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Cultures and Ethics of Sharing - Universität Innsbruck

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168 Hans-Martin Schönherr-Mannzahlreicher Wunder und der Gründung von mehreren Pfarreien in seinem Bistum, um dieL<strong>and</strong>bevölkerung zu christianisieren. Verführung findet gerade auf dieser symbolischenEbene statt, nicht auf jener der Macht, die sich auf Gewalt stützt. So bemerkt Baudrillard1979 in Von der Verführung, „dass die Verführung die Beherrschung des symbolischenUniversums repräsentiert, während die Macht lediglich die Beherrschung des realen Universumsrepräsentiert. Die Souveränität der Verführung kann mit dem Innehaben politischeroder sexueller Macht nicht auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden.“(Baudrillard 1992, S. 17) Martin von Tours verführte die Bauern nicht mit der sanftenMethode der Toleranz, sondern mit der der Intoleranz, zwar noch nicht mit der Inquisition,sondern mit der Imagination.Vielleicht aber lassen sich die Bauern gerne verführen und das drückt sich dann folgendermaßenaus: „Die Religion ist der Seufzer der bedrängten Kreatur, das Gemüt einerherzlosen Welt, (. .). Sie ist“ – so Marx – „das Opium des Volks.“ (1972a, S. 378) DasImaginäre verführt im starken Sinn. Man muss sich ja verführen lassen. Im Duell kann dasfatale Folgen haben. Den SSler, der eine junge Jüdin zwingt, vor ihrem Tod vor ihm zutanzen, den betört sie damit so sehr, dass sie ihm die Pistole entwenden kann und ihn erschießen– so Baudrillards Modell für die duellhafte Kraft der Verführung, die ihm selbstvorschwebt.Was heißt teilen? Das Imaginäre – das am dringendsten zu Teilende, das Begehren desTeilens – verführt zum Teilen! Die junge Jüdin scheint mit dem SSler die Betörung zuteilen. Das Symbolische des Tanzes ruft das Imaginäre zu einer tödlichen Teilung auf mitdurchaus ethischem Charakter, just weil es sich um eine duellhafte, harte Verführung h<strong>and</strong>elt.Oskar Schindler wollte für das jüdische Hausmädchen des KZ-Komm<strong>and</strong>anten zahlen, umsie auf seine Liste zu setzen. Doch dieser wollte nicht tauschen: Frau gegen Geld. Daraufhinpokerten sie und es wurde geteilt – etwas einseitig und ob noch Geld floss, das lässtSteven Spielberg in Schindlers Liste <strong>of</strong>fen (USA 1993). Doch mittels Spiel konnte sich derSSler verführen lassen, sich ein Schicksal einzubilden, das ihn zu teilen zwang: die Kraftder Verführung!Oder zwang es ihn zum Schenken? Doch so richtig gehörte das Hausmädchen ihm nichtmehr, würde er sie allemal bald verlieren. Derjenige, der etwas mit <strong>and</strong>eren teilt, das ihmgehört, der ist nicht nur der Starke, also das Industriel<strong>and</strong> Bundesrepublik, das China heutenoch Entwicklungshilfe zahlt. Vielmehr schenkt er auch etwas. Nicht nur dass die BRDsich dabei als Großzügige imaginiert – auch hier könnte solche Kultur des Teilen noch einRest-Ethos entwickeln, schließlich gehört Großzügigkeit zu den klassischen Tugenden –gemeinhin verführt die BRD damit die Beschenkten. Aber vielleicht sollte man eine derartigeKultur des Teilens und Verführens durchaus in einem ethischen Sinn interpretieren.Andererseits spart der Stifter mit einer Stiftung erheblich Steuern und erfährt Anerkennungin der Öffentlichkeit oder von den Beschenkten. Dabei kann es sich auch um ein

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