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SKANDAL - Stadtgespräche Rostock

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Email-Konten und Accounts zu sozialen Netzwerken könntenübernommen werden, sogenannte Schlüsselbünde (Passwortsammlungen)abgerufen werden. Gerade hinter den immer beliebterwerdenden Cloud-Angeboten verbergen sich Datensammlungenunüberschaubaren Ausmaßes. Nicht selten werdendort, systembedingt, durch ein einziges Passwort gleichzeitigEmails, Adressbücher, Onlinespeicher für Dokumente, Bakkupsvon Endgeräten und ein ganzer Schlüsselbund geschützt.Der Abruf von Zugangssicherungscodes sollte also von vornhereinunter das Erfordernis einer richterlichen Anordnung gestelltwerden und nicht davon abhängig gemacht werden, welcheArt von Daten der Ermittlungsbeamte auf dem Gerät oderauf dem Online-Portal vorzufinden erhofft. Eine rechtssichereTrennung zwischen Verkehrs- und Inhaltsdaten ist für den Sicherheitsbeamtenauf modernen Plattformen praktisch nichtmehr möglich.In seiner Stellungnahme für den Innenausschuss des DeutschenBundestages schreibt Prof. Dr. Dieter Kugelmann von derDeutschen Hochschule der Polizei: „Ein Richtervorbehalt istdann verfassungsrechtlich geboten, wenn die heimliche Ermittlungstätigkeitder staatlichen Stellen besonders geschützte Zonender Privatheit berührt oder besonders eingriffsintensiv ist.Wenn eine Person den Zugang zu ihren Daten besonders sichert,dann hat sie diese Sphäre als besonders schutzwürdigfestgelegt. Darin prägt sich das Recht, über die eigenen personenbezogenenDaten selbst bestimmen zu können und zu wollen,klar aus. [...] Damit wird eine besonders geschützte Zoneder selbstdefinierten Privatheit verletzt, wenn Zugriff auf dieZugangssicherungscodes genommen wird. Die Abfederungdurch einen Richtervorbehalt ist verfassungsrechtlich geboten.“Ähnliches gilt nicht nur für den Abruf von Passwörtern, sondernauch für die Zuordnung von dynamischen IP-Adressen.Auch diese kann von Behörden aus Mecklenburg-Vorpommernohne Richtervorbehalt abgerufen werden. Bei der Zuordnungdynamischer IP-Adressen handele es sich aber, so Kugelmann,um einen Eingriff in Art. 10 GG. „Der Betroffene erfährt vondem Vorgang zunächst nichts. [...] Die vorbeugende Kontrolleder Rechtmäßigkeit ist bei heimlichen Eingriffen in Art. 10GG in aller Regel verfassungsrechtlich geboten. Denn der Betroffenekann seine Interessen nicht selbst wahrnehmen, wofürdie Einbeziehung des Gerichts einen Ausgleich bietet. Die Erhebungvon Daten unter Zuhilfenahme der dynamischen Zuweisungvon IP-Adressen und damit der Verkehrsdaten führtzur Notwendigkeit eines Richtervorbehalts“, so Kugelmann.Betroffene neue Zugangssicherungen erstellen kann. DerRechtsschutz tritt hinzu. Auch insoweit ist damit das Aufstellenvon Mitteilungspflichten in den Fachgesetzen verfassungsrechtlichgeboten“, so Prof. Kugelmann. Der Bund und die anderenvier Länder, die bisher entsprechende Regelungen verabschiedethaben, darunter auch der Freistaat Bayern (!), habenim Gegensatz zu Mecklenburg-Vorpommern verpflichtendRichtervorbehalte und Mitteilungspflichten eingeführt.Die Grünen im Landtag hatten die Landesregierung und dieRegierungskoalition aus SPD und CDU aufgefordert, den entsprechendenBundesstandard einzuhalten. Dies wäre schondeshalb Gebot, weil andernfalls Ermittlungsbehörden aus anderenLändern, z.B. aus Bayern, den Daten- und Rechtsschutzihrer Landesgesetze unterlaufen könnten, indem sie sich perAmtshilfe an ihre Kolleg_innen in Mecklenburg-Vorpommernwenden. Ein entsprechender Änderungsantrag wurde von denGrünen dem Landtag zur Abstimmung vorgelegt. Er wurde jedochmit den Stimmen von SPD und CDU abgelehnt.Nun bereiten die Grünen eine Sammelbeschwerde vor demLandesverfassungsgericht in Greifswald vor. Wer sich dieserSammelbeschwerde anschließen möchte, kann unter der Internetadressewww.bestandsdatenauskunft-mv.de gerne Kontaktmit den Initiatoren aufnehmen. Auf der Homepage finden sichauch weitere Informationen und eine Dokumentensammlungzum Thema. Ebenso kann sich jeder und jede dort über aktuelleEntwicklungen und Verfahrensschritte auf dem Laufendenhalten. ¬--Johannes Saalfeld ist Mitglied des Landtags für BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN und innenpolitischer Sprecher seinerFraktionDie Betroffenen werden in Mecklenburg-Vorpommern auchhinterher nicht oder nur unzureichend über den erfolgtenGrundrechtseingriff informiert. Hierdurch entsteht eineRechtsschutzlücke, die zumindest nach Artikel 19 Absatz 4GG nicht vorgesehen ist. „Der Betroffene erfährt zunächstnicht, dass die von ihm errichteten Zugangshindernisse zurKenntnis staatlicher Stellen gelangt sind. Sein Wille ist aber gerade,besondere Sicherungen seiner Daten einzubauen. Bereitsder effektive Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmungerfordert die nachträgliche Mitteilung, damit der

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