SCHULE SEK. I + II
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MATERIALIEN 9<br />
M 2.4 Der Entstehungsprozess der Maria Stuart<br />
Vorarbeiten<br />
Das Ringen mit dem Stoff und …<br />
Schillers Plan, ein Drama über Maria Stuart zu verfassen, War sich Schiller zu Beginn seiner Arbeit an der Maria Stuart<br />
geht schon auf das Jahr 1783 zurück. Nach einer Reihe von sicher, relativ zügig bei der Niederschrift voranzukommen,<br />
Vorstudien gibt er aber das Vorhaben zunächst auf und ver- so stockt seine Arbeit doch aufgrund verschiedener Problefasst<br />
dafür den Don Karlos. Nur wenige Tage nach der Ferme:tigstellung des Wallenstein kündigt er in einem Brief an Von der Maria Stuart werden Sie nicht mehr als Einen Akt<br />
Goethe vom 26. April 1799 die erneute Beschäftigung mit fertig finden; dieser Akt hat mir deßwegen viel Zeit gekostet<br />
dem Stoff an:<br />
35 und kostet mir noch 8 Tage, weil ich den poetischen Kampf<br />
Indeßen habe ich mich an eine Regierungsgeschichte der Kö- mit dem historischen Stoff darinn bestehen mußte und Mühe<br />
nigin Elisabeth gemacht und den Prozeß der Maria Stuart zu brauchte, der Phantasie eine Freiheit über die Geschichte zu<br />
studieren angefangen. Ein paar tragische Hauptmotive haben verschaffen, indem ich zugleich von allem was diese brauch-<br />
sich mir gleich dargeboten und mir großen Glauben an diebares hat, Besitz zu nehmen suchte. Die folgenden Akte sol-<br />
5 sen Stoff gegeben, der unstreitig sehr viel dankbare Seiten 40 len wie ich hoffe schneller gehen, auch sind sie beträchtlich<br />
hat. Besonders scheint er sich zu der Euripidischen Methode, kleiner.<br />
welche in der vollständigsten Darstellung des Zustandes be- Ebenda, S. 73<br />
steht, zu qualifizieren, denn ich sehe eine Möglichkeit, den<br />
ganzen Gerichtsgang zugleich mit allem politischen auf die<br />
10 Seite zu bringen, und die Tragödie mit der Verurtheilung anzufangen.<br />
In: Schillers Werke. Nationalausgabe. Begründet von Julius Petersen. 30. Band:<br />
… der Form<br />
Ich fange in der Maria Stuart an mich einer größern Freiheit<br />
oder vielmehr Mannichfaltigkeit im Silbenmaaß zu bedienen,<br />
Briefwechsel. Schillers Briefe 1.11.1798—31.12.1800. Weimar: Verlag Hermann Böhlaus<br />
Nachfolger 1961, S. 45<br />
Skizzen und …<br />
Den Fortschritt an seiner Arbeit teilt er Goethe etwa sieben<br />
Wochen später so mit:<br />
Die Idee, aus diesem Stoff ein Drama zu machen, gefällt mir<br />
nicht übel. Er hat schon den wesentlichen Vortheil bei sich,<br />
daß die Handlung in einem thatvollen Moment concentriert<br />
15 ist und zwischen Furcht und Hofnung rasch zum Ende eilen<br />
muß. Auch sind vortrefliche dramatische Charaktere darinn<br />
schon von der Geschichte hergegeben.<br />
Ebenda, S. 58<br />
… erste Entwürfe<br />
Am 18. Juni 1799 teilt Schiller Goethe den Stand seiner Arbeit<br />
an der Maria Stuart mit:<br />
Ich fange schon jetzt an, bei der Ausführung, mich von der<br />
eigentlich tragischen Qualität meines Stoffs immer mehr zu<br />
20 überzeugen und darunter gehört besonders, daß man die Catastrophe<br />
gleich in den ersten Scenen sieht, und indem die<br />
Handlung des Stücks sich davon wegzubewegen scheint, ihr<br />
immer näher und näher geführt wird. An der Furcht des Aristoteles<br />
fehlt es also nicht und das Mitleiden wird sich auch<br />
25 schon finden.<br />
Meine Maria wird keine weiche Stimmung erregen, es ist<br />
meine Absicht nicht, ich will sie immer als ein physisches<br />
Wesen 1) halten, und das pathetische muß mehr eine allgemeine<br />
tiefe Rührung, als ein persönlich und individuelles<br />
30 Mitgefühl seyn. Sie empfindet und erregt keine Zärtlichkeit,<br />
ihr Schicksal ist nur heftige Paßionen 2) wo die Gelegenheit es rechtfertigt. Diese Abwechßlung ist ja<br />
45 auch in den griechischen Stücken und man muß das Publicum<br />
an alles gewöhnen.<br />
Ebenda, S. 95<br />
Schillers „Handwerk“: Dramen für die Bühne<br />
Mitte Juni 1800 legt Schiller das fertige Stück vor und bringt<br />
es sofort auf die Bühne. Am 16. Juni 1800 schreibt er an<br />
seinen Freund Körner:<br />
Die vorige Woche kam ich zurück und dirigirte die Proben auf<br />
dem Theater, vorgestern ist sie gespielt worden, und mit einem<br />
Succeß, wie ich ihn nur wünschen konnte. Ich fange<br />
