SCHULE SEK. I + II
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26 MATERIALIEN<br />
� K 26 Gott als Fata Morgana<br />
Gott, der ewige Gott, wird gedacht als das einzige Bollwerk re auch für den Verdurstenden schön, wenn sein Durst die<br />
gegen die absolute Nichtigkeit, den Nihilismus der Zeit. Dass Oase herbeizwänge. Aber ob diese existiert oder nicht, ist<br />
ihm Ewigkeit zugeschrieben wird, hat ja nicht etwa zu bedeu- leider vom Durst ganz unabhängig. Das Äußerste, was der<br />
ten, er sei einfach ohne Anfang und Ende, unsterblich wie die Durst selbsttätig zu erzeugen vermag, ist die Fata Morgana.<br />
5 antiken Götter und ungeburtlich noch obendrein; sondern 60 Als diese, als Wahngestalt, steht Gott am Horizont der<br />
dass er und alles, dem er diese Gnade gewährt, der Zeit Menschheitsgeschichte.<br />
überhaupt enthoben ist. Des Schreckens der Zeit werden wir, Im Gegensatz zu den Gläubigen aller Richtungen pflegen die<br />
auch ohne besondere Neigung zur Philosophie, doch unaus- Atheisten kaum organisiert und mit Nachdruck aufzutreten.<br />
weichlich an unserer Sterblichkeit inne. […] Das Nihilistische Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen haben sie sich,<br />
10 an der Zeit geht noch weit über die Erfahrungstatsache der 65 nach den heroischen Gründerjahren, in ihren Ansichten durch<br />
ausnahmslosen Sterblichkeit aller Menschen hinaus; das Men- die Fortdauer der Religionen weniger bedroht und beunruhigt<br />
schenleben ist, wie Jean Améry es ausgedrückt hat, das stets gefühlt als umgekehrt die Religionen durch den Atheismus —<br />
vergebliche Projekt, der Bau eines Hauses, das pünktlich zum sollte doch jeder nach seiner Fasson selig werden. Dann<br />
Richtfest abgerissen wird. […] Zeit rinnt dahin, sie fließt uns schien lange, in Europa wenigstens, die Zeit für den Atheis-<br />
15 entgegen, passiert uns, fließt davon. Wo aber wären die vie- 70 mus zu arbeiten. Statt sich in nutzlosen Wortgefechten mit<br />
len Tropfen dieses Rinnsals aufgehoben? Denn irgendwo müs- Uneinsichtigen zu verzetteln, konnte man ja auch einfach<br />
sen sie ja stecken! Die Zeit, die auch als vergangene noch warten, bis deren Position von selbst zerbröselte und verfiel,<br />
wirklich wäre: Hier eben kommt Gott ins Spiel als die große gleichsam der historischen Schwerkraft folgend.<br />
Zisterne der Geschichte. Ihn so zu sehen, heißt ihn noch ma- Diese goldenen Zeiten gehen aber jetzt vielleicht zu Ende;<br />
20 jestätischer zu entwerfen, als er es bloß als Schöpfer der 75 und es werden in Zukunft möglicherweise wieder, wie schon<br />
Welt und Hort des Guten wäre; denn es wird ihm hier ein einmal, die Atheisten sein, die der Gesellschaft über ihren<br />
Vermögen zugeschrieben, von dem wir auch nicht den Hauch Standpunkt Rechenschaft zu geben haben; das heißt, wenn es<br />
einer Anschauung haben können.<br />
dann noch Diskussionen geben wird und nicht an deren Stelle<br />
Am ehesten manifestiert sich dieser ewige Gott als der rich- abgestufte Zwangsmaßnahmen treten. In jedem Fall kommt<br />
25 tende; denn als solcher muss er unendliches Gedächtnis sein. 80 es mir inzwischen nicht mehr überflüssig vor, den Atheismus<br />
Dass es ein Gericht gebe „am Ende der Zeiten“, soll nicht nur neu zu munitionieren, damit er angesichts einer anwachsen-<br />
der Idee des Guten Geltung verschaffen, sondern fast mehr den neuen Religiosität nicht völlig nackt dasteht. Denn eines<br />
noch die Gewissheit spenden, dass keine vergangene Stunde dürfte klar sein: Wenn es hart auf hart geht, werden die<br />
in Wahrheit der Vernichtung zum Opfer gefallen ist; sie bleibt Atheisten diejenigen sein, die ohne höheren Beistand auszu-<br />
30 aufgehoben in einem treuen Vorrat. Auferstehung der Toten, 85 kommen haben. Sie haben keinen Gott, keine heiligen Urkun-<br />
Jüngstes Gericht, ewiges Leben: Die sonst ganz sinnlose, den, es wird ihnen nichts versprochen, wofür es sich lohnte,<br />
durch Sterben und Geburt vermittelte Abfolge der Geschlech- sich so blind ins Zeug zu legen, wie es ein wahrer Gläubiger<br />
ter bekommt so ihren Sinn, nämlich den, dass durch solchen vermag — sie müssen sich schon ganz auf ihre Argumente ver-<br />
