Teil 3: Was ist am Anfang der Therapie wichtig?(Grundhaltungen, verbindliche Regeln und Vereinbarungen)Welche Grundhaltung ist für eine erfolgreiche Traumatherapie erforderlich?Je komplexer und tiefgreifender die Traumatisierung, umso schwieriger ist es, Veränderungen zubewirken. Die Erfahrung zeigt: nur wenn es Ihnen selbst gelingt, sehr viel Verantwortung fürIhren Heilungsverlauf zu übernehmen, wird etwas in Gang kommen.Michaela Huber, eine der renommiertesten Traumatherapeutinnen in Deutschland, hat zurFragestellung der Grundhaltung die folgenden Punkte zusammengefasst:1. Optimismus („irgendwie werde ich es trotzdem schaffen“)2. Akzeptanz („OK, so ist es jetzt. Es gefällt mir da teilweise gar nicht, aber es ist so“)3. Lösungsorientierung („was genau kann mir helfen, um da herauszukommen?“)4. Verlassen der Opferrolle („genug gejammert. Es ist schwer, aber ich kremple die Ärmelhoch“)5. Verantwortung übernehmen („Ich entscheide das jetzt so, und wenn´s schief geht, werdeich daraus lernen und es das nächste mal besser machen“)6. Netzwerk-Orientierung („was ich nicht allein schaffe, das schaffen wir gemeinsam“)7. Zukunftsplanung („Die Richtung stimmt, da geht´s lang“)Wenn es Ihnen gelingt, sich auf diese Haltung einzustimmen, wird Ihre Behandlung guteAussichten auf Erfolg haben.Unserer Erfahrung nach spielt es eine ganz große Rolle, ob es Ihnen während des Aufenthaltesgelingt, eine Haltung von Selbstfürsorge für sich zu entwickeln. Immer wieder fällt uns auf, dassgerade traumatisierte PatientInnen hiermit große Schwierigkeiten haben (obwohl sie oft für andereMenschen sehr fürsorglich sind!).Gründe für verminderte Selbstfürsorge sind …• generalisiertes Erleben von Hilflosigkeit• keine hinreichende Wahrnehmung körperlicher und seelischer Bedürfnisse• verändertes Körpererleben• kein Modell für Selbstfürsorge• Einschränkungen darin, Bedürfnisse zu artikulieren und sich vor Gefahren zu schützen• ein inneres Verbot, für sich zu sorgen• SelbstentwertungAufgrund der hohen Bedeutung des Themas Selbstfürsorge in der Traumatherapie werden wir Sieim Verlaufe des Aufenthaltes im Bedarfsfall sowohl in der Einzeltherapie als auch in denÜbungsgruppen immer wieder daran erinnern.Maßnahmen zur Förderung der Selbstfürsorge sind …• Arbeit an verinnerlichten Verboten (Glaubenssätze!)• Bestätigung, dass Selbstfürsorge erlaubt ist• Mahnung, dass Selbstfürsorge sogar notwendig ist• konkrete Möglichkeiten der Selbstfürsorge herausfinden und einübenSeite 18
Welche Regeln gelten in den Therapiegruppen?Wir möchten, dass Sie in den Therapiegruppen positive Lernerfahrungen machen. Die Einübungvon neuen Fertigkeiten sollte nicht in extrem belastenden Situationen erfolgen (getreu demMotto: Die Feuerwehr übt nicht, wenn es brennt). Zur Sicherung einer konstruktivenArbeitsatmosphäre ist die Einhaltung der folgenden Gruppenregeln besonders wichtig:• Regelmäßige und pünktliche Teilnahme an den Gruppen. Wenn Sie ernsthaft verhindertsind, bitte die Therapeuten rechtzeitig davon informieren!• Bitte bemühen Sie sich, gute Lernvoraussetzungen in den Gruppen zu schaffen.Vermeiden Sie z. B. <strong>St</strong>reitereien oder zu enge Beziehungen mit anderen Teilnehmern, diedie Situation kompliziert machen.• Die Schweigepflicht gilt verbindlich: Was in einer Therapiegruppe gesagt wird, mussdiskret und vertraulich behandelt werden und darf nicht nach außen gebracht werden.• Bei <strong>St</strong>ressbelastung während der Therapiegruppen ist folgendes zu beachten:1. Klare und offene Kommunikation: Teilen Sie uns mit, dass Sie unter <strong>St</strong>ress stehen2. Probieren Sie, die in den Übungsgruppen vermittelten Fertigkeiten direkt anzuwenden,nutzen Sie möglichst das Repertoire aus Ihrem persönlichen „Notfallkoffer“, den Siesich mit unserer Unterstützung erarbeiten werden.3. Eine „Auszeit“ nehmen: Wenn es überhaupt nicht geht, verlassen Sie denTherapieraum für ein paar Minuten. Geben Sie dann an, was Sie unternehmen werden(welchen Skill aus dem „Notfallkoffer“) und sagen Sie auch, wann Sie wiederzurückkommen.Was ist zu Beginn in der Einzeltherapie besonders wichtig?Wenn Sie das erste Mal zur Traumatherapie in der <strong>Klinik</strong> sind und sich noch nicht auskennen, istes zunächst sehr wichtig, ein tragfähiges therapeutisches Arbeitsbündnis aufzubauen. Es isterforderlich, dass Sie sich mit dem Haus, dem Personal und ihren Mitpatienten vertraut machen.Auch mit Ihrem Einzeltherapeuten wird es möglicherweise eine Weile dauern, bis Sie sich darüberim Klaren sind, wie Sie zueinander passen.Bitte nehmen Sie unsere Patienten-Präambel, für welche Sie mit Ihrer Unterschrift IhrEinverständnis erklären, sehr ernst – Sie ist die Basis eines konstruktiven Zusammenwirkens vonPatienten und Personal auf der <strong>St</strong>ation. In manchen Fällen werden mit Ihnen individuellBehandlungsverträge geschlossen, beispielsweise bzgl. Suizidalität, selbstschädigendemVerhalten, Suchtmittelgebrauch etc. Auch hier erwarten wir von Ihnen eine große Ehrlichkeit,Offenheit und Verbindlichkeit.Von besonderer Bedeutung für das Gelingen Ihrer Behandlung ist die klare Abstimmung derTherapieziele. Um Ihnen die Auswahl geeigneter Therapieziele zu erleichtern, erhalten Siegesondert das sog. „Berner Therapieziele-Inventar“ mit einer Auswahl unterschiedlichster Ziele.Machen Sie sich vor allem folgendes klar: Hauptziel einer stationären Traumatherapie ist i. d. R.nicht die Heilung Ihres Leidens, sondern eine <strong>St</strong>abilisierung für die ambulante Weiterbehandlung!Vermeiden sie deshalb überzogene Therapieziele, orientieren Sie sich daran, was in derbegrenzten Zeit realistisch umsetzbar ist. Orientieren Sie Ihre Ziele nicht nur am Verschwindenlästiger Symptome, sondern fragen Sie sich ganz konkret, wie sich eine erfolgreiche Therapie inihrem Alltag auswirken würde und wie Sie sich dann verhalten würden. Ihr Einzeltherapeut wirdmit Ihnen die Therapieziele abstimmen und klären, welche Schritte der Umsetzung hilfreich sind.Seite 19