50 endlich an, mich des dramatischen Organs zu bemächtigen<br />
und mein Handwerk zu verstehen.<br />
Ebenda, S. 162<br />
Zum Alter der Kontrahentinnen teilt Schiller dem Theaterintendanten<br />
und Schauspieler Iffland mit:<br />
Weil mir alles daran liegt, daß Elisabeth in diesem Stück<br />
noch eine junge Frau sey, welche Ansprüche machen darf, so<br />
muß sie von einer Schauspielerin, welche Liebhaberinnen zu<br />
55 spielen pflegt, dargestellt werden. […] Marie ist in dem<br />
Stück etwa 25 und Elisabeth höchstens 30 Jahr alt.<br />
Ebenda, S. 164<br />
1) physisches Wesen: Der Autor betont damit die sinnliche Seite von Marias Persönlichkeit,<br />
der kein Mitgefühl des Zuschauers entgegengebracht werden muss.<br />
2) Paßionen: tiefe Leidenschaft, Opferbereitschaft<br />
Leitfragen/Arbeitsaufträge<br />
zu erfahren und zu<br />
A Stellen Sie dar, welche Vorteile nach Schillers Ansicht<br />
entzünden. Bloß die Amme fühlt Zärtlichkeit für sie.<br />
der Stoff für ein Drama besitzt.<br />
B Beschreiben Sie Schillers Umgang mit der historischen<br />
Ebenda, S. 61<br />
Vorlage. Recherchieren Sie dazu die historischen Ereignisse<br />
im Internet.<br />
D DEUTSCH b e t r i f f t u n s 6 � 2010 Friedrich Schiller: „Maria Stuart“<br />
MATERIALIEN 19<br />
M 3.10 „Auch das Schöne muss sterben.“<br />
3.10.1 Marias (moralischer) Sieg<br />
3.10.2 Elisabeths (moralische) Niederlage:<br />
Kennedy: „Seid ohne Furcht! Maria Stuart wird / Als ei- Shrewsbury:„Ich habe deinen edlern Teil / Nicht retten<br />
ne Königin und Heldin sterben.“ (V. 3379 f.)<br />
können. Lebe, herrsche glücklich!“ (V. 4028 f.)<br />
I/7<br />
IV/11<br />
„Ich hab es nicht getan“ (V. 935)<br />
Davison: „Sprich, Königin! Was willst du?“ (V. 3304)<br />
„Denn nicht vom Rechte, von Gewalt allein / Ist zwischen „Ich kenne nicht die Sprache […] der Könige“ (V. 3315 f.)<br />
mir und Engelland die Rede.“ (V. 957)<br />
Elisabeth: „Tut, was Eures Amtes ist.“ (V. 3324)<br />
Kommentar:<br />
Kommentar:<br />
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<strong>II</strong>I/4<br />
V/12<br />
„Fahr hin, ohnmächt’ger Stolz der edeln Seele! Ich will „Ich bin Königin von England! […] Ich hab’s getan!“<br />
vergessen, wer ich bin“ (V. 2246 f.)<br />
(V. 3894 und 3899)<br />
Kommentar:<br />
Kommentar:<br />
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V/2<br />
V/13<br />
„Kurl: „Er hat falsch gezeugt — […] Sie stirbt unschuldig“ „An unsrer königlichen Ehre soll / Auch nicht der Schatten<br />
(V. 3439 ff.)<br />
eines Zweifels haften.“ (V. 3958 f.)<br />
Kommentar:<br />
Kommentar:<br />
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V/7<br />
V/14<br />
„Gott würdigt mich, durch diesen unverdienten Tod / Die „Wehe dir, wenn Unglück / Aus dieser eigenmächt’gen<br />
frühe schwere Blutschuld abzubüßen.“ (V. 3735 f.)<br />
Tat erfolgt“ (V. 3984 f.)<br />
Kommentar:<br />
Kommentar:<br />
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V/7 und 9<br />
V/letzter Auftritt<br />
„Ich fürchte keinen Rückfall“ (V. 3761)<br />
„Das Urteil war gerecht, die Welt kann uns / Nicht tadeln,<br />
„Nun hab ich nichts mehr / Auf dieser Welt“ (V. 3816 f.) aber Euch gebührte nicht, / Der Milde unsres Herzens vor-<br />
„Jetzt hab ich nichts mehr auf der Erden!“ (V. 3838)<br />
zugreifen“ (V. 4004 ff.)<br />
Kommentar:<br />
Kommentar:<br />
-------------------------------------------------------- -------------------------------------------------------<br />
MARIA: „Ein schön verklärter Engel“ (V. 3756)<br />
ELISABETH: „Sie bezwingt sich und steht mit ruhiger<br />
Schillers „schöne Seele“<br />
Fassung da.“ (nach V. 4033) Sie ist allein!<br />
Leitfragen/Arbeitsaufträge<br />
A Die beiden Verlaufsdiagramme sollen die unterschiedlichen Entwicklungen der Protagonistinnen veranschaulichen.<br />
Kommentieren Sie die Aussagen, indem Sie sie in die persönliche Situation, das persönliche Befinden einordnen.<br />
B Setzen Sie sich kritisch mit den Ergebnissen auseinander. Kann man Maria wirklich als „moralische Siegerin“ oder<br />
„schöne Seele“ bezeichnen? Ist Elisabeth wirklich die Verliererin oder hat sie ihre Ziele erreicht? (als Hausaufgabe)<br />
D DEUTSCH b e t r i f f t u n s 6 � 2010 Friedrich Schiller: „Maria Stuart“<br />
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