Schichtdienst der Menschheit eine unvergleichlich größere lassen.<br />
35 Zahl von Seelen des Heils teilhaftig werden können, als wenn Burkhard Müller, Das Konzept Gott — warum wir es nicht brauchen. In: Merkur 61<br />
(2007) Heft 2 (Februar), Auszüge, www.eurozine.com/articles/2007-01-31-bmuller-<br />
Adam und Eva samt ihren Kindern einfach niemals hätten<br />
de.html<br />
sterben müssen. Die Geschichte, sonst nichts als ein wildes<br />
Heer aus jagenden Wolken, gewinnt so den Hintergrund eines Arbeitsaufträge<br />
Himmels, der ihre unbeständigen Figuren festhält wie eine<br />
40 Fotografie. […]<br />
1 Erarbeiten Sie die zentralen Aussagen und Thesen des<br />
Es wäre wunderbar, wenn das zuträfe, statt dass man halb<br />
Textes.<br />
schon zu Lebzeiten und ganz im Tod ins bodenlose Nichts fie-<br />
2 Das Äußerste, was der Durst selbsttätig zu erzeugen<br />
le. Im Unterschied zu den beiden anderen Punkten muss man<br />
vermag, ist die Fata Morgana. Als diese, als Wahnge-<br />
hier sagen, dass Gott, wenn es ihn gäbe, dieses letzte Bestalt,<br />
steht Gott am Horizont der Menschheitsge-<br />
45 dürfnis tatsächlich befriedigen würde. Doch welches Unterschichte<br />
(Z. 58-61). Entfalten und erörtern Sie vor<br />
dem Hintergrund des Textzitats zentrale klassische<br />
pfand hätten wir dafür, dass es so ist? Denn man hüte sich,<br />
von der Stärke des eigenen Wunsches auf eine entsprechende<br />
und aktuelle religionskritische Positionen.<br />
Wahrheit zu schließen. Nicht das kleinste Zeichen haben wir<br />
3 Sie (sc. die Atheisten) haben keinen Gott, keine heili-<br />
bekommen, dass die so heiß begehrte Wiederbringung und<br />
gen Urkunden, es wird ihnen nichts versprochen, wo-<br />
50 Auferstehung auch wirklich stattfinden wird. Ein paar […]<br />
für es sich lohnte, sich so blind ins Zeug zu legen, wie<br />
derartige Fälle werden im Neuen Testament gemeldet —<br />
es ein wahrer Gläubiger vermag — sie müssen sich<br />
kaum ein unumstößlicher Beweis in den Augen eines Unvor-<br />
schon ganz auf ihre Argumente verlassen (Z. 85-89).<br />
eingenommenen. Und in den Text selbst hat der Argwohn<br />
Setzen Sie sich kritisch mit Müllers These auseinander<br />
Eingang gefunden, es wären am Ende die Jünger gewesen,<br />
und formulieren Sie eine mögliche Entgegnung aus<br />
55 die Jesu Leichnam gestohlen haben. Es wäre so schön. Es wätheologischer<br />
Perspektive.<br />
R RELIGION b e t r i f f t u n s 5 � 2010 Moderne Atheismen — Religionskritik am Beginn des 21. Jahrhunderts<br />
� M 15 Der Seewandel Jesu<br />
FOLIE 2<br />
Bildquellen:<br />
Luis Borrassá, Jesus stützt Petrus auf dem Wasser. Petrusaltar (Holz),<br />
Tarrasa (bei Barcelona), 1411<br />
Josué Sanchez Cerron, Peru, „Der Glaube des Petrus“ aus dem missio-<br />
Kunstkalender 1984, © missio Aachen.<br />
Jugendkirche Berlin, LEGO-Bibel-Projekt 2008 bis 2010,<br />
www.youtube.com/legobibel<br />
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Bedeutet es nicht Trost und frohe Botschaft, dass inmitten dieser Ängste nicht ein Sturmgeist steht, sondern der vertraute<br />
Heiland, der Mensch Jesus Christus? Evangelium bedeutet hier: dass überhaupt ein Mensch hineinragt in diese Wirklichkeit<br />
unserer Ängste (Klaus Berger, Darf man an Wunder glauben? Quell Verlag, Stuttgart 1996, S.140). Interpretieren Sie die<br />
Bibelstelle Mt 14,22-33 auf dem Hintergrund des Zitates von Berger. Welche Glaubenshaltung ergibt sich daraus?<br />
R RELIGION b e t r i f f t u n s 1 � 2011 Wunder Jesu<br />
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45-0506 … und sie werden ein Fleisch. Familie 10,70 €<br />
45-0704 Jona 10,70 €<br />
45-0905 Apokalyptik 10,70 €<br />
45-0906 Dialog mit dem Islam 10,70 €<br />
45-1001 Finanz- und Wirtschaftsethik 10,70 €<br />
45-1002 Gerd Theißen: Der Schatten des Galiläers<br />
(zur Lektüre des Buches als Ganzschrift) 10,70 €<br />
45-1003 Klimawandel und Schöpfungsverantwortung 10,70 €<br />
45-1004 Glaubensbekenntnis 10,70 €<br />
45-1005 Moderne Atheismen 10,70 €<br />
45-1006 David 10,70 €<br />
45-1101 Wunder 10,70 €<br />
* Für Nicht-Abonnenten beträgt der Einzelpreis 15,– €.<br />
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