an solch einem Tag muss man einmal erlebt haben. Winterliche Schönheit ohne Verkehrshindernisse, man hat Glück, so macht das Autofahren Spaß. Erst Häusern, dann Höchenschwand, und von da an geht es schnustracks weiter Richtung Süden. Und auf einmal, nach kurvenschwingender Fahrt und schneller als gedacht, sind wir schon in Waldhaus, auf offener Höhe! Ja, das muss es sein, Straßenschilder bestätigen es. Aber von einem Ort ist nicht viel zu sehen. Dominant sind die hellweißen Gebäude der Brauerei mit angegliedertem großen Brauerei-Gasthof. Das ist auf einen Blick zu erfassen. Als wir auf dem Parkplatz aussteigen, im strahlenden Sonnenschein stehen und in südliche Richtung schauen, zeigt sich das aus einer Nebelschicht auftauchende Panorama der Schweizer Alpen: Ein wahrlich atemberaubender Anblick. Wir befinden uns hier auf einer Höhe von 800 Metern. Tief unten, wo sich Waldshut befindet, ist das Tal des Hochrheins dicht mit Nebel vollgepackt. Zäh zieht er vom Bodensee herein, aber hier oben regiert strahlender Sonnenschein. Wir werden von dem 47-jährigen, jugendlich wirkenden Brauerei-Chef persönlich empfangen. Dieter Schmid ist sichtlich erfreut über den Besuch aus Freiburg. Es ist das bekannte, charakteristische Konterfei, wie es in der Region auf zahlreichen, immer weiter verbreiteten Werbeträgern zu sehen ist. Dieter Schmid verleiht dem Familienbetrieb ein Gesicht, ein Gesicht von einnehmender Offenheit. In natura bestätigt sich dieser Eindruck. Das dunkelbraune, dichte und glatte Haar, halblang getragen, die langen dunkelbraunen Koteletten, das schmale Oberlippen- und knappe Kinnbärtchen, dazu der dunkle Anzug, das dunkle Hemd: Dieter Schmid ist eine markante Erscheinung. Aber dieses Image trägt der Geschäftsführer der Privatbrauerei Waldhaus gelassen, mit entspanntem Lächeln. Man könnte ihn für einen Künstler oder Intelektuellen mit Öffentlichkeitsstatus halten. Ein Mann von Welt ist er ja bei aller Heimatverbundenheit, wie sich später im Gespräch beim Mittagessen herausstellen soll. Auch an D’Artagnan, den Degenführer der Musketiere, könnte man bei der Erscheinung von Dieter Schmid denken. („Einer für alle, alle für einen!“) Hinter ihm stehen im Betrieb zwei Braumeister, dazu die gesamte Mannschaft von annähernd 35 Mitarbeitern. Erst sie alle zusammen machen das Endprodukt Waldhaus- Bier und den Erfolg seiner Verbreitung und Wertschätzung aus. Nein, um Selbstdarstellung gehe es ihm bei der Außenwerbung nicht, sagt Dieter Schmid. Er wolle mit seinem Gesicht lediglich zeigen, wer für und hinter Waldhaus stehe. Es werde ja zudem regelmäßig mit der Abbildung von Mitarbeitern geworben. Damit man sehe: „Echte Waldhaus-Biertypen stehen zusammen“. Zu ihnen gehört neuerdings auch der bekannte Fernsehkoch Ralf Zacherl, oft zusammen mit dem Brauereichef abgebildet. Mit seiner Marketing-Strategie ist Dieter Schmid, Diplom-Betriebswirt und Diplom-Braumeister zugleich, ganz auf der Höhe der Zeit. Hier oben in Waldhaus, entlegener Ortsteil von Weilheim. Keine Frage, Schmid versteht sein Geschäft. Doch man müsse dabei immer authentisch bleiben. Kunden würden sich erst emotional und persönlich mit einer Marke identifizieren, wenn sie die Menschen, die dahinter stehen, schätzen können. Habe man einen Biertrinker einmal für sich gewonnen, bleibe er in der Regel auch treu. Da müsse schon viel passieren, ehe der Kunde seine Stammmarke wechsle. Eben die mit der grünen Tanne vor güldenem Hintergrund, in ein Oval gefasst. „Bewährtes bewahren, ohne den Fortschritt aus den Augen zu verlieren“, lautet die Devise von Dieter Schmid. Tradition versteht er nicht nur als Ausdruck des Alters, sondern der Einstellung. Die Freiheit einer Privatbrauerei bestehe darin, nicht von Aktienkursen oder Verwaltungsräten bestimmt zu sein. Hier wird diese Freiheit genutzt. Dieter Schmids Erfolgsmodell ist aufgegangen, der Umsatz konnte kontinuierlich gesteigert werden. Seit er 1997 als einziger Sohn seines Vaters Helmar Schmid die 180-jährige Waldhaus Privatbrauerei übernahm, in vierter Generation, hat sich vieles geändert, wurde der Familienbetrieb mit Bedacht und Know-how auf Zukunft ausgerichtet. Und die Entwicklung geht weiter. Mitte letzten Jahres wurde mit dem Bau eines 4.600 Quadratmeter großen Logistikzentrums begonnen, dem bisher umfangreichsten Projekt seit Bestehen der Privatbrauerei. Dieter Schmid führt seine Gäste persönlich ins Innere des Brauwesens, in die Besonderheiten der Braukunst von Waldhaus ein. Ausgangspunkt sind die beiden Kupferkessel, wo das sogenannte Einbrauen stattfindet, die eigentliche Schöpfung der Waldhaus-Premium-Biere beginnt. Voraus geht die strenge Auswahl der Rohstoffe nach eigenem Qualitäts-Verständnis, aber unter ebenso strikter Einhaltung des deutschen Reinheitsgebots. Laufende Kontrollen der wesentlichen Parameter aller Produkte durch das Forschungszentrum Weihenstephan für Brau- und Lebensmittelqualität kommen hinzu. In Waldhaus wird nur Naturhopfen verwendet. Schneller ginge es mit Hopfenextrakten – Schmid holt eine Dose und zeigt uns die bräunliche Paste –, aber die sind hier tabu. Hier wird ausschließlich naturbelassener aromatischer Doldenhopfen der nahen Anbaugebiete Tettnang, Spalt und Hallertau verarbeitet, so auch nur Gerstenmalz aus integriertem und kontrolliertem Anbau. Und last, not least ist es das kristallklare weiche Brauwasser aus fünf eigenen Quellen, die dem Urgestein des Südschwarzwalds entspringen. Wir erfahren, dass bei langer und intensiver Würzekochung in den kupfernen Sudkesseln die Inhalts- und Aromastoffe der Hopfendolden freigesetzt und die Eiweißstoffe, die der Stabilität des Bieres abträglich sind, ausgefällt werden. Ein Vorgang Foto: Privatbrauerei Waldhaus
Fotonachweis